06. April 2008 BERLIN
Das Raubtier zeigt Zähne: Eisbär Knut, zu Hause im Berliner Zoo, hat seine Mitinsassen getötet - vor den Augen der entsetzten Besucher krallte er sich die Karpfen aus seinem Wassergraben. Der Zoo reagierte prompt.
Beim Eisbären mit dem Knuddelimage kommen die Triebe durch: Knut, momentan beliebtestes Tier im Berliner Zoo, ist fischen gegangen. Zu seiner Freude fand er genau vor seiner Nase, im Wassergraben seines Geheges, einen Schwarm lebender Karpfen - und so fing und tötete Knut die langsamen Zoogenossen nach Eisbärenart.
"Er hat den Fisch an Land gezogen, ihn mit den Vorderpfoten festgehalten und mit der Tatze durch die Luft geschleudert. Der Fisch hat gezappelt und ist über Land gehüpft", wird eine Augenzeugin in der "Berliner Morgenpost" zitiert. Wenn sich die Karpfen aufgehört hätten zu bewegen, habe Knut sie liegen gelassen.
Zehnmal hatte Knut seinen Spaß - dann war das Kontingent des Grabens erschöpft. Allerdings war der Schwarm Karpfen, die bis dahin ein ruhiges Leben bei den Flusspferden und im Tigergraben geführt hatten, nicht zur Eisbär-Beschäftigungstherapie gedacht. Sie sollten laut "Morgenpost" Knuts Wassergraben sauber halten und die Algen an den Wänden abknabbern.
Mit dem Trieb des arktischen Raubtieres hatte der Zoo nicht gerechnet - und auch nicht die zartbesaiteten Besucher, die sich über Knuts Karpfen-Mord beschwerten. Prompt habe der Eisbär-Kurator Heiner Klös laut der Zeitung den Einsatz der Putzfischkolonne untersagt; zwar zu spät, aber eine Wiederholung werde es nicht geben. Auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE wollte der Zoo keine Stellungnahme abgeben.
Knut wird die kurze Abwechslung im öden Zoo-Alltag wohl gefallen haben. Allerdings ist nach dem Tierschutzgesetz die Fütterung von Wirbeltieren mit lebenden Wirbeltieren verboten. Üblicherweise muss der Eisbär mit aufgetauten Fischen aus dem Atlantik vorlieb nehmen.
Flocke kommt
Auch ein anderes Eisbär-Flaschenkind sorgt für Aufsehen. Am kommenden Mittwoch stellt sich Weibchen Flocke im Nürnberger Tiergarten erstmalig der Öffentlichkeit. Der Zoo setzt den Auftritt des knapp viermonatigen Bärenbabys perfekt in Szene: Die Besucher werden bereits am Eingang auf einem festgelegten Weg zum Aquapark und zum Eisbärengehege geführt, wo eine Stehtribüne aufgebaut wird.
Etappenweise werden jeweils 500 bis 600 Neugierige für 15 Minuten Flocke live sehen können, im Streichelzoo erscheint sie auf einer Großbildleinwand. Pro Tag rechnet der Tiergarten mit bis zu 25.000 Eisbärin-Besuchern. Auch die Vermarktung läuft auf Hochtouren: Es gibt bereits eine Eisbären-Website, ein Flocke-Logo und ein Plakat mit dem Text "Knut war gestern", außerdem Plüschbären, Brett- und Kartenspiele, T-Shirts, Tassen und sogar eine Flocke-Biografie.
abl
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,545690,00.html