Berlin (dpa) - Das Risiko von Acrylamid in Kosmetika kann vernachlässigt werden. Zwar sei auch in den Schönheitsprodukten das Krebs erregende Gift nachgewiesen worden, allerdings sei noch völlig offen, was damit geschieht. «Wir wissen überhaupt nicht, ob auf die Haut aufgetragenes Acrylamid aufgenommen wird», sagte der Direktor des Instituts für Pharmakologie der Universität Köln, Edgar Schömig.
In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages dementierten der Wissenschaftler damit anders lautende Medienberichte vom vergangenen Wochenende.
Mit der Nahrung aufgenommenes Acrylamid wirke dagegen «wahrscheinlich» auch bei Menschen Krebs erregend, berichtete Schömig. Einem schwedischen Modell zufolge könnte Acrylamid der Auslöser für ein bis drei Prozent der Krebsfälle sein. In Deutschland wären das umgerechnet 8000 bis 10 000 Krebsfälle pro Jahr.
Der Leiter des Fachgebiets genetische Toxikologie am Bundesinstitut für Risikobewertung, Stephan Madle, kündigte an, dass es trotz umfangreicher Forschung auch kurzfristig keinen wissenschaftlich begründeten Grenzwert für Acrylamid geben werde. «Das ist eine unbefriedigende Situation: Es gibt ein Risiko, aber wir wissen nicht, wie hoch es ist.» Schwedische Forscher hatten das im Tierversuch Krebs erzeugende und Erbgut verändernde Acrylamid erst im April vergangenen Jahres entdeckt.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, Professor Matthias L.C. Horst, kritisierte die Informationspolitik der Bundesregierung. Das Verbraucherministerium gebe nur eine «scheinbare Hilfe». Die Veröffentlichung von Untersuchungsergebnissen auf der Homepage der nordrhein- westfälischen Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) bezeichnete Horst als «blanke Zahlen», welche ohne Erläuterungen und Vergleichswerte veröffentlicht wurden. Verbraucher würden dadurch verunsichert. Ziel von Richtwerten müsse es sein, diese auf einer EU-weiten Basis zu stützen.
Acrylamid entsteht beim Erhitzen stärkehaltiger Lebensmittel wie etwa Kartoffeln. Vor allem die Höhe der Temperatur und die Dauer des Erhitzens beeinflussen den Anteil des Acrylamids.
© dpa - Meldung vom 28.01.2003 09:32 Uhr