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Gefährliche Geistliche - Leserbrief gegen Bischof Mixa

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Gefährliche Geistliche - Leserbrief gegen Bischof Mixa

Autor: Swen Stein | Datum:
Es ist erschreckend, mit welcher Selbstverständlichkeit Walter Mixa in seiner Vision eines besseren Europas jene offenbar zu vernachlässigende Minderheit ignoriert, deren Weltbild, einschließlich ethischer Fundamente, ohne jede Religion funktioniert. Jene schweigsame Gruppe der Atheisten, Ungläubigen, Agnostiker oder wie auch immer man vernunftbegabte Menschen nennen mag, die Herr Mixa vielleicht lediglich als Dunkelziffer den subversiven Relativisten zurechnet. Es ist sicher schwer von der Hand zu weisen, dass die sogenannte abendländische Zivilisation an moralischer Orientierungslosigkeit krankt. Das sollte kaum verwundern, wenn man bedenkt, in welch einer historischen Unverhältnismäßigkeit die soziokulturellen Umstände des Westens sich im letzten Jahrhundert entwickelt haben. Es bedarf einer Periode des Beobachtens, des Lernens, der Reife um den neuen Herausforderungen auch moralisch integer begegnen zu können. Dass daran ein Relativismus und eine Absage an das Christentum schuld sein sollen, ist mehr als fragwürdig. Man möge mir einen Vergleich zur zeitgenössischen Entwicklung im Irak erlauben: Dass die Demokratisierung eines Landes, deren Bevölkerung mit jenen Werten nicht im Entferntesten vertraut ist, nicht von Heute auf Morgen durchzusetzen ist, lässt jedoch niemanden daran zweifeln, dass eine Demokratie im direkten Vergleich zum Vormaligen zumindest wünschenswert wäre.
Jene leeren Argumente, die europäische Kultur, die Menschenrechte, das Bildungssystem seien christlich geprägt, zeigen aufs deutlichste, wie sehr die Kirchen in reaktionären Denkmustern verstrickt sind, und wie wenig sie den Erfordernissen unserer Zeit genügen können. Sicherlich hat das Christentum unsere Kultur beeinflusst, wie es eben auch Kant, Kolumbus, Gutenberg und das Wetter getan haben. Wenn man soweit ist, dass man von einer „Bedrohung durch den Islam“ spricht, hat es etwas zynisches, wenn man vorschlägt, diesem ein erstarktes Christentum entgegenzustellen. Man ist versucht über Regen und Traufe zu schreiben. Da hilft es wenig zu behaupten, das christliche Menschenbild hätte keine humanere Alternative. Herr Giordanos Rede hätte wohl ebenso titeln können, nicht der Islam, die Religion sei das Problem. Nur macht das Christentum seinerzeit weniger Schwierigkeiten. Es wäre nicht nur schade, sondern gefährlich, würde man aufgrund einer angenommenen Bedrohung, zurück zu einer religiösen Weltsicht gelangen, die der Überzeugung vieler Menschen radikal entgegensteht. Jene Menschen, deren Handlungen ethischen Grundsätzen folgen, die keiner Metaphysik bedürfen und dennoch maximales Glück und Gleichberechtigung anstreben. Religiosität mag ein Urbedürfnis einiger Menschen sein und wird weiterhin einen Platz in der Mitte jeder Zivilisation haben. Aber um diskutable humanistische Grundsätze für eine moderne, globalisierte Welt zu entwickeln, bedarf es weit mehr.