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Tierrechtsforum:
Recht auf Fortpflanzung

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 7

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Recht auf Fortpflanzung

Autor: Urs | Datum:
Ich habe gestern mit einem veganen Freund über die Etablierung von Tierrechten gesprochen und es kam zu einem beinahen Streit aufgrund des Punktes "Einstellen aller Zuchtprogramme".

Er war der Ansicht, dass der Mensch kein Recht hat, einem nichtm. Tier die Fortpflanzung zu verbieten, da das ein wesentlicher Eingriff in das Recht auf Freiheit des Tieres ist. Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass die allermeisten "domestizierten" Tierarten nicht mehr überlebensfähig wären ohne die Hilfe des Menschen. Wenn man denn Tierrechte nun etablieren würde, dann wäre den Tieren in menschlicher Gefangenschaft nicht geholfen, wenn man sie frei lassen würde/unkontrolliert vermehren lassen würde.

Er meinte dann, dass wir Tieren, aufgrund unserer Verantwortung, weiterhin Futter/Unterschlupf gewähren sollten und sie sich vermehren können, wie sie möchten. Wenn sie zu viele werden, dann würde die Natur wieder selektionieren. Dies hielt er für besser, als wenn der Mensch den lebenden Tieren noch ein schönes Leben garantieren würde, ihre Fortpflanzung aber unterbindet, damit keine weiteren Generationen mehr geboren werden.

Ich bekam förmlich die Krise, solch utopische, undurchdachte und für mich absolut nicht nachvollziehbare Aussagen zu hören. Ich wurde nervös und laut und begann mich zu verprechen etc. Ich bin ja eigentlich auch sehr der Gesinnungsethik zugeneigt, aber wenn ich an die Leiden der vielen weiteren Generationen und unzähligen Individuen denke, die eine oben beschriebene Haltung brigen würde, dann kann ich nicht anders als eine Leidensabwägung zu machen, die hier meiner Meinung nach ziemlich klar ausfällt.

Ich möchte jetzt nur fragen, ob ein bedingungsloses Recht auf Fortpflanzung für menschliche und nichtmenschliche Personen eurer Meinung nach besteht oder nicht? Die Konsequenz daraus wäre ein Befürworten oder Ablehnen der Forderung nach dem Einstellen aller Zuchtprogramme.

Mir ist durchaus bewusst, dass die Zahl der versklavten Tiere wesentlich kleiner sein wird bei der vollen Anerkennung der Tierrechte, da die Mehrheit der Menschen dann ja vegan lebt.

Auch ist mir bewusst, dass gewissen Arten die Fähigkeit zu natürlicher Fortpflanzung weggezüchtet worden ist.

Re: Recht auf Fortpflanzung

Autor: Claude | Datum:
> Er meinte dann, dass wir Tieren, aufgrund unserer
> Verantwortung, weiterhin Futter/Unterschlupf gewähren sollten

Das sehe ich auch so.

> und sie sich vermehren können, wie sie möchten. Wenn sie zu

Das nicht. Die Tiere sind qualgezüchtet und sollten sich deswegen nicht vermehren. Woher wollen wir denn überhaupt wissen dass die Tiere sich vermehren wollen?
Man könnte sie künstlich unfruchtbar machen, wobei das Verabreichen der "Pille" wegen den Nebenwirkungen als Körperverletzung gesehen werden kann. Ein Dilemma.

> viele werden, dann würde die Natur wieder selektionieren.

Aber "[Nahrung]/Unterschlupf gewähren" und "Natur" widersprechen sich.

> Dies hielt er für besser, als wenn der Mensch den lebenden
> Tieren noch ein schönes Leben garantieren würde, ihre
> Fortpflanzung aber unterbindet, damit keine weiteren
> Generationen mehr geboren werden.

Scheint mir auch das vernünftigste.

> Ich möchte jetzt nur fragen, ob ein bedingungsloses Recht auf
> Fortpflanzung für menschliche und nichtmenschliche Personen
> eurer Meinung nach besteht oder nicht?

Man müsste sich ja noch fragen, ob das noch nicht existente Jungtier ein Recht darauf hat niemals zu existieren, da es wegen der Qualzüchtung sehr leiden würde.

> Die Konsequenz daraus
> wäre ein Befürworten oder Ablehnen der Forderung nach dem
> Einstellen aller Zuchtprogramme.

Man kann sich auch fragen was man mit Menschen tun würde wenn es jemals durch Züchtung zu einer Subspezies oder sogar einer anderen Spezies gekommen wäre. Die Frage lautet also: Was würde man mit den Eloi machen?

> Mir ist durchaus bewusst, dass die Zahl der versklavten Tiere
> wesentlich kleiner sein wird bei der vollen Anerkennung der
> Tierrechte, da die Mehrheit der Menschen dann ja vegan lebt.

Allerdings.

> Auch ist mir bewusst, dass gewissen Arten die Fähigkeit zu
> natürlicher Fortpflanzung weggezüchtet worden ist.

Ist das so? Ich hätte gedacht dass sich Rinder, Schafe, Schweine, Hühner etc. noch fortpflanzen könnten, aber in der Natur wegen der Züchtung schnell stürben.
Kann aber sein, dass die Säugetiere bei der Geburt Probleme hätten. Die Sterberate bei den Jungtieren dürfte enorm sein.

Claude

Re: Recht auf Fortpflanzung

Autor: Ricarda | Datum:
Claude schrieb:
>
> Woher wollen wir denn überhaupt
> wissen dass die Tiere sich vermehren wollen?
Das frage ich mich auch. Vielleicht denkt Urs' Freund, dass Fortpflanzung was schönes und erstrebenswertes ist.
Inbesondere in dem Zusammenhang, dass Hühner und Kühe gerade wegen ihrer Möglichkeit der Fortpflanzung gequält und dann getötet werden, wenn sich ihre Fortpflanzung nicht mehr rentiert, finde ich das doch recht gewagt.

> Man könnte sie künstlich unfruchtbar machen, wobei das
> Verabreichen der "Pille" wegen den Nebenwirkungen als
> Körperverletzung gesehen werden kann.
Interessant, dass du die Pille wegen den Nebenwirkungen als Körperverletzung ansiehst. Vielleicht sollten das auch mal Menschenärzte verinnerlichen, die einem ja bekanntlich die gewünschten Verhütungsmethoden versagen. Von der Pharmaindustrie mal abgesehen.

>
> > viele werden, dann würde die Natur wieder selektionieren.
Wohl eher die Menschen, wenn auf einmal alle Vorstädte voll sind mit Hunde- und Katzenwelpen.

> > Ich möchte jetzt nur fragen, ob ein bedingungsloses Recht auf
> > Fortpflanzung für menschliche und nichtmenschliche Personen
> > eurer Meinung nach besteht oder nicht?
Menschliche und nichtmenschliche Tiere kann man da sehr sehr schlecht zusammenfassen. Auf die Fortpflanzung des Menschen wird dafür viel zu viel Druck von der Gesellschaft ausgeübt.

> Man müsste sich ja noch fragen, ob das noch nicht existente
> Jungtier ein Recht darauf hat niemals zu existieren, da es
> wegen der Qualzüchtung sehr leiden würde.
Das ist wohl eine ähnliche Frage wie bei behinderten Kindern, wobei hier auch wieder die menschliche Gesellschaft reinspielt.

>
> > Mir ist durchaus bewusst, dass die Zahl der versklavten Tiere
> > wesentlich kleiner sein wird bei der vollen Anerkennung der
> > Tierrechte, da die Mehrheit der Menschen dann ja vegan lebt.
>
> Allerdings.
Das Problem ist, dass das eben nicht von heute auf morgen geht, da eben viele versklavte Tiere da sind. Man muss es also irgendwie schaffen das wieder auszugleichen.
Das geht halt einfach nicht so locker sich auf die Natur zu verlassen, wenn man diese systematisch jahrhundertelang untergraben und verändert hat.

> > Auch ist mir bewusst, dass gewissen Arten die Fähigkeit zu
> > natürlicher Fortpflanzung weggezüchtet worden ist.
>
> Ist das so? Ich hätte gedacht dass sich Rinder, Schafe,
> Schweine, Hühner etc. noch fortpflanzen könnten, aber in der
> Natur wegen der Züchtung schnell stürben.
> Kann aber sein, dass die Säugetiere bei der Geburt Probleme
> hätten. Die Sterberate bei den Jungtieren dürfte enorm sein.
Ich habe mal gelesen, dass Kälber nichts mehr mit der genveränderten Muttermilch ihrer Mütter anfangen können, da der Fettgehalt, glaube ich, zu hoch ist und sie davon starke Bauchschmerzen bekommen würden.
Ansonsten kann ich mir auch nicht vorstellen, dass das Arten weggezüchtet wurde.
Diese ganze Machinerie lebt doch von der Fortpflanzung.

Re: Recht auf Fortpflanzung

Autor: Tobi | Datum:
Nm. Tiere können wohl die Tragweite nicht erkennen, wenn sie Nachkommen zeugen. Ich bin der Meinung, hier - ähnlich wie bei menschl. Kindern, die manches noch nicht entscheiden können - eingreifen zu müssen, damit kein potentielles Leid geschaffen wird. Vermeidbares vermeiden, und das ist hier eindeutig gegeben. Die Tiere könnten ja ihrem Trieb nachgehen, aber die Fortpflanzung sollte man (Pille o.ä.) verhindern, zumal deren Existenz zudem menschengemacht ist.
Eine qual- und lediglich zur menschl. Ausbeutung gezüchtete Art unter Wahrung der Tierrechte für die Individuen dieser Art aussterben zu lassen, halte ich für nicht verwerflich.

Tobi

Re: Recht auf Fortpflanzung

Autor: martin | Datum:
Urs schrieb:
>
> Er war der Ansicht, dass der Mensch kein Recht hat, einem
> nichtm. Tier die Fortpflanzung zu verbieten, da das ein
> wesentlicher Eingriff in das Recht auf Freiheit des Tieres
> ist.

Ich glaube auch, daß er ein schiefes Rechtsverständnis hat. Rechte sind nicht universell, also zu jedem Zeitpunkt und unter allen Umständen gültig, sondern können eingeschränkt werden.
Die Freiheit von Hunden oder auch menschlichen Kinder beim Überqueren von Straßen einzuschränken ist z.B. nicht nur legitim, sondern alles andere wäre verantwortungslos.

Hier sehe ich das wie Tobi. Die nm.en Tiere könne die Tragweite ihrer Handlungen nicht absehen, daher ist ein Eingreifen gestattet. "Haus"tiere durch Sterilisationen aussterben zu lassen ist sinnvoll, "Nutz"tiere ohnehin.

> Er meinte dann, dass wir Tieren, aufgrund unserer
> Verantwortung, weiterhin Futter/Unterschlupf gewähren sollten
> und sie sich vermehren können, wie sie möchten. Wenn sie zu
> viele werden, dann würde die Natur wieder selektionieren.

Ja, durch Krankheit und Hunger. So etwas wissentlich zu provozieren ist nicht sehr tierfreundlich.

> Ich möchte jetzt nur fragen, ob ein bedingungsloses Recht auf
> Fortpflanzung für menschliche und nichtmenschliche Personen
> eurer Meinung nach besteht oder nicht?

Das "bedingungslos" ist der Punkt: kein Recht besteht bedingunglos (s.o.). Insonfern: nein.

> Auch ist mir bewusst, dass gewissen Arten die Fähigkeit zu
> natürlicher Fortpflanzung weggezüchtet worden ist.

Du meinst sicher die Fähigkeit zur Paarung (aufgrund anatomischer Deformationen durch Qualzüchtung), nicht zur Fortpflanzung an sich. Erstes trifft z.B. auf Truthühner zu, die deshalb nicht in "Brutfabriken" (mit männlichen und weiblichen Tieren) vermehrt, sondern von Menschen zwangsbesamt werden.

Bedingungslos

Autor: Urs | Datum:
Danke für die Antworten. Ich gebe euch recht in allem Gesagten und anscheinend liegt wieder mal ein Problem der Definition vor.

Nämlich ob Rechte bedingungslos sind oder nicht.

Und natürlich ein etwas gar unterschiedliches Verständnis der Verantwortung des Menschen über die von ihm versklavten und schliesslich wieder befreiten Nichtmenschen. Diese ganze "Die Natur wird schon wieder selektieren" Argumentation kam mir schon sehr heftig rein und wäre meiner Meinung nach nur ein feiges Fallenlassen der Verantwortung, die wir nun mal haben.

Ab einem gewissen Punkt muss halt aus leidverringernden Gründen die Individualebene verlassen werden und für das Kollektiv gedacht werden. Ich hätte wohl auch die Strassenhunde gewisser Städte und die Probleme daraus als Beispiel erwähnen sollen, die ja, zwar nicht durch Tierrechte geschützt, "frei" sind und sich vermehren können.

Re: Bedingungslos

Autor: martin | Datum:
> Nämlich ob Rechte bedingungslos sind oder nicht.

Als Nachtrag noch: Ich bin kein Jura-Professor, vielleicht gibt es auch bedingungslose/absolute Rechte (wobei man erst einmal zwischen natürlichen und juristischen Unterscheiden müßte), aber da Fortpflanzung nur die potenzielle Möglichkeit auf Nachwuchs ist und nachweislich niemand daran leidet, keinen Nachwuchs zu haben, denke ich, daß es kein absolutes natürliches Recht sein sollte. (Die Frage stellt sich also nur, wann und wie es eingeschränkt werden soll/darf, und dazu wurde ja bereits sinnvolle Anmerkungen gemacht.)