Gary Steiner: Anthropocentrism and Its Discontents. Animals and their Moral Status in the History of Western Philosophy, University of Pittsburgh Press, Pittsburgh 2005
Gary Steiner ist Professor für Philosophie an der Bucknell Universität und veröffentlichte bereits einiges über Ethik-Theorie, zuletzt wieder auch mit Tierrechtsbezug ("The Moral Status of Animals"). Letztes Jahr ist er durch seinen proveganen Artikel
"Animal, Vegetable, Miserable" in der New York Times aufgefallen (er selbst ist auch Veganer).
Anthropozentrismus, schreibt Steiner in der Einleitung, ist die Haltung, die grundlegend beinhaltet, menschliche Existenz als höherwertiger denn nichtmenschliche Existenz zu betrachten. Ein Hauptargument von den Stoikern bis Kant war: "that all and only human beings are worthy of moral consideration, because only human beings are rational and endowed with language", nur Menschen seien zu Selbstbestimmung und moralischer Verantwortung fähig.
Bevor er geschichtlich einsteigt, wirft er im ersten Kapitel einen Blick auf die zeitgenössischen Debatten über den Status nichtmenschlicher Tiere. Meistens wird der Status nichtmenschlicher Tiere anhand ihrer Fähigkeiten (Selbsterkenntnis, Zukunftsbewußtsein usw.) gemessen, wohingegen er selbst Kognition und Empfindungsfähigkeit zugrunde legen würde.
Die gegenwärtig bekanntesten Theorien, die nichtmenschliche Tiere ausdrücklich betreffen, sind Singers Utilitarismus und Regans deontologischer Ansatz.
Singer macht die Empfindungsfähigkeit zum Hauptmerkmal ethischer Berücksichtigung überhaupt und schließt nichtmenschliche Tiere ein;
Regan fokussiert auf Fähigkeiten wie Erinnerung, Selbsterkenntnis und Zukunftsbewußtsein, wobei dies jedem Lebewesen, das dies aufweist, einen inhärenten Wert verleiht. Diese Position selbst beinhaltet jedoch Anthropozentrismus, der sich in Regans "lifeboat"-Szenario eröffnet (wonach in bestimmten Situationen nichtmenschliche Tiere grundsätzlich weniger Wert haben als Menschen, vgl.
hier).
Er zitiert auch Rosalind
Hursthouse, die sich für Vegetarismus aus Tugendhaftigkeit ausspricht, da "Fleischessen" eine Maßlosigkeit sei. Es sei jedoch nicht per se ethisch falsch und der anthropozentrische Charakter, der solcher Tugendethik zugrunde liegt, dürfte offensichtlich sein. Sie könnte jedoch erweitert werden, wie Ansätze Martha Nussbaums und Sapontzis nahelegen, um damit doch auf nichtmenschliche Tiere selbst Bezug nehmen zu können. Auch den Ansatz, die (physischen und psychischen) Fähigkeiten zu berücksichtigen, scheitert, da dies nur auf höher entwickelte Tiere zuträfe.
Im Weiteren gibt er einen Überblick über die derzeitige Verhaltensforschung und der Frage nach den kognitiven Fähigkeiten von nichtmenschlichen Tieren, da diese teilweise als ethisch relevantes Kriterium angesehen werden und seit den Stoiker behauptet wird, nur Menschen hätten Sprache und Vernunft. Zwar ist durch diese Forschung von der Einzigartigkeit des Menschen nicht viel übrig geblieben, jedoch zeigen die Experimente auch Probleme wie Anthropomorphisierung und viele Interpretationsschwierigkeiten (z.B. daß die Identifizierung von Objekten nicht aussagt, ob das Tier damit auch eine Vorstellung davon hat, was ein Objekt ist) und letztlich ist das Bewußtsein der meisten Tiere auch eher auf die Gegenwart beschränkt. Die klassischen Vorstellungen von der totalen Vernunftlosigkeit von nichtmenschlichen Tieren sind jedoch hinfällig.
Der Linguist
Vygotsky, der die Unterschiede bei der Kommunikation zwischen Kindern und Erwachsenen, die verschiedene Konzepte von Sprache haben, beschrieb, eröffnet damit ein besseres Verständnis für das Geistesleben von nichtmenschlichen Tieren. So z.B., daß der Intellekt der Tiere auch unabhängig von Sprache funktioniert und daher sie nicht weniger intelligent sind, nur weil sie keine komplexe Sprache besitzen.
Die Kapitel zwei bis vier behandeln die antiken Theorien von den Vorsokratikern über Aristoteles und den Stoikern bis Plutarch und Porphyrios.
Was einige überraschen dürfte ist, daß vor den bekannten, tief-speziesistischen Positionen Aristoteles, die das Vorbild für spätere Philosophen wurden, es Meinungen gegeben hat, die zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren eher eine Kontinuität als eine Trennung sahen. Dazu gehören Homer, Hesiod, Pythagoras und Empedokles.
Homer benutzte Tier-Metaphern oftmals in einer Hinsicht, die besagt, daß im "Töten und Getötetwerden" menschliche und nichtmenschliche Tieren sich gleichen. Menschen sind bei ihm nicht grundsätzlich höhergestellt und in der Argus-Szene der Odyssee werden dem Hund Emotionen zugesprochen.
Hesiod warnt in seiner Prometheus-Geschichte davor, daß die Anwendung von Gewalt (gegen Menschen und nichtmenschliche Tiere) negative Folgen nach sich zieht.
Pythagroas, das relativ bekannt, hat Tiere als Nahrungsmittel abgelehnt, es ist aber unklar, ob das aus rein ethischen Gründen erfolgte. Seine Beweggründe könnten anthropozentrischer Natur sein, wenn es – gemäß seiner "Seelen-Lehre" – nur das Ziel war, die "Seele" möglichst rein zu halten. Gestützt wird es dadurch, daß er bestimmte Tierarten als Opfertiere gutgehießen hat, und umgekehrt, daß er manchen Pflanzen "Seelen" zugesprochen hat.
Empedokles war eindeutiger mit seinen Aussagen und lehnte das Essen oder Opfern von Leichenteilen eindeutig ab, jedoch auch einer "Seelen-Reinkarnations-Theorie" wegen. Dennoch hält Steiner fest, daß es hier noch keine metaphysische Trennung zwischen Menschen und nichtmenschlichen Tieren gab sowie bereits Positionen, die spätere Kritiker des Anthropozentrismus einnahmen.
Bei
Platon gibt es auch eine "Seelen-Wanderungs-Lehre", weshalb er nichtmenschliche Tiere nicht grundsätzlich als niedriger ansieht, aber dennoch den graduellen Unterschied hervorhebt.
Aristoteles ist der Ursprung für die Behauptung, nichtmenschliche Tiere besäßen keine Vernunft. Er sagt auch, daß sie für Menschen "da" seien, jedoch sieht Steiner hier eine Mißinterpretation der betreffenden Textstelle, da sie Aristoteles ein teleologisches Naturverständnis unterstellt. Er habe eher gemeint, daß sie von ihrer Natur her dem Menschen unterlegen sind. In seiner Würde-Definition schließt er nichtmenschliche Tiere aus, sie haben weiterhin keine Sprache und Logik, wobei er grundlegende Fähigkeiten anerkennt. Hier geht Steiner nochmals ausführlich darauf ein, warum die Messung von Intelligenz an der Sprachfähigkeit falsch ist. Man muß schließlich nicht die Fähigkeit haben, etwas zu benennen (was viele nichtmenschliche Tiere oft nicht können), um es zu verstehen (d.h. ein logisches Konzept davon zu haben). Ähnliches gilt für den Besitz von Erinnerungsvermögen, dessen Unterschied Aristoteles anführt.
Die
Stoiker unterscheiden vernunftbegabte und nicht-vernunftbegabte Wesen und weisen dem Menschen, aufgrund seiner Vernunftbegabtheit, eine starke Überlegenheit über alle nicht-vernunftbegabten Wesen zu. Nichtmenschliche Tieren besitzen ihrer Meinung nach grundsätzlich keine Vernunft und damit auch keine Gefühle oder Dinge wie Weisheit und Reflexionsvermögen. Menschen hätten daher keinerlei Verpflichtungen gegenüber anderen Tieren. Die Fähigkeiten der nichtmenschlichen Tiere wird als etwas gesehen, was später Instinkte genannt wird, und gilt für die Stoiker nicht als Vernunft. Wie zu erwarten, existieren die nichtmenschlichen Tiere für die Menschen, genauer gesagt sei die gesamte Welt nur für vernunftbegabte Wesen erschaffen (und das seien Götter und Menschen). Nichtmenschliche Tiere werden zudem von der Gerechtigkeit ausgeschlossen. Den Ursprung liegt darin, daß Aristoteles nichtmenschlichen Tiere Vernunft absprach. Das kulminierte darin, daß die Stoiker negierten, nichtmenschlichen Tieren überhaupt Gerechtigkeit widerfahren lassen zu müssen.
Plutarch hingegen kritisierte die Stoiker dennoch für ihre Ansichten über nichtmenschliche Tiere. Für ihn stand fest, daß sie sehr wohl vernunftbegabt sind, außerdem empfindungsfähig und im Besitz von Emotionen, und daß aufgrund ihrer Fähigkeiten man (indirekte) Pflichten gegenüber ihnen wahrnehmen muß. Daraus leitet er ab, daß "Fleischessen" eine nicht zu rechtfertigende Form von Barbarei, sowie auch unnötig ist. Jedoch nicht mehr, denn die Natur rechtfertige den sonstigen Gebrauch von Tieren, z.B. als Arbeitskraft. Er erkannte, daß die Intelligenz von Tieren nicht an ihre Fähigkeit Sprache zu produzieren, gebunden ist. Von Plutarch ausgehend forderte der Neuplatoniker
Porphyrios Ende des dritten Jahrhunderts "abstinence from killing animals". Er, wie viele seiner christlichen oder andersartig theistischen Vorgänger wie auch Nachfolger bis heute, stützt das auf den üblichen religiösen Anthropozentrismus in der Version, daß das Töten von Tieren die eigene Reinheit beschmutze oder "Gott" verärgere.
Den Theorien des christlichen Mittelalters über Descartes bis zu den Empiristen, Utilitariern und Kant sind die Kapitel fünf bis sieben gewidmet.
Der Status der nichtmenschlichen Tiere im christlichen Mittelalter beruht auf dem Dominanzanspruch, der in der Bibel (Genesis) festgelegt wurde. Das Christentum forcierte den bis dahin stärksten und absolutesten Anthropozentrismus: "it is God’s will that man exploit nature for his proper ends." Die Anweisungen, die Natur und die nichtmenschlichen Tiere nach gutdünken auszubeuten, finden sich zahlreich (
1,
2). Dennoch habe einige Theologen versucht, diesen Wortlaut irgendwie (mit viel, viel Exegese) zurechtzubiegen. Nicht so
St. Augustinus von Hippo, der festhielt, daß nichtmenschliche Tiere für den Menschen geschaffen wären. Da sie vernunftlos (und natürlich ohne "Seele") seien, hätten sie keinen Anteil an "Gottes Wahrhaftigkeit". Bei
Origenes liest man praktisch das gleiche.
Basilius bekräftigt die Ansicht, daß nichtmenschliche Tiere vernunftlos sind und deshalb die vernunftbegabten Menschen die Herrschaft über sie haben. Auch
Johannes Chrysostomos' Ansicht, etwas nett zu Tieren sein zu sollen, erweist sich beim nähren hinschauen als "overwhelmingly anthroprocentrist". Auch seine Meinung ist es, daß alle nichtmenschlichen Tiere ausschließlich dafür geschaffen wurden, um dem Menschen zu dienen. Ausführlicher beschäftigt sich Steiner mit
Franz von Assisi, der von der Kirche als Vorzeigefigur für "guten christlichen Umgang" mit Tieren gebraucht wird. Nur ist sein angeblich so nettes Verhalten gegenüber nichtmenschlichen Tieren (falls man es als nett bezeichnen will, sie mit Predigten zu quälen) historisch nicht belegt, sondern beruht nachweislich auf Hinzudichtungen und bewußten Verfälschungen späterer Chronisten. In dessen eigenen Schriften findet sich erwartungsgemäß auch keine Aussagen, die "Liebe oder Mitgefühl" für nichtmenschliche Tiere fordern. Den Höhepunkt des christlichen Anthropozentrismus bildet
Thomas von Aquin, der die auf der aristotelischen Trennung zwischen vernunftbegabten und vernunftlosen Tieren basierende Negation der ethischen Berücksichtigungen von nichtmenschlichen Tieren "perfektioniert". Diese seinen von so primitiven Instinkten beherrschaft, daß die praktisch wie "Uhren" funktionierten. Und weil Gott sie für den Menschen erschaffen habe, sei es egal, wie man sich ihnen gegenüber verhalte. Auch bei ihm gibt es max. indirekte Pflichten (ein Tier zu töten, daß jemand anderes Eigentum ist, ist falsch, weil man damit dessen Eigentumsrechte verletzt).
René
Descartes ist, auch wegen des Einflusses seiner Theorie, ein eigenes Kapitel gewidmet. Seines Erachtens gibt es keinerlei ethische Verpflichtung des Menschen den anderen Tieren gegenüber. Da sie keine "Seelen" haben, muß man auch keinen Skrupel besitzen, sie lebend aufzuschneiden (Vivisektion). Ihre Schreie dabei sind rein mechanischer Natur, da sie keinen Schmerz verspüren könnten. Einige neuere Kommentatoren sind der Meinung, dies seien alles Mißinterpretationen, da Descartes Tieren nirgendwo Gefühle abspräche. Seine eben genannten Aussagen jedoch sind eindeutig belegt, sodaß sie zu ignorieren auf selektivem, revisionistischem Lesen beruht. Descartes' Position geht auf eine zurück (vertreten von u.a. Montaigne), die besagt, daß das, was näher an der Natur ist, dem unterlegen und diestbar ist, was naturentfernter ist. Daher sind nichtmenschliche Tiere wie auch "unzivilisierte" Menschen zivilisieren als Ressource bestimmt bzw. sind Menschen "fundamentally superior". Die Ansicht, nichtmenschliche Tiere seien nur Maschinen, ergibt sich daraus, daß sie keine Sprache, keine "Seele" und keine Gedanken hätten. Gemessen wird das an der Differenz der Qualität dieser Dinge im Vergleich zu Menschen, also eine anthropozentrische Sichtweise par excellence. Die "Art von Seele", die er ihnen zuspricht, ist die wie sie auch Pflanzen haben, d.h., daß sie Lebewesen sind (mehr aber nicht). Ein Bewußtsein und Reflexionsvermögen spricht er ihnen kategoriell ab. Dies alles sei auch Ausdruck dafür, daß sie keinen freien Willen besäßen und das wiederum ist der Grund, warum er sie aus der moralischen Gemeinschaft ausgeschließt.
Die Empiristen (
Hobbes, Locke, Hume) haben das Bestehen von fundamentalen Unterschieden (in Bewußtsein, Intelligenz etc.) negiert – entsprechend ihrer Auffassung von Wahrnehmung. Die bestehenden Unterschiede sind für sie qualitativer Natur. Nichtmenschliche Tieren besitzen Gedanken, aber sie besäßen keine Sprache, kein Reflexionsvermögen und ihre Denkfähigkeit sei daher begrenzt. Dies (das Fehlen abstrakten Denkens) rechtfertige einen Ausschluß aus der Moral und die natürliche Überlegenheit der Menschen rechtfertige die Dominanz. Außerdem wiederholt z.B.
Locke die Leier von der göttlichen Rechtfertigung der Unterdrückung.
Hume setzt nichtmenschliche Tiere, aufgrund ihres Mangels an Vernunft, auf die gleiche Stufe wie Pflanzen und Sklaven. Die Utilitarier wie
Bentham und Mill hingegen setzen die Empfindungsfähigkeit als die Kategorie, die zählt, im Gegensatz zu den bisherigen, Intelligenz und Sprache. Aber viel bringt das den Tieren auch noch nicht, denn Bentham ist gleichzeitig der Meinung, die hätten kein Zukunftsbewußtsein, deshalb der Tod per se nichts Negatives sei, und verknüpft das mit dem Rechtfertigungsversuch, ein Tod durch Menschen sei weniger grausam als ein natürlicher Tod.
Mill meint, die negativen Empfindungen müßten zwar berücksichtigt werden, aber dabei seien die Interessen der Überlegenen (Weiße über Schwarze, Menschen über nichtmenschliche Tiere) stärker zu berücksichtigen, da "pleasure" nicht nur in ihrer Quantität, sondern auch in ihrer Qualität zu sehen sei und diese würde bezogen auf Menschen die von nichtmenschlichen Tieren übersteigen. Eine Gebrauch zu menschlichen Zwecken ist grundsätzlich erlaubt.
Kant wiederum weist Freude und Schmerz als Basis für moralische Berücksichtigung zurück und nennt den Personenstatus als Voraussetzung, der darin bestehe, daß man um seiner selbst willen existiert, was der Fall ist, wenn man Vernunft besitzt. Nichtmenschliche Tiere sind demnach keine Personen, sondern Dinge, und damit keiner moralischen Berücksichtigung wert, außer den "indirekten Pflichten".
Die Strömungen, die die psychischen Fähigkeiten nichtmenschlicher Tiere anerkannten und eine ethische Berücksichtigung nicht negierten, standen vor der Frage, wie das geschehen solle, welche Fähigkeiten bzw. welche Spezies wie bzw. wann relevant sind und in welchem Umfang. Positionen mit diesen Fragen werden in den letzten drei Kapiteln (Conceptions of Continuity: Schopenhauer, Darwin, and Schweitzer; Postmodern Conceptions of the Human-Animal Boundary und Rethinking the Moral Status of Animals) behandelt.
Die ersten Position werden vom damaligen Hintergrund der Romantik (Condillac, Rousseau, Herder) erklärt, der "a sense of continuity" zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren formulierte, das sich aus ihrem Natur-Verständnis und ihrer Bevorzugung von Gefühlen gegenüber dem Verstand ergab.
Condillac wertete Menschen dennoch immer noch als höherwertig, da ihre Sprache und Vernunft komplexer sei.
Rousseau meint ähnlich, daß der Unterschied zwischen Menschen und anderen Tieren gradueller Natur ist, wobei nichtmenschliche Tieren jedoch nur von Instinkten angetrieben seien.
Herder sieht, daß auch nichtmenschliche Tiere Sprache besitzen und er koppelt daher die menschliche Überlegenheit an die komplexere Sprache sowie das Reflexionsvermögen und die Vernunft. Er hält an der aristotelischen Trennung fest und meint auch, nichtmenschliche Tieren seien für den Menscheng geschaffen.
Schopenhauer formuliert ausgehend von seinen Vorstellungen über den Willen, daß sich nichtmenschliche Tiere von Menschen in der Qualität, nicht im Vorhandensein desselben unterscheiden. Sie hätten jedoch keinen Charakter und kein Erinnerungsvermögen, weshalb sie sich nicht an vergangenes Leid erinnern könnten, und sie könnten nicht frei wählen. Die Basis der Moralität ist s.E. Mitgefühl und nichtmenschliche Tiere müßten direkt, nicht nur indirekt, in die Moral einbezogen werden. Praktisch heißt das, daß Vivisektion und "Fleischessen" nicht verboten, aber eingeschränkt werden sollten. Insgesamt, so Steiner, unterscheidet sich Schopenhauers Anthropozentrismus also den vorherigen Versionen wie von Kant wenig.
Darwin bewies, daß Menschen und Affen auf gemeinsame Vorfahren zurückgehen und daß es keinen fundamentalen Unterschied in den mentalen Funktionen und dem Vorhandensein von Emotionen und Sprache gibt, da diese Dinge von niedriger entwickelten Tieren an bei allen Tieren vorhanden waren. Zudem bestätigt er nichtmenschlichen Tieren die Fähigkeit, mentale Konzepte zu bilden. Die Grundlage für Moral sieht er in den sozialen Instinkten (die auch nichtmenschliche Tiere besitzen), welche für die Gruppenselektion relevant sind. Daher ist es jedoch auch nicht evolutionsbiologisch normal, andere Spezies in die Moral einzubeziehen und Darwins Aussage, die nobelste Eigenschaft des Menschen sei "disinterested love for all creatures", ist ohne wirklichen Beleg. Seine Forderung nach weniger Vivisektion bzw. Verbot "unnötiger Qualen" ist wiederum anthropozentrisch.
Schweitzer formulierte eine biozentrische Ethik, in die er alles, was lebt (auch Pflanzen), einbezogen sehen wollte. Diese beruhe auf einem "aktiven Mysitizismus" und sei religiös geprägt. Die "Ehrfurcht vor dem Leben" rufe nicht nur zu mitfühlendem Handeln auf, sondern auch zu einer "inneren Perfektion" des Menschen. In seiner theistischen Arroganz glaubt er auch, nur Jesus habe eine genuin vollständige Ethik entwickelt (und Atheisten seien ohnehin unmoralisch). Des Weiteren sei das Ausbeuten von Tieren als Ressourcen nicht per se schlecht, da Menschen aufgrund ihrer kognitiven Überlegenheit die moralischen Werte selbst festlegen könnten.
Im postmodernen Liberalismus besteht weiterhin die genuin anthropozentrische Annahme, Menschen besäßen den höchsten und reinsten ethischen Status und nicht-menschliche tierliche Interessen seien daher untergeordnet. Eine dieser Positionen vertritt
Heidegger, der meint, nichtmenschliche Tiere unterscheiden sich von Menschen v.a. in ihrer Unfähigkeit Sinn zu erzeugen und ihrem Mangel an Todesbewußtsein, da erst dieses dazu führe, Sinnfragen zu stellen. Zudem hätten sie zwar "Dasein", aber keine Existenz, was er aus einem vermeintlichen Mangel an Sprachfähigkeit und Logik herleitet. Im Weiteren bezeichnet er sie immerhin nicht als "weltblind" (wie Steine), sondern nur "weltarm", d.h. die Stärke iher Beziehung zur Welt ist geringer als bei Menschen. Damit hat er auch die Position inne, den kognitiven Unterschied nur als relativ zu bezeichnen, zudem macht er klar, daß daraus keine Überlegenheit des Menschen zu schließen ist. Kritik erfährt diese Haltung von Levinas und Derrida.
Levinas richtet sich v.a. gegen die Auffassung, die Sprachfähigkeit sei das Hauptkriterium für die Einbeziehung in die Ethik. Er hält dagegen, die Fähigkeit den anderen wahrzunehmen und seine Interessen den seinen unterzuordnen sind die Grundlagen für die Ethik. Als KZ-Gefangener formuliert er auch die Parallelen zwischen dem Umgang der Nazis mit Menschen und mit nichtmenschlichen Tieren.
Derrida will den Subjektbegriff, der die Grundlage für den Ausschluß nichtmenschlicher Tiere zu sein scheint, da er nur auf Menschen zuträfe, dekonstruieren. Das tut er insbesondere beim Heideggers Vorstellung von Todesbewußtsein, da dies so Derrida keine adäquate Kategorie sei (weder biologisch noch kulturell).
Das letzte Kapitel ("Rethinking the Moral Status of Animals") beginnt mit der Formulierung des Problems, daß ein ethischer Ansatz gebraucht wird, der zwar die Einzigartigkeit des Menschen anerkennt, aber nicht eine Vorherrschaft über andere Tiere mittransportiert. Luc
Ferry wirft alle Ansätze, die nichtmenschliche Tiere mit einbeziehen, in den Topf, sie beruhten auf der Methode, dies durch eine Teilhabe am "kosmischen Ganzen" zu formulieren. Dieser Ansatz, der auch in der Deep Ecology bzw. dem (grünen) Primitivismus angelegt ist, besitzt jedoch die Gefahr, den Menschen einem abstrakten Kosmos-Begriff unterzuordnen. Er selbst meint, nur Menschen hätten eine volle Beherrschung über sich und ihre Natur und seien daher höherwertig. Jedoch die generelle Unterstellung, dies sei faschistoid, stellt Steiner mit Verweis auf
Sax richtig. Diese zwei Extreme – der anthropozentrische Liberalismus und der nicht-anthropozentrische Holismus – in Einklang zu bringen, ist schwierig. Die Heidegger-Schüler Jonas und Löwith haben es versucht und gehen dabei auf Vorstellungen griechisch-antiker Denker zurück.
Löwith "seeks a return to nature and its eternaly cycles", jedoch ohne den Menschen aufgrund seiner angeblichen Nähe zu den Göttern höher zu werten.
Jonas sieht das Problem im Technikverständnis, das dazu führe der Natur ihren Selbstwert abzuerkennen, weil sie nur als manipulierbares Objekt gesehen wird. Seine Ethik soll sich daher in der Natur begründen. Aber auch sein Ansatz ist, näher betrachtet, nicht unproblematisch und daher umstritten. Als letztes kommt Steiner, wie bereits zu Anfang des Buches, auch die kognitive Ethologie und ihrer Bedeutung für das Mensch-Nichtmensch-Verhältnis zurück. Er hält fest, daß die kognitiven Fähigkeiten kein Maßstab für die Zuweisung von ethischen Rechten sein sollten. Grund dafür ist auch, wie bereits am Anfang ausgeführt, daß die kognitiven Fähigkeiten nicht genau zu ermitteln sind, "because we cannot examine the inner mental states of the experimental subjects directly". Die Experimente sind immer an (Zeichen-)Sprache gebunden, die jedoch keine adäquate Meßgröße für Intelligenz darstellt. Auch weist er nach, daß die Fähigkeiten der meisten Tiere sich im Laufe ihrer Entwicklung durch Lernen verbessern und daher nicht nur Instinkte sein können, da diese statisch sind. Zudem konnten Emotionen wie Reaktionen ähnlich wie Hilflosigkeit ('sogar' bei Ratten) nachgewiesen werden. Die nähere Untersuchung von Bienen hat ergeben, daß selbst sie eine Art von Selbstbewußtsein besitzen müssen, was (ungeachtet der Frage, ob diese Eigenschaft überhaupt ethisch relevant sein sollte) nahe legt, daß auch wirbellose Tiere beachtet werden müssen. Die letzte vorgestellte Position ist die Paul
Taylors, der einen Biozentrismus vorschlägt, bei dem nicht der Personenbegriff im Vordergrund steht, sondern der Respekt vor der Natur. Auch Steiner selbst entwickelt eine Ethik, die in seinem Buch "Animals and the Moral Community" nachgelesen werden kann.
Fazit: Hier kann man ausführlich nachlesen, daß und wie Anthropozentrismus, gepaart mit und bedingt durch Theismus, die historisch entscheidenden Bezugspunkte des Speziesismus waren und größtenteils bis heute sind. Den Menschen galten nichtmenschliche Tiere nur als Mittel zum Zweck, sich selbst sahen sie als "Krone der Schöpfung". Die nicht-theistische Version wandte sich von der "Gottebenbildlichkeit" als Ursache für die Höherwertung des Menschen ab und der Höherwertung aufgrund vermeintlicher definitiver Unterschiede der kognitiven Fähigkeiten zu. In seiner Analyse gibt Steiner nicht nur die verschiedenen Positionen wieder, sondern erklärt sie in ihrem Kontext, stellt Querverbindungen her, interpretiert anhand der und gegen die Forschungsmeinung. Insbesondere gegen die nicht-theistische Version führt er die Erkenntnisse der Verhaltens- und Gehirnforschung an, die die Annahme der absoluten Einzigartigkeit des Menschen negieren. Zudem verweist er auf die grundsätzliche Problematik vieler Forschung, die nichtmenschliche Tiere an menschlichen Maßstäben messen und damit die Eigenständigkeit deren Intelligenz verwischen.
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