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Pressespiegel:
Menschenschützer fordern: Humane Schlachten

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Menschenschützer fordern: Humane Schlachten

Autor: Achim Stößer | Datum:
Viele Tierschützer, die "humanes Schlachten" (wahlweise auch Betäubung vor der Ermordung, Leichen- statt Lebendtiertransporte, fahrende Schlachthöfe, briefmarkengrößere Käfige, Bio- statt Thanatoleichen usw., eben gewissensberuhigend reglementierte Tierausbeutung statt Abschaffung) fordern, entblöden sich nicht, trotz der von ihnen forcierten Tierrechtsverletzungen, sich Tierrechtler zu nennen.

Analoges kommt bei Menschenschützern, pardon, "-rechtlern", eher selten vor. Doch es kommt vor: die Forderung nach humanen Schlachten sozusagen.

Ein taz-Kommentator bemerkt zu einem solchen Fall: "Die Menschenrechtler[sic!] sind den Kriegsbefürwortern von Nutzen."

Weitreichende Analogien liegen auf der Hand: "Die Hinweise von Human Rights Watch zu befolgen, liegt im Interesse des Pentagon, wenn es den Krieg oder die Drohung damit als Begleiter der US-amerikanischen Außenpolitik erhalten möchte." Und analog werfen die Tierausbeuter mit ein paar Bröckchen "Tierschutz" um sich, um nur ja nichts wesentliches ändern zu müssen.

Reformistisch heißt es: "Es ist gut, wenn es im Krieg weniger zivile Opfer gibt [falsch: es ist noch schlechter, wenn es mehr gibt, AS]. Noch besser ist aber, wenn Kriege gar nicht geführt werden." Und so ist es auch nicht "gut", wenn etwa Vegtetarieroderwenigfleischesser ein paar Tiere weniger umbringen, als sie könnten, vielmehr ist einzig akzeptabel, gar keine umzubringen.

Wenn nun jemand den reformistischen "Tierrechtlern" klar machen könnte, wie sehr sie den Tierausbeutungsbefürwortern von Nutzen sind ... und diese Reformisten, wenn sie sich schon nicht für die Tierrechte einsetzen, den Tierrechtlern nicht ständig Knüppel zwischen die Beine werfen würden, sprich, wenn sie schon nichts ethisch Akzeptables zu sagen haben, mögen sie doch bitte schweigen.

Dilemma der Menschenrechtler

Autor: Achim Stößer | Datum:
Im Irakkrieg sind neben einer bis heute unbekannten Zahl von Soldaten tausende Zivilisten getötet, verletzt und verstümmelt worden. Viele dieser Opfer wären zu vermeiden gewesen, wenn die Truppen von USA und Großbritannien darauf verzichtet hätten, Streubomben einzusetzen und durch gezielte Luftangriffe irakische Führungspersönlichkeiten auch in dicht besiedelten Wohngebieten zu töten. Dies belegt detalliert der Bericht über die Kriegsführung der irakischen und der US-Armee der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

KOMMENTAR
von BERND PICKERT
Ein wichtiger Hinweis einer besorgten Organisation - oder mehr? Human Rights Watch wird in den Vereinigten Staaten durchaus wahrgenommen, und bereits vor dem Afghanistan- und dem Irakkrieg haben die auf "War Monitoring" spezialisierten Menschenrechtler den Kontakt zur US-Armee gesucht. Ihr Ziel ist es, die Armee vom Einsatz für die Zivilbevölkerung schädlicher Mittel abzubringen - und Verfehlungen im Nachhinein zu dokumentieren. Die Fähigkeit, Ursache und Wirkung zu differenzieren und rechtlich wie moralisch zu bewerten, ist die große Stärke von Human Rights Watch. Doch hält der Ansatz einige Fallstricke bereit.

Krieg ist keine Naturkatastrophe - es geht nicht darum, die Wirkungen eines unabwendbaren Schicksalsschlages zu minimieren. Im Krieg um die Köpfe sind Bilder von zivilen Opfern die Propagandawaffe des militärisch Unterlegenen und der Kriegsgegner - eine Art nichtmilitärisches Abschreckungspotenzial. Der Irak brauchte solche Bilder, um die Empörung über die US-Agressoren zu schüren. Der Bunker in Bagdad, der im 1991er-Golfkrieg von der US-Luftwaffe getroffen wurde und in dem rund 400 Menschen starben, wurde zu einer von Saddam Hussein hergerichteten Pilgerstätte für Friedensbewegte aus aller Welt. Je wahrscheinlicher eine große Anzahl getöteter Zivilisten ist, desto schwieriger wird es, einen Krieg gegenüber der Öffentlichkeit zu legitimieren. Und so unwahrscheinlicher wird er. Es ist gut, wenn es im Krieg weniger zivile Opfer gibt. Noch besser ist aber, wenn Kriege gar nicht geführt werden.

Die Hinweise von Human Rights Watch zu befolgen, liegt im Interesse des Pentagon, wenn es den Krieg oder die Drohung damit als Begleiter der US-amerikanischen Außenpolitik erhalten möchte. Die Menschenrechtler sind den Kriegsbefürwortern von Nutzen. Mit diesem Dilemma müssen sie leben.

taz Nr. 7232 vom 12.12.2003, Seite 1, 84 Kommentar BERND PICKERT, Leitartikel