Polizeiaktion bei Kontrollstelle und Kunden glücklicher Hühner empört Tierschutzvereinsobfrau
Wien - Die Polizei nannte es schlicht "Informationsgespräch" . Doch die Beamten, die am 30. April 2008 in der Kontrollstelle für Freilandeier im steirischen Bruck an der Mur auftauchten, gingen einem - wenn schon nicht konkreten - so doch schwerwiegenden Verdacht nach.
Zu überprüfen sei, ob die Zentralstelle "als Geldgeberin einer kriminellen Organisation fungiert, die unter dem Pseudonym ‚Animal Liberation Front‘ fortgehend Anschläge durchführt" . So hieß es im Anlassbericht für die Aktion der Polizei. Ein ziemlich martialischer Vorwurf gegen eine von Tierschutzgruppen gegründete Institution, die darüber wacht, dass die beliebten "Freilandeier" wirklich Freilandeier sind - und dies in Kooperation mit Lebensmittelkonzernen tut.
Demselben Verdacht eines "Geldflusses an militante Untergruppierungen" gingen die Ermittler in den Tagen und Wochen darauf dann bei einer Reihe Eier produzierender Biobauern nach. Auch die österreichweit 20 Abpackstellen für Freilandeier, die mit der Kontrollstelle in Geschäftskontakt stehen, bekamen Besuch von den Ermittlern - sowie ein hochrangiger Verantwortlicher des Rewe-Konzerns.
Letzteres erzählt Madeleine Petrovic, die sich in ihrer Eigenschaft als Obfrau des Wiener Tierschutzvereins über die polizeiliche "Aktion Freilandei" empört. Die Nachforschungen, "die im Übrigen ergebnislos endeten" , hätten wichtige Geschäftspartner der Eier-Kontrolleure "schwer verunsichert" . Damit sei es zu einer "massiven Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten der Stelle" gekommen.
Der Wiener Tierschutzverein ist neben dem Verein Vier Pfoten und dem European Egg Consortium einer von vier Gesellschaftern der Prüfungsstelle.
Dass auch der Verein gegen Tierfabriken (VgT) Gesellschafter ist, dürfte Anlass der Ermittlungen gewesen sein. Immerhin wird VgT-Obmann Martin Balluch, der mit neun anderen Tierschützern seit 21. Mai in U-Haft sitzt, vorgeworfen, militante Aktionen geleitet zu haben.
Petrovic ärgert sich vor allem über die Wahl der polizeilichen Mittel: Um zu erfahren, dass die Kontrollstelle keine Gewinne ausschütte, hätte "ein Telefonat gereicht" . Gerade dort, wo sich der Tierschutzgedanke popularisiert hat, habe er viel zu verlieren. Am Donnerstag schrieb die Obfrau daher im Namen ihres Vereins eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft. (Irene Brickner, DER STANDARD - Printausgabe, 8. August 2008)
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