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Tierrechtsforum:
Falschen Einstieg vermeiden?

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 6

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Falschen Einstieg vermeiden?

Autor: Urs | Datum:
Wenn ich zurückdenke, mit welchen Schriften und Ratschlägen ich in die "Tierrechtsbewegung" gekommen bin, dann schaudert es mich und ich bin sehr beunruhigt darüber.

Die ersten Texte, dich ich las, waren Kaplan Texte, die einem zwar in viele Problematiken einführen, aber ja offensichtlich durch falsche Vegetarismusforderungen überhaupt nicht Tierrechtskonform ist. Kein Wunder sah ich zu diesem Zeitpunkt alle ca. 3 % der vegetarisch lebenden Menschen in der Schweiz als meine geistigen Verwandten. Nun, da Kaplan sich so gut wie in allen Texten um die Tötungsfrage windet, wurde mir Singers Animal Liberation empfohlen. Und auch heute noch wird in Foren den Neuen Singers Werk als Pflichtlektüre empfohlen.

Eine Katastrophe sondergleichen. Man will sich in die Tierrechte einlesen und man bekommt anti-tierrechtlerische Ansichten vorgesetzt, die einen unweigerlich zu etwas völlig falschen "formen". So argumentierte ich auch bei ersten Diskussionen mit Singer und dem Utilitarismus und richtete mehr Schaden damit an als Aufklärung.
Erst nach Monaten(!) kam ich irgendwie auf Gary Francione und den abolitionistischen Ansatz und verstand auch endlich die Tierrechtsinitianive Maqi. Vorher war ich genau die Art von reformistischen Tierschutz"rechtler", die ich heute überhaupt nicht mehr verstehe und schon gar nicht tierrechtlerisch sind. Genau die Leute, die eine Einigkeit zwischen Vegetariern und Veganern, Tierschützern und Tierrechtlern fordern, die nur noch einheitlichere Wischi-Waschi Forderung nach sich ziehen und den wenigen wahren Tierrechtlern die Glaubhaftigkeit nehmen würde.

Malcolm X sagte mal, dass es nur eine Einigkeit der Völker geben kann, wenn die Afro-amerikanische Bewegung sich erstmal einig ist. Abgesehen von Malcolm X Ansichten, hat er dennoch recht, dass eine Befreiungsbewegung nur einig Erfolg haben kann.

Jedoch bekommt fast jeder Neue in der Tierrechtsbewegung mit, dass die Forderung nach Veganismus kontra-produktiv ist und dass eine Einigkeit mit Vegetariern für einen Erfolg notwendig ist.
Wer Veganismus fordert, wird runtergeputzt und als Fanatiker abgestempelt.

An diesem Platz einmal meinen Respekt vor Maqi, die diese Problematik schon seit Jahren erfasst hat und zu den einzigen gehört, die die vegane Einigkeit für eine Tierrechtsbewegung fördert.

Ich frage euch, ob man überhaupt etwas gegen einen falschen Einstieg in die sog. "Bewegung" machen kann oder man nur darauf vertrauen kann, dass der Abolitionismus zukünftig grösseren Einfluss nehmen wird (wovon ich fest überzeugt bin) und die betroffenen Neulinge selber dazu finden?

Hätte eine Homepage, die über Singers Positionen aufklärt, einen Sinn?

Re: Falschen Einstieg vermeiden?

Autor: martin | Datum:
Urs schrieb:
>
> Wenn ich zurückdenke, mit welchen Schriften und Ratschlägen
> ich in die "Tierrechtsbewegung" gekommen bin, dann schaudert
> es mich und ich bin sehr beunruhigt darüber.

Nicht nur du. Wenn man sich die Literaturempfehlungen an den exponierten Stellen ansieht, kommt immer der gleiche Unsinn: Kaplan, Singer, Regan, Wolf, Salt - nicht einer ist antispeziesistisch und nicht einer vegan. (Aber wieso auch? Gegen Rassismus zu sein und Sklaven zu halten ist sicher auch nur eine Detailfrage.)

> sich so gut wie in allen Texten um die Tötungsfrage windet,
> wurde mir Singers Animal Liberation empfohlen. Und auch heute
> noch wird in Foren den Neuen Singers Werk als Pflichtlektüre
> empfohlen.

Wahrscheinlich gefällt es den Pseudos besonders, sich auf jemanden berufen zu können, der es auch nicht "so genau nimmt" (analog zu Kaplan). Oder sie haben es schlichtweg nicht gelesen, denn es steht schwarz auf weiß drin: "Ersetzen Sie Eier aus Legebatterien durch Eier aus Freilandhaltung" (S. 285). Genauso steht bei Regan mehr als deutlich, daß er einen Großteil der Tiere aus der "moralischen Gemeinschaft" ausschließt (genannt werden Frösche), bei Wolf das gleiche (genannt werden Fische; abgesehen von "Und Eier lassen sich, wie es zum Teil geschieht, auch mit tierfreundlichen Methoden produzieren.", 1. Kap.) und Salt hat nichts gegen "Wolle" (u.a.).
Du hast definitiv recht, daß es ein großes Problem für Einsteiger ist. Wenn sie solche Dinge lesen sollen und dann übelster Speziesismus drinsteht, denken sicher nicht wenige, es sei wahrscheinlich in Ordnung.

> Malcolm X sagte mal, dass es nur eine Einigkeit der Völker
> geben kann, wenn die Afro-amerikanische Bewegung sich erstmal
> einig ist. Abgesehen von Malcolm X Ansichten, hat er dennoch
> recht, dass eine Befreiungsbewegung nur einig Erfolg haben
> kann.

Ja und nein. Natürlich sollten alle, die konsequent für Tierrechte und Veganismus eintreten, eine Bewegung bilden. Allerdings tun sie das ja bereits dadurch, daß sie diese gemeinsame Grundausrichtung haben (und alle, die sie nicht haben, gehören logischerweise nicht zu dieser Bewegung).
Das Problem ist eher, daß sich eine Unzahl von Pseudos sich unrechtmäßig mit diesen Begriffen etikettiert und man nicht versuchen sollte, solche Leute nur wegen dieser Falschetikettierung irgendwie mit einzubinden. Erfolg entsteht nur, wenn sich die richtige Methode durchsetzt und das ist offensichtlich der Abolitionismus, da der "Tierschutz" mehr als deutlich seine Wirkungslosigkeit, Verschleppung des Problems und v.a. Kontraproduktivität bewiesen hat. Erfolg wird deshalb auch durch den Kampf gegen den Tierschutz bedingt und nicht durch die Toleranz desselben.

> Ich frage euch, ob man überhaupt etwas gegen einen falschen
> Einstieg in die sog. "Bewegung" machen kann oder man nur
> darauf vertrauen kann, dass der Abolitionismus zukünftig
> grösseren Einfluss nehmen wird (wovon ich fest überzeugt bin)
> und die betroffenen Neulinge selber dazu finden?

Was man immer machen kann und sollte: richtig informieren. Und dabei nicht davor zurückschrecken, die Dinge konsequent beim Namen zu nennen (was scheinbar ein großes Problem für viele Leute ist), anstatt es aus falscher Furcht auf "Uneinheitlichkeit der Bewegung" oder vermeintlicher Unfreundlichkeit nicht zu tun - Vegetarier sind Mörder, Tierschutz fördert die Tierausbeutung, Peta ist eine kontraproduktive Spendensammelorganisation, Peter Singer ist Speziesist und Antiveganer usw.

> Hätte eine Homepage, die über Singers Positionen aufklärt,
> einen Sinn?

Eine eigene HP vlt. nicht, aber ein paar spezifische Informationen mehr können wir sicher noch einbauen.

Re: Falschen Einstieg vermeiden?

Autor: Rayner | Datum:
Hallo,
leider finde ich keine Deutsche Literaturempfehlung.
Könnt Ihr mir da vieleicht ein paar Bücher nennen?

Literatur

Autor: martin | Datum:
Rayner schrieb:
>
> leider finde ich keine Deutsche Literaturempfehlung.
> Könnt Ihr mir da vieleicht ein paar Bücher nennen?

Einen Literatur-Thread gibt es hier, allerdings ist es schwierig wirkliche Empfehlungen auszusprechen, denn es gibt (bisher) fast keine Büche, die das Thema wirklich gut behandeln. Allerdings werden in diesem Thread in der nächsten Zeit zumindest noch Bücher vorgestellt, die besser sind als die bisherigen, also als Empfehlung mit Einschränkung gesehen werden können.
(Und wer gute Literatur kennt, darf sich gerne dort beteiligen.)

Re: Literatur

Autor: Urs | Datum:
[Links ergänzt - Mod]

Auf deutsch sind sicher die übersetzten Aufsätze von Gary Francione empfehlenswert. [Link]

Wenn du Francione noch nicht kennst, dann ist dir die Maqi-Übersetzung eines Interviews mit ihm zu empfehlen. Findest du auf antispe.de

FAQ

Autor: martin | Datum:
Für Einsteiger hilfreich sind auch kurze Antworten auf häufig gestellte Fragen oder eben ein FAQ. Deshalb gibt es nun auch einen FAQ-Bereich zu Tierrechte, Tierschutz und Strategie.

http://veganismus.de/vegan/faq-tierrechte.html

Neben den Basisfragen, finden sich dort auch all die neuen Klassiker:
- Ist es nicht ein Anfang, wenn durch Tierschutzgesetze zumindest für die jetzt lebenden Tiere Verbesserungen erreicht werden?
- Kann die Abschaffung als Endziel nicht auch schrittweise über Tierschutzgesetze oder -kampagnen erreicht werden?
- Ist ein (besseres) Tierschutzgesetz nicht nützlich, um gegen Tierausbeutung klagen zu können?
usw.

Ergänzend dazu bzw. darauf verweisend gibt es auch im maqi.de-Glossar entsprechende neue Einträge zu
- ethiktheoretischen Begriffen: Interessenethik, Anthropozentrismus, Zoozentrismus, Physiozentrismus, Biozentrismus, Pathozentrismus
- Basisbegriffen: Tierschutz, Abolitionismus, Reformismus, Bewußtsein und (kleine Ergänzung in) Tierrechte
- und strategischen Begriffen: blinder Aktionismus, Opportunismus, Radikalismus

(sowie einige zugehörige Adjektive: anthropozentrisch, zoozentrisch, pathozentrisch usw.)