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Veganismusforum:
Kalziumaufnahme/Knochendichte-Studie (samt Presselügen)

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Kalziumaufnahme/Knochendichte-Studie (samt Presselügen)

Autor: martin | Datum:
Es gibt (mal wieder) eine neue Studie, die die vegane Ernährung untersucht, diesmal in Hinblick auf die Aufnahme von Kalzium und die damit in Abhängigkeit stehende Knochendichte. Es war (mal wieder) eine Studie über buddhistische Nonnen, da sie, worauf auch hingewiesen wird, aufgrund ihrer religiösen Vorschriften sich von Geburt an "vegan" ernähren würden. (Wirklich vegan werden sie kaum sein, schon deshalb, da zum Veganismus eben mehr als nur die Ernährung gehört, aber man kann sicher erstmal akzeptieren, daß sie wahrscheinlich weniger Leichenteile und Tiermilch konsumieren als der Durchschnitt.)
In der offiziellen Presseerklärung heißt es einleitend und bereits mit Nennung des Gesamtergebnisses:
Zitat: A study comparing the bone health of 105 post-menopausal vegan Buddhist nuns and 105 non-vegetarian women, matched in every other physical respect, has produced a surprising result. Their bone density was identical.
Dieser letzte Satz wird noch deutlicher:
Zitat: Even vegans, who eat only plant-based foods, appear to have bones as healthy as everyone else. [...] In this work we showed that although the vegans studied do indeed have lower protein and calcium intakes, their bone density is virtually identical to that of people who eat a wide variety of foods, including animal protein. [...] veganism does not have adverse effect on bone mineral density and does not alter body composition.
Trotz niedrigerer Kalzium-Aufnahme haben diese "Veganer" also keinerlei Probleme.
"Westliche" Veganer wahrscheinlich sowieso nicht, da sie schon durch die diversen Kalzium-Zusätze (ins. in Sojamilch) und die sicherlich abwechslungsreiche Ernährung mehr Kalzium aufnehmen. Der zweite Grund, warum man die Studie kaum auf westliche Veganer übertragen kann, ist daß die Vitamin-D-Werte, die für die Aufnahme von Kalizum bedeutsam sind, nicht überprüft wurden. Wie der Forschungsleiter auch selbst sagt:
Zitat: They also note that the study did not measure Vitamin D levels (as important to healthy bone as calcium) and factors such as lifestyle and physical activity.
Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten, daß deutlich gesagt wird, daß, so wörtlich, "die Knochendichte" von Veganern und Nicht-Veganern, trotz niedrigerer Kalzium-Aufnahme, "annährend gleich stark" ist und daß aufgrund der Unterschiedlichkeit der veganen Ernährungsweise, westliche Veganer wahrscheinlich noch bessere Werte haben dürften. Was die Presse aus diesen Fakten macht, ist allerdings interessant: In der englischen Version der AFP-Pressemitteilung (AFP ist eine Presseagentur) wird auf einmal nicht mehr auf die Betonung der annährenden Gleichheit der Werte in der Knochendichte Wert gelegt, sondern auf den minimalen Unterschied:
Zitat: [Überschrift:] Vegetarian diet 'weakens bones' [...] [Text:] The issue was most pronounced in vegans, who excluded all animal products from their diet and whose bones were six percent weaker, Nguyen said.
Dennoch kommt man hier noch nicht ganz um die Wahrheit herum und zitiert immerhin:
Zitat: "The results suggest that vegetarian diets, particularly vegan diets, are associated with lower bone mineral density," Nguyen wrote in the study, which was published Thursday in the American Journal of Clinical Nutrition. "But the magnitude of the association is clinically insignificant," he added.
Das heißt, noch mal deutlich gesagt, daß es zwar so aussieht, als wäre Veganismus die Ursache für die (unwesentlich) geringere Knochendichte, aber das Korrelationsmaß sei nicht-signifikant (d.h., die Wahrscheinlichkeit, eine Abhängigkeit zwischen diesen beiden Faktoren (Veganismus und geringe Knochendichte) herzustellen, ist zu gering). In obigen Aussage des Forschungsleiters hieß es wörtlich: Veganismus führt zu keiner Beeinträchtigung der Knochendichte.
Was die deutsche AFP-Meldung daraus macht, ist deshalb äußerst bemerkenswert:
Zitat: [Untertitel:]Tierische Fette für Skelettaufbau nötig? [Titel:] Veganer mit schwachen Knochen [Text:] [...] Dabei fanden sie heraus, dass Veganer eine um sechs Prozent niedrigere Knochendichte haben als Fleischesser.
Wer hier also nicht stutzig wird, weil sechs Prozent eine kaum aussagekräftige Abweichung ist, könnte meinen, Veganismus sei schlecht für die Knochen. Kein Wort über die Art der Probanden (s. o.), kein Wort über die Aussagekraft des Unterschieds, kein Wort, daß die Studie eine Abhängigkeit nicht bewiesen hat usw. Hier und da etwas ausgespart und völlig absurde Überschriften hinzugedichtet, denn (wie ja bewiesen wurde) haben selbst diese Veganer eben keine schwachen Knochen. Und seit wann Fette die Knochen aufbauen (Kalzium ist ein Mineral), wüßte ich auch gerne.
Die verantwortliche Presseagentur preist sich auf ihrem Internet-Auftritt übrigens mit dem Kriterium "Unabhängig von Ideologie, Politik und Wirtschaft". Ob die antivegan-speziesistische Ideologie und die (ins. westliche) Politik, die die Tierausbeutungsindustrie mit Subventionen vollpumpt und Propaganda betreibt, dazu geführt haben, daß in diesem Beispiel, wie in tausend anderen (siehe die vielen verhungerten veganen Kinder), die Inhalte so unverzerrt und objektiv wiedergegeben wurden, läßt sich nur vermuten.

Nachtrag

Autor: martin | Datum:
Als Ergänzung sei noch gesagt, daß die zitierten Titel und Untertitel wahrscheinlich nicht von der AFP-Meldung selbst stammen, sondern von (in diesem Fall) der n-tv-Redaktion hinzugefügt wurden. Das relativiert die Sache für AFP ein wenig, insgesamt aber nicht, denn AFP hat dennoch wichtige Informationen unterschlagen und unwichtige verzerrt wiedergegeben. Außerdem ist AFP und n-tv genauso (analog) austauschbar wie taz und Bild - daß so einige Presseorgane systematisch Veganismus-Lügen verbreiten, ist nichts Neues.

Zum Unterschied buddhistische Nonnen mit veganismus-ähnlicher Ernährungsweise gegenüber westlichen Veganern: die Unvergleichbarkeit liegt, wie gesagt, in der Ernährungssituation. Nonnen sind im Kloster von Essensspenden der Gläubigen abhängig, die Versorgung ist also ungesichert, und darüber hinaus werden sie wahrscheinlich auch wenig essen (Askese/Enthaltung etc.). Es sollte nicht heißen, man könne sich dort nicht ordentlich vegan ernähren, sondern, daß sie aufgrund diversem religiösen Schwachsinn sich schlechter ernähren als sie könnten. Das gleiche andersherum: daß hier viele Veganer Kalzium als zugesetzte Stoffe aufnehmen, heißt auch nicht, daß das ihre einzige Quelle wäre. Ich habe es nur als wichtigen Unterschied genannt.

Ich habe außerdem die Veganität ihrer Ernährung angezweifelt. Wenn man dieser Seite über buddhistische Nonnen glaubt, dann sind die chinesischen "vegetarisch" und die tibetischen und japanischen nicht einmal das. Selbst wenn die chinesischen Nonnen, die für die Studie untersucht wurden, sich veganismus-ähnlich ernähren, zeigt das auch, wie unzuverlässig religiöse Spinner für ernährungstechnische Untersuchungen sind.
Zur Studie ist noch nachzutragen, das alle Probanden zwischen 50 und 85 Jahren waren. Das spricht nicht nur für das gute Ergebnis der Knochendichte (und bestätigt es nochmals), sondern auch gegen das schlechte Ergebnis der täglichen Aufnahme (wenn man annimmt, daß sich die Resorption im Alter verschlechtert) und relativiert es. Auch deshalb sind die Ergebnisse (ob vergleichbar oder nicht) wesentlich besser, als behauptet wird.
Nebenbei sei erwähnt, daß buddhistische Nonnen männlichen Mönchen untergeordnet sind, mehr Pflichten haben, keine volle Ordination bekommen und es wohl schwerer haben, reinkarniert zu werden. Allen, die den Buddhismus also ach so friedliche und gerechte Religion zu preisen gedenken, mögen sich also an die Vorstellung gewöhnen, daß er keinen Deut weniger frauenfeindlich ist als hier ansässigen Großsekten. Darüber hinaus sind Buddhisten zum größten Teil Leichenfresser und keine Vegetarier oder gar Veganer.

Und selbst wenn man die Ergebnisse übertragen würde, käme ein ausschließlich positives Ergebnis heraus. Trotz einer geringeren Kalzium-Aufnahme (ca. 370 mg/Tag) gegenüber dem empfohlenen Wert (1000 mg/Tag) ist die Knochendichte annährend gleich. Auch wenn die Studie für den Zusammenhang Veganismus und gering Kalziumaufnahme nicht signifikant ist, kann ein Zusammenhang zwischen Kalzium-Aufnahme und Knochendichte sicher angenommen werden, der hier besagt, daß man eben nicht 1000 mg am Tag braucht, um eine gute Knochendichte zu bekommen. Einigen scheinen diese Tageswerte zu suggerieren, daß man tot umfiele (an den Mangelerscheinungen gestorben..), würde man weniger aufnehmen. Gerne wird vergessen, daß man sehr lange unterhalb der Minimalwerte (die eben wesentlich tiefer liegen) bleiben muß, um überhaupt einen Mangel zu bekommen. Außerdem wird vergessen, daß "pro Tag" nur eine Umrechnung ist. Viele Stoffe können lange gespeichert werden (z.B. B12 nach älteren Angaben zwischen drei und dreißig Jahren), sodaß man tage- und tlw. wochenlange gar nichts aufzunehmen braucht, ohne daß irgendetwas Schlimmes passiert. Vielleicht hilft die Studie also immerhin, diese Dominanz der "täglich empfohlenen Zufuhr" ein wenig ins rechte Licht zu rücken.