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Antisexismusforum:
Kampf der Geschlechter

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Kampf der Geschlechter

Autor: Achim Stößer | Datum:
"Die Welt" berichtet die Entwicklung in Schweden - die wohl stark beeinflußt wurde durch eine Fernsehreportage. Diese Dokumentation (oder zumindest eine dieses Titels?) läuft nun auch bei Arte (also im deutschsprachigen Raum und Frankreich). Teil 1: http://maqi.de/tv/?id=5860, Teil 2: http://maqi.de/tv/?id=5863.

Zitat:
Frauen gegen Frauen

Schwedinnen streiten über den rechten Umgang mit Männern
von Reiner Gatermann

Stockholm - Wer sich bisher in Schweden, dem Land mit der - statistisch - besten Gleichstellung der Geschlechter, nicht als Feminist outete, galt als nicht politisch korrekt. Ministerpräsident Göran Persson hat daraus die Konsequenzen gezogen und ist nun - außer Vegetarier - auch Feminist. Feministen, gleichgültig ob männlich oder weiblich, unterstützen im Normalfall im "Kampf der Geschlechter" die Frauen, damit diese sich aus dem Joch des Mannes befreien können, um ein gleichwertiger Partner und gleichberechtigtes Mitglied der Gesellschaft zu werden.


Nun ist in diesem "Krieg" jedoch eine neue Front zu Tage getreten: Hier stehen sich Frauen und Frauen gegenüber. Die eine Fraktion sieht in Männern nur "Tiere und wandelnde Dildos", denen nicht zu helfen ist. Eine andere Gruppe will auch gewalttätigen Männern helfen und sie vorzugsweise in ihre Arbeit einbeziehen. Eine kürzlich im Fernsehen gesendete zweiteilige Serie "Krieg der Geschlechter" warf ein bisher kaum gekanntes Bild auf Arbeit und Einfluß der radikalen Feministen. Bam Börling von der Stiftung Frauen-Forum stellt fest: "Sie bedienen sich desselben Machtmißbrauchs und der Herrscherformen, die sie den Männern vorwerfen." Die ideologische Schlüsselrolle spielt Roks (Reichsverband für Frauen- und Mädchenhilfe in Schweden). Dessen Philosophie: Das ungleiche Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern habe zu einer Dominanz der Männer geführt und die Frauen zur Unterordnung gezwungen. Versuche, Männer mit Therapie oder anderen Methoden zur Einsicht zu bringen, daß eine Gleichstellung auch für sie von Vorteil sein könnte, sei zum Scheitern verurteilt. "Die Sache ist einfach: Die Männer brauchen doch nur auf Gewalt zu verzichten", dafür bräuchten sie keine Behandlung, meint Roks-Vorsitzende Ireen von Wachenfeldt.


Soziologie-Professorin und Theologin Eva Lundgren, Roks akademische Oberpriesterin, glaubt an satanische Pädophilen-Netzwerke und ist davon überzeugt, daß nichtgewalttätige Männer eine Minderheit sind.


In den letzten Jahren ist es Roks gelungen, sein kompromißloses Gedankengut in Regierung und Gesetzgebung einzubringen. Die frühere Gleichstellungsministerin und heutige Brasilien-Botschafterin Margareta Winberg gibt offen zu: "Wir waren gleicher Auffassung." Sie war es, die vor ein paar Jahren in Schweden als erstem Land die Legalität der Prostitution zwar unangetastet ließ, anstelle jedoch den "Kauf von sexuellen Diensten" kriminalisierte. Mit großer Energie versuchen Winberg und Genossinnen, dieses Gesetz zu exportieren, und sind enttäuscht, bisher kaum auf - positive - Resonanz gestoßen zu sein. Die beiden Frauenrechtlerinnen Bim Björling und Anki Elken meinen: "Es ist furchtbar, daß zugelassen wurde, daß Roks' Ideologie und Methoden die von der Regierung finanzierten nationalen und internationalen Maßnahmen dominieren."


Roks ist auch stolz auf eine andere Kampagne: Buche pornofrei. Seit zwei Jahren versucht der Verband, Hotelbetreiber dazu zu bewegen, keine Pornofilme über den TV-Apparat aufs Zimmer zu liefern und andererseits vor allem Behörden und öffentliche Institutionen dazu zu veranlassen, nur pornofreie Hotels zu buchen. Einen großen Etappensieg errang Roks kürzlich, als Generalmajor Ake Jansson verkündete, die Streitkräfte seien der Aufforderung gefolgt. Nun geht es hierbei nicht nur um Militärs, seine Abteilung für Logistik ist zuständig für die Hotelbuchungen fast sämtlicher Staatsbehörden, jährlich rund 92 000 Übernachtungen.


Etwa ein Drittel der schwedischen Gemeinden sowie die Hälfte der Regionalverwaltungen buchen inzwischen pornofrei und können unter 400 Hotels wählen. In dieser Kampagne fand Roks die Unterstützung der obersten Sozialbehörde. Inzwischen ist jedoch die Kritik an der Organisation gewachsen. Einige Frauenrechtlerinnen distanzieren sich, Frauenhilfsgruppen und Frauenhäuser überlegen, sich anderen Dachorganisationen anzuschließen. Für die Krimiautorin Liza Marklund hat sich "die administrative und intellektuelle Roks-Führung seit zehn Jahren verrückt aufgeführt".


Die beiden TV-Reportagen haben Unruhe in die feministische Bewegung gebracht, die gerade dabei ist, sich auch politisch zu formieren. Ihre Galionsfigur ist die frühere Vorsitzende der postkommunistischen Linkspartei, Gudrun Schyman (57). Im Herbst soll entschieden werden, ob aus der Feministischen Initiative (FI) eine Partei wird. Es wäre eine Überraschung, falls es nicht dazu käme. Die begnadete Rednerin Schyman gab Roks in dieser jüngsten Auseinandersetzung Schützenhilfe, was nicht verwunderlich ist. Schließlich verglich sie 2002 die schwedische Institution der Familie mit dem Taliban-Regime und forderte im Herbst 2004 eine kollektive Männersteuer zur Deckung der Kosten, die deren Gewalt gegenüber Frauen verursacht. Schyman ist eine "Elitefeministin", so die Autorin des gleichnamigen Buches, Susanna Popova.


Andere Feministen sind allerdings froh, daß die Strukturen in der Frauenbewegung nun ans Licht gekommen sind. Vor allem müsse jetzt zwischen der in den Hilfsgruppen und den Frauenhäusern geleisteten hervorragenden Arbeit und den einspurigen Ideologien unterschieden werden. Die christdemokratische Abgeordnete Maria Larsson will sämtliche öffentliche Unterstützung für Roks stoppen.

Die Welt, 7. Juni 2005, http://www.welt.de/data/2005/06/07/728645.html


Achim