[Bitte sinnvolle Titel wählen, mit "Urlaub auf dem Campingplatz" hat das nicht mehr wirklich viel zu tun - Moderator]
Mientsche schrieb:
> Die hohen Zahlen der DVU sind in der Tat erschreckend.
In manchen Orten holte die NPD in Mecklenburg-Vorpommern jetzt bis zu 38%. Das ist wie ein schlechter Film...
> Allerdings ist es eben nicht so, dass diese knapp 7 % alle
> Rechtsradikale sind. Die Hälfte dieser Leute sind
> Protestwähler und wollen der Regierung einen "Denkzettel"
> verpassen
Das ist eine gängige Erklärung, aber ich weiß nicht so recht was ich davon halten soll. Warum wählen diese so genannten Protestwähler dann nicht Grün oder FDP, oder eine andere kleinere Partei? Warum funktioniert der die gängigen Bedrohungsszenarien überhaupt in Landstrichen, in denen es z. B. keine Migranten gibt?
> und stellen sich nicht besonders clever dabei an.
Nun ja, da stellt sich die Frage ob jemand der NPD wählt überhaupt rein physikalisch in der Lage ist, clever zu sein...
> Das ist dumm, aber viele Leute sind auch verzweifelt, weil
> Arbeitsplätze fehlen und keine Besserung in Sicht ist.
Es ist in der Tat ein Problem wenn die Identität von Menschen und auch ihr Selbstwertgefühl mit einer Tätigkeit verknüpft sind. Fällt die Tätigkeit weg, scheinen diese Menschen innerlich zusammen zu brechen. Aus diesem Gefühl der Minderwertigkeit, versuchen sie vielleicht eine Überlegenheit zu produzieren über das Ausmachen von noch "Minderwertigeren". Und genau das bieten die Braunen ihnen an. Ideologisch Dominanzgestörte treffen also auf soziopsychologisch Dominanzgestörte.
Dass die Leute einfach mal ihre Lebensentwürfe überdenken und sich z. B. als egalitäre Selbstversorger in Gruppen zusammen schließen und neue, ökologische Dörfer bauen, neue soziale Strukturen bilden, das übersteigt wahrscheinlich schon den Horizont der Möglichkeiten, obwohl das am Nächsten liegen würde. Besser als brütend zu Hause zu sitzen wäre es allemal.
Gut, viele von denen die noch nicht ihre Geburtsorte gen Westen verlassen haben sind vermutlich auch noch viel zu traumatisiert von der staatskapitalistischen Diktatur um Mut für Alternativen zu entwickeln, man hat ihnen ja quasi auch Jahrzehnte lang kreatives Denken und Eigeninitiative untersagt. Für jemanden der da nicht drin war, ist es schwer nachzuvollziehen, was das mit einem anstellt.
> Zum
> Teil wählen die selben Leute auch die PDS, aber da die Partei
> in einigen Ländern bereits regiert wie in Mecklenburg und es
> trotzdem nicht mehr Arbeit gibt, wird auf die DVU
> zurückgegriffen.
Wobei ich vermute dass es auch in der PDS Wählerschaft auch noch ein erhebliches rechtsextremes Reservoir befindet.
> Bei uns geht es tagein tagaus um
> Arbeitsplätze, Hartz IV Empfänger, Perspektiven für die
> Wirtschaft usw., so dass die eigentlichen Themen dieser so
> genannten Partei wie Ausländerhass gar nicht im Wahlkampf
> vorkommt (siehe zurzeit NPD in Mecklenburg)
Nun ja, Migration ist noch stets ein Thema, allerdings dreht sich das jetzt mehr gegen polnische Klemptner. Siehe kleine blonde Kinder Plakate mit "Wir oder die" Untertext usw. Aber klar greifen die nun hauptsächlich Themen auf aus dem akuten sozialen Tagesgeschäft sozusagen.
> und sich die
> meisten Leute darüber keine Gedanken machen. Auf den Plakaten
> der NPD stehen Sprüche wie "Es reicht!" und dazu ist eine
> Faust abgebildet, die auf den Tisch haut. Traurig aber wahr
> ist, kaum einer der Wähler interessiert sich für das
> Wahlprogramm von DVU oder NPD, Hauptsache man ärgert die
> "dicken Bonzen" da oben in der Regierung.
Tja, und schneidet sich dabei ins eigene Fleisch. Denn oft ist es doch so, dass Kreative, Lebenskünstler, Aussteiger usw. in Gegenden ziehen, die leer geworden sind. Dies ist dann auch der Beginn des Aufschwungs für solche Gegenden - aber genau solche Menschen bleiben jetzt da fern. Denn nichts verachten Freigeister so wie die braunen Spinner.
> > Und Du hast Recht, das
> > gilt selbstverständlich nicht nur für den Osten. Es gilt noch
> > nichteinmal nur für Deutschland.
> Das macht die ganze Angelegenheit umso schlimmer, und ich
> finde es ganz schrecklich, dass ihr beide und besonders
> natürlich dein Mann solche Angst habt. Gerade deshalb könnte
> dein Mann genauso gut in der Uckermark spazieren gehen. Warum
> sollte er sich in Berlin sicherer fühlen?
Er fühlt sich ja nicht sicher. Von mehr oder weniger Sicherheit kann keine Rede sein. Allerdings denke ich schon, dass in einer dicht besiedelten Stadt die Hemmschwelle in diesem Kontext höher ist, sich aggressiv zu verhalten als wenn niemand zusehen kann.
> Gute Ideen, da muss ich nur noch rechnen, ob es den Aufwand
> halbwegs lohnt, z. b. mit Frühstück. Wenn, dann will ich es
> auch richtig schön machen oder gar nicht.
Ja, selbstverständlich, das muss immer alles im richtigen Verhältnis stehen.
> > Kann ich mir vorstellen. Dünn besiedeltes Gebiet, dann auch
> > noch vegan. Und extra reinfahren nach Berlin nur für den
> > einen oder anderen veganen Stammtisch, da muss man auch erst
> > mal die Muße für finden.
> Ich bin auch nicht so jemand, der einfach irgendwo auftaucht
> und sagt, hallo hier bin ich, wollen wir Freunde sein.
Na, ja, freundschaftliche soziale Vernetzung passiert sowieso nicht gewollt, das entwickelt sich so nebenbei. Aber man muss die Orte wo das stattfinden kann schon aufsuchen.
> Da bin
> ich leider immer etwas schüchtern am Anfang.
Warum? Was kann schon passieren?
> Von der
> einstündigen Bahnfahrt bis nach Berlin ganz zu schweigen.
Also wennde mal wieder in Berlin bist, gib mir Bescheid dann können wir ja mal auf Kaffee und Kuchen im Majas Deli, das übrigens auch rauchfrei ist was ich sehr angenehm empfinde. Nach fast 10 Jahren Kette in meinen 20ern brauch ich das nicht mehr unbedingt... Ich bin nämlich überhaupt nicht schüchtern, im Gegenteil, etwas mehr Schüchternheit würde mir glaube ich ganz gut stehen:-)