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Seine Scheinheiligkeit, der Dalai Lama

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Seine Scheinheiligkeit, der Dalai Lama

Autor: Achim Stößer | Datum:
Da immer wieder u.a. Buddhismus-Apologeten behaupten, der Dalai Lama sei "jetzt" vegan (weil die gegenteiligen Zitate schon ein paar Monate alt sind), wieder einmal eine Aktualisierung:

Der Dalai Lama ißt Würstchen, und gemeint ist nicht Tofu oder Seitan, sondern in Darm gepreßter Leichenmatsch.

Die aktuelle Begründung (zu früheren Ausreden siehe Dalai Lama aktuell: "Halbvegetarier", der auf Habichte schießt):
Zitat:
Sein empfindlicher Magen lässt es nicht zu. Immer wieder hat er es versucht mit der tibetischen Pflanzennahrung. [...] Es funktioniert nicht. Also isst er Würste. Und Kekse. Und auch alles andere.


Ja, vegane Kost liegt bekanntlich schwer im Magen, ganz im Gegensatz zu einer Leichen-, pardon, leichten Mahlzeit aus Tierkörpern.

Und außerdem ißt der "Gott" mit dem merkwürdigen Magen ja nur von 3 Uhr 30 bis mittags - mehr als den halben Tag ist er also quasi, irgendwie, sozusagen teilzeitvegan.

Seine Heiligkeit und Ich

Autor: Achim Stößer | Datum:
23.11.2006 22:00 Uhr

"Der Dalai Lama isst Würstchen"

Manuel Bauer hat ein Privileg: Der Hof-Fotograf darf den Dalai Lama auf Schritt und Tritt begleiten. Und kommt ihm näher als alle anderen.

Von Ruth Schneeberger

Ja, es stimmt, der Dalai Lama isst Würstchen. Das mag überraschen. Nicht nur, weil man sich bislang eher wenige Gedanken darüber gemacht hat, ob der Dalai Lama wohl Würstchen isst, und wenn nicht, was denn dann. Sondern bei näherer Betrachtung auch deshalb, weil der Dalai Lama Buddhist ist. Sogar das Oberhaupt der tibetischen Buddhisten. Und deshalb täglich eine Lehre predigt, die vom Fleischverzehr abrät.

Nun ist es aber nicht so, und Manuel Bauer muss es genau wissen, denn er begleitet ihn seit fünf Jahren auf Schritt und Tritt, dass der Dalai Lama nicht gerne vegetarisch leben würde. Er würde sogar sehr gerne, aber er kann nicht: Sein empfindlicher Magen lässt es nicht zu. Immer wieder hat er es versucht mit der tibetischen Pflanzennahrung.

Aufstehen um 3.30 Uhr

Allein: Es funktioniert nicht. Also isst er Würste. Und Kekse. Und auch alles andere. Aber nur bis 12 Uhr mittags. Danach, so schreibt es das Gelübde für tibetanische Mönche vor, darf er keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen.

Dafür steht der Dalai Lama aber schon um 3.30 Uhr auf, jeden Tag. Irgendwann muss man ja auch mal essen.

Es geht um Disziplin. Und um Ehrfurcht. Von beidem braucht man eine ganze Menge, um mit diesem Mann und seinem unerschütterlichen Wunsch, eine Lösung für die Probleme der Menschheit zu finden, mithalten zu können. Wie also schafft man es, diesem religiösen Führer und weltlichen Staatsmann, dem Prediger des Glücks so nahe zu kommen?

Manuel Bauer ist Schweizer. Vielleicht ist das Vorurteil von der Langsamkeit der Schweizer genau der Vorteil, der Bauer in die Position gebracht hat, in der er jetzt ist und vor Zufriedenheit strahlt: der Hof-Fotograf des 14. Dalai Lama.

Immer lächeln

Schließlich geht es auch dem tibetanischen Mönch, der von seinen Anhängern für einen Gott und vom großen Teilen der Welt für eine überaus friedliche und ausgeglichene Lichtgestalt gehalten wird, ums Innehalten. Um die Ruhe. Und um das Trösten jeglichen Leids, unter anderem mittels Lächeln.

Der Dalai Lama reist meist um die Welt. Manuel Bauer reist mit. Der Dalai Lama spricht mit anderen Friedensnobelpreisträgern. Bauer ist dabei. Der Dalai Lama frühstückt, lädt Bauer dazu ein - doch dieser lehnt ab. In letzter Zeit immer öfter.

"Weil mein Respekt vor seiner Heiligkeit immer größer wird", erklärt Bauer. Wie unendlich groß der Respekt ist, das konnte man auf der Buchvorstellung von Manuel Bauer im Völkerkundemuseum in München spüren. Die Tibet-Initiative hatte eingeladen, um den neuen Fotoband des Mannes vorzustellen, der dem Dalai Lama näher kommen darf als alle anderen.

"Jetzt komme ich groß raus"

Bauer war ursprünglich Werbefotograf. "Ich habe unzählige Jahre damit verbracht, Dinge ins rechte Licht zu rücken und zu verkaufen, die ich selbst nie kaufen würde", erzählt er. "Irgendwann fing ich an, am Abend Flugblätter zu verteilen gegen diese Dinge."

Unzufrieden mit einem Job, der ihn nicht ausfüllte, wechselte er in den Fotojournalismus. Aufträge führten ihn nach Indien und nach Tibet.

Das Leid und das Schicksal des tibetischen Volkes rührten ihn so sehr, dass er begann, Fotoserien zu veröffentlichen und sich mit dem Dalai Lama zu beschäftigen.

Bei seiner Ausstellung in der Universität Linz war es dann soweit: Der Dalai Lama reiste zur Eröffnung an. "Ich dachte schon, das ist mein großer Tag, jetzt komme ich groß raus."

Niemand darf ihn so ansprechen

Es gab eine Bombendrohung. Bevor der Dalai Lama auch nur ein einziges Wort zu seinen Anhängern sprechen konnte, mussten alle evakuiert werden. Vor der verschlossenen Tür eines Notausgangs machte Bauer, der damals das Protokoll noch nicht kannte, aus der Not einen Witz.

Der Dalai Lama sei doch ein Gott, sagte er, also könne er ja wie ein Vögelchen einfach aus dem Fenster fliegen. Niemand darf seine Heiligkeit so von der Seite ansprechen. Das verbietet das Hofprotokoll.

Der Dalai Lama lachte. Und wackelte mit den Armen, wie ein Vögelchen.

Offenbar hat der Dalai Lama denselben Humor wie Bauer - er wurde zum Hof-Fotografen ernannt. Und sollte fortan dem Dalai Lama nicht mehr von der Seite weichen. Seit fünf Jahren nun hat er die Ehre, Seine Heiligkeit, mit bürgerlichem Namen Tenzin Gyatso, in allen Lebenslagen abzulichten.

Ob es für ihn nicht furchtbar sei, eine weltlich und religiös so hoch stehende Persönlichkeit ständig zu stören, wollte das Publikum wissen, nachdem er seine Nahaufnahmen gezeigt und die passenden Geschichten zum Besten gegeben hatte.

Doch, es sei ein Kampf. "Es zerreißt mich", sagt Bauer, der zwar nie zum Buddhismus konvertieren würde. "Denn wenn ich so ein schlechter Buddhist werde, wie ich ein schlechter Christ bin, dann kann ich's gleich lassen."

"Ich ignoriere Dich einfach"

Aber die Ehrfurcht vor diesem Mann, der für Millionen von Gläubigen Gott und Heilsbringer in einem ist, der im Alter von 71 Jahren mit schmerzenden Knien unermüdlich und mit unendlicher Disziplin von Ort zu Ort reise, um seinem Volk zu helfen und für alle anderen zu beten, und dabei immer locker bleibe, diese Ehrfurcht bringe ihn schier um, wenn er just diesem Mann ständig die Linse vor die Nase halten müsse.

Doch der Dalai Lama hat auch auf dieses Problem eine weise Antwort gefunden: "Ich ignoriere Dich einfach", hat er gesagt, als Bauer mit ihm darüber reden wollte. Auch wenn er an anderer Stelle gesagt hat, dass Manuel Bauer für ihn ein Freund geworden sei. Jetzt hasst Bauer zwar seine Kamera dafür, dass sie so aggressiv auch in die heiligsten Momente eingreift. Aber seine Arbeit, die macht er weiter. "So lange es geht."

Und zeigt den Dalai Lama so nah, so intim und so untypisch, dass man ihm tatsächlich nahe kommt. Wenn man denn möchte.

http://www.sueddeutsche.de/,immm5/muenchen/artikel/449/92357/