Forenübersicht RSS

Pressespiegel:
Faule Kompromisse bei der Agrarreform

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 6

Hinweis: Momentan können keine Beiträge erstellt werden.

Faule Kompromisse bei der Agrarreform

Autor: Achim Stößer | Datum:
"Agrarkommissar Fischler will keine faulen Kompromisse", "Nach seinen Vorschlägen sollen die Bauern monatlich einen fixen Betrag bekommen, der ihre Existenz sichert. Dafür sollen sie Agrarerzeugnisse in erstklassiger Qualität sowie tier- und umweltgerecht produzieren." - Das würde jedoch den sofortigen Umstieg auf vegane Landwirtschaft, ohne jegliche Tierausbeutung bedeuten - diese Aussagen sind also ein Hohn.

Agrarkommissar Fischler will keine faulen Kompromisse bei der Reform

Autor: Achim Stößer | Datum:
Brüssel (dpa) - Die Beratungen über einen radikalen Kurswechsel in der Agrarpolitik der Europäischen Union gehen an diesem Mittwoch in die entscheidende Phase. Die EU-Landwirtschaftsminister wollen in Luxemburg versuchen, ein Reformpaket - auch mit Blick auf die Erweiterung der EU um zehn Staaten - zu beschließen. Auf dem Tisch liegen Vorschläge von EU-Agrarkommissar Franz Fischler, der Milch- und Fleischberge verhindern, die Qualität der Produkte verbessern und die Bürokratie abbauen will.

Deutschland steht diesem Ansatz grundsätzlich positiv gegenüber. Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast will die Reform auch dazu nutzen, um den ökologischen Landbau mehr zu fördern.

Wie aus diplomatischen Kreisen in Brüssel verlautete, zeichnen sich bei zahlreichen technischen Aspekten schon Kompromisse ab. Bei den entscheidenden Reformvorhaben Fischlers gebe es aber auch nach fast einjähriger Debatte noch Streit.

Die Kommission will einen radikalen Systemwechsel. Derzeit sind die Prämien im Getreideanbau und in der Tierzucht an die Menge gekoppelt: Je mehr sie produzieren, desto mehr Prämien gibt es. Diesen Anreiz zur Überproduktion will Fischler abschaffen. Nach seinen Vorschlägen sollen die Bauern monatlich einen fixen Betrag bekommen, der ihre Existenz sichert. Dafür sollen sie Agrarerzeugnisse in erstklassiger Qualität sowie tier- und umweltgerecht produzieren. Die Vorschläge sehen zudem vor, dass mehr Mittel für den ländlichen Raum bereitgestellt werden.

Fischler sagte, er werde eine Verwässerung seiner Vorschläge durch die EU-Staaten nicht zulassen. Die Kommission sei weiter bereit, auf Probleme der Mitgliedstaaten einzugehen. «Für faule Kompromisse, die zu mehr statt zu weniger Bürokratie führen, die den Landwirten weiter falsche Signale zur Überproduktion geben und den Steuerzahler dafür zur Kasse bitte, bin ich nicht zu haben», sagte er in Brüssel.

Für die Kommission ist die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik zudem wichtig, weil sie helfen soll, die Position der EU in der laufenden Welthandelsrunde zu verbessern. In der Doha-Runde im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) stehen auch die Subventionen für die Landwirtschaft auf dem Prüfstand.

Die EU ist unter Druck, die direkten, an die Produktion gebunden Beihilfen zu verringern. Diese werden vor allem von den USA im internationalen Handel als wettbewerbsverzerrend kritisiert. Im September steht eine entscheidende WTO-Ministerrunde im mexikanischen Cancun an, wo auch über Agrarsubventionen gesprochen wird.




© dpa - Meldung vom 10.06.2003 15:42 Uhr

Deutschland und Frankreich wollen EU-Agrarreform entschärfen

Autor: Achim Stößer | Datum:
Luxemburg (dpa) - Deutschland und Frankreich stellen sich gemeinsam gegen eine weit reichende Reform der EU-Agrarpolitik. Das zeichnete sich zu Beginn der vermutlich entscheidenden Sitzung der EU-Agrarminister in Luxemburg ab. Frankreichs Minister Hervé Gaymard nannte einen ersten Kompromissvorschlag der griechischen EU-Ratspräsidentschaft nicht akzeptabel. Weitreichende Zustimmung kam hingegen aus Großbritannien, wie es in Delegationskreisen hieß.

EU-Agrarkommissar Franz Fischler machte vor den vermutlich bis Freitag dauernden Verhandlungen klar, dass er zentrale Elemente seiner radikalen Vorschläge nicht aufgeben werde. Das Kompromisspapier der Griechen blieb weitgehend auf Fischlers Linie.

Gestärkt durch den Schulterschluss mit Frankreich sieht Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast gute Chancen für eine Einigung. Am Rande des Treffens sagte sie: «Wir haben ein besprochenes, gemeinsames deutsch-französischen Vorgehen.» Künast will die Reform auch dazu nutzen, um den ökologischen Landbau mehr zu fördern. Diese Möglichkeit sieht der griechische Kompromiss vor.

Fischler will einen Systemwechsel. Derzeit sind die Prämien im Getreideanbau und in der Tierzucht an die Menge gekoppelt: je mehr die Bauern produzieren, desto mehr Prämien bekommen sie. Diesen Anreiz zur Überproduktion will er abschaffen. Nach den Vorschlägen sollen die Bauern monatlich einen fixen Betrag bekommen, der ihre Existenz sichert. Dafür sollen sie tatsächlich vom Verbraucher nachgefragte Agrarerzeugnisse in erstklassiger Qualität sowie tier- und umweltgerecht produzieren.

Zudem sollen mehr Mittel für den ländlichen Raum bereitgestellt werden, um dort Arbeitsplätze zu erhalten. Fischler will auch großen Betrieben schrittweise die Beihilfen kürzen, um damit die EU-Erweiterung um zehn neue Mitglieder im Agrarbereich zu finanzieren. Vor Beginn des Rates lehnte er «faule Kompromisse» ab. «Wir können es uns nicht leisten, eine Scheinreform zu machen.»

Nach den politischen Gesprächen von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac am Vortag in Berlin sagte Künast: «Ich glaube, dass wir es schaffen, in den nächsten Tagen eine Entscheidung zu treffen.» Dazu werde die deutsch-französische Übereinkunft einen guten Beitrag leisten. Details wollte sie nicht nennen.

Chirac und Schröder hatten noch einmal bekräftigt, dass die Agrarausgaben von 2006 an eingefroren sind und bis 2013 nur noch um einen jährlichen Inflationsausgleich steigen werden. Derzeit machen die Agrarausgaben etwa 40 Milliarden Euro aus, etwa die Hälfte aller Ausgaben.

Deutschland hatte schon vor dem Treffen klar gemacht, eine vollständige Trennung von Prämien und Produktion, die so genannte Entkopplung, nicht mitzutragen. Wie aus den Delegationen verlautete, plädieren Deutschland und Frankreich nun dafür, die Prämien für Rinder, Ziegen und Schafe unangetastet zu lassen und nur noch die Ackerprämien zu entkoppeln.

Auf Distanz gehen die beiden Regierungen offensichtlich auch zur schrittweisen Kürzung von Beihilfen für Großbetriebe, die so genannte Degression. Das käme den großen Getreidebauern in Frankreich und Ostdeutschland entgegen. «Wir bezweifeln, das eine Degression jetzt nötig ist», sagte Künast.

Widerstand aus dem deutsch-französischen Lager dürfte es auch gegen die Pläne der Kommission geben, die subventionierten Preise für Milch und Getreide deutlicher und schneller als bisher geplant Richtung Weltmarktniveau zu drücken, wie es weiter hieß.




© dpa - Meldung vom 11.06.2003 18:41 Uhr

Kaum Bewegung bei Verhandlungen über EU-Agrarreform

Autor: martin.p | Datum:
Luxemburg (dpa) - Die Verhandlungen über eine weit reichende Reform der milliardenschweren EU-Agrarpolitik treten weiter auf der Stelle. Die griechische EU-Ratspräsidentschaft versuchte in Einzelgesprächen mit den Delegationen, Kompromisse auszuloten. Agrarkommissar Franz Fischler forderte die EU-Staaten auf, seinen radikalen Vorschlägen zu folgen, da sonst die Ausgaben für die Landwirtschaft explodierten.

Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast ging ungeachtet der schwierigen Beratungen davon aus, das bis zum Wochenende eine «große Reform» ausgehandelt werden könne. Für diesen Freitag wurde ein neues Kompromisspapier erwartet.

Fischler will einen Systemwechsel. Derzeit sind die Prämien im Getreideanbau und in der Tierzucht an die Menge gekoppelt: je mehr die Bauern produzieren, desto mehr Prämien bekommen sie. Diesen Anreiz zur Überproduktion will er abschaffen. Die Bauern sollen monatlich einen fixen Betrag bekommen, der ihre Existenz sichert. Dafür sollen sie tatsächlich vom Verbraucher nachgefragte Agrarerzeugnisse in erstklassiger Qualität sowie tier- und umweltgerecht produzieren. Zudem sollen mehr Mittel für den ländlichen Raum bereitgestellt werden. Fischler will großen Betrieben die Beihilfen kürzen, um damit die EU-Erweiterung um zehn neue Mitglieder im Agrarbereich zu finanzieren.

Der griechische Agrarminister und amtierende Ratsvorsitzende Georgios Drys, sagte: «Alle haben begriffen, dass die Stunde der Entscheidung gekommen ist.» Fischler lobte, dass die Mitgliedstaaten konstruktiv mitarbeiteten. «Die Wunschzettel sind nach der Vorlage des Kompromisses nicht länger, sondern kürzer geworden», sagte er. Zur gemeinsamen deutsch-französischen Position sagte Fischler: «Es kann nicht sein, dass zwei Mitgliedstaaten bestimmen, was die anderen 13 zu tun haben.»

Künast sah nach den ersten Verhandlungsrunden positive Signale. «Wir sind auf dem Weg, eine Riesenreform zu machen», sagte sie. Ihr gehe es darum, drei zentrale Punkte durchzusetzen: mit der Entkopplung von Produktionsmenge und Menge zu beginnen, mehr Mittel in den ländlichen Raum zu leiten und die Landwirte zu Umwelt- und Tierschutz zu verpflichten. Sie bekräftigte, den ökologischen Landbau im Zuge der Reform mehr fördern zu wollen.

Der französische Landwirtschaftsminister Hervé Gaymard hatte den ersten Kompromiss als nicht akzeptabel abgelehnt. Wie aus Delegationskreisen verlautete, zeigte sich Gaymard allerdings bei der Entkopplung flexibel. «Da ist mehr drin, als Frankreich bisher angeboten hat», sagte ein Diplomat.

Künast und Gaymard nannten für ihre Position keine Zahlen. Aus den Delegationen verlautete, dass Deutschland und Frankreich den Fleischbereich von der Entkopplung ausnehmen und im Getreidebereich nicht alle Prämien von der Produktionsmenge trennen wollen.

Fischler erinnerte die EU-Staaten noch einmal daran, dass eine weit reichende Agrarreform auch für die laufenden Verhandlungen der Welthandelsrunde unverzichtbar sei. Die EU steht unter Druck, ihre als wettbewerbsverzerrende direkten Beihilfen abzubauen. Im September wird es im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) Verhandlungen auf Ministerebene geben.




© dpa - Meldung vom 12.06.2003 15:08 Uhr

Fischler nennt Agrarreform «Beginn einer neuen Ära»

Autor: martin.p | Datum:
Luxemburg (dpa) - EU-Agrarkommissar Franz Fischler hat die in der Nacht beschlossene Agrarreform als «Beginn einer neuen Ära» bezeichnet. «Europa hat sich heute eine neue und effiziente Agrarpolitik gegeben», sagte er in Luxemburg. Dort hatten sich die Agrarminister der Union nach 17-stündigen Verhandlungen auf eine Reform der milliardenschweren Agrarbeihilfen geeinigt, nachdem Fischler zuvor einen neuen Kompromiss vorgelegt hatte.

Die Reform wurde nahezu einhellig im Ministerrat verabschiedet. Lediglich Portugal war bis zum Schluss nicht einverstanden. Die Reform kommt vor allem Bedenken Frankreichs entgegen, das sich lange gegen den Systemwechsel gesperrt hatte. Deutschland bekommt die Möglichkeit, gezielt die nachhaltige Landwirtschaft zu fördern.

Ein Herzstück der Reform ist die Entkopplung, mit der den Bauern der Anreiz genommen werden soll, durch mehr Produktion automatisch auch mehr Beihilfen zu bekommen. Sie erhalten künftig eine Prämie, die ihre Existenz sichert. Die Landwirte sollen sich an der tatsächlichen Nachfrage nach Agrarprodukten am Markt orientieren.

So sollen Überproduktion und damit Fleisch- und Getreideberge verhindert werden. Fischler sprach von einer handelsfreundlichen Regelung, mit der sich die EU von ihren bisherigen handelsverzerrenden Praktiken verabschiede.



© dpa - Meldung vom 26.06.2003 08:39 Uhr

Die wichtigsten Eckpunkte der Reform

Autor: martin.p | Datum:
Luxemburg (dpa) - Die Reform der EU-Agrarbeihilfen bedeutet für die Landwirte den Abschied von einem jahrelang gültigen Automatismus: je mehr Getreide und Tiere, desto mehr Prämien. Die neue Formel lautet: mehr Qualität, mehr Tierschutz, mehr Landschaftspflege, mehr ökologisch ausgerichteter Landbau - nur dann gibt es die volle Prämie. Im dritten Anlauf haben sich die EU-Landwirtschaftsminister am Donnerstag auf folgende Eckpunkte der Reform verständigt:

ENTKOPPLUNG: Der Jahrzehnte lange Kreislauf von immer mehr Produktion zu immer höheren Kosten wird von Anfang 2005 an durchbrochen. Spätestens Anfang 2007 müssen alle in die Entkopplung eingestiegen sein. Dann bekommen die Bauern - bezogen auf die Jahre 2000 bis 2002 - nur noch eine Prämie - völlig unabhängig davon, wie viel und was sie künftig produzieren. Ausnahmen gibt es vor allem für benachteiligte Gebiete, wo Anbaufläche und Zahl der Tiere weiter Grundlage für die Prämienzahlungen bleiben. So sollen die Landwirte davon abgehalten werden, aus wenig rentabler Produktion auszusteigen. Die EU-Staaten müssen bei Getreide und Ölsaaten wie Raps mindestens 75 Prozent der Prämien entkoppeln. Für die Entkopplung von Rind-, Schaf- und Ziegenfleischprämien bietet die Reform flexible Ansätze. Die Kommission erwartet, dass die Bauern sich bei der Wahl ihrer Produktion mehr am Verbraucher orientieren. So sollen künftig Getreide- und Fleischberge vermieden werden.

MODULATION: Die EU will ihre ländlichen, oft strukturschwachen Regionen mehr fördern. Mit gezielter Unterstützung von 2005 an - etwa für Landschafts-, Tier- und Umweltschutzprogramme und Tourismus - sollen Arbeitsplätze geschaffen werden. So soll Landflucht gestoppt werden. In diese so genannte Zweite Säule der Agrarpolitik soll schrittweise mehr Geld fließen. Die Mittel werden aus der Ersten Säule - den klassischen Direktbeihilfen - umgeschichtet. Dabei müssen Großbetriebe mit einem jährlichen Prämienvolumen von mehr als 5000 Euro mit Einbußen rechnen. 3 Prozent beträgt der Abschlag für 2005, 4 Prozent für 2006, 5 Prozent für die Jahre von 2007 bis 2013. 2007 werden so etwa 1,2 Milliarden Euro umgeschichtet. Landwirte können einen Teil des Geldes zurückbekommen, wenn sie an den Programmen teilnehmen. Ein Mitgliedstaat kann vier Fünftel des umgeschichteten Geldes selbst verwenden. Der Rest wird unter den strukturschwachen EU-Staaten vor allem im Süden verteilt.

CROSS COMPLIANCE: zu deutsch Überkreuzverpflichtung. Erstmals wird von der Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener Tier-, Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen die volle Auszahlung der Prämie abhängig gemacht. Bei Verstößen drohen Abzüge bis zu einem Viertel der Prämien. Die Kontrolle obliegt den Mitgliedstaaten.

FINANZDISZIPLIN: Für noch ausstehende Marktreformen etwa für Zucker, Oliven, Tabak und Baumwolle sowie im Fall von Marktturbulenzen kann die Kommission bei einem absehbar finanziellen Engpass einen Vorschlag zur Kürzung von Prämien machen, um Mittel freizuschlagen. Hintergrund ist, dass die Obergrenzen der Agrarausgaben durch einen Gipfelbeschluss schon bis 2013 festgeschrieben sind. Es kann nicht einfach Geld nachgeschossen werden.

REFORM DES MILCH- UND GETREIDEMARKTES: Die EU-Kommission musste - vor allem auf Druck Frankreichs - starke Abstriche bei der Absenkung der garantierten Stützpreise bei Milch und Getreide machen. Die Getreidepreise bleiben unverändert. Bei Butter und Magermilchpulver fallen die Kürzungen deutlich geringer aus.

WTO/DOHA-RUNDE: Die EU steht in der laufenden Welthandelsrunde («Doha-Runde») unter massivem Druck, ihre direkten, also an die Produktion gebundenen Beihilfen um mindestens die Hälfte zu senken. Sie beeinflussen die Produktionsentscheidungen der EU-Landwirte und verzerren deshalb den Handel. Mit der beschlossenen Reform ist die EU dieser Forderung nachgekommen. Für September ist ein Ministertreffen im mexikanischen Cancun angesetzt, wo entscheidende Weichen gestellt werden sollen.



© dpa - Meldung vom 26.06.2003 13:34 Uhr