Hallo Tatltanja!
Kann nur aus persönlicher Erfahrung berichten. Aber vermutlich würde ich es wieder (zu einem gewissen Teil) so machen bzw. auf mich zukommen lassen.
Zum einen leben mein Hund und ich vom ersten Tag an zusammen (mein Freund kam erst ca. Jahre später dazu). MOKWAI wurde im Wald in einer Holzhütte geboren, wir waren damals - hm - sagen wir mal mit in die autonome bzw. Berber-Szene Heidelbergs integriert. Die ersten Wochen konnten sich die "Frischlinge" also auf einem Grundstück im Wald austoben. Wie die Indianer in der freien Natur - das war sicher ein sehr schöner Anfang für ein junges Leben.
MOKWAI gehört - laut Homöopathie für Hunde - wohl zum Typus Phosphorus: er lernt schnell, vergisst aber schnell wieder. Ich fand diesen Typus unter all den anderen schon immer am sympathischsten :-) Da ich damals wie gesagt recht autonom war und zum Teil Dinge getan/konsumiert habe, die man dann doch nicht tun/nehmen sollte, war meine "Hunderziehung" nicht sehr konsequent. Das hatte unter anderem zur Folge, dass klein Mokwai gerne mal alleine losgezogen ist, um an bekannten Plätzen seine Hundeverwandtschaft zu besuchen oder zwar in Rufweite geblieben, nicht aber auf mein Rufen hin gekommen ist, wenn er nicht wollte. Als Jungspund war er ein kleiner Drecksack ;-)
Nichtsdestotrotz hat sich das alles mit den Jahren gelegt. Wir sind uns immer vertrauter geworden, zudem hatte ich das Glück, ihn zu bisher allen Arbeitsstellen mitnehmen zu dürfen, so dass er auch mit vielen Menschen Kontakt hatte. Auch ich habe mit den Jahren gelernt, wie ich mit ihm umzugehen habe, denn kein Hund ist wie der andere. Ich weiß nur, dass er DAS Hundewesen ist, das genau zu mir passt. Das einzig einschneidende Erlebnis war seine Kastration, zu der ich mich vor ca. 6 Jahren entschieden habe. Je älter er wurde, umso schlimmer wurde es, wenn er eine läufige Hündin gerochen hat. Und demgemäß ist er auch regelmäßig abgehauen. Nicht gerade lustig, wenn man mitten im Wald steht und der Hund einen auf einmal alleine lässt. Zudem hatten die Jäger in Heidelberg das Recht, einen Hund zu erschießen, wenn sie ihn ohne Halter sehen (und sei es nur eine geringe Distanz - Lust am Töten eben). Und dann natürlich noch die geistig Minderbemittelten, die in einer 30er Zone zu schnell fahren. Da ich lieber einen kastrierten Hund als einen erschossenen oder überfahrenen haben wollte, war die Kastration ein logischer Schritt. Zudem hat er durch die ständige Erregung irgendwann eine Prostata-Entzüdnung bekommen.
Jetzt ist der Dicke 11 1/2 (seit 9 Monaten Veganer) Jahre alt und ich hoffe inständig, dass wir noch einige gemeinsame Jahre vor uns haben. Meine Erfahrung ist jedenfalls die:
Dem Hund bei wichtigen Dingen zeigen, was er nicht tun darf, weil es eine Gefahr für ihn sein kann. Aber ihm auch mal in harmlosen Situationen seinen Willen lassen. Wenn er Unsinn machen will, sich im Dreck wälzen oder einfach mal aus Übermut bellen oder jaulen will - warum nicht (ich habe irgendwann festgestellt, dass er das ungemein toll findet, wenn Mensch mit ihm jault, nach einigen Minuten wird das zwar anstrengend, macht aber Mordslaune!). Wir hatten nie das Problem, dass er Dinge zerbeißt. Auch ist er nie an Töpfe gegangen, wenn sie am Boden standen und man ihm gesagt hat, dass das "AUS" ist - ich lümmle gerne auf dem Boden herum, das nur, falls Fragen kommen, warum so was auf dem Boden steht ;-) Er hat nie ein Kind gebissen, wobei ich finde, das Eltern ihren Kindern sehr früh zeigen müssten, dass man sich einem nichtmenschlichen Lebewesen mit Ruhe und Respekt nähert. Wenn ein Kind auf ihn zurennt und schreit, halte ich ihn natürlich auch fest, weil mensch dem Tier ja gerne das Recht auf Erschrecken oder einfach Wehren entsagt...
Ein absolut selbstbewusster Hund, durch den auch ich reifen konnte. Alleine schon die eigene Ruhe, die man hat, wenn der Hund ohne Leine auf andere zulaufen kann und eben (in der Regel) NICHTS passiert, wenn man nicht nervös oder hektisch wird. Gelassenheit in Situationen, das Erkennen, dass man ihm vertrauen kann, selbst wenn ein anderer Hund noch so klein ist. Anfangs habe ich durch ständiges Festhalten oder Nervosität nur erreicht, dass er aggressiver reagiert hat als ohne Leine. Außerdem haben wir nie aufgehört, mit ihm herumzualbern. Er hat noch so ein kindliches Gemüt, man sieht, wenn er lacht. Wenn wir nach Hause kommen, packt er seine Riesenkordel, jault uns an und freut sich so unsagbar ehrlich. Das Wunder, die Mimik zu erkennen, denn auch er musste ja lernen, dass es gut ist, wenn wir die Zähne zeigen (beim Lachen). Natürlich wird er auch mal angebrüllt, aber da halte ich es so wie mit meinem Freund: wenn sie mir beide auf den Keks gehen, fallen mal lautere und derbere Worte. Allerdings bin ich schon blöde angekuckt worden, wenn ich Mokwai "Du Sohn einer Hündin" genannt habe. Also bitte - WAS ist DARAN schlimm oder unwahr??? Tsss...
Ach, ich könnte mich in endlosen Liebestiraden für ihn auslassen. Er ist das einzige Wesen, bei dem ich Dinge entschuldige, die bei einem Menschen nicht so leicht nachzusehen wären. Von daher glaube ich, dass es nicht falsch ist, KEINE Hundeschule zu besuchen oder nur wenige "Kommandos" wie PLATZ oder STRAßE oder das beruhigende "WIR SIND GLEICH WIEDER DA" beizubringen. Je mehr er seine eigene Persönlichkeit behält, umso glücklicher ist er wohl auch.
Ich glaube, wenn mehr Menschen ihr Leben mit einem Hund teilen würden, wären viele nicht so bösartig. Wenn ich von meinem Bürofenster aus einen wackelnden Hundepopo im Park sehe, habe ich sofort bessere Laune. Nun, jeder Memsch findet sich wohl in einem ihm mehr verwandten Tierkörper wider. Katzen scheinen auch nur zu einem gewissen Menschentyp zu passen. Aber mir gefällt es, mit dem Charakter eines Hundes am besten. Und schon während ich das schreibe und ihn neben mir liegen sehe, weiß ich, dass wir durch ihn die reichsten Menschen der Welt sind, denn nur wir haben unseren - diesen - Mokwai; unersetzbar und unendlich geliebt.
Viel Spaß und glückliche Tage für Dich und das Hundekind!
Sabrina