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"Veganer" im Nachtcafé / Vessarion

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"Veganer" im Nachtcafé / Vessarion

Autor: Achim Stößer | Datum:
Hat jemand die Sendung http://maqi.de/tv/?id=17980 gesehen? Lohnt es sich, die anderthalbstunden anzuschauen?

Apropos, hat jemand Das gelobte Land gesehen? Was war denn mit den Spinnern, Ziegenmilch, Pferde, ich weiß es nicht mehr (müßte eigentlich im Forum stehen, ich habe aber nichts gefunden).

Das Wiesbadener Tageblatt schrieb dazu:
Zitat:
Reise ins sibirische Utopia

Wiesbadener Regisseur dreht Doku-Film über "Messias vom Ural"


Schuften fürs ökologisch-spirituelle Lebensgefühl.
Klamt
Vom 05.01.2007

Von

Peter Müller

WIESBADEN Am Ende kriegt der Zuschauer dann doch noch den in rotes Tuch gewandeten "Messias vom Ural" zu Gesicht. Er legt die Hände auf ein trockenes Brot, segnet es und entschwindet mit gütigem Blick in seine opulente Datscha. Die thront über der "Sonnenstadt" auf dem "Himmlischen Berg" Suchaja, im südlichen Sibirien nahe der mongolischen Grenze. Und hier, im "gelobten Land" nahe des Sees Tiberkul, spielen sich wunderliche Dinge ab: Beseelte Menschen aus aller Welt arbeiten sich durch den Taiga-Dschungel und erglimmen [Freuscher Vertipper? AS] betend den unwegsamen Gipfel, um in einem Gottesdienst ihren Heiligen anzubeten, der sich als Inkarnation von Jesus versteht. Sergej Torop, vor seinem Erweckungserlebnis anno 1991 noch Metallarbeiter und Verkehrspolizist, hat als Religionsgründer "Vessarion" hier in der "Kirche des letzten Testaments" die größte Selbstversorger-Landkommune des Globus versammelt.

Eine multikulturelle Veganer-Gemeinde mit rund 5 000, auf knapp 40 Dörfer verteilten Mitgliedern, die in der "Ökopolis Tiberkul" ein neues, ökologisch-spirituelles Lebensgefühl suchen. Industriegesellschaft, Kapitalismus und Luxus müssen hier draußen bleiben, was zählt, ist die Sehnsucht nach Harmonie, Frieden und menschlicher Wärme. Ohne das Teufelszeug Geld, ohne Strom, ohne Fleisch, aber - zu viel Entbehrung soll nun auch nicht sein - mit Billigung des Beispiel-gebenden Meisters gerne doch polygam.

Als sich der Wiesbadener Filmemacher Andrzej Klamt, aufmerksam geworden durch das Foto eines rituellen Wasserfestes, in dieses sibirische Utopia aufmachte, dachte er noch gar nicht an einen Dreh: "Es sollte eigentlich eine zweiwöchige Recherche-Reise werden, auf der ich dann auch ein ausführliches Drehbuch entwickelt habe - mit der Idee, eine Langzeit-Dokumentation statt einer eher statischen Momentaufnahme zu machen." Weil das über dem Stoff schwebende Etikett "Sekte" aber offenbar abschreckende Wirkung hatte, ging die Finanzierung eines Langfilms nicht zusammen.

Klamt aber ließ das Thema nicht los: "Ich habe dann kurzerhand aus meinen rund zehn Stunden Recherche-Material und einem Interview mit Vessarion einen Dreißigminüter zusammengeschnitten - wohl wissend, dass viele Fragen unbeantwortet, viele Hintergründe unangetastet bleiben würden." Trotz dieses Improvisationscharakters ist dabei ein spannendes Doku-Stück entstanden, das zuvorderst Appetit auf mehr macht und die ganze Ambivalenz der "Ökopolis Tiberkul" herausarbeitet: Hier völlig unterschiedliche "Aussteiger" aus Russland, Belgien, Deutschland oder Kuba und ihre tiefe Sehnsucht nach alternativem Leben - dort ideologischer Merkwürdigkeiten und die seltsame Mixtur aus unterschiedlichen religiösen Strömungen, Ökologie und einer asketischen Lebensphilosophie, in der sich Sibiriens Jesus als Retter aus tiefer kollektiver Verunsicherung verehren lässt. "Kostbar" sei deshalb auch das ausführliche Interview mit dem selbst ernannten Heilsbringer, der sich, so Klamt, erst nach ausführlicher Prüfung zu einer Audienz bereit erklärt hatte: "Sein wichtigster Jünger ist ein ehemaliger russischer Rockmusiker, der sich in der Medienszene bestens auskennt und uns in intensiven Vorgesprächen erst mal überprüft hatte." Die Gründe dafür kennt der Mann, der von seinen Anhängern totale Hingabe und Unterwerfung verlangt, wohl am besten.

http://www.wiesbadener-tagblatt.de/kultur/objekt.php3?artikel_id=2662822


Achim