Heute abend kommt auf 3sat in der Sendung Kulturzeit ein Beitrag zu Richard Dawkings neuem Buch "Der Gotteswahn". Zu Sendezeiten und Wiederholungen siehe http://maqi.de/tv/?id=22586.
habe das Buch fast durch. Interessant auch die Frage nach der Entstehung des Gottesglaubens und der Versuch ihrer Beantwortung: unsere Vorfahren könnten das Denken als Stimme von jemand anderem gehalten haben. Erst im Laufe der Evolution habe sich die Stimme als die eigene entpuppt. Aber Gott ist geblieben.
Richard Dawkins verabscheut jede Bremse der Wissenschaft, wie sie die Religion sein könnte, wenn sie Forschung verbietet. Untertitel seines Buchs "Der Gotteswahn":
"Ich bin ein Gegner der Religion.
Sie lehrt uns, damit zufrieden zu sein,
dass wir die Welt nicht verstehen."
Ich meine, ich hätte irgendwo in "Der Gotteswahn" gelesen, daß er Tierversuche befürwortet, um Wissenslücken in der Medizin zu schließen, aber ich kann die Stelle nicht mehr finden. Oder habe ich mich geirrt, oder etwas falsch interpretiert? Wer kann helfen ?
Ich kann man nicht an ein derartiges Statement erinnern, allerdings ist es auch schon wieder was her seit ich das Buch gelesen hab (ich hab nicht auf die deutsche Veröffentlichung warten wollen). In irgendeinem Zusammenhang hat er aber in 'nem Nebensatz Tierbefreiungen aus Versuchslaboren kritisiert – vielleicht hast du das im Kopf? Ansonsten kann ich nicht helfen.
Vor ein paar Tagen hab ich "Das egoistische Gen" angefangen (diesmal auf Deutsch und mit atemberaubend unerklärlichen Druck-/ Tipp-/ Übersetzungsfehlern in den diversen Vorworten der Jubiläumsausgabe) und frag mich, wie auch schon beim Gotteswahn, warum um alles in der Welt der Mann trotzdem scheinbar immer noch Speziesist und kein Veganer ist (bei Douglas Adams, dem der Gotteswahn ja gewidmet ist, drängte sich mir übrigens auch immer mal wieder diese Frage auf).
Zitat aus "Das egoistische Gen":
Und dann hier aus seiner Version der 'Zehn Gebote' in "The God Delusion":
Warum "as far as possible"?
Es gibt in beiden Büchern noch mehr Beispiele, aber ich bin zu faul zum Suchen ;)
Ich wollte das hier sowieso noch im Forum fragen, also häng ich's direkt hier mit dran:
Auf der Website seiner Stiftung bin ich neulich über folgendes Video gestolpert: http://richarddawkins.net/article,31,Dian-Fossey-Gorilla-Fund,Richard-Dawkins
("Richard Dawkins speaks for the Dian Fossey Gorilla Fund about Speciesism and motivations for preserving life on our planet.")
Unglücklicherweise funktioniert bei mir der Ton nicht, aber ich vermute es geht (mal wieder) eher um Artenschutz als um Antispeziesismus. Vielleicht kann jemand mit Ton berichten?
Zu dem Thema fällt mir auch noch ein, daß er sich im Gotteswahn unter anderem (und natürlich zu recht) darüber aufregt, daß Menschen allen Ernstes dafür argumentieren, daß Sektenangehörige ihre Kinder nicht (oder zumindest verkürzt) zur Schule schicken müssen sollten, weil unsere Gesellschaft ja um so vieles ärmer und eintöniger würde wenn wir die Kultur der Amish (ich glaube, um die ging's) mit unserer allgemeinen Schulpflicht unterminierten. Dawkins Kritik ist, daß die Gesellschaft ihre kulturelle Vielfalt offenbar höher werte als die Rechte des (unmündigen) Individuums, und damit hochgradig egoistisch handele.
Das war eine der unzähligen Stellen, an denen ich mich fragte, wie er auf dieser Basis denn Artenschutz propagieren kann. "Wir müssen jetzt was unternehmen, damit auch unsere Enkel noch Elefanten/ Tiger/ Gorillas bestaunen können" (meine Umschreibung, nicht seine Worte) scheint mir auch kein Gedanke zu sein, bei dem das Wohl des Individuums im Vordergrund steht.
Ansonsten war "The God Delusion" übrigens durchaus auch für mich als Atheistin wirklich lesenswert - bevor hier der Eindruck entsteht ich wär mit dem Buch als Gesamtwerk nicht einverstanden ;o).
Allerdings sollte man sich auf die ein oder andere (beabsichtigte) Wiederholung einstellen; aber daß man automatisch das Gefühl hat, wiederholen und ausdrücklich betonen zu müssen was man für wichtig hält, kennt wohl jeder der je 'nen längeren Text mit dem Ziel der Aufklärung verfaßt hat.
danke, sehr aufschlußreich. Auf Seite 377 in "Der Gotteswahn" steht:
"Der Philosoph Peter Singer vertritt in seinem Buch Animal Liberation wortreicher als jeder andere die Ansicht, wir sollten auch den "Speziesismus" hinter uns lassen und die menschliche Behandlung auf alle biologische Arten ausweiten, die es aufgrund der Leistungsfähigkeit ihres Gehirns zu schätzen wissen. Vielleicht ist das ein Hinweis, in welche Richtung sich der ethische Zeitgeist in zukünftigen Jahrhunderten entwickeln könnte. Es wäre die natürliche Fortschreibung früherer Reformen wie der Abschaffung der Sklaverei und der Frauenemanzipation."
...die es zu schätzen wissen. Hm. Eine etwas unglückliche Übersetzung?
Keine Ahnung wo diese Grenze verliefe (oder was Singer unter "humane treatment" versteht, sofern er diesen exakten Begriff tatsächlich verwendet und Dawkins nicht paraphrasiert). Vielleicht sollte ich nach über einem halben Jahrzehnt Veganismus dann doch mal "Animal Liberation" lesen.
danke für das englische Original - also doch keine unglückliche Übersetung. Peter Singer zu lesen, lohnt, glaube ich, nicht wirklich. Die Grenzen für "appreciate" zieht er ziemlich willkürlich: streunende Hunde in New York kommen schlecht weg, und so weiter. Und wie war das mit den neugeborenen Kindern, die noch kein Bewußtsein haben ? Nein, ich glaube, da gibt es bereits bessere philosophische Ansätze. Im übrigen: Tierversuche bei Singer, ganz im Sinne von Dawkins: "The knowlegde gained from some experiments on animals does save lifes and reduce sufferings." (Singer in Animals and the Value of Live, 1980).
> Tierversuche bei Singer, ganz im Sinne von Dawkins
Wie gesagt, ich bin mir da was Dawkins Position angeht nicht ganz sicher. Vielleicht macht er im Verlauf von "das egoistische Gen" ja noch 'ne klare Aussage dazu (ich werd gegebenenfalls berichten).
Sie zeigen, daß Singer selbst Tierausbeutung/Tierrechtsverletzung/Unveganismus befürwortet (oder, ist ja schon ein paar Jahre alt, befürwortete, wobei mein Eindruck ist, daß er sich nicht gebessert hat).
Falls Du's liest, vielleicht findest Du ja weitere interessante (zitierwürdige) Stellen.
>Unglücklicherweise funktioniert bei mir der Ton nicht
nachdem ich nun QuickTime installiert habe und bei mir der Ton funktioniert - hab ich die Rede für dich niedergeschrieben:
"Human beings are not just like great apes, they are great apes. We are african apes. We are cousins of Gorillas and Chimpanzees. We have a common ancestor with Gorillas which probably lived no more than about six or seven million years ago. Nowadays we are immensely conscious about the danger of racism and sexism, discrimination on the basis of race or sex. A couple of centuries ago racism would have been taken absolutely for granted and now we have grown out of that. Today we live in a speciesist world. We are automatically without question, without even thinking about it, we assume that there is one law for homo sapience and one law for the rest of the animal kingdom. That is speciesism. Now, of course, if you object the specisism you are in a sense letting yourself wide open to reductio ad absurdum because people will say: well, where will you stop? You worry about cabbages because of evolutional continuum between us and cabbages, if you go sufficiently far back you'd staffed to death, if you were that insistent upon rejecting speciesism. My answer to that is that we shouldn't be any kind of ist of that kind. We have rather a continuum. There is a sliding scale from Gorillas and Chimpanzees being very close to us and cabbages being very long away. There is no reason why we should erect a wall, we should erect a fence at any particular place. There are some animals that there is some reason to think, can suffer, can think, can reason, can suffer in motion which deserve and must have a greater moral consideration from us than other animals. There are some humans that are less capable of suffering pain, suffering painful emotions than most Gorillas. What I'm saying is that it is a matter of the merist accident that the intermediates happened to extinct - that's the only thing that enables us to erect this great fence around homo sapience to say there are humans on the one side and the whole rest of the animal kingdom on the other side. It's very hard to make a purely sientific case for conserving any particular species. The only case I can make is an emotional case. And what's wrong with that. We are emotional beings. I feel emotional about it. I want to save Gorillas, I want to save Rhinozeroses, I want to save these magnificent creatures which have been built up over millions of years of evolution before they go forever. It's an irrevocable thing and that is an emotional argument. On strictly scientific grounds there is no argument, ... you cannot prove scientifically that that is wrong. Wrong and right are not things that you can proove scientifically. This is fundamentally a moral and an ethical argument. And it is as a human being that I make the case for saving the Gorilla rather than as a scientist."
Du bist ja wahnsinnig...
Jetzt machen die Leute sogar schon für mich Hausaufgaben. Danke Dir! (An dieser Stelle war ich versucht, mehr als ein Ausrufezeichen zu setzen, aber damit würd' ich gegen ein persönliches Prinzip verstoßen ;o)).
>There are some animals that there is some reason to think, can >suffer, can think, can reason, can suffer in motion >[vielleicht eher "emotion" als "in motion"?] which deserve and >must have a greater moral consideration from us than other >animals.
Sind Affen leidensfähiger als Schweine oder Hühner? Wenn ja um wieviel? Lebt Dawkins vielleicht doch heimlich vegan weil er weiß, daß für den Joghurt im Kühlregal Kühe ausgebeutet und umgebracht wurden? Oder heißt "moral consideration" einfach nur "'humanes' Töten"?
Trotzdem hatte ich Unrecht; es ging zumindest teilweise tatsächlich um (Anti)speziesismus und erst am Ende um Artenschutz (wobei mir nicht klar ist, was das eine mit dem anderen zu tun hat...).
belassen wir es bei dem einen - und dem Unterstrich. Ich habe mich sehr gefreut !!
> suffer in motion
natürlich: suffer emotion. Ich bin Ingenieur, und "in motion" ist mir geläufiger. Andererseits, sich bewegen kann für Tiere durch unmenschliche Behandlung sehr schmerzhaft sein...
> Affen leidensfähiger als Schweine ?
Angenommen, ein Apparat könnte Leiden messen. Er wäre so gewaltig, daß er die Reaktionen des andersartigen Organismus mit dem Standard des Homo sapiens abgleichen könnte. Das wäre, keine Frage, ein entscheidender Schritt.
Aber letztendlich geht es doch um die Frage, ob jemand getötet werden darf. Töten kann völlig schmerzfrei passieren (du hast es humanes Töten genannt). Dawkins Antwort darauf ist leider nur - Artenschutz.
Ich frage mich auch, warum Dawkins in seinem Buch "Der Gotteswahn" vehement NOMA ablehnt (die Wissenschaft soll sich aus der Religion heraushalten), hier aber offensichtlich Ethik und Wissenschaft trennt.
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Wie weit bist du mit dem egoistischen Gen? Ich würd es auch gern lesen, muß aber meine Steuererklärung endlich fertig machen. :-(
A schrieb:
>
> Angenommen, ein Apparat könnte Leiden messen. Er wäre so
> gewaltig, daß er die Reaktionen des andersartigen Organismus
> mit dem Standard des Homo sapiens abgleichen könnte. Das
> wäre, keine Frage, ein entscheidender Schritt.
>
Mir graut nur grad davor, wie man an die jeweiligen Werte kommen würde...
Aber wenigstens schließt ich der Kreis und wir wären bei Deiner Ausgangsfrage nach den Tierversuchen ;o(
>
> Wie weit bist du mit dem egoistischen Gen? Ich würd es auch
> gern lesen, muß aber meine Steuererklärung endlich fertig
> machen. :-(
Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich mich nach wie vor im zweistelligen Seitenbereich befinde. Denk ich zumindest; ist nämlich jetzt ne Woche her, daß ich's überhaupt in der Hand hatte... Vielleicht sollte ich mir doch mal angewöhnen ein Lesezeichen zu benutzen...
Wissenschaft, wenn sie nicht von den richtigen Gefühlen geleitet wird, kann sehr grausam sein. Ich glaube, daß Dawkins das meinte, wenn er sagte, Wissenschaftler, anders als Ethiker, können nicht entscheiden, was richtig oder falsch ist.
Ich selbst stelle mir den Apparat als Genscanner vor. Niemand würde nur im geringsten berührt.
Aber du hast mich auf zwei Dinge aufmerksam gemacht. Danke. Wissenschaft, angewandt auf Tiere, bedeutet automatisch Grausamkeit. Und zweitens, ein Leidensmeßgerät würde an der fatalen Situation der nichtmenschlichen Tiere doch nichts ändern. Denn im Grunde wissen die Menschen ja, daß die anderen Tiere genauso leiden können. Die meisten empfinden auch Mitleid. Und trotzdem schaun sie zu, wie das Unrecht weiter geschieht. - Gut, daß es Tierrechtler gibt, die unermüdlich gegen diese Ignoranz ankämpfen.
Wäre es nicht ein Riesenerfolg für die Tierrechtsbewegung, wenn Richard Dawkins sich nicht nur als Atheist auswiese sondern auch noch als Tierrechtler und Veganer ?
Wärst du bereit, mit mir einen Brief an Dawkins zu verfassen, in dem wir ihn auffordern, sich eindeutig auf die Seite der Veganer und Tierrechtler zu stellen, und sich nicht immer nur mit ungenauen Argumenten herauszureden ?
A schrieb:
>
>
> Wäre es nicht ein Riesenerfolg für die Tierrechtsbewegung,
> wenn Richard Dawkins sich nicht nur als Atheist auswiese
> sondern auch noch als Tierrechtler und Veganer ?
Klar, jemand der populär, eloquent und engagiert ist, hat natürlich potenziell 'ne Menge positiven Einfluß...
>
> Wärst du bereit, mit mir einen Brief an Dawkins zu verfassen,
> in dem wir ihn auffordern, sich eindeutig auf die Seite der
> Veganer und Tierrechtler zu stellen, und sich nicht immer nur
> mit ungenauen Argumenten herauszureden ?
Ich hab vor 'ner Weile mal darüber nachgedacht, ihn diesbezüglich zu kontaktieren (allerdings nicht gleich als Aufforderung, sondern als Frage ob er vegan sei und wenn nicht, warum nicht, weil mir Veganismus als die logische Konsequenz vieler seiner veröffentlichten Gedanken erscheine), die Idee dann aber verworfen, weil ich zum einen dann doch erst noch ein bißchen weiterrecherchieren wollte (denn um auch wirklich entsprechend entwaffnend argumentieren zu können braucht's natürlich die richtigen Textstellen), und zum andern den Gedanken, meinen Brief möglicherweise in seinem nächsten Buch abgedruckt zu finden (er hat ja im Gotteswahn Teile seiner Post veröffentlicht) einigermaßen abschreckend find. Abgesehen davon ist mein aktives Englisch um Welten schlechter als mein passives, ich kenn keine einzige englischsprachige antispeziesistische Internetseite auf die man Dawkins dann zwecks Eigenrecherche verweisen könnte... und jetzt gehen mir die Ausreden aus ;o). Zusammengefaßt heißt das: ich bin einfach zu feige. Und perfektionistisch... (vor allem aber zu feige). Aber natürlich hast Du meine volle moralische Unterstüzung falls Du wirklich einen solchen Brief formulieren solltest :o).
Entschuldige bitte. Es tut mir leid, daß du eingestehen mußtest, feige zu sein. Ich glaube aber andererseits nicht, daß du wirklich feige bist. Sonst wärest du nicht Atheistin UND sogar noch Veganerin.
Perfektionistisch zu sein ist für diesen Brief genau das Richtige! Ich bin auch perfektionistisch (oh je, manchmal ist das einfach lästig, insbesondere dann, wenn ich mich aus Zeitgründen zwingen muß, alle Neune gerade sein zu lassen). Aber du hast vollkommen recht. "Richi" (er ist mir trotzdem inzwischen ans Herz gewachsen) sollte schon auch gleich gute Argumente zu lesen bekommen. Und deine Idee, ihn nicht gleich "hammerartig" aufzufordern, finde ich auch sehr gut.
Danke für deine moralische Unterstützung. Aber deine aktive Hilfe wäre mir sehr, sehr wichtig. Nur, vielleicht ist hier im Forum nicht der richtige Platz, den Brief (der auch anonym sein könnte) entstehen zu lassen. Die Leser könnten sich gelangweilt fühlen. Ich gebe dir deshalb meine Emailadresse.
Aus einem Interview vom Dezember 2004: "Are you a vegetarian?"
Dawkins: "No, I'm not, and that's an interesting question. What I believe is that we should try to minimize suffering. And so I would have no objection to killing something to eat it, provided it doesn't suffer. So I'm much more worried about the suffering in slaughterhouses and in factory farms—the dread that might enter the mind of a cow or pig when it's being led to the slaughter. To the extent that slaughtering practices are humane, I see no objection to using animals for meat.
The objection to using humans for meat would be not just that they are human, but that they would feel fear, they would know what was coming to them, they would be in a position to suffer in a way that a pig or a cow, if it was well treated, would not. So my aim would always be to reduce suffering, not to take a kind of absolutist position that there is something special and unique about humans which entitles them to exploit and use other species of animal for any purpose."
> Aus einem Interview vom Dezember 2004: "Are you a vegetarian?"
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Meine Güte, wie psychotisch er hier argumentiert. Es ist schon mit einer eigenartigen Ironie behaftet, wenn ein Befallener der Fleischreligion ansonsten gegen Religion ist.
Auch im Transkript oben aus dem Film deutlich erkennbar wie der Dominoschlag speziesistischen Denkens in seinem ansonsten vermeintlich klaren Verstand alles plattwütet. Es gäbe keine wissenschaftliche Grundlage für Antispeziesismus, als ob die Fähigkeiten und Eigenschaften, für die Tiere in Betracht zur Anwendung ethischen Verhaltens kommen, wissenschaftlich nicht beweisbar wären. Es sei halt ein "emotionales" Anliegen. Tiere sind ja so knuffig und süß.
Ethik ist keine Naturwissenschaft. Ich gebe Dawkins recht, wenn er als Naturwissenschaftler nicht sagen kann, was ist richtig, was ist falsch.
Ethik basiert auf dem Gleichheitsprinzip und der Goldenen Regel. Das sind keine Naturgesetze. Damit aber Ethik allgemeingültig ist, muß das Gleichheitsprinzip naturwissenschaftlich begründet werden. Da hast du vollkommen recht.
Diesbzgl. gibt es aber bei Dawkins eine Wissenslücke, weshalb er sich auch nicht für einen Speziesisten hält. Zwar hat er erkannt, daß die anderen Tiere gleiche Gefühle haben und deshalb ebenfalls nicht gequält werden dürfen. Aber er spricht ihnen die Schlauheit ab, zu erkennen, daß sie vom Menschen getötet werden, um auf seinem Teller zu landen. D.h. sie fühlen nichts Negatives, wenn sie nicht gequält werden und ihr Tod angst- und schmerzlos passiert. Menschen könnten natürlich auch angst- und schmerzlos getötet werden. Aber das würde sich herumsprechen, und es würde Panik ausbrechen und die Menschen würden leiden.
Dawkins macht hier zwei Fehler. Erstens: von Mehrheiten darf die Richtigkeit einer Ethik nicht abhängen. Leicht könnte man sich im Gegenzug vorstellen, daß das Fehlen eines Tötungsverbots von anderen Tieren ebenfalls zu Panik führen würde, wenn es nur ausreichend viele Tierrechtler gäbe. Zweitens besitzen die anderen Tiere genauso wie Menschen ein Bewußtsein und deshalb einen freien Willen. Um den freien Willen umzusetzen, benötigt man/sie eine Zukunft, womit ein Interesse am Leben verknüpft ist. Dieses Interesse gilt es nach dem Gleichheitsprinzip sowohl bei Menschen als auch den anderen Tieren mit Bewußtsein zu schützen.
Dawkins, Richard: Geschichten vom Ursprung des Lebens. Eine Zeitreise auf Darwins Spuren. 2. Auflage. Berlin 2010, S. 434f
*Siehe dazu das Kapitel "Begegnung 17 - Die Geschichte des Salamanders", in dem über Ringarten am Beispiel des Salamanders und der Silber- und Heringsmöwen in der Evolutionstheorie geschrieben wird.
die Stelle habe ich nun endlich gefunden: Seite 411, Fußnote, in "Der Gotteswahn". Daraus geht aber nicht unbedingt hervor, daß Dawkins Tierversuche befürwortet. Er kritisiert lediglich das Verhalten von Tierschützern, die Mediziner umit Gewalt bedrohen/u, die Tierversuche machen. Er will also nicht, daß Tierschützer mit Gewalt drohen oder Gewalt anwenden.
Hm. Immerhin werden die nichtmenschlichen Tiere in den Versuchen gequält und getötet. Wenn Menschen es als richtig empfinden, daß ihre Polizei nicht nur mit Gewalt droht, sondern sie sogar anwendet, wenn es sich um Versuche an Menschen handelt, dann würde ein Antispeziesist dasgleiche auch für die anderen Tiere wollen.
Zwar wollte Dawkins wohl nur unterstreichen, in beiden Fällen sollten lediglich die Gesetze respektiert werden. (Beide Fälle: Bedrohung von Medizinern, die abtreiben - darauf bezog sich die Fußnote - und Bedrohung von Medizinern, die Tierversuche machen.) Leider ist sein Vergleich aber sehr unglücklich. Abtreibung betrifft nicht leidensfähige Embryos, Tierversuche dagegen leidensfähige andere Tiere.
Sorry, Achim, daß ich dir widersprechen mußte. Hast du doch sonst so oft recht. Aber andererseits schreibst du ja auch nur im Konjunktiv.
Daß Dawkins Tierversuche befürwortet, weiß ich inzwischen. In "Das egoistische Gen" werden ein paar Tierversuche vorgestellt. Allerdings sind dies Tierversuche, die eher harmlos wirken. Die meisten Tierversuche sind sogar gar keine. Sie beziehen sich auf Beobachtungen von frei lebenden Tieren, was für mich persönlich immer sehr interessant ist.