Thema der Region
FORST / Gefährlicher Protest gegen die Jagd
Bambi-Rächer mit Säge in der Hand erwischt
Landesjagdverband in Sorge: Bereits 40 Hochsitze in Baden-Württemberg beschädigt
Mehr als 40 Hochsitze sind in den letzten Monaten von Jagdgegnern angesägt worden. Der Landesjagdverband empfiehlt deshalb "Rüttelproben" vor dem Ansitzen.
DIETER FRAUENHEIM
FREUDENSTADT Die Warnung an die 33 692 Jäger in Baden-Württemberg in der letzten Ausgabe ihres Fachorganes "Der Jäger" ist eindeutig: "Prüfen Sie Ihre Hochsitze sorgfältig auf ihre Festigkeit. Machen Sie die Rüttelprobe. Kontrollieren Sie Kanzelboden und Sitzbrett, bevor Sie ihnen Ihr volles Gewicht anvertrauen", wird den Waidmännern geraten.
Die Empfehlung stammt von Verbands-Pressesprecher Ulrich Baade. Er berichtet über "geltungssüchtige Hochsitz-Zerstörer", die mit ihren Aktionen unter dem Motto "Wenn Hochsitze krachen, vergeht Euch das Lachen" gegen die Bejagung von Wildtieren protestieren. Seit Herbst vergangenen Jahres wurden Baade zufolge auf der rund drei Millionen Hektar großen Jagdfläche im Land schon mehr als 40 Hochsitze demoliert - angesägt oder gleich umgestürzt.
Die meisten Anschläge auf Hochsitze gab es in den vergangenen Wochen in den Landkreisen Freudenstadt, Tübingen , Rottweil, Schwarzwald-Baar, Tuttlingen und sogar in den Revieren um Stuttgart.
Für Ulrich Baade sind gefährliche Chaoten am Werk: "Ein Kavaliersdelikt ist ihr Handeln nicht", sagt er verbittert. Die Polizei ermittelt in der Zwischenzeit landesweit. Bei der Polizei in Bad Dürrheim (Telefon: 07726/93 94 80) wurde jetzt eine zentrale Meldestelle eingerichtet.
Dem Landwirt Wilhelm König als Mitglied der Jägervereinigung Rottweil ist jetzt es gelungen, auf eigene Faust einen Hochsitz-Säger zu überführen. In seinem Revier bei Empfingen nahe der Autobahn 81 hatte er ein Funkgerät in einem Hochsitz versteckt. Ein Jagdgegner, der sich selbst als "Rächer der toten Bambis" bezeichnet, bemerkte die akustische Falle nicht und sägte eines Abends munter drauf los.
Von den Sägegeräuschen aus einem zu Hause aufgestellten Lautsprecher aufgeschreckt, begab sich der Jagdpächter sofort auf die Pirsch. Bei seinem Auftauchen flüchtete der Säger. Im zurückgelassenen Auto des Mannes fand die Polizei außer einer Sägeblatt-Schutzhülle auch dessen Brieftasche. Blöd gelaufen: Der Mann ist beim Jagdverband für jagdfeindliche Aktionen längst bekannt, konnte bisher aber noch nicht überführt werden. Er erhält nun eine Anzeige wegen Sachbeschädigung.
"Psychopathen am Werk"
Im Gegensatz zu anderen auf Hochsitze spezialisierten Jagdgegnern warf der Ertappte die angesägten Sitze anschließend um - und schloss damit eine Gefährdung von Menschen aus. Nach Angaben von Ulrich Baade sind jedoch auch "Psychopathen am Werk, gegen die der Bambi-Rächer ein Waisenknabe ist". So hat ein Unbekannter im Januar im Ostalbkreis einen Hochsitz in die Luft gejagt.
Einzelteile flogen 90 Meter weit. In einer Scheune explodierten aufgrund der Druckwelle Gasflaschen. Besonders "heimtückisch und gewissenlos" gehen nach Angaben Baades allerdings die Täter vor, die Stützen, Streben und Leitern an den Hochsitzen nur ansägen und die Einschnitte hinterher sorgfältig tarnen. "Sie nehmen wissentlich in Kauf oder bezwecken es sogar, dass ein Jäger, der so einen präparierten Hochsitz besteigt, in Lebensgefahr gerät", sagt Baade.
Die Hochsitze sind bis zu acht Meter hoch. Sie aufzubauen, kostet im Durchschnitt 400 Euro.
Südwestpresse
Rundschau für den Schwäbischen Wald - Der Kocherbote
Erscheinungsdatum: Mittwoch 10.03.2004
http://www.suedwest-aktiv.de/region/neuekreisrundschau/suedwestumschau/1003112/artikel.php
Umgestürzte Hochsitze bei Empfingen. Gefährlich wird es, wenn Jagdgegner die Gestelle nur ansägen - in der Hoffnung, dass der Sitz unter dem Gewicht des Jägers zusammenbricht. FOTO: WILHELM KÖNIG