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Pressespiegel:
Freundschaft und Altruismus bei NMT

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Freundschaft und Altruismus bei NMT

Autor: Achim Stößer | Datum:
Was eigentlich allgemein bekannt sein sollte, das Vorhandensein von Freundschaften und Altruismus bei nichtmenschlichen Tieren, wird von Speziesisten immer gern geleugnet.

Schließlich wird es immer schwerer, Kriterien zu finden, die alle Menschen vermeintlich von allen anderen Tieren unterscheiden, und die nicht offensichtlich unzutreffend sind (da es keine ehisch relevanten nichttautologischen Unterschiede gibt): Wenn etwa (ein beliebtes Beispiel) "Sprache" genannt wird, wird damit manchen Behinderten das Menschsein abgesprochen, während viele NMT über Sprache Verfügen. Wer "Opernkomponieren" oder "Mathematik" anführt, hat vermutlich noch nie eine Oper geschrieben und windet sich bei der Aufforderung, eine Differentialgleichung zu lösen. Ebenfalls beliebt ist "Religion" - womit Atheisten, die nicht solchen Wahnvorstellungen anhängen, das Menschsein abgesprochen wird. Ethisch relevant ist das alles ohnehin nicht - besonders deutlich wird dies an Durs Grünbeins "Kriterium" fürs Menschsein: Kaugummikauen.

Nun gibt es zu Freundschaften und Altruismus bei "Nutztieren" (Pferden, Schafen, Eseln und Rindern) eine wissenschaftliche Untersuchung. Ein Fazit: "altruistisches Verhalten stellt die Soziobiologie noch vor Rätsel. Diese Disziplin führt die Existenz tierischen Verhaltens darauf zurück, dass es der Nachkommenschaft einen Selektionsvorteil verschafft - oder ihr zumindest nicht schadet. Uneigennützige Handlungen nicht verwandter Tiere lassen sich mit dieser Theorie nur schwer erklären."

Verhalten: Echte Tier-Freunde

Autor: Achim Stößer | Datum:
Verhaltensforscher finden in der Tierwelt immer mehr Parallelen zu menschlichen Handlungsmustern. Eine weitere Facette fügte jüngst die Zoologin Anja Wasilewski mit den Ergebnissen ihrer Doktorarbeit hinzu. Die Forscherin von der Universität Marburg konnte erstmals nachweisen, dass nicht nur hoch stehende Primaten wie Schimpansen zu Freundschaften fähig sind, sondern auch andere Tiere - und zwar jenseits aller Familienbande oder Paarungsinteressen.


Die Versuchsbedingungen

Auf einer Farm im Südosten Englands untersuchte Wasilewski über einen Zeitraum von zwei Jahren das Sozialverhalten von Pferden, Schafen, Eseln und Rindern, die dort zum Teil in gleichgeschlechtlichen Herden gehalten werden. Letztere ist oft der Grund für nahezu unverbrüchliche Paarbildung sogar über Artgrenzen hinweg - wenn etwa Katze und Vogel gemeinsam aufwachsen. Im Gegensatz zu solchen, durch äußere Umstände herbeigezwungenen Bindungen definierte Wasilewski wahre Freundschaft als freiwillige Beziehung, die nicht sexuell motiviert ist. Für die Untersuchung eigneten sich die Nutztiere besonders, weil deren Herkunft und Aufzucht in Zuchtbüchern genau dokumentiert ist. So konnte Wasilewski aus ihren Beobachtungen alle die Fälle aussondern, in denen eine enge Beziehung womöglich auf Verwandtschaft oder Prägung in früher Kindheit zurückgeht.


1500 Beobachtungsstunden

Die Doktorandin protokollierte in rund 1500 Beobachtungsstunden zu festen Zeiten die Herdenstruktur und hielt für jedes Tier fest, welches seine beiden nächsten Nachbarn waren, mit wem es sein Futter teilte und wer sein Partner bei der Fellpflege war. Die ermittelte Nachbarschaftshäufigkeit stellte sie anschließend in einem Diagramm dar, der Luftaufnahme einer Herde ähnlich.


Besondere Vorlieben

Dabei zeigte sich, dass Esel Zweierbeziehungen vorziehen, Pferde dagegen zu größeren Cliquen neigen. Ferner scheinen sich in neuer Umgebung auch wieder neue Beziehungen zu etablieren - anfangs schließen sich meist Tiere zusammen, die gleichzeitig zu einer für sie fremden Gruppe stoßen.


Freunde sind sich ähnlich

Die Freundschaftsforscherin fand auch Hinweise darauf, nach welchen Kriterien sich die Huftiere ihre Freunde auswählen: Anscheinend favorisieren sie - ganz wie die Menschen - Artgenossen, die ihnen ähnlich sind. Besonders häufig schließen gleichaltrige Tiere Freundschaften, und hörnertragende Schafböcke achten darauf, dass ihr Kamerad ebenfalls über Hörner verfügt.


Wie Tiere Freundschaft bekunden

Wasilewski dokumentierte unterschiedliche Formen der Sympathiebekundungen: So blieb bei einem Konflikt zwischen zwei Schafböcken ein drittes unbeteiligtes Tier ungeachtet der Verletzungsgefahr in der Nähe seines kämpfenden Freundes. Nach dem Duell half es seinem Gefährten mit Wangenkontakt und Kopfreiben, die Anspannung abzubauen.


Uneigennütziges Handeln passt nicht ins Schema

Solch altruistisches Verhalten stellt die Soziobiologie noch vor Rätsel. Diese Disziplin führt die Existenz tierischen Verhaltens darauf zurück, dass es der Nachkommenschaft einen Selektionsvorteil verschafft - oder ihr zumindest nicht schadet. Uneigennützige Handlungen nicht verwandter Tiere lassen sich mit dieser Theorie nur schwer erklären.


Der Nutzen der Freundschaft

Die beobachteten Streicheleinheiten nützten den Tieren allenfalls indirekt, vermutet Wasilewski. Die emotionale Unterstützung durch einen Begleiter baue Stress ab und fördere Wohlbefinden und Gesundheit der Nutztiere - und damit ihre Überlebensfähigkeit. Eine Tierhaltung, die diese Bindungen respektiere, könne sich somit nicht nur für das Vieh auszahlen, sondern auch für dessen Besitzer.

GEOSKOP - GEO MAGAZIN 05/04