sprache an sich kann ja nicht sexistisch sein. menschen können sexistisch sein, und durch den gebrauch gewisser wörter zur unterdrückungsform sexismus beitragen oder leute verletzen oder erniedrigen.
insofern sollte mein gedanke, wenn jemand wie so ziemlich alle anderen auch "man" verwendet, nicht gleich "oh, damit sind wohl nur leute mit penis gemeint" oder "AHA! SEXIST!" sein. würde mir sowas auch nicht vorschreiben lassen wollen. wenn das dir selbst
komisch vorkommt, kannst du ja wie Claude sagte, "irgendwer" statt "jemand" oder formulierungen mit "du", "wir" oder "alle" statt "man" verwenden, wo es geht.
ich halte es auch durchaus für möglich (wenn auch wohl kaum beweisbar), dass das das generische maskulinum oder wendungen wie "man" symptom einer gewissen mentalität (z.B. "so richtig "mensch" und "normal" sind ja nur die mit penis, weiß-rosaner hautfarbe und geld") und vielleicht nicht nur linguistischer zufall sind. wir kommen ja aus einer kultur - nicht der einzigen, wohlgemerkt - in der bis vor relativ kurzer zeit noch nicht-männer (wie auch nicht-weiße, nicht-landbesitzer...) nicht als "ordentliche" menschen galten, denen bürgerrechte zustehen.
das "men" in der amerikanischen unabhänigkeitserklärung mit "that all men are created equal" wird vielleicht heute mit "mensch" übersetzt, weil wir das heute so verstanden wissen wollen. gemeint waren damit allerdings damals tatsächlich nur männer. sowas ist auch noch nicht so lange her (bzw. in einigen dingen immernoch nicht so), wie wir es gerne hätten. siehe frauenwahlrecht in der schweiz oder rechte der ehefrau in der bundesrepublik. wir schleifen immernoch viel weltanschaulichen dreck mit uns herum, von aristoteles, über kirche, über kaiserreich und national(sozial)ismus bis heute.
ein bisschen sensibilität und kritische haltung ggü. solchen sonst als selbstverständlich hingenommenen themen wie kultur und der wirkung von sprache können sich m.M.n. durchaus alle von teilen der feminismus-bewegung abschauen.
der gedanke hinter solchen angewohnheiten, wie zB "mensch" statt "man", dem binnen-i oder auch dem wir-haben-auch-trans*leute-lieb-unterstrich (arbeiter_innen) wird ja auch wohl weniger sein, dass vorher irgendwie unklar war, wer damit gemeint sein sollte. es geht wohl bei den meisten eher darum, gewisse sympathien zu bewegungen, idealen oder szenen zu kommunizieren. ich finde es erst mal eine gute idee, dass ich so klar wie möglich sage, was ich tatsächliche meine, um die gafahr von missverständnissen zu mindern. wo der begriff "studenten" aus konvention heraus vielleicht durchaus "alle, die studierenden" bedeuten kann, will ich ja nicht nur (männliche) studenten, sondern alle leute, die studieren ansprechen, egal ob männlich, weiblich, transgender, usw. . mir persönlich gefällt es da natürlich auch besser, wenn möglich auf bereits bestehende wörter zurückzugreifen. ich kann ja für dieses beispiel auch einfach "studierende" sagen, oder in einem informellen zusammenhang "studis", anstatt mir stundenlang zu überlegen, ob "studentinnen und studenten" nicht total heterosexistisch ist. wenn ich mir aber schreibweisen wie blogger_innen, oder den begriff "nichtmenschliche tiere" (wo normale menschen einfach "tiere" sagen) angewöhne, kann ich gewisse ansichten kommunizieren und auch vielleicht leute auf solche themen aufmerksam machen.
und solange leute geld für auftritte von mario barth bezahlen, freue ich ein bisschen darüber, wenn ich an auch noch so komisch klingenden begriffen wie "mensch" merke, dass sich leute über dinge wie sexismus wenigstens gedanken machen. so wie ich mich darüber freue, wenn leute sich nicht als "herrchen" oder "besitzer" ihrer haustiere bezeichnen, oder "leichenteile" statt "fleisch" sagen.
mir gehen gewisse konstruktionen ("jemenschD" kannte ich jetzt auch noch nicht... o_O) auch ziemlich gegen den strich. das ist m.M.n. übertrieben, kontraproduktiv und hat nichts mehr mit gewaltfreier sprache zu tun. erst recht nicht, wenn z.B. ausgerechnet in linksradikal-emanzipatorischen kreisen einige meinen, anderen (die womöglich sogar die gleiche ziele verfolgen) den ihrer meinung nach 100%-pc-ausdruck aufzwingen zu dürfen. im zweifelsfall entscheide ich mich (vor allem gesprochen) wohl auch für die ausdrucksweise, die mir gerade passt. oder ich bastele mir auch meine eigene konstruktion. wie wäre es mit dem generischen neutrum? da kann sich keines darüber beschweren, haha. wenn ich dialekt rede, verwende ich das sowieso, also warum nicht auch sonst?
sprache und grammatik sind ja nicht statisch, sondern werden ja dauernd neu gemacht. wenn das jetzt manche generell als "verunstaltung der sprache" empfinden (übrigens schön, dass nicht der begriff "vergewaltigung" verwendet wurde), ist das ja erstmal nicht mein problem, solang ich mir der konsequenzen bewusst bin, vielleicht blöd rüberzukommen.
liebe grüße