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Pressespiegel:
Der freundliche Truthuhnmörder von nebenan

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Der freundliche Truthuhnmörder von nebenan

Autor: Achim Stößer | Datum:
Sind sie nicht nett, die kommerziellen Tierausbeuter, so besorgt um "ihre Tiere" wie eine Mutter um ihr Kind. Dieser Eindruck könnte jedenfalls entstehen beim Lesen der Bauernhofberichterstatterpresse. Wie die Mutter dann ihren Kindern, von denen viele vorher in der Mast jämmerlich umgekommen sind und nach kurzem durch ihr abnormes Gewicht - ein menschlicher Säugling hätte analog dazu die Gestalt eines Sumoringers - oft kaum noch stehen können, die Kehle aufschlitzt, um ihre Leichen zu verschachern, paßt da nicht ganz ins heimelige Bild und wird nicht gar so plastisch geschildert ...

8000 Eintagsküken eingestallt

Autor: Achim Stößer | Datum:
Jörg Meyer aus Dehringhausen betreibt Putenmast im großen Stil

von Kerstin Diehl
WALDECK-DEHRINGHAUSEN. Fast jede zweite in Deutschland verzehrte Pute kommt aus Brasilien oder Polen, der günstigeren Haltungsbedingungen wegen. Einer, der Puten in Waldeck in großem Stil hält, ist Jörg Meyer aus Dehringhausen. Montagabend hat er frisch geschlüpfte Küken geliefert bekommen. So viele, dass es in dem Stall permanent piept.


Einen Tag sind sie alt, die frisch eingestallten Putenküken. 8000 davon erhielt Jörg Meyer auf einen Schlag geliefert. Foto: kdl

"Am Anfang konnte ich nachts nicht einschlafen, weil ich das Piepen ständig im Ohr hatte" - doch das habe sich mittlerweile gelegt. Meyer hält seit vier Jahren Puten in den hierfür eigens neu gebauten Ställen am Rande von Dehringhausen.
Nach drei Stunden Lkw-Fahrt aus der Nähe von Cloppenburg sind die Küken in Pappkartons in Dehringhausen angekommen, morgens erst waren sie aus der Brutmaschine geschlüpft. Flauschig gelb sind sie und noch ganz klein. 8000 Putenküken, Hennen und Hähne, von Asiaten nach dem Geschlecht getrennt verfrachtet. Die Geschlechtertrennung ist wegen der unterschiedlichen Dauer der Mast wichtig. Die ersten drei Tage hält Jörg Meyer die Küken in Ringen auf dem Boden, wo ihnen abwechselnd Wasser, Futter und in der Mitte ein Wärmestrahler zur Verfügung stehen. In dem Rondell sollen die Jungtiere fressen, saufen und gehen lernen. Wenn sie dies können, werden die Ringe geöffnet und die Puten müssen sich mit der Bodenhaltung zurechtfinden.
Während der ersten drei Tage schaut Jörg Meyer wie eine Henne nach seinen Küken: Alle drei Stunden steht ein Kontrollgang in dem riesigen Stall an, auch nachts. "Das Schlimmste wäre, wenn die Küken kein Wasser mehr hätten oder die Wärmelampe nicht funktionierte", so der Agraringenieur. Denn ausreichend Wärme ist gerade am Anfang wichtig, damit aus Küken ausgewachsene Puten werden.
Die Hennen sollen rund 90 Gramm, die Hähne möglichst 140 Gramm am Tag zunehmen. Vor allem Mais, Weizen, Soja und Pflanzenöle sind in dem feinkörnigen Futter enthalten, was den Küken in Trögen zur Verfügung steht. Nach einer Woche bis 14 Tagen, so Meyer, werden die Tröge durch eine automatische Fütterung ersetzt.
Jörg Meyer hat zwei 1000 und 1500 Quadratmeter große Putenställe im Feld zwischen Dehringhausen und Nieder-Waroldern stehen. Vier Wochen lang werden Hähne und Hennen gemeinsam in einem Stall, nur durch ein Netz getrennt, gehalten, dann stallt Jörg Meyer die Hähne in die anderthalbmal so große Halle für Hähne um. "So schaffe ich mehr Umtriebe im Jahr", der unterschiedlichen Mastdauer von Hennen und Hähnen wegen.
Die Hennen werden 16 Wochen lang gemästet, die Hähne 21 Wochen. Die Weibchen wiegen dann 10 Kilogramm, die Hähne rund 20 Kilogramm. Zum Schlachten werden die Puten wieder mit einem Laster zurück in den Landkreis Cloppenburg gebracht, wo sie von dem Tiefkühlkosthersteller Sprehe geschlachtet und verarbeitet werden.
Bevor ein neuer Schub an Eintagsküken eingestallt werden kann, muss der Stall gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Alle 18 Wochen erfolgt ein solcher Umtrieb, dann bekommt Jörg Meyer frisch geschlüpfte Küken geliefert. Dann beginnt es erneut zu piepen, und Jörg Meyer hat drei Tage lang wenig Schlaf. Trotzdem ist der Dehringhäuser gerne Putenmäster.
Heutzutage müsse man sich eine Nische suchen, sagt er, der demnächst auch seine neue Biogasanlage an die Putenställe anschließen und sie mit Biogas erwärmen will (wir berichteten). Puten sind für ihn eine solche Nische, der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liegt bei rund 55 Prozent.
Neulich hat Jörg Meyer mit seinem Berater telefoniert, der war gerade in Polen. Dort sei es billiger, Puten zu halten, es gibt weniger gesetzliche Vorschriften zur Haltung und Fütterung. Doch nach Polen ziehen möchte der Waldecker nicht.

lokalredaktion@wlz-fz.de
http://www.wlz-fz.de/schlagzeilen.asp?ID=18778
Lokalnachrichten vom 10.11.2004