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Pressespiegel:
Vegan sein kostet nichts, vor allem keine Leben

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Vegan sein kostet nichts, vor allem keine Leben

Autor: Achim Stößer | Datum:
Immer wieder verbreiten Antiveganismuspropagandisten das Gerücht, vegan sein wäre teuer. In Wahrheit ist nichts teurer als Nichtveganismus, denn der kostet Leben. Und auch was den finanziellen Aspekt angeht, können auf die absurde Idee, Veganismus sei teuer, nur solche Leute kommen, die nicht vegan leben oder aber sich überwiegend von irgendwelchen merwürdigen Imitaten ernähren. Andere dagegen wissen, vegan Leben kostet eher weniger Geld, manchmal gar nichts - außer dem Willen, keine anderen Tiere umzubringen: "Zucchini und Möhren sind die Grundlage für den Aufstrich, der in einem großen Topf gekocht, anschließen püriert und gewürzt wird. Weil auch einige Veganer unter den Besetzern sind, essen eben alle vegan. Die Zutaten sind geschnorrt, wie das meiste, was hier verarbeitet wird." Eine Möglichkeit unter vielen.

Der[sic!] richtige Leben beginnt mit Aufräumen

Autor: Achim Stößer | Datum:
Am Kölner Eifelplatz ist seit Freitag ein Haus besetzt. Die jungen AktivistInnen setzen auf alternative Lebensformen jenseits von Verwertungszwang und kapitalistischer Konkurrenz. Doch auch im "Sozialen Zentrum" gibt es Freiheit nicht ohne Ordnung

VON DIRK ECKERT

Vom Eifelplatz aus sieht alles ganz normal aus. Nur wer genau hinschaut, sieht hinter den unscheinbaren Garagen an der Westseite des Platzes an einem Haus die Transparente, die verraten, dass hier ein "Soziales Zentrum" ist. In dem leer stehenden Gebäude haben es sich seit letztem Freitag einige Hausbesetzerinnen und -besetzer gemütlich gemacht.

Markus, Susi, Dieter* und die anderen, die am Sonntag Morgen in der Küche das Frühstück zubereiten, wollen hier ihre Ideen verwirklichen. "Ein Soziales Zentrum ist das, was die Leute daraus machen", erklärt Susi. Jeder ist eingeladen, den Zwängen der "kapitalistischen Verwertungsgesellschaft" zu entfliehen und auf eine "solidarische Gesellschaft" hinzuarbeiten. Konkrete Ideen haben die Besetzer viele: Ein Umsonst-Laden soll her, eine Fahrradwerkstatt, im Garten wird vielleicht Pantomime gemacht.

Freizeit statt Lohnarbeit
Der 20-jährige Markus, der nach zwei Jahren Maloche in einem Altenheim die Vorzüge freier Zeit und Zeiteinteilung genießt, hat "fundamentale Kritik an Lohnarbeit". Dieter geht es ähnlich. Der 23-Jährige hat seinen Job in einem Labor gekündigt, weil er es nicht mehr für "sinnvoll" hielt, "drei Viertel meiner Zeit dafür aufzuwenden".

So können sich beide jetzt ganz dem Alltag im besetzten Haus widmen. Der fängt mit Frühstück an, im Laufe des Tages soll auch noch ein Plenum stattfinden, bevor am Abend wieder Kultur-Programm ist. Das alles aber nicht im "Abriss-Party-Style", stellt Markus klar. "Wir wollen was daraus machen", bekräftigt er. Deswegen ist auch erst mal Aufräumen angesagt. An den letzten beiden Tagen war abends immer Party, mit Dutzenden von Leuten. Kein Wunder, dass sich am nächsten Morgen im Garten überall Bierflaschen finden.

So verschiebt sich denn auch der eigentliche Zeitplan der kleinen Kommune. Das Frühstück, eigentlich für 10 Uhr angesetzt, findet gegen 13 Uhr mittags statt. Natürlich im Garten. Es gibt Fladenbrot mit Brotaufstrich, den Susi, Dieter und die anderen gerade in der Küche gemacht haben. Zucchini und Möhren sind die Grundlage für den Aufstrich, der in einem großen Topf gekocht, anschließen püriert und gewürzt wird. Weil auch einige Veganer unter den Besetzern sind, essen eben alle vegan.

Die Zutaten sind geschnorrt, wie das meiste, was hier verarbeitet wird. "Ich kann ganz gut umsonst leben", erzählt Susi. Gemüseläden würden ihre Reste oftmals kostenlos abgeben. In einem Raum neben der Küche sind diese Reste zu bewundern. Kohlrabi, Broccoli, Möhren und Lauch, alle nicht mehr ganz frisch, aber noch gut essbar, liegen dort in Kisten, daneben etwas Obst. Der Pfefferminztee, den Dieter aufsetzt, ist frisch aus dem Garten. Zum Haus gehört eine idyllische Schrebergartenkolonie. Ein "Traum" sei das, schwärmt Dieter. Das Frühstück gibt es schließlich auch im Garten. "Man könnte sich aus dem Garten versorgen, wenn man hier wohnen würde", meint Susi. "Vielleicht sollten wir mal auf ein Schild draußen aufhängen, dass wir hier einen Super-Garten haben", schlägt Markus vor.

Im Hausflur selber sieht es bereits wie in einem typischen besetzten Haus aus: Graffiti, Sprüche und Witze zieren die Wände. ",CDU' ist eine Systemdatei. Wirklich löschen?", hat jemand an die Wand gekritzelt und ganz wie auf dem Computerbildschirm die zwei Eingabefelder "Ja" und "Nein" dazu gemalt. "Die alten Griechen wurden nicht von den alten Griechen inspiriert", hat ein anderer einen Frontalangriff auf die Autoritätsgläubigkeit des Bildungsbürgertums an die Wand geschrieben. Doch ganz auf Klassiker können auch sie nicht verzichten: "Macht kaputt, was Euch kaputt macht".

Doch Besetzerdasein ist nicht nur kreatives Chaos. Dazu gehört auch das, was die Hausbesetzer "Security machen" nennen. Rund um die Uhr sitzt jemand auf dem Dach, um bei ungebetenen Gästen Alarm zu schlagen. Andere sind für die Ordnung im Haus selber zuständig, gerade bei Partys. "Doof" sei das mit der "Security" schon, meint Dieter. "Eigentlich wollen wir das gar nicht, aber es geht nicht anders." Aber auch wenn Leute "auf Partys Stress machen", dann gibt es im besetzten Haus keine Strafen, sondern dem Betreffenden wird erklärt, "was er falsch gemacht hat". Vor allem "bei sexistischen Übergriffen" werde das angewandt, erklärt Markus.

Im Zeichen des Pinguins
Auch ein Symbol für ihr besetztes Haus hat sich die Gruppe schon ausgedacht: ein Pinguin. Die Internetadresse lautet denn auch www.pingutopia.tk. "Der Pinguin ist ein sympathisches Tier", meint Susi. Und kann nicht fliegen - heißt es jedenfalls. Die Hausbesetzer sehen das anders. Auf ein Transparent haben sie fliegende Pinguine gemalt. "Von wegen das geht nicht" steht drunter. Gemeint ist damit natürlich, dass ein Leben jenseits von Kapitalismus und Kommerz eben doch möglich ist.

Doch wie lange das am Eifelplatz noch geht, wissen die Hausbesetzer selbst nicht. In den nächsten Tagen wollen sie mit dem Besitzer, einer Immobilienfirma, sprechen. "Wir wollen keinen Ärger mit der Polizei, aber der könnte zwangsläufig kommen", sagt Markus. Bisher sei die Polizei nur wegen Lärm da gewesen. Dass das Gebäude abgerissen, das Gelände eingeebnet und mit Mietswohnungen überzogen wird, wollen sie, wenn irgend möglich, verhindern. "Profit zerstört diese Grünoase", klagt Dieter. "Der Garten ist super", sagt Markus. Und hofft, dass sie dieses Kleinod erhalten können. "Ich könnte mir vorstellen, hier zu wohnen", sagt er.


* Alle Namen geändert
taz Köln Nr. 7418 vom 26.7.2004, Seite 1, 185 Zeilen (TAZ-Bericht), DIRK ECKERT

http://www.taz.de/pt/2004/07/26/a0040.nf/text.ges,1