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Die etwas andere Vergasung

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Die etwas andere Vergasung

Autor: Achim Stößer | Datum:
Nicht nur die Nazis wollten die Leichen ihrer Opfer nicht "Verschwenden" und funktionierten sie so zu Matratzenfüllungen, Lampenschirmen, Dünger und Straßenbelag um. Da der Konsum von "Suppenhühnern" (also der Leichen "ausgedienter Legehennen") zurückgeht, müssen andere Verwendungsmöglichkeiten gefunden werden.

Von Tierschutzseite gibt es jedoch Widerspruch: die Leichen sollten lieber gefressen werden, denn "[w]enn sie mit 18 Monaten geschlachtet werden, sind das keineswegs alte, zähe Hühner, sondern junge, gesunde Tiere, deren Fleisch von bester Qualität ist".

Aus Suppenhühnern soll Biogas werden

Autor: Achim Stößer | Datum:
Von Felix Maise. Aktualisiert am 29.10.2008


Micarna und Bell werden ab 2010 keine Suppenhühner mehr schlachten. Die Alternative wird vom Tierschutz als Skandal gebrandmarkt.


Haben sie als Legehennen ausgedient, sind sie Abfall: Schweizer essen massenhaft Eier, aber keine Suppenhühner.
Bild: Keystone



Hühner sind heute hochspezialisiert, der Hühnermarkt ist klar zweigeteilt: Einerseits hat man sehr schnell Fleisch ansetzende Rassen zur Pouletproduktion herangezüchtet. Andererseits gibt es Rassen, die in ihrem kurzen Leben möglichst viele Eier legen. Eine solche Turbo-Legehenne lebt heute in der Regel bloss 18 Monate. Wenn sie 300 Eier gelegt hat, rentiert sie nicht mehr so, wie es der Eiermarkt verlangt. Praktisch alle Hennen werden deshalb vor ihrer ersten Mauser mit 18 Monaten geschlachtet. Rund 1,7 Millionen ausgediente Legehennen fallen in der Schweiz jährlich an.

Zu Poulets verarbeitet werden sie indes nicht, denn im Vergleich zu den Fleischrassen sind die fleissigen Eiermaschinen zu wenig fleischig und damit rein wirtschaftlich betrachtet nicht konkurrenzfähig. Lange Zeit wurden sie wenigstens noch als Suppenhühner verwertet. Doch aus den Regalen und Auslagen der Metzger und Supermärkte sind inzwischen auch die letzten Exemplare verschwunden. Und jetzt droht dem Suppenhuhn das endgültige Aus: Die beiden Geflügelverarbeitungsbetriebe Micarna SA (Migros) und Bell AG (Coop), mit denen heute praktisch alle Schweizer Eierproduzenten zusammenarbeiten, haben beschlossen, im Laufe des Sommers 2010 keine Legehennen mehr zu schlachten. Das haben sie jüngst den betroffenen Eierproduzenten und Produzentenorganisationen mitgeteilt. «Gründe dafür sind Hygienerisiken, die Schlachtzyklen und die Tatsache, dass Althennen auf den für die Pouletverarbeitung eingesetzten Anlagen nicht ideal verarbeitet werden können», heisst es in der entsprechenden Micarna-Mitteilung vom letzten Freitag. Suppenhühner würden im übrigen auch nicht mehr den modernen Essgewohnheiten entsprechen, die sich Richtung Schnellbratprodukte verlagert hätten.

Mit dem Entscheid von Micarna und Bell haben die Eierproduzenten ein Problem: Eine von ihrer Produzentenvereinigung Gallosuisse schon früher eingesetzte Arbeitgruppe sucht jetzt nach alternativen Lösungen. Dabei ist laut Arbeitsgruppenmitglied Ruedi Zweifel nach wie vor die Verarbeitung möglichst vieler Hühner zu Lebensmitteln das oberste Ziel. Zurzeit seien Verhandlungen mit zwei inländischen Geflügelverarbeitungsbetrieben im Gang. Diese sollen wie heute Micarna und Bell rund 20 Prozent der Hennen für den Lebensmittelsektor verwerten.

Entsorgungsgebühr fürs Huhn

Der Grossteil der Hühner würde aber wie heute schon anderweitig genutzt: Statt in der Suppe oder als Hunde- und Katzenfutter zu enden, könnten die Hühner neu auch als Rohstoff für die Biogasproduktion dienen. Derzeit wird zu diesem Zweck eine mobile Einheit getestet, mit der die Hühner bereits auf den Legebetrieben tiergerecht getötet werden können und nur die als Lebensmittel tatsächlich verwertbaren überhaupt zur Schlachtung abtransportiert würden. Heute zahlt ein Hühnerhalter im Durchschnitt einen Franken «Entsorgungsgebühr» für jedes bei ihm abgeholte, ausgemusterte Huhn.

Zerschlagen haben sich Pläne, mit einem auf Suppenhühner spezialisierten Schlachthof in Österreich zusammenzuarbeiten: Der Transport von Schweizer Legehennen in den rund 600 km entfernten Betrieb nahe Linz hätte länger als die bei uns gesetzlich höchstens erlaubten sechs Stunden gedauert. Und auch drei weitere Suppenhühner-Schlachthöfe in Deutschland und Frankreich liegen laut Zweifel ausserhalb dieser Reichweite. Zweifel glaubt nun, bis 2010 praktikable Schweizer Lösungen zu finden.

Fleisch von bester Qualität

Hansuli Huber, selber Agronom und Geschäftsführer des Schweizer Tierschutzes STS, sieht in der Entwicklung des Hühnermarkts einen Skandal. «Die meisten Schweizer Legehennen leben bei uns in Freilandhaltung auf bäuerlichen Betrieben. Wenn sie mit 18 Monaten geschlachtet werden, sind das keineswegs alte, zähe Hühner, sondern junge, gesunde Tiere, deren Fleisch von bester Qualität ist. Diese Hühner aus rein wirtschaftlichen Gründen für die Biogasproduktion oder als Brennmaterial in Zementöfen einzusetzen, ist völlig verfehlt», sagt er.
(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 29.10.2008, 07:23 Uhr http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmenkonjunktur/story/14158548

Mit Hennen Suppe kochen statt Zement brennen

Autor: Achim Stößer | Datum:
Von Lukas Nussbaumer. Aktualisiert am 31.10.2008

Landen die ausgedienten Legehennen des Gutsbetriebs Uf Stocken ab 2010 in der Verbrennungsanlage? Betriebsleiter Stephan Vetsch sucht eine Variante, um das zu verhindern.

Diese 38 Wochen alten Legehennen der Rasse Silver werden im Frühsommer 2009 auf Uf Stocken zu Suppenhühnern.
Bild: SILVIA LUCKNER
Zitat:
Suppenhühner

Rund eineinhalb Jahre lebt eine Legehenne. Dann wird sie als Suppenhuhn geschlachtet. Der Name Suppenhuhn stammt aus der Zeit, als man die Tiere nach dem Legen für Speisen wie Hühnerbouillon und Saucen verwendete, weil das Fleisch dieser Tiere «hochwertig, schmackhaft und fettarm» sei, wie Gallosuisse, die Vereinigung der Eierproduzenten, schreibt. Mit dem Trend zu Fertiggerichten und rasch zuzubereitenden Speisen ist die Nachfrage nach Suppenhühnern stark gesunken.


Ab Sommer 2010 wollen die grössten Flügelverarbeitungsbetriebe des Landes, die Micarna SA (Migros) und die Bell AG (Coop), keine Legehennen mehr schlachten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben der gesunkenen Nachfrage nach ausgedienten Legehennen werden von der Micarna auch Hygienerisiken und technische Gründe angeführt. Alte Hennen könnten auf den für die Pouletverarbeitung eingesetzten Anlagen nicht ideal verarbeitet werden, teilte Micarna den betroffenen Eierproduzenten und Produzentenorganisationen mit.

Huhn entsorgen kostet 80 Rappen

Einer dieser Eierproduzenten ist Stephan Vetsch, Betriebsleiter des Gutsbetriebs Uf Stocken in Kilchberg. Auf dem gemeindeeigenen Landwirtschaftsbetrieb werden rund 2000 Legehennen gehalten. Den Grossteil der täglich etwa 1700 Eier verkaufen Vetsch und seine Mitarbeiter direkt ab Betrieb – im kürzlich ausgebauten Hofladen.

Haben die Legehennen im Alter von rund eineinhalb Jahren ihre Schuldigkeit getan, werden sie von der Micarna übernommen. Für 1000 Hennen, die ab diesem Zeitpunkt Suppenhühner heissen, zahlt der Gutsbetrieb etwa 800 Franken, eine Art Entsorgungsgebühr. Die nächsten Suppenhühner werden der Micarna Anfang Jahr geliefert. Was ab Sommer 2010 mit den Legehennen passiert, weiss der 44-Jährige heute noch nicht. Und er ist damit nicht allein. Schliesslich fallen landesweit pro Jahr rund 1,7 Millionen ausgediente Legehennen an, und etwa 1000 Hühnerhalter zählen die Micarna zu ihrem Abnehmer.

Die Möglichkeit, dass die nicht mehr benötigten Suppenhühner ab 2010 der Biogasproduktion dienen oder als Brennmaterial in Zementöfen eingesetzt werden, ist mangels Alternativen durchaus vorhanden. Derzeit läuft ausserdem ein Pilotprojekt der Eierproduzenten, mit dem die Verwertung der Legehennen als Schweinefutter geprüft wird.

Suppenhühner selber verwerten

Umstritten sind diese Methoden aber nicht nur bei Ethikern und Tierschützern, sondern auch bei den Eierproduzenten selber. So lässt sich Willi Lüchinger, Präsident des Produzentenverbands Gallosuisse, vom landwirtschaftlichen Informationsdienst wie folgt zitieren: «Die Qualität des Althennenfleisches ist zu gut, um es einfach den Schweinen zu verfüttern.»

Seine Hühner den Schweinen verfüttern, das möchte auch Stephan Vetsch nicht. Er befasst sich deshalb mit einer Variante, wie sie ein Berufskollege seit Jahren anwendet: die Legehennen von einem Metzger schlachten lassen und die Pouletbrüstchen sowie nach Möglichkeit weitere Fleischteile im Hofladen verkaufen. «Diese Art der Verwertung wäre mir am sympathischsten», sagt der Uf-Stocken-Betriebsleiter. So könne zumindest ein Teil der Suppenhühner verwendet werden.

Was mit dem Rest der Suppenhühner passieren soll, wissen weder Branchenspezialisten noch Stephan Vetsch. Sicher ist dagegen, dass die Legehennen auf dem Gutsbetrieb Uf Stocken mehr Platz erhalten. Es werden neue, grössere und der Öffentlichkeit besser zugängliche Ställe gebaut. Ziel ist es, den Umbau bis 2011 abgeschlossen zu haben.
(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 31.10.2008, 21:48 Uhr http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/linkes-ufer/Mit-Hennen-Suppe-kochen-statt-Zement-brennen/story/29089321