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Tierrechtsforum:
Tookie Williams

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 15

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Tookie Williams

Autor: Tanja | Datum:
Daß sich über die Frage, ob man jemanden umbringen darf, auch wenn es eine "Strafe" sein soll, nicht diskutieren läßt, sollte klar sein. Die Todesstrafe ist genauso abzulehnen wie jede andere Form von Mord. Aber am Beispiel dieses Mannes wird nur allzugut deutlich, daß es nie und nimmer eine Rechtfertigung für Hinrichtungen geben kann. Und vielleicht kapieren das ja nun auch einige derjenigen, die bisher anders (oder gar nicht?) dachten.
Zur Info für diejenigen, die in den letzten Tagen keine Nachrichten gesehen, Zeitung gelesen oder sich sonst irgendwie informiert haben, hier der link zu einem Stern-Artikel: http://www.stern.de/unterhaltung/buecher/551379.html?nv=nl_cp_L1_rt.
Da wird also ein Mann wegen vierfachen Mordes verurteilt, in einem (wenn man den Informationen Glauben schenken kann) reinen Indizienprozeß. Er streitet bis zuletzt die Morde ab, leugnet aber niemals seine kriminelle Vergangenheit und andere Gewalttaten, die er eigenen Aussagen zufolge tatsächlich begangen hat. Und mit diesen setzt er sich offensichtlich auseinander, bereut sie, schreibt Bücher, wird mehrfach für den Friedens- und den Literaturnobelpreis nominiert. Solche Anstrengungen wären für ein einfaches (?) Gnadengesuch sicher nicht notwendig gewesen, zumal der "Lohn" für all die Mühe niemals die Freiheit sondern ein Leben hinter Gittern, also nichts anderes als die letzten 24 Jahre, nämlich das Warten auf den Tod, gewesen wäre.
Da ist also ein Mann, der, gelinde ausgedrückt, sicher sehr viel Scheiße gebaut hat in seinem Leben. Aber er bereut nicht nur sondern wird aktiv. Versucht, zumindest ansatzweise vielleicht etwas wiedergutzumachen. Nein, ich will ihn sicher nicht zu einer Art "Heiligen" machen ;-/, bei einem Interview in 2001 scheint er sich immer noch auch ein Stück als Opfer zu sehen (inwiefern das so ist, kann ich, die ich niemals in einer ähnlichen Situation war wie er als Jugendlicher, schlecht beurteilen); aber Tookie Williams zeigt, wie absurd diese Art der "Strafe" ist: er bereut und versucht, anderen zu helfen, nicht dasselbe zu tun wie er, trägt also mit zur Prävention von Gewaltverbrechen bei (wird dafür übrigens noch von George W. Bush ausgezeichnet...). Doch offenbar sind die persönlichen Interessen eines Gouverneurs (Arnold Schwarzenegger möchte nächstes Jahr wiedergewählt werden und ein Großteil seiner potentiellen Wähler ist für die Todesstrafe) und der Drang nach "Vergeltung" größer als jede Form des Mitgefühls oder zumindest der Vernunft.
Hier frage ich mich mal wieder, wie Tierrechte in einer Gesellschaft wie dieser, die sich nicht mal den simpelsten ethischen Fragen stellen kann, verwirklicht werden sollen.

Tanja

Gouverneure sind Mörder

Autor: Achim Stößer | Datum:
Nein, nicht im juristischen Sinn, sondern so wie Soldaten, Jäger, Vegetarier Mörder sind.

Wenn jemand einen Rettungsring in der Hand hält und seelenruhig zusieht, wie jemand ertrinkt (oder, wie in diesem Fall, problemlos verhindern könnte, daß jemand mit Gift ermordet wird, es aber nicht tut) dann ist er ein Mörder.

Ob er nun Gouvernator ist oder fiktiver allmächtiger Gott, der ja bekanntlich ständig Menschen und andere Tiere sterben läßt, die er dank Omnipotenz retten könnte, um - so die Ausrede - den "freien Willen" (von Erdbeben? Tsunamis?) nicht zu gefährden.

Wobei das ja offenbar nicht der erste war, den Schwarzenegger als Gouverneur umgebracht hat.

Achim

Re: Gouverneure sind Mörder

Autor: Tanja | Datum:
Allerdings gibt es sicher (hoffentlich?!) auch Gouverneure, die anders entschieden hätten. Während also Jäger, Vegetarier, Soldaten etc. immer zumindest potentielle Mörder sind, ist ein Gouverneur das nicht automatisch.

Tanja

Re: Gouverneure sind Mörder

Autor: Achim Stößer | Datum:
Im Prinzip ja, allerdings bezweifle ich stark, daß bislang in den USA ein hinreichend vehementer Gegner der Todesstrafe Gouverneur wurde.

Achim

der Vollstaendigkeit halber...

Autor: Kris | Datum:
...es gibt tatsaechlich auch Bundesstaaten ohne Todesstrafe. Aber da gibt es auch Gouverneure.

Re: Tookie Williams

Autor: Manuel | Datum:
Ist zwar Klischee - aber vielleicht haben Arni die vielen brutalen Rollen nicht gut getan. Wenn man bedenkt wieviele Actionstreifen er gedreht hat... (Und in den meisten geht es ja um den Rachegedanken, typisch Hollywood-Action eben.)
Vielleicht ist ihm das Hirn aufgeweicht und er hat die Rollen etwas zu sehr verinnerlicht...
...vielleicht zieht er ja die Minigun, wenn er nicht wiedergewählt wird.

Re: Tookie Williams

Autor: Thomas | Datum:
Hallo,

ich denke, das Problem hat weder mit Arni, noch mit den USA zu tun. Die "Rübeab-Mentalität" haben "die Deutschen" genauso. Würde es einen Volksentscheid geben, würde hier auch die Todesstrafe eingeführt. Davon bin ich überzeugt.

Rache ist auch hierzulande den meisten wichtiger als Gerechtigkeit.

Viele Grüße
Thomas

Wirkung von Todesstrafen, death penalty

Autor: THfkaV | Datum:
Thomas schrieb:

> ich denke, das Problem hat weder mit Arni, noch mit den USA
> zu tun. Die "Rübeab-Mentalität" haben "die Deutschen"
> genauso. Würde es einen Volksentscheid geben, würde hier auch
> die Todesstrafe eingeführt. Davon bin ich überzeugt.
>
> Rache ist auch hierzulande den meisten wichtiger als
> Gerechtigkeit.

Ich denke, dass die populäre Befürwortung der Todesstrafe (hierzulande) weniger mit Rachegedanken verknüpft ist, sondern mehr mit der irrsinnigen Meinung, dass
a) [Todes]strafe präventiv wirkt
b) Todesstrafe die Ursachen für Mord (und andere ähnlich geahndete Verbrechen) beseitigt

Dazu ein Auszug aus dem amnesty international FAQ "Argumente gegen die Todesstrafe":
Zitat: (...)
"Die Todesstrafe ist abschreckender als jede andere Strafe"

Richtig ist:
Wissenschaftliche Untersuchungen haben keinen Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung erbringen können. Abschreckend wirken könnte die Todesstrafe allenfalls bei im voraus geplanten Verbrechen, doch die meisten Morde geschehen im Affekt, also unüberlegt. Die wenigen VerbrecherInnen, die einen Mord kaltblütig planen, gehen davon aus, dass sie nicht erwischt werden. Die beste Abschreckung für sie wäre daher eine hohe Aufklärungsquote.

"Nur die Todesstrafe schützt vor WiederholungstäterInnen"

Richtig ist:
Die Rückfallquote nach langjährigen Haftstrafen ist niedriger als die Quote der Justizirrtümer.

"Wenn die Todesstrafe abgeschafft wird, steigt die Kriminalitätsrate"

Richtig ist:
Zuverlässige Statistiken dokumentieren genau das Gegenteil: In Kanada sank die Mordrate, in den USA stagniert sie in den Bundesstaaten mit Todesstrafe auf höherem Niveau als in jenen, die sie abgeschafft haben.

(...)

"Die Bevölkerungsmehrheit ist für die Todesstrafe"

Bei allem Respekt für die Demokratie: Die Menschenrechte können auch durch eine Mehrheitsentscheidung nicht angetastet werden. So kennt jedes demokratische System auch Ausnahmeregelungen für Minderheiten, um diese vor der Überstimmung durch die Mehrheit zu schützen.

Abgesehen davon: Man fragt auch nicht die Bevölkerung, ob sie Steuern zahlen will, obwohl die Mehrheit ganz sicher dagegen ist.

(...)

"Der Wunsch nach der Todesstrafe ist menschlich verständlich - was würden denn Sie tun, wenn jemand Ihr Kind umbringt?"

Richtig ist:
Es ist vielleicht menschlich verständlich, wenn jemand, dessen Kind gerade ermordet wurde, im Affekt Rache üben möchte. Aber bei der Todesstrafe geht es eben NICHT um eine Affekthandlung einer emotional extrem belasteten Einzelperson, sondern um das nüchterne, planvolle Vorgehen eines Staates, der für sich in Anspruch nimmt, objektiver Hüter über Recht und Gerechtigkeit zu sein.

Ein Staat, der statt dessen selbst zum Rächer wird, verliert nicht nur seine Autorität, sondern ist auch in höchstem Maße gefährlich.

Bleibt zuletzt noch die Frage:

Wenn es so klare Argumente gegen die Todesstrafe gibt, warum wird sie dann noch immer so häufig angewendet?

Die meisten Hinrichtungen werden nicht wegen Gewaltverbrechen, sondern aus politischen Gründen vollstreckt. Die Todesstrafe macht es staatlichen Machthabern leicht, sich missliebiger Personen zu entledigen. Zumal in einer Reihe von Ländern die mit der Todesstrafe bedrohten Taten vom Mord bis zum Ehebruch, vom Plakate-Abreißen bis zur Herabwürdigung religiöser Lehren reichen.

Die Todesstrafe ist für Regierungen auch ein billiges Mittel so zu tun, als unternehme sie etwas gegen die Kriminalität. Reformen durchzusetzen, die die Ursachen der Kriminalität bekämpfen, würden größerer Anstrengungen bedürfen.

Re: Wirkung von Todesstrafen, death penalty

Autor: Thomas | Datum:
THfkaV schrieb:
>
> Thomas schrieb:
>
> > ich denke, das Problem hat weder mit Arni, noch mit den USA
> > zu tun. Die "Rübeab-Mentalität" haben "die Deutschen"
> > genauso. Würde es einen Volksentscheid geben, würde hier auch
> > die Todesstrafe eingeführt. Davon bin ich überzeugt.
> >
> > Rache ist auch hierzulande den meisten wichtiger als
> > Gerechtigkeit.
>
> Ich denke, dass die populäre Befürwortung der Todesstrafe
> (hierzulande) weniger mit Rachegedanken verknüpft ist,
> sondern mehr mit der irrsinnigen Meinung, dass
> a) [Todes]strafe präventiv wirkt
> b) Todesstrafe die Ursachen für Mord (und andere ähnlich
> geahndete Verbrechen) beseitigt

ich bin anderer Meinung.

Was Du geschrieben hast, sagen sie als Rechtfertigung, weil es gut klingt und sie es deshalb schon selbst glauben können, um sich gut zu fühlen aber eigentlich geht es ihnen um simple Rache.

Diskutiert man mit einem Anhänger der Todesstrafe etwas länger und wiederlegt seine Scheinargumente kommt nach mehr oder weniger phantasievollen Rechtfertigungen wie oben genannt (die dann oft auch noch sehr agressiv und laut vorgetragen werden) jedesmal aus seinem Mund die eigentliche wahre Motivation:

Sinngemäß "er hat es nicht anders verdient".

Probiers mal aus. Klappt jedes Mal ;-/

Ähnlich wie ein Nichtveganer am Ende einer Argumentationskette bei seinem entlarvendem "mir schmeckts halt" hängen bleibt.

Viele Grüße
Thomas

Re: Wirkung von Todesstrafen, death penalty

Autor: THfkaV | Datum:
Thomas schrieb:

> Was Du geschrieben hast, sagen sie als Rechtfertigung, weil
> es gut klingt und sie es deshalb schon selbst glauben können,
> um sich gut zu fühlen aber eigentlich geht es ihnen um simple
> Rache.

Hm, vielleicht hast du recht, aber

> Anhänger der Todesstrafe
> (...)
> jedesmal aus seinem Mund die eigentliche
> wahre Motivation:
>
> Sinngemäß "er hat es nicht anders verdient".

vielleicht ist Letztes auch bloß ein unreflektierender Vorwand dafür, dass die Leute selbst schiss vor "diesen Verbrechern" haben und sich (und potentielle Erbgutträger) egoistisch motiviert durch die Exekution "Schwerkrimineller" schützen wollen [siehe dazu wieder Punkt a) und b) in meinem ersten post]. Vielleicht verwechselt man in dem Zusammenhang schnell die Folgen von Rachegefühlen und unkompensierter Angst?

> Probiers mal aus. Klappt jedes Mal ;-/

Gerne. Aber wo bekomme ich jetzt auf die Schnelle einen Befürworter der Todesstrafe her? Achja, es gibt ja noch genug andere Foren im Netz. ;-)

Re: Wirkung von Todesstrafen, death penalty

Autor: Achim Stößer | Datum:
> > > Rache ist auch hierzulande den meisten wichtiger als
> > > Gerechtigkeit.
> >
> > Ich denke, dass die populäre Befürwortung der Todesstrafe
> > (hierzulande) weniger mit Rachegedanken verknüpft ist,
> > sondern mehr mit der irrsinnigen Meinung, dass
> > a) [Todes]strafe präventiv wirkt
> > b) Todesstrafe die Ursachen für Mord (und andere ähnlich
> > geahndete Verbrechen) beseitigt
>
> ich bin anderer Meinung.
>
> Was Du geschrieben hast, sagen sie als Rechtfertigung, weil
> es gut klingt und sie es deshalb schon selbst glauben können,
> um sich gut zu fühlen aber eigentlich geht es ihnen um simple
> Rache.

Vermutlich ist das nicht monokausal zu sehen. "Rache", das biblische "Auge um Auge" dürfte aber schon eine gewichtige Rolle spielen, schließlich leben wir hier in einer von "christlichen Grundwerten" geprägten Gesellschaft, in denen Kindern ein blutdürstiger Rachegott als "lieb" eingeimpft wird.

Wobei das in den USA halt noch deutlicher ist:

USA: Todesstrafe in vielen Staaten praktiziert
D: De facto (wenn auch nicht überall de jure) abgeschafft

USA: 50% Kreationisten
D: 20% Kreationisten

USA: Präsident Kreationist
D: Untere CDU-Chargen Kreationisten

Achim

Re: Wirkung von Todesstrafen, death penalty

Autor: Thomas | Datum:
Hallo,

in der FAQ fehlt übrigens das häufig von Beführwortern der Todesstrafe hervorgewürgte "Argument" der Kosten.

Viele Grüße
Thomas

Todesstrafe mit Ekelfaktor

Autor: Tanja | Datum:
Habe ich kürzlich in der Fernsehzeitung gelesen (kursierte ja aber vorher schon, wenn ich mich recht erinnere): die Leichen hingerichteter Chinesen werden u.a. in Cremes verarbeitet (ihre Haut oder so), man schlägt also noch Kapital aus ihnen (klar, so eine Hinrichtung ist sicher auch nicht billig...). Aber natürlich ist das einfach nur eklig, daß sich Cremes auf dem Markt befinden, die menschliche Hautbestandteile enthalten. Daß an der Ermordung dieser Menschen was nicht ok sein könnte, wird mit keinem Wort erwähnt...

Tanja