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Tierrechtsforum:
Spätabtreibung und ihre Folgen

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 46

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Spätabtreibung und ihre Folgen

Autor: Tanja | Datum:
Zitat: Gegen Speziesismus zu sein, heißt für uns nicht, [...] eine Abtreibung mit einer Schlachtung zu analogisieren (sondern im Gegenteil, dass wir das Recht auf Schwangerschaftsabbruch befürworten)[...].


So steht es auf der Webseite einer Tierrechtsinitiative.

Heute habe ich einen Bericht über einen Jungen, der seine eigene Abtreibung überlebte, gesehen. Hier die Zusammenfassung aus den TV-Tipps:
Zitat: »Er sollte sterben, doch Tim lebt«
"Eine Abtreibung und ihre Folgen"

»Tim hatte eigentlich keine Chance. Als seine Mutter im sechsten Monat mit ihm schwanger ist, diagnostizieren die Ärzte das Down-Syndrom. Die Mutter will das behinderte Kind auf keinen Fall zur Welt bringen. Als sie mit Selbstmord droht, bekommt ein junger Assistenzarzt den dienstlichen Auftrag: Schwangerschaftsabbruch durch Einleitung einer Frühgeburt. Normalerweise ist dies das Todesurteil.

Doch der kleine Tim kommt lebend zur Welt. In der Erwartung, dass er bald stirbt, wird er neun Stunden ohne intensive ärztliche Behandlung liegen gelassen. Durch die Umstände seiner Geburt sind zusätzlich zum Down-Syndrom sein Gehirn, seine Lunge und seine Augen geschädigt. Monatelang steht sein Leben auf der Kippe.

Tims leibliche Eltern bleiben bei ihrer Entscheidung: Sie wollen nichts mit ihm zu tun haben. Ein halbes Jahr nach der Geburt findet sich eine Pflegefamilie, die Tim aufnimmt. Dort lebt er bis heute, inzwischen sieben Jahre alt. "Der Junge könnte es viel besser haben," sagt der Pflegevater, "wenn die Spätabtreibung nicht gewesen wäre."

Auch für den Arzt, der damals die Abtreibung vornahm, ist der Fall Tim noch nicht erledigt. Kürzlich wurde der Mediziner zu einer Geldstrafe verurteilt. Nicht wegen der Spätabtreibung, die war legal, sondern wegen unterlassener Hilfeleistung danach. Der Arzt beschreibt offen sein Dilemma: "Erst sollte ich das Kind umbringen, um die Mutter zu retten. Dann sollte ich alles tun, um Tim am Leben zu halten. Dabei hatte ich ihn durch die Abtreibung doch schwer geschädigt."

Das Beispiel Tim stellt Spätabtreibungen in Frage. Längst gelten Ungeborene im sechsten Monat als lebensfähig. Oft wird alle medizinische Kunst aufgewendet, um "Frühchen" zu retten. Kann es da legal sein, ein behindertes, ungeborenes Kind im selben Alter sterben zu lassen?«


Ich gehe davon aus, daß die Macher dieser Webseite (so wie viele andere auch) sich einfach keine Gedanken machten, als sie so lapidar etwas vom "Recht auf Schwangerschaftsabbruch" schrieben. Dieser Film hat mich jedenfalls sehr betroffen gemacht. Ich wußte zwar (durch eine frühere Klassenkameradin, die, im 5. Monat schwanger, mir eröffnete, sie würde das Kind "wegmachen" lassen, wenn sich herausstelle, daß es behindert sei, was mich damals schon empörte) von solchen Spätabtreibungen, aber über die Konsequenzen wußte ich sehr wenig. Da werden Kinder getötet, die mit Sicherheit empfindungsfähig sind, es werden Kinder getötet, die einen Lebenswillen haben - und wenn sie nicht gleich sterben, so wie Tim, legt man sie zur Seite wie ein Stück Abfall bis zu dessen Entsorgung. Tim hat durch seine Abtreibung massive Schäden davongetragen, sein Leben könnte trotz Down-Syndrom um einiges schöner sein - aber selbst ohne direkten Kontakt, nur über den Fernseher, sieht man, daß er sein Leben mag.

Vor kurzem stieß ich auf eine Webseite von Leuten, die sich für ein Verbot der "Pille danach" einsetzen mit der Begründung, damit werde "menschliches Leben vernichtet". Ich habe nicht weiter auf der Webseite gelesen, aber ich könnte mir gut vorstellen, daß sich solche Leute mit der gleichen Begründung gegen Masturbation aussprechen. ;-) Es geht mir auch nicht darum, zu diskutieren, ob Abtreibungen generell abzulehnen sind oder nicht (siehe http://veganismus.ch/foren/read.php?f=5&i=728&t=723).

Aber hier wurde ein kleiner Junge mit Berufung auf ein Gesetz, welches eigentlich Leben schützen soll, zu "lebensunwertem Leben". Allein, weil seine Mutter beschloß (ohne das nun näher bewerten zu wollen), daß es für sie nicht möglich sei, dieses Kind zu bekommen.

Manchmal denke ich, daß wir noch viel weiter weg sind von einer tatsächlich ethisch verantwortungsbewußten Gesellschaft als wir annehmen.

Tanja

Re: Spätabtreibung und ihre Folgen

Autor: Arno | Datum:
Hallo Tanja,

Dein Thema hat mich sehr nachdenklich gemacht.
Es ist schon sehr sonderbar,welche geistigen Konstrukte
erfunden werden, damit ein solches unverantwortliches Handeln
ermöglicht wird.
Nach den Viehzüchterreligionen darf sich der Mensch als das Maß
aller Dinge sehen.
Welch ein verhängnisvoller Irrtum!
Der Mensch ist nur ein Glied im Wirkungsgefüge der Natur.

Das Lebensrecht eines jeden Lebewesens kann doch nicht von der
Größe, dem Interlekt, dem Aussehen, der Wirtschaftlichkeit,
der Funktionalität usw. abhängen !

Viele Grüße
Arno

Viehzüchterreligionen?

Autor: Tanja | Datum:
Hallo Arno,

abgesehen davon, daß der Ausdruck "Vieh" speziesistisch ist (bitte Forenrichtlinien beachten): was meinst Du denn mit "Viehzüchterreligionen"?

Tanja

Re: Viehzüchterreligionen?

Autor: Arno | Datum:
Hallo Tanja,

zu den Viehzüchterreligionen gehören das Christentum, das
Judentum und der Islam. Der Ursprung dieser Religionen hat die
Viehzucht als Grundlage und ist heute auch die Grundlage unseres
Rechtsverständnisses.
Dein fürchterliches Beispiel über den Umgang mit einem hilflosen
Mitglied unserer menschlichen Gemeinschaft ist kein Einzelfall.
Komapatienten sind schwerstbehindert, aber nicht sterbende
Patienten. In Amerika läßt man derzeit eine Frau verhungern !!!!!
So wie wir mit unseren schwächsten Mitglieder umgehen,gehen
wir auch mit unseren Mitgeschöpfen um.
Ich frage mich wirlich , ob nicht die Basis unseres
Rechtsverständnisses bezüglich des Umgangs mit allen
Mitgeschöpfen auf neue Erkenntnissse erstellt werden sollte.

Viele Grüße
Arno

Re: Viehzüchterreligionen?

Autor: 10 | Datum:
setzt der begriff "mitgeschöpf" nicht auch voraus, dass es zuvor eine schöpfung (der geschöpfe) gegeben haben muss? ich vermeide deshalb diesen begriff, und wähle lieber den ganz allgemeinen ausdruck "lebewesen"

Re: Viehzüchterreligionen?

Autor: Arno | Datum:
Hallo "10",

vielen Dank für den Hinweis. Ich denke, daß der Geschlechtsakt
die Voraussetzung für neues Leben, neue Lebewesen ist. Insofern
habe ich das Wort "Mitgeschöpfe" gebraucht. Die Evolution
beruht auf der ständigen Anpassung der Lebewesen an die Umwelt.

Viele Grüße
Arno

Genesis ist Pornographie?

Autor: Achim Stößer | Datum:
> vielen Dank für den Hinweis. Ich denke, daß der Geschlechtsakt
> die Voraussetzung für neues Leben, neue Lebewesen ist.

Nicht wirklich. Gibt ja auch Ursuppe (nein, hat nix mit Konz-Spinnern zu tun ;-)), Zellteilung, Parthenogenese (schönen Gruß an Maria), in vitro-Fertilisation usw. Mal von Pflanzen (die selten einen "Geschlechtsakt" durchführen) ganz abgesehen.

> Insofern
> habe ich das Wort "Mitgeschöpfe" gebraucht. Die Evolution

Hm. Ist das so zu interpretieren, daß Du beim Sex eine Schöpfkelle benutzt, oder wie? - Öh, nein, vergiß es, ich will's gar nicht wissen ;-) .

Achim

Was ist eigentlich...

Autor: Tanja | Datum:
... gegen "Tier" einzuwenden?
"Mitgeschöpf" bezieht sich m.W. nach auf die "Schöpfung" und ist damit theistisch, "Lebewesen" ist doch sehr allgemein gehalten und deswegen absolut nichtssagend. Schließlich sind auch Löwenzahn, Schimmelpilze und Einzeller Lebewesen.

Tanja

Spätabtreibung vs. Koma

Autor: Tanja | Datum:
[Titel geändert - Moderator]

Hallo Arno,

> Dein fürchterliches Beispiel über den Umgang mit einem
> hilflosen
> Mitglied unserer menschlichen Gemeinschaft ist kein Einzelfall.

Hm, dieses Kind wurde ja eben nicht als "Mitglied unserer menschlichen Gemeinschaft" angesehen...

> Komapatienten sind schwerstbehindert, aber nicht sterbende
> Patienten. In Amerika läßt man derzeit eine Frau verhungern
> !!!!!

Jemanden verhungern zu lassen, ist m.E. selbstverständlich abzulehnen (was nicht bedeutet, daß ich dafür bin, jedem Schwerkranken Essen aufzuzwingen). Allerdings verhält es sich hier etwas anders als im "Fall Tim": Die Frau hat nach meinen Informationen keine Chance, jemals wieder das Bewußtsein zu erlangen oder gar ihr Bett zu verlassen. Daß sie da liegt, obwohl sie das wohl nie wollte, zeigt nur eine andere Seite des fragwürdigen Umgangs der Gesellschaft mit Wehrlosen.

> Ich frage mich wirlich , ob nicht die Basis unseres
> Rechtsverständnisses bezüglich des Umgangs mit allen
> Mitgeschöpfen auf neue Erkenntnissse erstellt werden sollte.

Das muß man sich nicht fragen. ;-)

Tanja

Re: Spätabtreibung vs. Koma

Autor: Blanc | Datum:

> Jemanden verhungern zu lassen, ist m.E. selbstverständlich
> abzulehnen (was nicht bedeutet, daß ich dafür bin, jedem
> Schwerkranken Essen aufzuzwingen). Allerdings verhält es sich
> hier etwas anders als im "Fall Tim": Die Frau hat nach meinen
> Informationen keine Chance, jemals wieder das Bewußtsein zu
> erlangen oder gar ihr Bett zu verlassen. Daß sie da liegt,
> obwohl sie das wohl nie wollte, zeigt nur eine andere Seite
> des fragwürdigen Umgangs der Gesellschaft mit Wehrlosen.

aber man sagt ja auch "jedes tier hat recht auf essen" man weiß ja nicht ob sie essen will oder nicht. ob sie weiterleben will oder nicht.


aber zum fall tim...

finde es schlimm dass viele leute es selbstverständlich ansehen gott zu spielen.
leider gibt es auch noch zu viele Leute die etwas gegen behinderte Tiere was haben. Kriege da viel bei meiner Mutter mit die mit Menschen die behinderungen geistig oder körperlich haben arbeitet. Aus eigener erfahrung kann ich auch sagen dass die gesellschaft einfach bösartig zu jemandem ist der etwas anders aussieht oder anders denkt.

lg rebecca

Re: Spätabtreibung vs. Koma

Autor: Arno | Datum:
Hallo, Tanja,

Du bringst es auf den Punkt. Über Ausgrenzungen von Menschen,
Lebewesen usw, holt sich unsere Gesellschaft die Legitimation,
gegen diese vorzugehen. So einfach ist das!
"Das Kind gehört nicht zu uns", "ich will es nicht haben", usw.,
sind Aussagen, die ein rücksichtslosen Vorgehen verursachen.

Viele Grüße
Arno

Komapatientin

Autor: Rele | Datum:
Hi,

nur kurz zu der amerikanischen Komapatientin: ich verstehe hier das Problem nicht so ganz (vielleicht fehlen mir auch Infos, denke aber nicht)- wenn die Patientin eine Patientenverfügung hat, die rechtsgültig ist, muss danach gehandelt werden. Hat sie keine, muss vom Lebenswillen ausgegangen& ihr Leben somit erhalten werden.
Argumente wie "sie wacht vielleicht nie mehr auf" usw. finde ich unhaltbar- denn da sind wir bei dem Punkt, ihr aufgrund von Fähigkeiten, die sie nicht hat (nämlich aufzuwachen)das Recht auf Leben abzusprechen.

Gruß

Patientenverfügungen und Verantwortung in der Medizin

Autor: Tanja | Datum:
Hi Rele,

m.E. liegt das Problem hier woanders.

> nur kurz zu der amerikanischen Komapatientin: ich verstehe
> hier das Problem nicht so ganz (vielleicht fehlen mir auch
> Infos, denke aber nicht)- wenn die Patientin eine
> Patientenverfügung hat, die rechtsgültig ist, muss danach
> gehandelt werden. Hat sie keine, muss vom Lebenswillen
> ausgegangen& ihr Leben somit erhalten werden.

So einfach ist das nicht. Ein Arzt "muß" nicht den in einer Patientenverfügung genannten Wünschen entsprechen - solche Verfügungen sind (zumindest hier in Deutschland, aber sicher nicht nur hier) immer nur eine Richtlinie für den Arzt. Das heißt, er wird damit nicht von seiner Verantwortung befreit (weder rechtlich noch moralisch) - für viele Ärzte ein absolutes Dilemma. Zudem ist es oft so, daß gesunde Menschen beim Anblick eines kranken meinen "so würde ich nicht leben wollen" - und dann, selbst nie solch einer oder einer ähnlichen Situation doch noch Lebensqualität finden. Ok, das ist im Fall eines Wachkomapatienten eher unwahrscheinlich - aber auch das sage ich als Gesunde. Jedenfalls kann man also fast nie sicher sein, was ein Kranker (Sterbender) wirklich will. Und selbst wenn so jemand noch in der Lage ist, sich mitzuteilen, kann es sein, daß er sich eine Stunde später wieder umentscheidet.
Jemandem erst gar keine Magensonde zu legen, ist sicher "einfacher" (?) als nach vielen Jahren die künstliche Ernährung abzustellen. Gleiches gilt auch für andere lebenserhaltende Maßnahmen der Apparatemedizin. Wird also der Arzt oder die Krankenschwester, die die Ernährung der Frau gestoppt hat, tatsächlich problemlos damit leben können? Ich meine damit nicht, daß ich es für grundsätzlich falsch halte, jemanden, auch wenn seine Chancen zu genesen doch sehr gering bis nicht existent sind, nicht künstlich zu ernähren - aber als tatsächlich verantwortliche Person wird man sicher immer wieder von Zweifeln beschlichen, ganz egal, was man getan hat.
Insofern kann die Medizin mit all ihren Möglichkeiten ab und an auch zu einem Fluch werden.

> Argumente wie "sie wacht vielleicht nie mehr auf" usw. finde
> ich unhaltbar- denn da sind wir bei dem Punkt, ihr aufgrund
> von Fähigkeiten, die sie nicht hat (nämlich aufzuwachen)das
> Recht auf Leben abzusprechen.

Ich denke nicht, daß es da um das "Absprechen vom Recht auf Leben" geht, sondern viel mehr um die Frage, ob jemand in solch einer Situation Lebensqualität empfindet.

Tanja

Re: Patientenverfügungen und Verantwortung in der Medizin

Autor: Achim Stößer | Datum:
Eine dazu passende Pressemeldung:

Zitat:
Schiavo dürfte in Deutschland nicht sterben

Berlin - Der Fall der amerikanischen Wachkoma-Patientin Terri Schiavo löst auch in Deutschland Emotionen aus. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, spricht im Namen vieler Menschen von einem «bewegenden Einzelfall». Für den Kirchenmann zeigt der Streit in den USA um den Abbruch der Ernährung für die 41-Jährige die Aktualität der Frage, wie mit dem menschlichen Sterben umgegangen werden soll.
Die Rechtslage für den Grenzbereich zwischen Leben und Tod ist auch in Deutschland alles andere als klar. Dennoch sind sich Experten einig, dass es unwürdiges Gezerre wie in den USA um Tod oder Weiterleben hier nicht geben würde.

Die Essener Anwältin Beate Linke, im Deutschen Anwaltverein für Patientenrecht zuständig, sagt: «Wenn keine Patientenverfügung zum Abbruch der Versorgung vorliegt, hätte ein Arzt keine Chance, Maßnahmen zu ergreifen. Die lebenserhaltenden Maßnahmen müssten fortgesetzt werden.» Auch der Chef des Klinikärzteverbands Marburger Bund, Ulrich Montgomery, ergänzt: Es sei unvorstellbar, dass man hier eine Wachkoma-Patientin durch Entzug der Magensonde verhungern lasse.

In Deutschland dürfte auch ein vom Vormundschaftsgericht bestellter Betreuer, selbst wenn es der Ehemann wäre, nicht die Anweisung zum Entfernen der Magensonde geben. Denn seine Vollmacht, so Anwältin Linke, würde sich von vornherein nicht auf den Bereich «der Selbstbestimmung des Patienten» erstrecken. Auch habe sie nie einen Fall erlebt, in dem es gelungen wäre, einen Abbruch der Lebenserhaltung zu erreichen, wenn die Angehörigen lediglich Indizien für den mutmaßmaßlichen Willen des Patienten geliefert hätten.

Nur wenn eine Patientenverfügung vorliegt, wäre dies nach deutschem Recht denkbar. Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH) 2003 die Reichweite der Verfügungen auf Fälle eingeschränkt, «in denen das Grundleiden einen irreversiblen und tödlichen Verlauf genommen hat». Die Eingrenzung geht weit. Selbst wenn ein Mensch in einer Verfügung für den Wachkoma-Fall den Abbruch der Ernährung angeordnet hat, dürften die Ärzte dem nicht ohne weiteres folgen.

An dieser Stelle setzt die hitzige Debatte um die Anerkennung der Patientenverfügung an. Auslöser waren Vorschläge einer Kommission des Bundesjustizministeriums, das für eine größere Verbindlichkeit des Patientenwillens eintrat. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) schloss sich dem an und legte im November 2004 einen Gesetzentwurf vor. Darin räumte sie dem Patientenwillen gegen eine künstliche Lebensverlängerung Vorrang ein. Das Patiententestament sollte nach ihrem Willen auch gerade für Wachkoma- und Demenzpatienten gelten, deren Erkrankung nicht zwangsläufig zum Tod führt. Das hätte die Rechtslage in Deutschland gravierend verändert.

Diese Ansicht vertrug sich aber von Anfang an nicht mit der Mehrheitsmeinung in der parteiübergreifenden Ethik-Kommission des Bundestags. Diese plädierte dafür, es im Kern bei der BGH-Linie zu belassen.

Momentan ist die Debatte wieder offen. Zypries hat auf Wunsch aus der Koalition ihren Gesetzentwurf zurückgezogen. Die Initiative soll nun aus der Mitte des Bundestags kommen. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Joachim Stünker, hat sich an die Formulierung gemacht. Bischof Huber ist schon jetzt skeptisch, dass der Gesetzgeber überhaupt eine befriedigende Lösung finden wird. So etwas anzunehmen, sei eine «Fiktion».

© dpa - Meldung vom 24.03.2005 07:15 Uhr


Was wieder einmal zeigt, daß Gesetz (das von Zeit, Ort und Willkür abhängt) und Ethik in der Regel signifikant divergieren (vgl. auch Leben retten ist strafbar).

Re: Patientenverfügungen und Verantwortung in der Medizin

Autor: Ash | Datum:
Hallo,

ich finde, man muss klar differenzieren, zwischen dem Recht eines Menschen, sterben zu wollen und dies auch klar zu bestimmen und dem Fall aus den USA, wo eben dies nicht dokumentiert und damit nicht klar, ist, ob die Frau leben will oder nicht ! Schließlich liegt hier kein Fall von unerträglichen Schmerzen oder quälenden lebenserhaltenden Maschinen, wo man davon ausgehen müsste, dass das Leiden nicht mehr erträglich ist. Der Frau wird nur zu den Mahlzeiten eine Sonde eingeführt.
Ich denke, wenn ein Mensch nicht klar geregelt hat, wie verfahren werden soll, muss man ihn leben lassen, denn man hat ja bekanntlich nur ein Leben ;-)

Darüberhinaus sind einige andere Menschen aus jahrelangem Wachkoma wieder teilweise und selten aber doch nachgewiesenermassen wieder ganz "zurückgekehrt". Die Tatsache, dass sich jemand im Wachkoma befindet kann eben nicht zwangsläufig den Schluss rechtfertigen, dass Gehirn sei irreparabel geschädigt. Durch jahrelange, aufwendige Therapien kann der Zustand aufgehoben werden.
Bei Terry Schiavo wurde aufgrund des Einflusses ihres Ehemanns aber nie eine qualifizierte Therapie durchgeführt.

Schließlich ist die Art und Weise wie man die Frau sterben läßt eines jeden Tieres unwürdig und grausam. Da sollte man die Courage haben und ihr eine Spritze geben, wenn sie sowieso schon sterben muss !

mfg
Ash

Euthanasie?

Autor: Achim Stößer | Datum:
> läßt eines jeden Tieres unwürdig und grausam. Da sollte man
> die Courage haben und ihr eine Spritze geben, wenn sie
> sowieso schon sterben muss !

Ich habe den Fall zwar nicht genau verfolgt, aber so wie ich das verstanden habe, "muß" sie eben nicht "sowieso", sprich, es liegt keine unmittelbar tödliche Erkrankung vor.

Achim

Re: Euthanasie?

Autor: Ash | Datum:
Hallo,

> Ich habe den Fall zwar nicht genau verfolgt, aber so wie ich
> das verstanden habe, "muß" sie eben nicht "sowieso", sprich,
> es liegt keine unmittelbar tödliche Erkrankung vor.

Nein, das ist richtig, aber da sie nicht selbstständig Nahrung aufnehmen kann (deshalb ja die Magensonde) wird sie früher oder später verhungern bzw. verdursten. Insofern ist ihr Tod eine biologische Geweissheit.

mfg
Ash

Re: link

Autor: Ash | Datum:
Hi,

habe gerade einen sehr guten Artikel zu dem Thema Schiavo, aber auch allgemein sehr gut passend zu dem Thema dieses threads gefunden ! Der Artikel ist ziemlich lang (und in englischer Sprache ;-)), aber man sollte ihn unbedingt bis zu Ende lesen !

http://www.weeklystandard.com/Content/Public/Articles/000/000/005/408ytxle.asp?pg=1

mfg
Ash

Guter Artikel?

Autor: Tanja | Datum:
Der Autor dieses Artikels trägt mit Sicherheit nicht dazu bei, daß das eigentliche Problem (Was ist unerträgliches Leiden? Wo fängt Sterben an? Ist ein gesunder Mensch in der Lage, "richtige" Vorkehrungen/Verfügungen für den Fall einer Erkrankung zu treffen? Wo liegt die Verantwortung von Ärzten und Angehörigen? usw. usf.) diskutiert wird. Hier wird einfach nur dem Ehemann unterstellt, er habe keine Lust mehr, sich um seine kranke Frau zu kümmern. Das ist selbstverständlich Schwachsinn - und das kann ich sagen, ohne mich überhaupt jemals näher mit diesem Mann befaßt zu haben. Ich habe schon viele Angehörige von (Wach-)Komapatienten kennengelernt, die sich nach einiger Zeit nicht oder nur noch sehr wenig um die Patienten kümmerten (meist werden solche Menschen ja in Heimen betreut), die einen neuen Lebenspartner fanden, noch mal eine neue Familie gründeten... Und da der Ehemann der Betreuer seiner Frau ist, hätte er im Zweifelsfall wohl auch keine allzu großen Probleme, an deren Geld zu kommen - auch wenn sie noch lebt.

Tanja

Re: Guter Artikel?

Autor: Ash | Datum:
> Der Autor dieses Artikels trägt mit Sicherheit nicht dazu
> bei, daß das eigentliche Problem (Was ist unerträgliches
> Leiden? Wo fängt Sterben an? Ist ein gesunder Mensch in der
> Lage, "richtige" Vorkehrungen/Verfügungen für den Fall einer
> Erkrankung zu treffen? Wo liegt die Verantwortung von Ärzten
> und Angehörigen? usw. usf.) diskutiert wird. Hier wird
> einfach nur dem Ehemann unterstellt, er habe keine Lust mehr,
> sich um seine kranke Frau zu kümmern.

Mir scheint, wir haben zwei verschiedene Artikel gelesen ! ;-)

Der Autor setzt sich primär mit der Frage von Bürgerrechten und Freiheit auseinander und kommt zu dem m.E. richtigen Ergebnis, dass jeder Mensch das Recht haben muss, über seinen Tod zu bestimmen, dies dann aber belegbar sein muss und dass in Fällen, in denen nicht klar der Wille ermittelt werden kann, im Zweifel zugunsten des Lebens entschieden werden muss.

>Das ist
> selbstverständlich Schwachsinn - und das kann ich sagen, ohne
> mich überhaupt jemals näher mit diesem Mann befaßt zu haben.

Das ist schön, du scheinst die universelle Weisheit zu besitzen ! Nur leider kann man über gar nichts eine qualifizierte Meinung haben ohne sich jemals damit beschäftigt zu haben ! Ich HABE mich mit dem Fall (aus einem allgemeinen kriminalistischen Interesse heraus) beschäftigt und es mag dich überraschen, aber es gibt sogar Anhaltspunkte dafür, dass der Mann von T.S. sie in ihrer Ehe mißhandelt hat und kausal für ihren Herzstillstand war. Vielleicht solltest du dich doch mal mit dem Fall beschäftigen bevor du etwas als "Schwachsinn" einstufst. Danach können wir gerne weiterreden. Natürlich ist es möglich, dass Herr S. seine Frau liebt und um sie besorgt ist, aber es sind auch genügend andere Varianten denkbar. Täglich werden Menschen z.B. aus Habgier ermordet, schon mal drüber nachgedacht ?!

> Ich habe schon viele Angehörige von (Wach-)Komapatienten
> kennengelernt, die sich nach einiger Zeit nicht oder nur noch
> sehr wenig um die Patienten kümmerten (meist werden solche
> Menschen ja in Heimen betreut), die einen neuen Lebenspartner
> fanden, noch mal eine neue Familie gründeten... Und da der
> Ehemann der Betreuer seiner Frau ist, hätte er im
> Zweifelsfall wohl auch keine allzu großen Probleme, an deren
> Geld zu kommen - auch wenn sie noch lebt.

Das ist ja der Punkt. Juristisch muss sie während der Ehe sterben, damit er das Geld behalten darf.
Aber darum geht es eigentlich gar nicht. Mir zumindest nicht, es ging mir nur um ganz allgemeine ethische Fragen, was Michael Schiavo anbelangt kann und will ich mir nicht allzu viele Gedanken machen.

mfg
Ash

Re: Guter Artikel?

Autor: Tanja | Datum:
> >Das ist
> > selbstverständlich Schwachsinn - und das kann ich sagen, ohne
> > mich überhaupt jemals näher mit diesem Mann befaßt zu haben.
>
> Das ist schön, du scheinst die universelle Weisheit zu
> besitzen ! Nur leider kann man über gar nichts eine
> qualifizierte Meinung haben ohne sich jemals damit
> beschäftigt zu haben !

Ich muß mich nicht mit Michael Schiavo beschäftigt haben um zu wissen, daß seine Frau sterben mußte damit er "frei" sein kann.

> allgemeinen kriminalistischen Interesse heraus) beschäftigt
> und es mag dich überraschen, aber es gibt sogar Anhaltspunkte
> dafür, dass der Mann von T.S. sie in ihrer Ehe mißhandelt hat
> und kausal für ihren Herzstillstand war.

Na klar. Dir scheint nicht klar zu sein, daß das von hier aus niemand beurteilen kann - wenn ich auf diesen Fall blicke, sehe ich zuallererst mal eine Horde wahnsinniger Christen, die sich in Gebeten hin und herwiegen und wohl alles versucht haben, um die Frau am Leben zu lassen.

> Natürlich ist es möglich, dass Herr S. seine Frau liebt und
> um sie besorgt ist, aber es sind auch genügend andere
> Varianten denkbar. Täglich werden Menschen z.B. aus Habgier
> ermordet, schon mal drüber nachgedacht ?!

Ja. Und? Ich habe bereits erläutert, daß er sie nicht sterben lassen mußte, um an ihr Geld etc. zu kommen.

> Das ist ja der Punkt. Juristisch muss sie während der Ehe
> sterben, damit er das Geld behalten darf.

Weiter? Wo ist nun das Problem? Warum muß er sich von ihr scheiden lassen um mit einer anderen Frau zusammenzuleben?

> Aber darum geht es eigentlich gar nicht. Mir zumindest nicht,
> es ging mir nur um ganz allgemeine ethische Fragen, was
> Michael Schiavo anbelangt kann und will ich mir nicht allzu
> viele Gedanken machen.

Dafür schreibst Du ziemlich viel zu ihm. ;-)

Tanja

Re: Patientenverfügungen und Verantwortung in der Medizin

Autor: Tanja | Datum:
> Darüberhinaus sind einige andere Menschen aus jahrelangem
> Wachkoma wieder teilweise und selten aber doch
> nachgewiesenermassen wieder ganz "zurückgekehrt". Die
> Tatsache, dass sich jemand im Wachkoma befindet kann eben
> nicht zwangsläufig den Schluss rechtfertigen, dass Gehirn sei
> irreparabel geschädigt. Durch jahrelange, aufwendige
> Therapien kann der Zustand aufgehoben werden.

Das kann sein - aber wenn so eine massive Schädigung des Gehirns wie bei Terri Schiavo vorliegt, wohl nicht mehr. Da sollte man sich keine falschen Hoffnungen machen. I.d.R. kann der Ausmaß der Schädigung des Gehirns von Ärzten relativ gut beurteilt werden.

> Bei Terry Schiavo wurde aufgrund des Einflusses ihres
> Ehemanns aber nie eine qualifizierte Therapie durchgeführt.

Das ist reine Spekulation bzw. basiert auf gerüchten, nehme ich an?

> Schließlich ist die Art und Weise wie man die Frau sterben
> läßt eines jeden Tieres unwürdig und grausam. Da sollte man
> die Courage haben und ihr eine Spritze geben, wenn sie
> sowieso schon sterben muss !

Äh, das verstehe ich nun so gar nicht. Meinst Du das ernst, daß man Leute, die sowieso sterben, trotz vorhandener pallitativ--medizinischer Möglichkeiten bzw. obwohl sie (soweit man das vpn außen beurteilen kann) nicht oder nur wenig leiden, umbringen sollte?

Tanja

Re: Patientenverfügungen und Verantwortung in der Medizin

Autor: Ash | Datum:
Tanja schrieb:

> Das kann sein - aber wenn so eine massive Schädigung des
> Gehirns wie bei Terri Schiavo vorliegt, wohl nicht mehr. Da
> sollte man sich keine falschen Hoffnungen machen. I.d.R. kann
> der Ausmaß der Schädigung des Gehirns von Ärzten relativ gut
> beurteilt werden.

Das kommt darauf an. Fakt ist, dass ca. 41 % aller Patienten (die Zahl stammt aus einem wissenschaftlichen Artikel, den ich leider nicht mehr besitze, aber es dürfte auch über google recherchierbar sein ;-)) die als "Wachkomapatienten" und hoffnungslos eingestuft wurden, dann doch wieder "zur Besinnung" kommen. Offenbar haben sich die Ärzte da auch getäuscht. Es mag ja sein, dass die Chancen für T.S. schlecht standen, aber es wäre doch nur fair, dies mit den neuesten Tests von Spezialisten anstatt via Ferndiagnose nur mit älteren EEG Aufnahmen von einem einzigen Neurologen beurteilen zu lassen ?!
Nach wie vor ist die Medizin relativ hilflos, was das menschliche Gehirn anbelangt (ich weiss wovon ich rede). Es gab z.B. mal in den USA den Fall eines Jungen, dem 60% des Gehirns weggeschossen wurden. Die Ärzte gingen davon aus, das er nie mehr über dem Geistesgrad eines Brokkoli würde existieren können, zumal die ganze linke, für sprache und logisches denken zuständige Gehirnhälfte weg war. Dann hat der Junge sich aber erholt und mittlerweile nach vielen Jahren und Therapien ein Universitätsstudium abgeschlossen (der Fall liegt ca. 6 Jahre zurück und ich habe darüber in Bild der Wissenschaft oder so einen Artikel gelesen). Hätte man den Ärzten das damals in Aussicht gestellt, wäre man wohl als Vollspinner abgestempelt worden !

> > Bei Terry Schiavo wurde aufgrund des Einflusses ihres
> > Ehemanns aber nie eine qualifizierte Therapie durchgeführt.
>
> Das ist reine Spekulation bzw. basiert auf gerüchten, nehme
> ich an?

Nein, dies beruht auf dutzenden von Artikeln und Belegen, die alle im Netz zu finden sind.

> Äh, das verstehe ich nun so gar nicht. Meinst Du das ernst,
> daß man Leute, die sowieso sterben, trotz vorhandener
> pallitativ--medizinischer Möglichkeiten bzw. obwohl sie
> (soweit man das vpn außen beurteilen kann) nicht oder nur
> wenig leiden, umbringen sollte?

Ich meine, dass man jeden Menschen, bei dem man nicht sicher weiss, dass er sterben will, leben lassen soll !

Und ich meine, dass WENN man sich schon dazu entscheidet, jemanden umzubringen (und nichts anderes war bei Terry S. der Fall, sie war ja im Grunde nur geistig stark behindert, keinesfalls hing sie an lebenserhaltenden Maschinen !) dies mit Würde und ohne Qualen für die Person, egal ob Mensch oder anderes Tier machen soll ! Wenn ich einem Tier die einzige Möglichkeit nehme sich zu ernähren, weiss ich, dieses Tier wird sterben, es ist nur eine Frage von Tagen. Die "pallativ-medizinischen Möglichkeiten" bestanden vorliegend nur in der Gabe von Morphium o.ä. Die Behauptung, jemand würde verdursten, ohne zu Leiden ist einfach absurd ! In der Praxis wird es tatsächlich so gehandhabt, dass man die Leute mit Morphium oder anderen ähnlichen Substanzen "passiv" umbringt, damit sie nicht so lange leiden, glaub mir, ich weiss wovon ich rede ! Und da wäre es ehrlicher, jemanden direkt, ohne Verdursten, ohne Verhungern, ohne überdosierte Schmerzmittel zu töten, so macht man es ja auch mit nichtmenschlichen Tieren, wenn diese "eingeschläfert" werden müssen. Aber nein, das wäre ja "aktive" Sterbehilfe, pfui pfui !

mfg
Ash

Re: Nachtrag: link

Autor: Ash | Datum:
hier ein link:

http://www.americandaily.com/article/6885

und hier noch einer:

http://www.worldnetdaily.com/news/article.asp?ARTICLE_ID=43463

zum Thema Schiavo. Ich behaupte nicht, die Artikel seien absolut objektiv , aber sie zeigen doch Anhaltspunkte auf, die durchaus interessant sind und bedacht werden sollten.

mfg
Ash

Re: Patientenverfügungen und Verantwortung in der Medizin

Autor: Achim Stößer | Datum:
> Nach wie vor ist die Medizin relativ hilflos, was das
> menschliche Gehirn anbelangt (ich weiss wovon ich rede). Es
...
> würde verdursten, ohne zu Leiden ist einfach absurd ! In der
> Praxis wird es tatsächlich so gehandhabt, dass man die Leute
> mit Morphium oder anderen ähnlichen Substanzen "passiv"
> umbringt, damit sie nicht so lange leiden, glaub mir, ich
> weiss wovon ich rede ! Und da wäre es ehrlicher, jemanden

Da Du zweimal betonst, zu wissen, wovon Du redest, verrate mir doch bitte mal, was es damit auf sich hat.

Achim

Re: Patientenverfügungen und Verantwortung in der Medizin

Autor: Ash | Datum:
Achim Stößer schrieb:

> Da Du zweimal betonst, zu wissen, wovon Du redest, verrate
> mir doch bitte mal, was es damit auf sich hat.

ganz einfach: ich habe mal in einem Krankenhaus gearbeitet, in dem es einige Fälle von 'Sterbehilfe' gab.

mfg
Ash

Re: Patientenverfügungen und Verantwortung in der Medizin

Autor: Tanja | Datum:
> > > Bei Terry Schiavo wurde aufgrund des Einflusses ihres
> > > Ehemanns aber nie eine qualifizierte Therapie durchgeführt.
> >
> > Das ist reine Spekulation bzw. basiert auf gerüchten, nehme
> > ich an?
>
> Nein, dies beruht auf dutzenden von Artikeln und Belegen, die
> alle im Netz zu finden sind.

Ich könnte fast wetten, daß es ebensoviele "dutzende Artikel und Belege" im Netz gibt, die das Gegenteil behaupten. Aber wie schriebst Du in deinem letzten Posting? Darum geht es ja eigentlich nicht. ;-)

> > Äh, das verstehe ich nun so gar nicht. Meinst Du das ernst,
> > daß man Leute, die sowieso sterben, trotz vorhandener
> > pallitativ--medizinischer Möglichkeiten bzw. obwohl sie
> > (soweit man das vpn außen beurteilen kann) nicht oder nur
> > wenig leiden, umbringen sollte?
>
> Ich meine, dass man jeden Menschen, bei dem man nicht sicher
> weiss, dass er sterben will, leben lassen soll !

Warum empfiehlst Du dann "die Spritze"?

> "pallativ-medizinischen Möglichkeiten" bestanden vorliegend
> nur in der Gabe von Morphium o.ä. Die Behauptung, jemand
> würde verdursten, ohne zu Leiden ist einfach absurd ! In der
> Praxis wird es tatsächlich so gehandhabt, dass man die Leute
> mit Morphium oder anderen ähnlichen Substanzen "passiv"
> umbringt, damit sie nicht so lange leiden, glaub mir, ich
> weiss wovon ich rede !

Morphingaben bei Patienten im Endstadium wie z.B. Krebs sind sicher oft dafür verantwortlich, daß diese früher sterben - allerdings sehe ich kein Problem darin, einem Sterbenden die Schmerzen zu nehmen. Auch da gibt es eine Grenze zwischen "früherem Tod durch Schmerztherapie" oder "gewolltem Tod durch Überdosis". Aber wenn Du weißt, wovon Du redest, weißt Du das ja auch. :-)

> Und da wäre es ehrlicher, jemanden
> direkt, ohne Verdursten, ohne Verhungern, ohne überdosierte
> Schmerzmittel zu töten, so macht man es ja auch mit
> nichtmenschlichen Tieren, wenn diese "eingeschläfert" werden
> müssen. Aber nein, das wäre ja "aktive" Sterbehilfe, pfui
> pfui !

Und? Wird es dadurch gut, daß "man" es so mit anderen Tieren macht?

Tanja

Re: Patientenverfügungen und Verantwortung in der Medizin

Autor: Ash | Datum:
Tanja schrieb:

>Darum geht es ja
> eigentlich nicht. ;-)

ja richtig, also lass uns den Fall ad acta legen ! Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es immer zwei Seiten einer Geschichte gibt und man nicht zu einseitig eine Sache sehen sollte.

> > Ich meine, dass man jeden Menschen, bei dem man nicht sicher
> > weiss, dass er sterben will, leben lassen soll !
>
> Warum empfiehlst Du dann "die Spritze"?

Habe ich das nicht schon zur Genüge erläutert ?!
Wenn man sich schon für "Sterbenlassen" entschieden hat, besteht nur noch die Frage WIE jemand stirbt, also z.B. durch Verdursten auf ehr unangenehme Art und Weise oder eben durch friedliches Einschlafen im Sinne von aktiver Sterbehilfe. Und da würde man wohl tendenziell das schmerz- und leidlose Sterben vorziehen, oder ?! Ich wüsste zumindest niemanden, der freiwillig verdursten wollen würde, insofern muss man vom mutmaßlichen Willen ausgehen, und wenn jemand nicht klar den Wunsch geäußert hat ohne jegliche "Hilfe" zu sterben, dann sollte man die weniger unangenehme Variante wählen. Ich wiederhole, alles nur dann, wenn sowieso sicher ist, dass diese Person sehr bald stirbt (und ganz unabhängig von der Frage, ob es richtig ist, diese Prson sterben zu lassen).

> Morphingaben bei Patienten im Endstadium wie z.B. Krebs sind
> sicher oft dafür verantwortlich, daß diese früher sterben -
> allerdings sehe ich kein Problem darin, einem Sterbenden die
> Schmerzen zu nehmen.

Ganz genau !

>Auch da gibt es eine Grenze zwischen
> "früherem Tod durch Schmerztherapie" oder "gewolltem Tod
> durch Überdosis". Aber wenn Du weißt, wovon Du redest, weißt
> Du das ja auch. :-)

ja eben, nur das es hier um den gewollten Tod durch verdursten alternativ zum gewollten tod durch überdosis geht !

> Und? Wird es dadurch gut, daß "man" es so mit anderen Tieren
> macht?

ich glaube wir reden die ganze zeit aneinander vorbei. Ich habe weiter oben ja schon versucht zu erläutern was ich meine. Es gibt hier doch klar zwei Fragen: a) das OB, also lasse ich jemanden sterben und b) das WIE. Wenn das ob feststeht, geht es nur noch um das wie und nur darum ging es mir !

Wenn ein nm Tier schwer und tödlich krank ist und Qualen leidet, finde ich es richtig diesem Tier das Sterben zu erleichtern, du nicht ?!

mfg
Ash

aktive/passive Sterbehilfe und Speziesismus in der Palliativmedizin

Autor: Tanja | Datum:
> ja richtig, also lass uns den Fall ad acta legen ! Ich wollte
> nur darauf hinweisen, dass es immer zwei Seiten einer
> Geschichte gibt und man nicht zu einseitig eine Sache sehen
> sollte.

Sehe ich genauso. ;-)

> Habe ich das nicht schon zur Genüge erläutert ?!
> Wenn man sich schon für "Sterbenlassen" entschieden hat,
> besteht nur noch die Frage WIE jemand stirbt, also z.B. durch
> Verdursten auf ehr unangenehme Art und Weise oder eben durch
> friedliches Einschlafen im Sinne von aktiver Sterbehilfe.

"Sterbenlassen" ist gleichbedeutend mit passiver Sterbehilfe, die im Gegensatz zur aktiven Sterbehilfe in Deutschland auch nicht illegal ist sowie gesellschaftlich größtenteils toleriert bis befürwortet wird.

> Wenn ein nm Tier schwer und tödlich krank ist und Qualen
> leidet, finde ich es richtig diesem Tier das Sterben zu
> erleichtern, du nicht ?!

Das ist ein sehr komplexes Thema, was sich auf die Schnelle kaum diskutieren läßt. Ich versuche, mich kurz zu fassen. ;-)
Menschen haben anderen (in menschlicher Gefangenschaft lebenden) Tieren einen großen Vorteil: es wurden in den letzten Jahrzehnten sehr viel mehr palliativ-medizinische Möglichkeiten für sie gefunden. Da es diese für nichtmenschliche Tiere nur begrenzt gibt, kann die aktive Sterbehilfe m.E. hier u.U. legitim sein. Allerdings finde ich die gängige Praxis "das Tier leidet, sowas kann ich nicht mit ansehen, also töte ich es" ziemlich erschreckend da hier meist auch "ganz normal" Sterbende auf einmal als "leidend" angesehen werden. Sowas sollte also ganz differenziert betractet und ganz kritisch von Fall zu fall diskutiert und entschieden werden.

Tanja

Re: aktive/passive Sterbehilfe und Speziesismus in der Palliativmedizin

Autor: Ash | Datum:
> "Sterbenlassen" ist gleichbedeutend mit passiver Sterbehilfe,
> die im Gegensatz zur aktiven Sterbehilfe in Deutschland auch
> nicht illegal ist sowie gesellschaftlich größtenteils
> toleriert bis befürwortet wird.

Ja richtig, und diese Differenzierung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe finde ich grundsätzlich falsch. Es sollte m.E. nach vielmehr danach differenziert werden, ob, wer, warum sterben will, und nicht wie ! Wenn ein Mensch fürchterlich leidet weil er unheilbar an Krebs erkrankt ist, und ernsthaft und nach reiflicher Überlgung darum bittet, dass man ihn schmerzfrei tötet, dann denke ich ist das das gute Recht eines jeden Menschen (bzw. anderen Tieres) zu entscheiden, dass und wie er sterben will. Insofern kann es auch nicht falsch sein, ihm hier zu helfen, ich finde ehr das Gegenteil ist unmoralisch !
Auf der anderen Seite finde ich es unmoralisch jemanden "passiv" sterben zu lassen, obwohl gar nicht klar ist, ob diese Person wirklich sterben will.

> nichtmenschliche Tiere nur begrenzt gibt, kann die aktive
> Sterbehilfe m.E. hier u.U. legitim sein. Allerdings finde ich
> die gängige Praxis "das Tier leidet, sowas kann ich nicht mit
> ansehen, also töte ich es" ziemlich erschreckend da hier
> meist auch "ganz normal" Sterbende auf einmal als "leidend"
> angesehen werden. Sowas sollte also ganz differenziert
> betractet und ganz kritisch von Fall zu fall diskutiert und
> entschieden werden.

da gebe ich dir vollkommen Recht ! Natürlich kommt Sterbehilfe bei Tieren grundsätzlich nur in Frage, wenn diese ganz offensichtlich unerträglich leiden (aus ihrer Perspektive) und ihre Krankheit unweigerlich zum Tod führt. Bei mir hat mal ein Hund gelebt, der plötzlich an massivem Kehlkopfkrebs erkrankt ist, diverse Operationen halfen nicht, der Krebs bildete sich immer nach. Er konnte dann auch irgendwann nicht mehr essen und hat pro Tag vor schmerzen viele stunden fürchterliche Laute von sich gegeben. Er hätte höchstens noch 4 wochen unter Qualen gelebt und wäre dann verdurstet oder erstickt und deshalb haben wir uns schweren Herzens für Sterbehilfe entschieden. Aber wie du schon sagst, dass muss man von Fall zu Fall entscheiden

gruss
Ash

Re: aktive/passive Sterbehilfe und Speziesismus in der Palliativmedizin

Autor: Tanja | Datum:
> Ja richtig, und diese Differenzierung zwischen aktiver und
> passiver Sterbehilfe finde ich grundsätzlich falsch.

Ich überhaupt nicht. Sicher hat auch die Palliativmedizin ihre Grenzen, aber die sind sehr weit gesteckt. Aktive Sterbehilfe zieht mit Sicherheit immer Mißbrauch nach sich - selbst wenn sie in einigen Fällen gerechtfertigt sein sollte, würden mit ihrer Legitimation über kurz oder lang auch viele unerwünschte Patienten (womit wir wieder beim Thema "lebensunwertes Leben" wären) getötet werden. Ich denke nicht, daß es möglich ist, hier eine Grenze zu ziehen die solch einen Mißbrauch (und es ist ja klar, daß dieser nicht nur in Einzelfällen vorkäme) unterbinden knnte.

> sollte m.E. nach vielmehr danach differenziert werden, ob,
> wer, warum sterben will, und nicht wie ! Wenn ein Mensch
> fürchterlich leidet weil er unheilbar an Krebs erkrankt ist,
> und ernsthaft und nach reiflicher Überlgung darum bittet,
> dass man ihn schmerzfrei tötet, dann denke ich ist das das
> gute Recht eines jeden Menschen (bzw. anderen Tieres) zu
> entscheiden, dass und wie er sterben will. Insofern kann es
> auch nicht falsch sein, ihm hier zu helfen, ich finde ehr das
> Gegenteil ist unmoralisch !

Den Ansatz haben viele Leute. Allerdings übersehen sie dabei einiges:
- Die Überlegung kann noch so "reiflich" sein, Sterben ist ein Extremzustand, und ein Todkranker, der tagelang sterben wollte, weil er einfach keine Hoffnung mehr hatte, dazu vielelicht noch schlimme Schmerzen, findet urplötzlich wieder Gefallen am Leben weil er lieben Besuch bekommt, sein Lieblingslied im Radio gespielt wird oder einfach nur die Sonne scheint. Und dieser Patient ist dann dankbar, daß er noch lebt.
- Die meisten Erkrankten, die einen Todeswunsch äußern, wollen aus ihrer schlimmen Situation befreit werden. Und genau da sollte im Normalfall die Palliativmedizin zuständig sein. Das Problem ist nur, daß immer noch viele Ärzte sich vor solchen "drastischen Maßnahmen" scheuen. Aber:
- In Hospizen gibt es teilweise sogar die Möglichkeit für Patienten, sich in eine Art künstliches Koma legen zu lassen; wenn man sie dann zurückholt, können sie entscheiden, ob sie ihr Sterben lieber weiter "verschlafen" oder auch an diesem letzten Teil ihres Lebens noch bewußt teilhaben wollen. Warum sollte jemand, der durchaus noch Lebensqulität empfindet, sterben wollen? Ist es also nicht eher Aufgabe der Angehörigen/der Ärzte/des Pflegepersonals und auch der Politik, Lebensqualität zu schaffen?
- (zumindest zusätzliches) Leiden entsteht ganz oft durch lebensverlängernde Maßnahmen. Ich habe vor einiger Zeit mal mit einer Schwesternschülerin diskutiert, die erzählte, sie betreue einen krebskranken Mann in ihrem Stationspraktikum, der quasi "aus dem letzten Loch pfeife" aber immer noch herzstärkende Medikamente bekomme und unendlich leide. Sie war so verzweifelt, daß sie meinte, es wäre doch besser, diesem Mann eine todbringende Spritze zu geben. Doch wäre dem Patienten nicht viel eher geholfen, wenn man ihn einfach in Ruhe und unter Einbeziehen der palliativmedizinischen Möglichkeiten, sterben ließe? Warum wird hier sofort nach dem anderen Extrem gerufen? M.E. zeigt das nur allzu gut unsere eigene Hilflosigkeit in der Konfrontation mit Sterben und Tod auf.

> Auf der anderen Seite finde ich es unmoralisch jemanden
> "passiv" sterben zu lassen, obwohl gar nicht klar ist, ob
> diese Person wirklich sterben will.

Das ist auch bei Leuten, die sowas vorher geäußert haben, leider oft nicht klar, s.o. Aber Du hast in diesem Fall natürlich Recht und ich denke nicht, daß so etwas hier in D möglich wäre.

> da gebe ich dir vollkommen Recht ! Natürlich kommt
> Sterbehilfe bei Tieren grundsätzlich nur in Frage, wenn diese
> ganz offensichtlich unerträglich leiden (aus ihrer
> Perspektive) und ihre Krankheit unweigerlich zum Tod führt.
> Bei mir hat mal ein Hund gelebt, der plötzlich an massivem
> Kehlkopfkrebs erkrankt ist, diverse Operationen halfen nicht,
> der Krebs bildete sich immer nach. Er konnte dann auch
> irgendwann nicht mehr essen und hat pro Tag vor schmerzen
> viele stunden fürchterliche Laute von sich gegeben. Er hätte
> höchstens noch 4 wochen unter Qualen gelebt und wäre dann
> verdurstet oder erstickt und deshalb haben wir uns schweren
> Herzens für Sterbehilfe entschieden. Aber wie du schon sagst,
> dass muss man von Fall zu Fall entscheiden

Und das ist ja die schlimme Misere: bei einem Menschen hätte man mit dieser Erkrankung Möglichkeiten gehabt, sein Leiden zu lindern. Ich habe vor einigen Jahren im privaten Umfeld das Sterben einer Frau an Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs miterlebt. Sie befand sich m.W. zu keiner Zeit in einem Zustand, in dem man über aktive Sterbehilfe hätte auch nur nachdenken müssen.
Für den Hund allerdings war der Tod (wenn ich das so aus der Entfernung sagen kann) mit Sicherheit das Beste, was man ihm geben konnte.

Tanja

Re: Viehzüchterreligionen?

Autor: Achim Stößer | Datum:
Ein wohl von Deschner geprägter Begriff:
Zitat:
Zusammengesackten Eseln soll man aufhelfen, verirrte Schafe zurückführen, überhaupt "für sein Vieh" sorgen. Werden die Tiere im Alten Testament nicht freundlich bedacht? "Hast du Vieh, so warte sein, und bringt's dir Nutzen, so behalte es."

Biblischer Tierschutz? Archaischer Respekt vor dem nichtmenschlichen Leben? Der nackte Egoismus einer Viehzüchterreligion! Da sind sich, wie in so vielen Greueln - doch im krassen Kontrast zum Monismus der alten Asiaten, Indianer -, die monotheistischen Gottesanbeter einig: "Allah ist's, der für euch das Vieh macht", rühmt der Koran. "Die einen Tiere sind zum Reiten da, die anderen zum Essen. Und ihr habt den Nutzen davon" (40,79 f.).

Das schwärzeste aller Verbrechen

Achim

Re: Viehzüchterreligionen?

Autor: Arno | Datum:
Hallo Achim,

Dein zitierter Artikel des Herrn K. Deschner hat mich sehr
beeindruckt. Den Ausdruck "Viehzüchterreligionen" habe ich auch
daher.

Viele Grüße
Arno

Re: Viehzüchterreligionen?

Autor: dolli | Datum:
Hi!

Mal wieder ganz zurück zum Thema: Veganerin hin oder her, gebe ich zu, für Abtreibungen zu sein, solange das Kind noch ein sogenannter "Zellhaufen" ist. Die Zeit, die einer Frau dafür bleibt ist somit sehr begrenzt in den ersten Wochen der Schwangerschaft; leider kennen viele Frauen ihre Körper zu wenig, um eine Schwangerschaft überhaupt so früh zu bemerken.
Eine Spätabtreibung, sowie auch die Untersuchungen, ob ein Kind behindert zur Welt kommen würde halte ich für sehr gefährdend, bzw die Abtreibung in einem fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft für Mord, und zwar eindeutigen. Desweiteren können gerade die Untersuchungen das Kind erst gefährden.

Bezüglich der Komapatientin ist es schwer, herauszufinden, ob sie wirklich mal mündlich ihrem Mann gegenüber gesagt hat, sie wolle so nicht leben- allerdings kann ich es mir sehr gut vorstellen. Von daher finde ich schon die vorangegangenen 15 Jahre eher entwürdigend als gut. Seltsam finde ich, dass wir nun von diesem einen Fall mitkriegen, in den sich nun sogar die Regierung einmischt, obwohl es allein in den USA noch 30.000 andere Wachkoma-Patienten gibt, deren Familien auch mit Gerichten herumstreiten. (Hab die Info und Zahl von einem Ami, der in der Pflege arbeitet- also keine Gewähr, ich übernahm sie einfach).

Doch dass ich mir vorstellen kann, sie hätte gesagt, sie wolle so nicht leben, ist selbstverständlich nciht allgemeingültig, denn meine Aussage ist natürlich subjektiv geprägt von meinem Denken darüber- ich würde so nciht leben wollen und kann mir kaum vorstellen, jemand will das.

Diffizil ist diese Sache natürlich, weil hier sehr viel "gott spielen" drin ist: hätte man sie damals wiederbeleben müssen, wo sie schon mal hirntod war? Hätte man da nicht einfach Gott Gott sein lassen sollen anstatt medizinische Künste anzuwenden?
Andererseits ist auch klar, dass in dem Moment die Folgen nciht abzusehen waren, sie hätte die Wiederbelegung ja ohne größere Schäden überstehen können und nicht im Koma bleiben.

Daher ist das eine recht müßige Entscheidungsfindung- einerseits halte ich Abtreibung in frühem Stadium nicht für Mord, im späten sehr wohl. einerseits denke ich, die Wachkomapatientin sterben zu lassen ist würdiger als sie so weiter vegetieren zu lassen, andererseits ist das aber auch irgendwie ein Töten. Das kleine Kind konnte ohne Hilfe nicht überleben, sowie sie ohne Hilfe nicht überleben- sprich selbst essen und trinken kann.

Ich tendiere hier dazu, alles ein wenig "back to nature" zu definieren: "früher" (im Sinne von ohne Medizin/er) hätte man keine solchen Schwangerschaftsuntersuchungen gemacht, somit wäre Tim einfach so auf die Welt gekommen, und nach 9 Monaten vermutlich auch etwas weniger geschädigt. Bei welchen Eltern er dann aufwächst, sei mal dahingestellt. Die Komapatientin hätte vermutlich nicht mal den Unfall der zum Koma führte überlebt, und wäre gestorben.

Aber über weitere Denkanregungen zur Meinungsbildung in dieser Hinsicht freu ich mich.

Viele Grüße dolli

Denkanstoss :-)

Autor: Rele | Datum:
Hi,

"Früher" hätte sie den Unfall womöglich garnicht gehabt?!


Ich denke nicht so. Wir HABEN die Möglichkeiten (in dem Fall die medizinischen) und sollten sie nicht umgehen, nur um uns dass Nachdenken über ethisches Für& Wider zu ersparen. Medizin sollte ihre Anwendung im Schutz des Lebens finden, nicht zur Selektierung o.ä. Daher finde ich auch diese Menge an Fruchtwasseruntersuchungen unmöglich. Wenn eine Gefahr für Mutter u/o Kind besteht, ist natürlich jede Untersuchung angezeigt, die Hinweise geben kann, um Leben zu retten. Aber Untersuchungen, die mir zeigen, ob mein Kind behindert ist oder nicht, auch wenn das keinerlei Lebensgefahr bedeuten würde....?Wozu? Um mir ein Rechtfertigungsargument zum Schwangerschaftsabbruch zu geben?
Finde ich unhaltbar.


Gruß

Todesurteil schon während der Schwangerschaft?

Autor: Blanc | Datum:
So einfach ist das nicht. Ich kenne genug Familien mit leicht und schwer behinderten Kindern. Ein behindertes Kind in dieser Gesellschaft aufzuziehen ist wirklich nicht einfach, doch genau diese Kinder geben so viel Liebe zurück. Und es macht freude mit ihnen arbeiten zu dürfen. Ich frage mich nur schon die ganze Zeit wieso die Mutter von Tim keine Liebe verspürt hat als er lebend zur Welt kam. Normalerweise bekommt jede Mutter sofort Muttergefühle. Und heutzutage kann man sein Kind auch anders "loswerden". Man muss es ja nicht bewusst wegsterben lassen. Ich sehe einen Schwangerschaftsabbruch als verhindern von Leben an. Und ein Zellhaufen bekommt recht schnell ein Herz. Ich finde es auch nicht richtig zu sagen "Das ist mein Kind und ich kann darüber bestimmen" Wo doch die Mutter das Kind nur austrägt und dann sie oder wer anderes ihm das Leben zeigt. Werde ich ungewollt schwanger ist das mein Fehler und nicht der Fehler des entstehenden Lebens. Vor was hatte diese Mutter eigentlich Angst? Wusste sie nicht dass es auch Pflegefamilien gibt? Oder hatte sie einfach nur Angst sich in das Kind zu verlieben?

Das ist mal wieder ein Mensch den ich nie verstehen werde.

lg rebecca

Tims Mutter

Autor: Tanja | Datum:
> Das ist mal wieder ein Mensch den ich nie verstehen werde.

Kurz nach Aufzeichnung des Films über Tim starb seine Mutter, wurde in dem Bericht gesagt. Sie muß wohl seit der Abtreibung ständig in Therapie gewesen sein und Psychopharmaka genommen haben.
Das ist alles so unglaublich (und noch viel unglaublicher, daß Tim nicht wirklich ein "Einzelfall" ist - solche Spätabtreibungen schon gar nicht), daß es wohl niemand verstehen kann - denn "reingucken" kann man ja nicht in Tims Mutter oder eine andere Schwangere, die solch eine Entscheidung trifft. Darum verstehe ich auch nicht, warum sie ihren Sohn niemals sehen wollte, auch nicht Monate oder Jahre nach dessen Geburt. Wer weiß schon, was in jemandem vorgeht, der keine Möglichkeit sieht, ein behindertes Kind auf die Welt zu bringen.
Da fällt mir eine Kampagne ein, die die Aktion Mensch (glaube ich) mal laufen hatte. Auf großen Plakaten konnte man überall lesen "Behindert ist man nicht - behindert wird man."

Tanja

Allg. Mütter

Autor: Blanc | Datum:
Ich hab mal eine Dokumentation über Frauen die abgetrieben haben gesehen. Die waren sogar noch nach jahren total depressiv deswegen. und eine hat es sogar nochmal getan. da geb ich mein kind doch vorher in adoption frei bevor ich es abtreiben lasse.

Re: Allg. Mütter

Autor: Tanja | Datum:
Verallgemeinern kann man das sicher nicht. Es gab doch mal dieses Stern(?)-Cover, auf dem die Fotos vieler prominenter Frauen waren, die offen darüber sprachen, abgetrieben zu haben. Und die hatten wohl keine Depressionen.
Wobei ich auch immer noch unterscheide zwischen einem leidensfähigen Individuum mit Lebensinteresse und ein paar Zellen, die sich teilen.

Tanja

Gott spielen

Autor: Achim Stößer | Datum:
> "gott spielen" drin ist: hätte man sie damals wiederbeleben

Bemerkenswert, wie oft "Gott spielen" als Euphemismus(?) für "töten" (oder leben lassen) verwendet wird ...

So auch in eine außerordenlich perversen (weil subtilen) Form von Kindesmißhandlung, verbreitete Gehirnwäsche mit widerwärtigstem Psychoterror, oft allabendliche Tantalusqualen:

Zitat:
Guten Abend, gute Nacht

Guten Abend, gute Nacht,
Mit Rosen bedacht,
Mit Näglein besteckt,
Schlupf unter die Deck'
|:Morgen früh, wenn Gott will,
Wirst du wieder geweckt.
:|

Guten Abend, gute Nacht,
Von Englein bewacht,
Die zeigen im Traum
Dir Christkindleins Baum.
|:Schlaf nun selig und süß,
Schau im Traum 's Paradies.:|


1. Strophe: altes Volkslied aus "Des Knaben Wunderhorn" (1808),
2. Strophe: Georg Scherer (1849),
vertont von Brahms op.49, Nr 4 (1868);
meine Hervorhebung


Achim

Re: Spätabtreibung und ihre Folgen

Autor: rtcw | Datum:
Hallo Tanja,
ich finde, die Abtreibungsdebatte wird hier mal wieder viel zu einseitig geführt. Auch die Rechte der Mutter sind zu beachten und eine Schwangerschaft hat häufig Auswirkungen auf ihr gesamtes Leben, die nicht abzusehen sind. Wir müssen also die rechte der Frau und die Rechte des Förus betrachten. Häufig ist ein Schwangerschaftsabbrucht die einzige Lösung um die Rechte der Frau zu achten, Frauen dürfen in unserer Gesellscahft nicht als "Behälter" betrachtet werden, die dazu dienen Kinder auszutragen. Frauen schenken Kindern das Leben und so wie bei jeden Geschenk muss es ihre Entscheidung bleiben.

Viele Grüße,
rtcw

Abtreibungsdebatte

Autor: Tanja | Datum:
Hallo rtcw,

> ich finde, die Abtreibungsdebatte wird hier mal wieder viel
> zu einseitig geführt.

Es geht nicht um "die Abtreibungsdebatte", wir debattieren hier nicht um Schwangerschaftsabbrüche in den ersten Wochen.

> Auch die Rechte der Mutter sind zu
> beachten und eine Schwangerschaft hat häufig Auswirkungen auf
> ihr gesamtes Leben, die nicht abzusehen sind.

Ein Schwangerschaftsabbruch im 6. Monat, wie wir sehen konnten, ebenfalls. Und diese Auswirkungen betreffen vor allem das Baby, welches nun statt mit einem "normalen Downsyndrom" mit vielfältigen Behinderungen leben muß. Also warum sind die "Rechte der Frau" hier mehr wert als die Rechte dieses Kindes, welches (ich wiederhole mich hier gern!) leidensfähig ist und ganz klar ein Lebensinteresse hat?

> Häufig ist ein Schwangerschaftsabbrucht die einzige Lösung um
> die Rechte der Frau zu achten,

Interessant. Führe das doch bitte etwas mehr aus.

> Frauen dürfen in unserer
> Gesellscahft nicht als "Behälter" betrachtet werden, die dazu
> dienen Kinder auszutragen.

Entschuldige, falls ich da was falsch verstanden haben sollte. Aber soweit ich weiß, tragen Frauen in einer Schwangerschaft Kinder aus und sind für diese Zeit der Schwangerschaft, wenn Du es so ausdrücken möchtest, eben "Behälter". Das ist villeicht, falls Du das als Problem ansehen solltest, ein biologisches, aber sicher kein gesellschaftliches.

> Frauen schenken Kindern das Leben
> und so wie bei jeden Geschenk muss es ihre Entscheidung
> bleiben.

Ach so. Wenn das Kind nicht paßt, werfe ich es in den Müll. Da dieses Kind, um das es hier geht, zum Zeitpunkt seiner Abtreibung lebens- und leidensfähig war und auch bereits Lebenswillen hatte (jaja, ich habe einfach den Eindruck, daß ich das hier nicht oft genug sagen kann), wo ist denn dann die Grenze? "Frauen dürfen nicht als Milchmaschine/Köchin/Kinderkrankenschwester/Kindergärtnerin angesehen werden - eine Tötung eines Säuglings/Kindes ist of die einzige Möglichkeit, die Rechte der Frau zu achten." Und weil sie ja "Leben schenken", dürfen sie es auch nach Belieben nehmen?!
Das wird den Schweinezüchter, der sein Geld damit verdient, Schweinen das "Leben zu schenken" um es ihnen alsbald wieder nehmen zu lassen, sicher freuen (bzw. ihm in seiner Argumentation nichts Neues sein).

Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, wo ich die Probleme sehe.

Tanja

Später

Autor: Achim Stößer | Datum:
Es gibt da übrigens eine Erzählung von Philip K. Dick, in der es um eine Gesellschaft geht, in der "Abtreibung" ziemlich spät zulässig ist. Genauer gesagt, bis das Kind in der Lage ist, Differentialgleichungen zu lösen ...

Achim

Re: Spätabtreibung und ihre Folgen

Autor: Achim Stößer | Datum:
> zu einseitig geführt. Auch die Rechte der Mutter sind zu
> beachten und eine Schwangerschaft hat häufig Auswirkungen auf
> ihr gesamtes Leben, die nicht abzusehen sind. Wir müssen also

Wenn z.B. zwischen dem Leben(srecht) der Mutter und dem des Kindes entschieden werden muß - Todesgefahr durch Schwangerschaftskomplikationen - liegt offensichtlich ein ethisches Dilemma vor.

Wenn Du aber meinst, mit dem "Recht der Frau, keine Windeln wechseln" oder dem "Recht der Frau, jeden Abend durch die Kneipen ziehen zu können, ohne sich um ein Kind oder wenigstens einen Babysitter kümmern zu müssen" das Recht diese Kindes Tim auf Leben und etwas mehr psychische und physische Unversehrtheit aufrechnen zu können, ist das analog zum "Recht" von Speziesisten auf Leichenfraß im Gegensatz zu Tierrechten.

> die rechte der Frau und die Rechte des Förus betrachten.
> Häufig ist ein Schwangerschaftsabbrucht die einzige Lösung um

Das Wort "häufig" kommt zweimal in Deinem Artikel vor. Also her mit der Statistik: in wie vielen Fällen von (Spät-)Abtreibungen liegt tatsächlich ein ethisches Dilemma vor?

Achim