Forenübersicht RSS

Pressespiegel:
Vermehren statt Gedanken um Tiere machen

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 2

Hinweis: Momentan können keine Beiträge erstellt werden.

Vermehren statt Gedanken um Tiere machen

Autor: Achim Stößer | Datum:
... sollen sich die Österreicher, wenn es nach dem tierrechtsfeindlichen Leitartikel in "Die Presse" zur aktuellen Gesetzesänderung geht.

Tiere, Kinder, Eierkuchen "Kauft glückliche Hühner!"

Autor: Achim Stößer | Datum:
Leitartikel:
Tiere, Kinder, Eierkuchen
"Kauft glückliche Hühner!"

VON ANDREAS UNTERBERGER (Die Presse) 22.05.2004

Bezeichnender Zufall: Am selben Tag, da ein neuer Rückgang der österreichischen Geburtenzahlen bekannt wird, wurden die Parteien nach nächte- und monatelangem Ringen einig: Mehr Rechte für die Tiere wird nun per Verfassung sogar ein Staatsziel.

Gewiss: Der Staatskonvent, der diese neue Verfassung insgesamt ausformulieren soll, wird mit großer Wahrscheinlichkeit nie zu einem Abschluss kommen. Die Akkumulierung der vielen Egoismen (insbesondere jener der um ihre vollen Spendierschatullen kämpfenden Landeshauptleute) wird diesen verhindern. Die Gestaltungskraft der Politik reicht offenbar nur noch für solche Seltsamkeiten wie das Staatsziel Tiere, aber nimmer für die Realisierung des großspurigen Ziels einer neuen Verfassung. Vorerst kann man daher hoffen, doch noch nicht dafür bestraft zu werden, eine Gelse erschlagen oder das Folterinstrument namens Fliegenstreifen verwendet zu haben (auf dem Fliegen ja meist nicht gleich sterben).


Dennoch bleibt das In-die-Knie-Gehen vor der Kronenzeitung, vor der postmodernen Wertehierarchie der Damen Sima und Weinzinger wie auch vor dem prämodernen Denken der Freiheitlichen aus mehreren Gründen problematisch. Erstens, weil der Hang der Österreicher, immer schneller auszusterben, weil die Frage, wie man eine kinderfreundliche Atmosphäre herstellt, die Politik noch nie zu zu einem mit der Tierdebatte vergleichbaren Ringen motiviert hat. Widmet sich jemand jenem Thema, wird er höchstens lächerlich gemacht.


Das zweite Problem ist nur für die Volkspartei relevant: Wenn sie glaubt, dass sie sich auf Zusagen des (selbst ja angeschlagenen) Hans Dichand mit seinem Tierecken-Horizont eher verlassen kann als auf ihre bisher treuesten Wähler, nämlich die Bauern, dann ist sie von vielen guten Geistern verlassen.

Drittens schädigen wir den ganzen, ohnedies um jeden Arbeitsplatz ringenden Wirtschaftsstandort Österreich, wenn wir schon wieder Vorzugsschüler in einer Spezialfrage sein wollen. Zuletzt haben wir etwa beim Klimaschutz, bei der panisch gefürchteten Genforschung und bei der überhöhten Förderung von Alternativenergien den teuren Ehrgeiz realisiert, ständig besser zu sein als alle anderen. Nun werden neuerlich einer Branche zusätzliche Fesseln angelegt. Als ob Österreich eine Insel wäre. Das Land hat noch immer nicht begriffen, dass man in Zeiten der Globalisierung Lasten nur noch im EU-weiten Gleichschritt verhängen sollte, will man sich nicht selbst beschädigen.


Nun haben also auch die Eierproduzenten (um nur ein Opfer der Reform zu nennen) schwerere Lasten zu tragen als ihre europäische Konkurrenz. Diese darf sich daher freuen. Appelle des Bundeskanzlers nach dem Motto "Kauft fröhliche Inlands-Eier" werden die Konsumenten wenig beeindrucken, und die Produzenten von Nudeln oder Mehlspeisen schon gar nicht. An der Unsinnigkeit der österreichischen Alleingänge ändert auch die Tatsache nichts, dass all diese teuren Ziele überaus sympathisch und ehrenhaft sind, dass niemand Tierquälerei will.


Viertes Ärgernis ist die nun vom Bauernbund vorgeschlagene Entschädigung: Kompensieren wir halt die geschädigten Betriebe aus Steuermitteln. Ganz zu schweigen von den Kosten der neuen Tierombudsmänner.


An Geld scheint es der Politik offenbar nicht zu mangeln. In der auslaufenden (Rumpf-)Woche produzierte sie ja "nur" noch eine weitere Idee, wie sie in die Tasche der Steuerzahler greifen könnte: nämlich mit dem Ersatz des (kaum bezahlten) Zivildienstes durch einen freiwilligen (und daher notwendigerweise gut zu honorierenden) Sozialdienst. Wir haben's ja. Einzig - der in letzter Zeit immer öfter positiv auffallende - Peter Pilz wagt da zu sagen, dass es ohne Verpflichtung zum Sozialdienst wohl nicht gehen wird.


Es ist schon so: Wenn einer Gesellschaft die Werte - neusprachlich: "Staatsziele" - durcheinander geraten, dann kommt sie selbst durcheinander.


andreas.unterberger@diepresse.com

http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=p&ressort=pk&id=423256