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Pressespiegel:
Der Bioei-Mythos

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Der Bioei-Mythos

Autor: Achim Stößer | Datum:
"Ich denke heute, dass man Betriebe mit Käfighaltung nicht von vornherein verteufeln sollte. Sogar Wissenschaftler und Tierschützer streiten sich, was für die Tiere das Beste ist", so die Tierschützeruin und SPD-Landtagsabgeordnete Susann Biedefeld nach Besichtigung von Hühnerausbeutungsbetrieben.

Auf die offensichtliche Lösung dieses überaus simplen Problems - Veganismus - kommen sie, nicht zuletzt dank perverser Tierschützer-Slogans wie "Kein Ei aus Quälerei - Kein Ei mit 3! Kaufen Sie Eier von 'glücklichen Hühnern'!" (Deutscher Tierschutzbund) oder "Augen auf beim Eierkauf!" (Menschen für Tierrechte), natürlich nicht.

(siehe auch Sind bald auch Hühner lila?)

Geht es Bio-Hennen wirklich besser?

Autor: Achim Stößer | Datum:
HILDBURGHAUSEN "Ich bleibe nach wie vor eine Tierschützerin. Das ist mir wichtig", sagte die SPD-Landtagsabgeordnete Susann Biedefeld mit Nachdruck. Dennoch, nachdem sie zwei verschiedene Formen der Legehennen-Haltung gesehen hatte, ist sie nicht mehr hundertprozentig sicher, ob die Käfighaltung nur schlecht ist.

Dabei war gerade sie es, die sich mit Vehemenz immer wieder für ein Verbot der Unterbringung des Geflügels in Käfigen eingesetzt hatte. Doch die Besuche beim Geflügelhof von Stefan Carl im Itzgrund und im Bio-Legehennenbetrieb des Ökozentrums in Hildburghausen machten sie nachdenklich. Zuerst schaute sie sich die Käfighaltung auf dem Geflügelhof Carl an. "Ich war überrascht, in welch gutem Zustand die Hennen dort waren. Dabei bin ich immer davon ausgegangen, dass durch die Enge in den Käfigen die Aggressivität höher ist, als bei Freilandhaltung. Dort war das nicht der Fall", erklärte sie.
Um sich ein umfassendes Bild der verschiedenen Haltungsformen zu machen, ließ sie sich kürzlich in der Bio-Farm in Hildburghausen informieren. Die Führung übernahm Dieter Blechschmidt, der neben der Betreuung und dem Stallmanagement der Farm auch für die Freiland-, Boden- und Käfighaltung der Thüringer Frischeier Wandersleben verantwortlich ist.
Er verfügt somit über umfassende Erfahrungen mit den verschiedenen Haltungsformen von Legehennen. In Hildburghausen, so erklärte er, seien die beiden Hallen in jeweils vier Abteile abgetrennt. Nach der Öko-Richtlinie werden in jeder Herde maximal 3000 Hennen gehalten, insgesamt knapp 24 000 Tiere. Mindestens 80 Prozent des Futters müssen aus ökologischem Anbau stammen. Die Hauptbestandteile sind Weizen, Mais, Sonnenblumenschrot und Erbsen. Sojaschrot und synthetische Aminosäuren seien nicht gestattet, sagte er, was bei Legehennen zu einer Unterversorgung an Aminosäuren führe.
Während bei der Freilandhaltung den Hennen der Haken des Oberschnabels leicht gekürzt werde, um Verletzungen durch Picken zu vermeiden, sei dies bei Bio-Hennen nicht zulässig. Aufgrund des zu geringen Eiweißgehalts und des Verbots, die Schnäbel zu kürzen, lägen die Tierverluste in einer Legeperiode (zirka ein Jahr) je nach Herde zwischen etwa 25 und 50 Prozent, während es in der Freilandhaltung etwa 15 bis 30 Prozent und in der Käfighaltung nur fünf bis neun Prozent seien.
Susann Biedefeld konnte es selbst erleben: Im Kaltscharrraum wurde vor ihren Augen eine Henne von ihren Artgenossen zerfleischt. Erschüttert war die Landtagsabgeordnete auch über das schlechte Federkleid der Tiere und die kahlen Stellen an Hals, Rücken und Kloake, was eine Folge des Federpickens ist.
Dieter Blechschmidt erklärte weiter, dass die Belastung der Tiere mit Krankheiten und Parasiten zunähme, je extensiver die Haltung sei. In der Bodenhaltung sei sie somit um ein Vielfaches höher als in der Käfighaltung. In der Freilandhaltung und der Biohaltung führe der Kontakt in den Ausläufen zwangsläufig zu einer Steigerung der Keimbelastung. Die Hinterlassenschaften von Mäusen, Wildvögeln und Kleingetier stellten ein unkalkulierbares Risiko dar. Hinzu komme noch, dass die in alternativen Haltungen notwendigen Arzneimittel im Falle einer Erkrankung bei Biohaltung nicht zugelassen seien. Dies führe dazu, dass in manchen Herden ein wirtschaftliches Arbeiten nicht mehr möglich sei.
Im Gegensatz zur Käfighaltung stelle ihn jede Herde in Boden-, Freiland- und Biohaltung vor andere Probleme, obwohl Aufzucht und Haltung mit intensiven Kontrollen immer nach dem gleichen System durchgeführt würden. Im Hinblick auf das geplante Verbot der Käfighaltung, die von 2007 an in der Bundesrepublik wirksam werden soll, will sich Susann Biedefeld noch weitere Firmen anschauen. "Ich denke heute, dass man Betriebe mit Käfighaltung nicht von vornherein verteufeln sollte. Sogar Wissenschaftler und Tierschützer streiten sich, was für die Tiere das Beste ist", räumte sie ein.
Ob sich am Verbot der Käfighaltung noch etwas ändern wird, bezweifelt sie. "Ich selbst habe ja viele Jahre dafür gekämpft. Auf jeden Fall muss man aber über die praktische Umsetzung noch diskutieren", meint die Landtagsabgeordnete. ca/ren

Coburger Tagblatt, 9. April 2004
http://www.ct-coburg.de/pub/index.php?mid=10&aid=24&otn=3204&bta=73

Ostereier: - Henne, Ei und Suppenwürfel

Autor: Achim Stößer | Datum:
VON WOLFGANG GREBER (Die Presse) 09.04.2004

Rund 1,8 Milliarden Eier werden in Österreich jährlich aufgeschlagen. Wo kommen die eigentlich her? "Die Presse" war zu Besuch bei 3000 Bio-Legehennen.

ASPANG. Prrrrruutputputputput! Hühner sind gar nicht so feig, wie man glaubt. Sie können extrem neugierig sein - vor allem, wenn sie was Glänzendes sehen, wie schwarzpolierte Schuhe, auf denen Lichtflecken tanzen. Plötzlich ist man umlagert von einem Dutzend Hennen, mitten in diesem riesigen Stall mit dem gedämpften roten Licht. Es riecht stechend nach Ammoniak. Schnäbel picken auf die Schuhe ein, zerren an den Bändern. Die Tiere sind so fasziniert, dass man sie streicheln kann, diese braunen Federkissen. Schon ist ein Schuhband offen. Was wird aus ihnen, wenn sie keine Eier mehr legen? "Suppenwürfel", sagt der Bauer trocken.


Skepsis oder Neugier? Die 3000 Legehennen haben auf dem Hof von Karl Petz viel Platz zum Herumflattern | © Die Presse (Fabry)

Bis dahin werden die 3000 Legehennen des Karl Petz noch viel zu gackern haben. Vor eineinhalb Monaten, mit 17 Wochen, hat sie der steirische Landwirt - sein Hof ist nahe Aspang an der Südautobahn, hart an der Grenze zu Niederösterreich - eingestellt. Zuerst waren sie nervös, sagt Petz, da klappte es noch nicht so mit den Eiern. Nun seien sie fleißig: "Am 4. Mai waren's 1700 Stück", sagt der graumelierte 40-Jährige. In Spitzenzeiten sollen sie täglich mehr als 2700 Eier legen, fast 93 Prozent Legeleistung haben, wie der Landwirt sagt.


900 Millionen Eier werden in Österreich jährlich verkauft, 116 Stück pro Kopf. Die Hälfte kommt, so die Agrarmarketing Austria (AMA), aus Bio- und Freilandhaltung wie der von Herrn Petz, wo die Hennen, streng überprüft von Amtsärzten und anderen Kontrolloren, ein artgerechtes Leben mit viel Raum, Luft, Ruhe und gutem Futter führen. Industrie und Gewerbe brauchen nochmal 900 Millionen; das sind indes meist Billigeier aus Käfigfarmen, wo die Tiere wie Spargel in der Dose vegetieren.


Herr Petz gehört zu den "Guten": Im klimatisierten Stall, wo noch vor zwei Jahren Milchvieh stand - doch das sei unrentabel geworden, laufen Hennen gackernd herum, fünf pro Quadratmeter (in Käfigen sind's mehr als doppelt soviel, es wurden auch schon 22 Tiere pro m2 gezählt). Auf einer Rampe sind mit Streu und Stroh ausgekleidete, nischenartige Nester, in denen sie in Ruhe legen können. Auf dem Weg dorthin laufen sie über engmaschige Gitter, der Dreck fällt von den Beinen und auf eine Ebene, die regelmäßig geputzt wird. "Sonst haben sie nach einem Jahr den Kot so hoch stehen", sagt Petz und winkelt einen Arm über der Hüfte ab.


Das Eldorado für die 3000 Hühner der Rasse "Lohmann braun" ist aber vor dem Stall: Erst der überdachte "Außenklimabereich", in dem sie bei Tageslicht im Sägemehl scharren. Dann die Wiesen: Drei Hektar vor dem Hintergrund der baumbestandenen Hügel der Buckligen Welt - eine große Bühne auch für die vier Hähne zum Herumstolzieren. Es gibt Bäume und Hecken: "Dort gibt's Schatten, und wenn der Habicht kommt, flüchten sie dort drunter", sagt Petz. Manchmal sei der Habicht schneller.


Weil's dem Federvieh gut geht, dürfen Karl Petz und seine Frau Anna an die Firma Hubmann in Knittelfeld liefern, die eine bekannte Marke Bio-Eier vertreibt. Jede Woche kommt ein Lkw und holt die Eier, die ein Laufband aus den Nestern zur Sortiermaschine bringt. In die Kartons kommen Zettel mit der Adresse des Bauern. Etwa 14 Cent kriege er pro Bio-Ei, sagt Petz; für 3000 Hennen zahle er freilich 16.000 Euro, und 130 Tonnen Biofutter pro Legeperiode (gut 14 Monate) kosten auch.


Käfighaltung wäre doch einfacher? "Da könnt ich 15.000 Tiere haben, aber nur 70 Groschen pro Ei", sagt Petz, während Hennen auf den Schuhen herumpicken. Im übrigen sieht er das Verbot der Käfighaltung ab 2008 zwiespältig: "Wer zahlt den Bauern die Umbauten? Wenn sie vor fünf Jahren in Käfige investiert haben, stehn sie blöd da." Und: "Die Leut wollen immer auch billige Eier, beim ,Hofer' kauft man zu 70 Prozent Käfigeier." Ab 2008 sei halt russische Billigware im Regal.


Wenn die Hennen auf dem Petzhof etwa 17 Monate alt sind, ist ihre Zeit vorüber - sie legen immer weniger Eier, die Schalen sind immer dünner. Der Lkw holt sie ab. Der Stall wird desinfiziert. Dann kommen die Neuen.

http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=c&ressort=w&id=415425