Propaganda der Landwirte
Bauernlobby undercover im Netz
Der Bauernverband empfiehlt Mitarbeitern und Mitgliedern, in Internetforen anonym Propaganda zu machen. Das weckt die PR-Selbstkontrolle. VON JOST MAURIN
Streitpunkt zwischen Abtrünnigen und Bauernverband ist mal wieder die Kuh und ihr Saft. Foto: ap
Das Selbstkontrollgremium der PR-Branche ermittelt gegen den Deutschen Bauernverband wegen verdeckter Öffentlichkeitsarbeit. Damit reagiert der Deutsche Rat für Public Relations auf Berichte, nach denen die Agrarorganisation Mitglieder und Mitarbeiter zu Einträgen unter falschem Namen in Internetforen aufgerufen hat. "Undercover-PR ist nicht hinzunehmen", sagte ein Sprecher des Rats am Montag. Die Organisation kann wie der Presserat bei Medien Verstöße gegen seine Richtlinien mit öffentlichen Rügen ahnden.
Im Bauernverband (DBV) sind über seine Mitgliedsorganisationen etwa 380.000 Landwirte organisiert. Die Spitzenfunktionäre um Präsident Gerd Sonnleitner üben maßgeblichen Einfluss insbesonders auf Agrarpolitiker der CDU/CSU aus. Doch mittlerweile gehören mehr als 30.000 Bauern dem abtrünnigen Bundesverband Deutscher Milchviehhalter an. Sie wettern auch im Internet gegen den DBV.
Nun holt der Bauernverband zum Gegenschlag aus: In einer E-Mail schlägt er "praktischen Landwirten, Mitgliedern, Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen" vor, sich in Agrarforen anzumelden - als Privatpersonen und "meist mit Pseudonym". "Wenn Sie dort auf ,fragliche, kritische Diskussionen' stoßen, mischen Sie sich in die Diskussion aktiv ein und machen auf diese Weise indirekt positive Werbung für die Land- und Fortwirtschaft" und deren Berufsverband, heißt es in dem Schreiben, das der taz vorliegt. Die Aktionen sollen die Teilnehmer an die DBV-Zentrale melden, die sie an die übrigen Beitragsschreiber weiterleiten werde. Ausdrücklich nennt der Verband in der Mail als mögliche Adressaten Fachdienste wie agrarheute.com. Er empfiehlt aber auch nichtlandwirtschaftliche Foren etwa bei taz.de oder Spiegel Online.
"Das ist eine sehr bedenkliche Form der Manipulation", sagte Vorstand Heidi Klein von der Organisation LobbyControl. Sie kritisiert besonders, dass auch hauptamtliche Mitarbeiter unter Pseudonym schreiben sollen. Es sei ein Unterschied, "ob ein Bürger seine Privatmeinung äußert oder ein Verband mit klaren wirtschaftlichen Interessen Stellung bezieht, ohne sich erkennen zu geben".
Der Bauernverband bestreitet, dass es sich um verdeckte PR handle. Es gehe darum, Landwirte zu begleiten, "die sich da einbringen wollen", erklärte Generalsekretär Helmut Born. Greenpeace mache das regelmäßig.
Dennoch liegen beim DBV die Nerven blank. Der taz sagte Born erst nach dem telefonischen Gespräch, dass er es aufgezeichnet habe. Das ist verboten, wenn der Partner vorher nicht ausdrücklich zugestimmt hat.
15.06.2009 http://www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/bauernlobby-undercover-im-netz/