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Monolog im Dunkeln - Wider die Religion

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Monolog im Dunkeln - Wider die Religion

Autor: Swen Stein | Datum:
Die Religion sei bestes Beispiel für die Funktionsweise von kollektiver Meinungsbildung und ihrer hartnäckigen Beharrlichkeit leitete ich meinen Monolog ein, der diese unsinnigen Überzeugungskämpfe meiner Studenten beenden sollte. Wer möge angesichts von Milliarden von Menschen und sogar einiger intelligenter Personen aus dem eigenen Umfeld, die an tradierte Volksmähre glaubten, die durch politische Vereinnahmung zu zweifelhaftem Ruhm gelangten, noch an freie, individuelle Meinungs- und Willensbildung denken? Jeder halbwegs vernünftig denkende Mensch, argumentierte ich, mir bewusst mich damit in durchaus bürgerlichen Kategorien und Maßstäben zu bewegen, tue astrologische Lehren der letzten Jahrtausende sinnvollerweise ebenso als Scharlatanerie ab wie Alchemie und Handlesekunst. Niemand käme auf die Idee, das Fieber seines Kindes mit den Mitteln hergestellt nach Beschreibungen Antiker oder Mittelalterlicher Arzneibücher kurieren zu wollen. Geschichtsbücher aus den 80er Jahren gelten heute entweder als veraltet oder gar gefährlich, vor allem jene kommunistisch unterminierten aus den neuen Bundesländern. Aber der Bibel, der fragwürdigsten aller zigfach redigierten, kanonisierten und fingierten Sammelsurien wolle man heute noch millionenfach glauben schenken? Freiwillig? Griechische und Isländische Mythen dienten heute als Stoff für großartige Literatur. Würden zu aktualisierten Allegorien auf menschliches und allzumenschliches. Keiner bezweifelte ihre Fiktion, aber auch niemand ihren kulturellen, erbaulichen und literarischen Wert. Nur die Bibel würde von Busfahrern, wie Astrophysikern für bare Münze gehalten. Würde kurzerhand von der bösen Tradition der Institution Kirche getrennt, das Bild des alten bärtigen Mannes etwas modernisiert oder nach ikonoklastischer Manier aufgegeben. Das sei nicht mehr zeitgemäß. Geglaubt würde dennoch. An irgendetwas, eine Energie, jedenfalls irgendwas noch ungreifbareres, hanebücheneres. Diese Überzeugungen, hätten zum einen diese Bezeichnungen nicht verdient, da ihnen keine kritische Argumentation zugrunde läge, und seien zum anderen nichts anderes als globales Mitläufertum. Eine Eigenschaft, die vielleicht noch auf Schulhöfen den Zweck erfülle nicht gehänselt zu werden, würde hier kurzerhand zur Tugend geadelt. Diese Konvention sei so stark, dass man sich nicht traue ihr eine eigene Meinung entgegenzustellen, ja nicht mal eine Notwendigkeit dazu zu erkennen vermöge. Wenn alle dieser Meinung seien, müsse sie ja wahr sein, oder aber man habe kein Interesse daran sich von ihrem Gegenteil zu überzeugen, da dies jeden zu einem Außenseiter stempeln würde. Dies sei nur das anschaulichste, weil prominenteste Beispiel. Und wie prächtig das funktioniere sehe man daran, dass selbst Renaissance, Aufklärung, Industrialisierung und Postmoderne ihr nichts anhaben konnten. Auf einen Zug aufzuspringen, eine tradierte Meinung, einen Konsens zu übernehmen sei natürlich angenehm leicht, aber auch gefährlich. Solange diese Mechanismen der kollektiven Meinungsbildung ohne individuelle Reflexion einen guten, oder sagen wir ungefährlichen Inhalt hätten, wie man es den schwärmerischen Vorstellungen religiöser Menschen zuschreiben könnte, seien sie nur ein Beispiel für Systeme innerhalb von Primatengesellschaften. Nähmen sie jedoch gefährliche Züge an, wie etwa nationalistische in Kriegszeiten, rassistische, extremistische, fundamentalistische, also absolute und ausschließende Meinungen, die andere als feindlich bewerteten, so sei ein Punkt erreicht, an dem es notwendig würde, jene Mechanismen zu entlarven oder gegen sich zu wenden. Wer in religiös geprägten Gesellschaften aufwachse, wachse also auch mit der Anlage auf, Ideologien blind zu übernehmen. Darin läge eine Gefahr aller Religionen. Religiosität sei vielleicht ein Grundbedürfnis des Menschen, in seiner organisierten unreflektierten Form jedoch gefährliches Vorbild und Ursache mentaler und wirklicher Mauern. Wer es gewohnt sei, völlig absurde Erzählungen von Schöpfungs-, Auferstehungs- und Heilungsgeschichten anzunehmen, weil es Autoritäten wie Eltern, Großeltern und Präsidenten auch täten, der frage nicht mehr groß nach, wenn es um scheinbar weniger tief greifende Probleme gehe, als die Entstehung der Welt oder das Seelenheil. Gehe es auch nur um Politik, Abschiebung, Umweltschutz, Steuerrecht, Terrorismus, gutes Handeln, schlechtes Handeln. Eine Konvention würde gesucht, gefunden und erhalten. Meinungsbildende Boulevardblätter hätten es da nicht nur leicht, sie hätten nahezu uneingeschränkte Macht. Die Gefahr einer Demokratie läge darin, dass sie jedem Bürger suggeriere, eine Meinung haben zu müssen, da er diese zumindest alle paar Jahre mal in Form eines Wahlzettels offenbaren müsse. Kaum jemand sei jedoch fähig sich Meinungen zu bilden. Das läge nicht am allgemeinen Bildungsniveau, sondern an der Struktur der Sache. Wie wolle sich ein Angestellter mit 30 Tagen Urlaub im Jahr, die er in Spanien verbringe, eine Meinung über die wirtschaftlichen Umstände Guatemalas oder die sozialen Konflikte im Nahen Osten bilden? Eine eigene Meinung? Gar nicht! Er sähe Fern oder lese Zeitung und würde die darin dargestellte Perspektive übernehmen. Im besten Fall lese er drei Zeitungen und würde sich eine Meinung über die Berichterstattung der Zeitungen machen können, nicht aber über die tatsächlichen Hintergründe des Berichteten. Nun sei das ja ein alter Hut würde man sagen. Richtig! Ich machte eine kurze Pause. Versicherte mich der Aufmerksamkeit meiner Zuhörer und fuhr fort, nichts habe sich geändert. Warum errichte man Mahnmale? Gegen das Vergessen! Dann würde es Zeit für ein Mahnmal gegen Religion, gegen Meinungen, gegen diese peinliche Parteinahme für Dinge von denen man nicht den Hauch einer Ahnung hat. Um ein tragfähiges Demos für eine Demokratie zu erhalten, gelte es ihm ein kritisches Bewusstsein zu ermöglichen und dazu müsse es zunächst durchschauen, welche seiner Überzeugungen tatsächlich einen Boden habe, auf dem er stehen wolle und könne