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Pressespiegel:
Vier Gewinner, ein Verlierer

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Vier Gewinner, ein Verlierer

Autor: martin | Datum:
Wenn auch langsam, so steigt die Zahl der Veganer doch stetig an. Ursache dafür sind jahrzehntelange Aufklärungsarbeit vor allem kleiner Tierrechts-Organisationen und der allmähliche Strukturwandel durch die neuen Veganer.

Die Tierausbeuterorganisationen versuchen diesem unerfreulichen Trend mit Werbelügen entgegenzuwirken. Unterstützt werden sie dabei von Tierschutzorganisationen. Eine ihrer Methoden sind Tierschutzsiegel oder -labels. Diese werden z.B. von der Organisation "Vier Pfoten" zusammen mit der Industrie und den Supermärkten entwickelt und zeigen dem Verbrauch so auf den ersten Blick, welcher Produkt zur Gewissensentlastung gekauft werden muss. Alle profitieren dabei: der Verbraucher kann weiterhin Tierprodukte konsumieren, die Supermärkte und die Tierindustrie Umsätze mit ihrem blutigen Geschäft machen und die Tierschutzorganisationen generiert Spendengelder für ihre "wertvolle Arbeit". Nur die Tiere verlieren. Aber wen interessiert das schon in einer Organisation, bei der Unveganismus der Standard ist?

Ein Siegel für Fleisch aus artgerechter Tierhaltung

Autor: martin | Datum:
Verena Kainrath, 2. Juni 2012, 15:17

Helmut Dungler, Gründer von Vier Pfoten, will den Supermärkten Tierschutzstandards schmackhaft machen

Wien - Die Grenze, ab der Tierhaltung zu Tierquälerei wird, lässt sich wissenschaftlich messen, sagt Helmut Dungler. Ein Schwein verbringe in der Regel 80 Prozent des Tages mit Futtersuche. Ist ihm dies verwehrt, dann schlägt die Aktivität darin um, Artgenossen Ohren und Schwänze abzubeißen. Hühnern diene das Sandbad zur Reinigung des Gefieders. Leben sie diesen Instinkt nicht mehr aus, führe das zu Stress und Aggression.

Mastgeflügel nehme jeden Tag mehr als 60 Gramm an Gewicht zu - bis das Skelett es nicht mehr trage und die somit lebensunfähigen Tiere geschlachtet werden. Als gesund und fettarm werde das Putenfleisch gepriesen. 98 Prozent entstammten jedoch einer hochindustrialisierten Produktion.

Dungler gründete vor knapp 25 Jahren die Tierschutzorganisation Vier Pfoten - in einer Zeit des Aufbruchs, des Aktionismus und des Anprangerns, wie er sich erinnert. "Heute geht es um Kooperationen und gemeinsames Vorwärtskommen." Zusammenarbeiten will der Präsident des Vereins künftig vor allem mit Lebensmittelketten, erzählt er dem Standard. "Die schönen Bilder der Werbung passen mit der Realität unserer Massentierhaltung nicht zusammen. Und der Handel weiß, dass es so nicht länger weitergehen kann."

Die Macht des Preises

Dungler schwebt ein neues Siegel für das Fleisch von Rindern, Schweinen und Geflügel vor: ein Signal für Österreichs Konsumenten, dass es von Nutztieren aus artgerechter Haltung komme. Nachhaltigkeit, Bio, Gentechnikfreiheit seien längst in aller Munde. Nun sei die Zeit reif dafür, schrittweise Standards für Tiergerechtigkeit zu schaffen. Gespräche mit Produzenten und großen Handelsketten laufen, sagt Dungler. Erste Projekte könnten bis Herbst stehen.

Rewe bestätigt die Zusammenarbeit mit Vier Pfoten, geht vorerst jedoch auf keine Details ein. Tierschutz sei für die Kunden ein Thema, sagt Karin Nakhai, Sprecherin des Konzerns. Aber neben Frische und Qualität zähle auch der Preis.

Dass mit teurem Fleisch hierzulande wenig zu reißen ist, zeigt der magere Absatz an biologischem. Weniger als ein Prozent macht der Anteil des Bioschweinernen im Handel aus. Mehr Platz, gesünderes Futter, längeres Leben schlagen sich in bis zu dreimal höheren Kosten nieder als für Konventionelles. Diese für ein Schnitzel abzugelten, sind nur wenige bereit.

Politik hinkt hinterher

Biohühner stellen nach wie vor nur zwei Prozent des gesamten Bestands. Mit gut neun Euro für das Kilo kosten sie doppelt so viel wie das Gros des Mastgeflügels. Allein bei Biorindern gibt es zweistellige Zuwächse: Denn der Preisunterschied zu konventionell gezüchteten hält sich hierbei in Grenzen.

Klar achteten Konsumenten zunehmend auf artgerechte Tierhaltung, sagt Nicole Berkmann, Sprecherin der Spar-Gruppe. "Aber wir stehen zwischen ihren Wünschen und der Landwirtschaft, die sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt, weil es für sie hier auch ans Eingemachte geht. Letztlich ist es eben immer eine Kostenfrage."

Dungler schöpft seine Zuversicht aus der Geschichte der Legehennen: Mit seiner Kritik an der Käfighaltung sei er erst missachtet, später bekämpft worden. Doch dann machten die Supermärkte Druck und sperrten die Batterieeier freiwillig aus. Weitere 15 Jahre dauerte es freilich, bis auch die Politik mit Verboten reagierte.

Fleisch billiger als Brot

Bei der Fleischproduktion gehöre an vielen Schrauben gedreht: "Die Menge ist zu groß, die Qualität zu gering, der Preis zu niedrig. Wenn ein Kilo weniger als ein Kilo Brot kostet, stimmt was nicht."

Kooperationen von Non-Profit-Vereinen mit der Wirtschaft sind umstritten. Kritiker sprechen von Vereinnahmung, grünen Mänteln und fehlender externer Kontrolle: Wer beiße schon gerne die Hand, die einen füttere, vor allem wenn private Spender sparen. Dungler lässt das nicht gelten: Vier Pfoten werde zu 99 Prozent von Privaten finanziert. Geldflüsse von Betrieben wie Ölz, mit denen die Organisation zusammenarbeitet, gebe es nicht; und man werde sich auch mit Rewe nicht ins Bett legen.

Er selbst ist Vegetarier, die Hälfte seiner Mitarbeiter ist es nicht. Was er in Ordnung findet, sofern "einem bewusst ist, dass Fleisch kein schneller Konsumartikel ist, sondern Leben dahinter stand". (Verena Kainrath, DER STANDARD, 2./3.6.2012)

http://derstandard.at/1338558484963/Mehr-Qualitaet-hoeherer-Preis-Ein-Siegel-fuer-Fleisch-aus-artgerechter-Tierhaltung