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Tierrechtsforum:
Jonathan Safran Foer: ''Recht auf Leben klingt irgendwie merkwürdig.''

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Jonathan Safran Foer: ''Recht auf Leben klingt irgendwie merkwürdig.''

Autor: martin | Datum:
Jonathan Safran Foers Buch "Eating Animals", das morgen unter dem Titel "Tiere essen" auch in Deutschland erscheint, hat einige Chancen, den Peter-Singer-Effekt zu wiederholen. Singers Buch "Animal Liberation" wurde und wird bis heute mit der Zuschreibung als Tierrechtsliteratur gehandelt, obwohl Singer dort eindeutig nicht für Tierrechte eintritt, eindeutig nicht für Veganismus und nur halbherzig für Vegetarismus plädiert. Foer seinerseits ist noch weniger progressiv und sein Buch wird dennoch ähnlichermaßen als Plädoyer für Vegetarismus [!] durch das Internet gereicht. Dabei sind auch seine Aussagen völlig eindeutig: Tiere haben keine Rechte und etwas weniger "Fleisch"-Konsum ist ausreichend. Mit der zweiten Aussage dürften nicht einmal Vegetarier-Organisationen übereinstimmen - das interessiert sie, da sie etwas vom Medienrummel abhaben wollen, reichlich wenig.

Etliche Interviews wurden vorab mit Foer geführt und in vielen Artikeln gibt es Zitate aus dem Buch, sodass der Inhalt, auch ohne es gelesen zu haben, deutlich ist. Zu sagen hat er u.a.:


Über "Fleisch"-Konsum

Zitat: Wenn ich Vorträge halte, komme die Leute im Anschluss zu mir und erzählen, sie seien seit vier Tagen Vegetarier, seit sie mein Buch gelesen haben. Ich bin dann immer geneigt, zu sagen: Iss einmal in der Woche Fleisch. (vebu)


Zitat: Ein Freund von mir hat gesagt, ich würde ja gern mit dem Fleischessen aufhören, aber wenn meine Großmutter mich einlädt, gibt es immer Roastbeef, das esse ich so gern. Ich hab ihm gesagt: Dann iss das Roastbeef! Aber iss kein Fleisch mehr in Restaurants oder bei McDonald’s. Darauf antworten manche: Aber das ist doch scheinheilig. – Okay, dann sei eben scheinheilig! Das Ziel ist ja nicht, ethisch rein zu sein, sondern die Welt besser zu machen. (zeit)

Natürlich hat das Vermeiden von Tierausbeutungsprodukten nichts mit Reinheit zu tun und "die Welt besser zu machen", während man sogar hinter dem Minimum an möglicher Verbesserung zurückbleibt, ist gelinde gesagt eine eigenartiger Ratschlag.

Zitat: "Die Rhetorik des Vegetarismus ist wirklich überzogen und sehr ärgerlich", sagt Safran Foer. "Nehmen Sie T-Shirts, auf denen ,Fleisch ist Mord' steht - ich weiß nicht, ob das andere Menschen überzeugt oder ob es sich nicht nur für den gut anfühlt, der es trägt." Die Frage sei: "Was willst du mit deiner Botschaft erreichen?" (taz)

Immerhin ist er ehrlich: er weiß nicht, ob es funktioniert. Wenn er es wüsste, hätte es sich seine pseudorhetorische Frage sparen können.


Über Konsequenz

Zitat: Wir missverstehen radikalen Wandel und denken, das bedeute, dass ein Individuum sich komplett verändern muss. (taz)


Zitat: Ich verstehe, wenn jemand sagt, er liebe Fleisch, er könne nicht Vegetarier werden. Ich verstehe aber nicht, wenn jemand sagt, er könne nicht einmal die Woche weniger Fleisch essen. (taz)


Zitat: SPIEGEL ONLINE: Nach drei Jahren Recherche zum Thema "Massentierhaltung und Fleischproduktion" haben Sie sich entschieden, auf Fleisch zu verzichten. Fiel es Ihnen schwer?

Foer: Nein. Aber es ist eine sehr persönliche Entscheidung, und ich würde sie nicht von anderen verlangen. (spiegel)


Zitat: Als das Buch gerade erschienen war, habe ich zum ersten Mal mit ihr über das Thema gesprochen. "Glaubst Du, dass Tiere Schmerzen empfinden können?" habe ich sie gefragt, und sie sah mich an, als habe ich die dümmste Frage der Welt gestellt. Dann antwortete sie mir: "Natürlich tun sie das. Und was wir ihnen antun, ist wirklich schrecklich. Aber ich bin zu alt, um mich noch zu ändern." Dafür habe ich volles Verständnis. (spiegel)


Zitat: Ich würde jedenfalls niemandem zum Vorwurf machen, Würste zu essen, ich finde nur, man muss das nichts dauernd tun. (stern)


Zitat: Ich liebe Würste auch, ich esse sie nur nicht. Das heißt, in München habe ich einmal eine Ausnahme gemacht. Meine Frau, die auch Vegetarierin ist, ging auf den Viktualienmarkt, und als sie zurückkam, sagte sie, sie müsse mir etwas erzählen, sie habe doch eben tatsächlich eine Weißwurst gegessen. Sie habe nicht widerstehen können, so gut hätten die ausgesehen. Ich habe dann auch eine gegessen, und sie war wirklich unglaublich gut. Ich bin nicht die Sorte Vegetarier, die so tut, als vermisste man nichts. Das tut man. Aber - na und? Ich würde jedenfalls niemandem zum Vorwurf machen, Würste zu essen, ich finde nur, man muss das nicht dauernd tun. (faz)



Über die Rechte der Tiere

Zitat: Tierrecht ist eine Sache, die diskutiert werden kann. Ich bin überzeugt davon, dass meine Thesen in Eating Animals Thesen sind, auf die wir uns alle verständigen müssen. Wenn es jedoch darum geht, Tiere zu töten oder auch nicht, dann betreten wir weniger objektiven Boden. Dort müssen wir in unserem Unterbewusstsein nach Recht und Unrecht forschen. Ich habe meine eigenen Gefühle bei der Sache. (vebu)

Es erschrickt es wenig, wenn er in seinem Unterbewusstsein nach Recht und Unrecht forscht, statt sich an ethische Debatten, die naturwissenschaftlich und philosophisch fundiert sind, zu halten. Aber zum Glück leben wir nicht in einer Welt, wo es - wie er suggeriert - akzeptiert ist, dass Ethik Privatsache ist.

Zitat: Tiere töten ist nichts, bei dem man dabei sein möchte. Aber wenn wir mal von einem wirklich guten Bauernhof ausgehen, dann sprichst Du vom Recht des Tieres auf Leben, was irgendwie merkwürdig klingt. (vebu)


Zitat: Beim Fleischessen geht es auch nicht hauptsächlich um Leben und Tod, sondern um Quälen oder Nichtquälen. Ob wir es grundsätzlich in Ordnung finden, Fleisch zu essen, ist eine beinah hypothetische Frage angesichts der Tatsache, dass 99 Prozent unseres Fleisches aus Massentierhaltung stammen, in der die Tiere auf eine Weise dahinvegetieren, die viele von uns verwerflich finden. Wenn Sie mich also fragen, ob ich das Töten von Tieren falsch oder richtig finde, wüsste ich nicht mal genau, was antworten. (zeit)


Zitat: Diese Frage des Tötens ist kompliziert. Einmal besuchte ich eine Farm, eine Ausnahmefarm an der kalifornischen Küste. Die Kühe hatten so viel Platz, wie sie sich nur wünschen konnten, das beste Gras. Die Kälber bleiben dort bei ihren Müttern, sie können all das tun, was Kühe gerne tun. Sie werden so geschlachtet, dass sie der Tod in fast allen Fällen schmerzlos ereilt. Ist das schlimmer, als gar nicht erst geboren zu werden? Würden Sie ein solches Leben nicht dem Gar-nicht-erst-geboren-Werden vorziehen? Das sind sehr komplizierte Fragen. (zeit)

"Ist es nicht besser, wenn die Tiere eine kurze Zeit leben, als wenn sie gar nicht leben würden?" Die Antwort lautet natürlich nein. Die Nicht-Existenz verursacht kein Leiden im Gegensatz zum Geschlachtet-Werden.

Zitat: Es ist ein Plädoyer für den Vegetarismus, aber gleichzeitig auch ein Plädoyer für eine andere, klügere Tierhaltung und eine angemessene Art, Fleisch zu essen. (welt)

Damit ist es nicht einmal ein Plädoyer für Vegetarismus, denn "Fleischessen" und Vegetarismus funktioniert nicht parallel.

Zitat: Dem Mitleidsgebot – du darfst die dir verwandten Tiere überhaupt nicht töten, nur weil sie dir schmecken – weicht Foer aus. Er sei, schreibt er, »nicht allgemein dagegen, Tiere zu essen«. Das Glück der Tiere und die Qualität ihres Fleisches liegen ihm mehr am Herzen als ihr Recht auf Leben. Für ihn gibt es, was für mich undenkbar ist: »ethisch unbedenkliches Fleisch«. (zeit2)

So sieht Foers Glück der Tiere aus: das Glück, geschlachtet zu werden.


Über die Behandlung von Tieren

Zitat: Ich meine nicht, dass Tiere auf Leinen gebettet werden sollen. Die Frage ist: Behandeln wir sie als das, was sie sind, oder sind sie für uns eben nur Massenartikel, wie Steine oder Holzstücke. (main-netz)


Wer davon nichts wusste, sich aber wunderte, wieso ein "Plädoyer für Vegetarismus" so eine breite Medienresonanz erfährt, weiß es jetzt. Weil Foer unmissverständlich für Tierausbeutung eintritt. Ein bisschen weniger bitte, aber Rechte für Tiere kommen ihm nicht auf den Teller.


Quellen

stern: stern.de/kultur/buecher/jonathan-safran-foer-tiere-essen-us-schriftsteller-macht-vegetarier-leben-schmackhaft-1593413.html
vebu: vebu.de/menschen/interviews/464-qjonathan-du-hast-mein-leben-ruiniert
faz: faz.net/s/RubBE163169B4324E24BA92AAEB5BDEF0DA/Doc~EB9AD01EFB92E4DF8BA4943664954D784~ATpl~Ecommon~Scontent.html
zeit: zeit.de/2010/33/Vegetarismus-Interview
zeit2: zeit.de/2010/33/Vegetarismus-Essay?page=4
main-netz: main-netz.de/nachrichten/kultur/kultur/art4214,1314377
spiegel: spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,711543,00.html
welt: welt.de/die-welt/kultur/literatur/article8997710/Das-grosse-Weggucken.html
taz: taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ku&dig=2010/08/14/a0030&cHash=11befe6b60

Re: Jonathan Safran Foer:

Autor: Volkmar Marschall | Datum:
zum Buch "Tiere essen" von Jonathan Foer

Ich finde es sehr gut, dass die Problematik des Fleischkonsums und der ungeheuren Belastung der Erde durch die Treibhausgas-Emissionen, die durch die Massentierhaltung entstehen, auch in der Presse in Deutschland thematisiert wird. In einem Report der Vereinten Nationen heißt es, dass sich die "Viehhaltung als einer der zwei oder drei wichtigsten Verursacher unserer größten Umweltprobleme herausstellt". Bereits Albert Einstein erkannte im vorigen Jahrhundert, dass es Zeit sei, sich vom Konsum von Tieren zu verabschieden, denn "nichts wird die Chance auf ein Überleben auf der Erde so steigern, wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung", und Charles Darwin meinte, dass die „Tiere ebenso wie der Mensch Freude und Schmerz, Glück und Unglück empfinden."

Während renommierte Wissenschaftler und der Präsident des Umwelt­bundes­amtes sowie angesehene nationale und internationale Zeitungen (z.B. SZ vom 9./10. Januar 2010 "Nicht Fisch! Nicht Fleisch!" / Die ZEIT vom 12. August 2010 "Lasst das!" / The Times vom 27. Oktober 2009 „Give up meat to save the planet") die Bevölkerung ebenfalls dazu aufrufen, den Fleischkonsum aus den o. a. Gründen einzu­schränken, schweigen die Oberhirten als sogenannte „Bewahrer der Schöpfung“ zu diesem Thema beharrlich.

Im Gegenteil ist es äußerst „contraproduktiv“, wenn der Pontifex und die Bischöfe mit „Stolz“ noch gern Reklame für ihre Essgewohnheiten über “Bayerische Hausmannskost”, einen „saftigen Hahn“, „Gänsebraten“ oder einer „Jagdwurst“ machen (Bericht über Benedikt XVI. im Bayer. Fernsehen, Bischöfe Marx und Feige im Stern Nr. 52/2007 bzw. in der BR-Sendung "Gipfeltreffen"), anstatt ihren eigenen Lebensstil zu ändern und sich in ihren Sonntags­predigten für einen Verzicht auf den Fleischkonsum einzusetzen, um den CO-2-Ausstoß zu begrenzen! Erzbischof Marx meinte sogar in der BR-Sendung "Gipfeltreffen" vom 1. November 2009, dass das Schlachten zum Christentum dazu gehöre und so erinnere er sich "noch gut daran, wie zuhause geschlachtet wurde: 'Da durften wir immer den Eimer mit dem Blut umrühren".

Aus Rom ist auch kein Fortschritt und keine Einsicht zu erwarten, denn die Politik des Pontifex ist leider rückwärts gerichtet. In einem Gespräch mit dem Bund für Naturschutz meinte er noch 1978: “Was Sie mir über die Lage der Natur und über den Planeten und über die Zukunft der Menschen erzählt haben, das leuchtet alles ein. Nur – wir haben gerade erst den Galilei überwunden, und jetzt kommen Sie schon wieder mit etwas Neuem. So ließ uns der Kardinal zwar mit seinem Segen, aber im Regen stehen” (SZ vom 15. Juli 2009 im Gespräch mit Enoch zu Guttenberg).
Volkmar Marschall

Re: Jonathan Safran Foer:

Autor: Tobi | Datum:
Volkmar Marschall schrieb:
>
> zum Buch "Tiere essen" von Jonathan Foer
>
> Ich finde es sehr gut, dass die Problematik des
> Fleischkonsums und der ungeheuren Belastung der Erde durch
> die Treibhausgas-Emissionen, die durch die Massentierhaltung
> entstehen, auch in der Presse in Deutschland thematisiert
> wird.

Du findest das Buch also gut oder habe ich Dich mißverstanden? Hast Du denn den Beitrag von Martin, auf den Du antwortest, nicht gelesen?

> Aus Rom ist auch kein Fortschritt und keine Einsicht zu
> erwarten [...]

Wenig überraschend...


Tobi

Re: Jonathan Safran Foer:

Autor: martin | Datum:

> to save the planet") die Bevölkerung ebenfalls dazu aufrufen,
> den Fleischkonsum aus den o. a. Gründen einzu­schränken,

Was unzureichend und heuchlerisch ist...

> schweigen die Oberhirten als sogenannte „Bewahrer der
> Schöpfung“ zu diesem Thema beharrlich.

Wobei aus dem Fußvolk durchaus einige dabei sind, sich herauszureden, Begriffe zu verdrehen und ähnlich verhaltende Zugeständnisse zu machen.

Aber wie Tobi schon fragte: was hat das mit dem Ausgangsbeitrag zu tun?

Re: Jonathan Safran Foer:

Autor: Achim Stößer | Datum:
>Ich finde es sehr gut, dass die Problematik des Fleischkonsums

Warum hast Du den Beitrag, auf den Du antwortest, nicht gelesen?

>der Erde durch die Treibhausgas-Emissionen, die durch die
>Massentierhaltung entstehen, auch

Nein, durch Unveganismus. Dabei ist es irrelevant, in welchen Gruppengrößen die Tiere gefangengehalten werden.

>Fleischkonsum aus den o. a. Gründen einzu­schränken, schweigen
>die Oberhirten als sogenannte „Bewahrer der Schöpfung“ zu
>diesem Thema beharrlich.

Nein, tun sie nicht. Genauso gut könntest Du sagen, der Bauernverband schwiege dazu oder die Fleischerinnung.

Die mosaischen Religionen sind Hauptursache für Speziesismus, Tierausbeutung usw., siehe Fleisch, in dem noch Blut ist / Wie Juden und Moslems zu Nichtmenschen stehen, Wie Bibeln und Christen zu Nichtmenschen stehen / Teil 1: Furcht und Schrecken sei über allen Tieren, Teil 2: Unser tägliches Fleisch gib uns heute.

Irgendwie klingt, ohne Dir zu nahetreten zu wollen, was Du schreibst nach UL.

Achim

Re: Jonathan Safran Foer: ''Recht auf Leben klingt irgendwie merkwürdig.''

Autor: martin | Datum:
In einem neuen Interview wurde ihm wieder die Frage nach der fehlenden Konsequenz gestellt.
Zitat: Eier und Milchprodukte essen Sie aber nach wie vor. Milchkühe und Legehennen fristen in Fabriken aber durchaus kein besseres Dasein als ihre fleischliefernden Artgenossen.

Foer Es stimmt, dass für diese Tiere dasselbe Argument gilt. Praktisch gesehen ist es aber viel, viel schwieriger, auf Eier und Milchprodukte zu verzichten. Als Veganer zu leben kann extrem kompliziert sein.

(rp-online.de/gesundheit/news/Es-faellt-nicht-leicht-kein-Fleisch-zu-essen_aid_905341.html)

Die Antwort kurz gefasst: Ja, aber es ist mir zu umständlich. Daher sollten sich einige Personen überlegen, ob sie ihn wirklich weiterhin als positives Vorbild herumreichen sollten.