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Atheismusforum:
Richard David Precht & Gott - Teil 1

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Richard David Precht & Gott - Teil 1

Autor: A | Datum:
Nicht nur die Frage, ob wir Fleisch essen dürfen, beantwortet Richard David Precht in seinem Spiegel-Bestseller "Wer bin ich, und wenn ja, wie viele" (siehe Tierrechtsforum), sondern auch die Frage, ob es Gott gibt.

Ähnlich wie kurz zuvor schon Richard Dawkins in "Der Gottes-wahn" (2007), so greift auch Richard David Precht zunächst in die Trickkiste der Geschichte und geht zurück in das 11. Jahrhundert. Damals, im tiefsten Mittelalter, entstand der folgende Gottes-beweis von Anselm von Canterbury:

Zitat Precht: "Die einzig sinnvolle Vorstellung, die wir uns von Gott machen können, ist die eines unendlich großen und vollkommenen Wesens. Denn alles andere wäre irgendwie kein Gott, zumindest nicht im christlichen Sinne. Gott, so könnte man sagen, ist das, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann. Doch wenn es zur Vorstellung von Gott gehört, dass er alle Eigenschaften der Großartigkeit besitzt, dann gehört es auch zu diesen Eigenschaften, dass er existiert. Würde er nicht existieren, so würde es ihm zumindest an ieiner/i Eigenschaft mangeln, nämlich der, zu isein/i - und dann wäre es nicht Gott. Etwas, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, muss also existieren, denn ansonsten ist diese Vorstellung widersinnig. Folglich lässt sich schließen: Es gibt Gott!"

Doch schon bald gab es erste Kritik. Darunter die von Thomas von Aquin, 150 Jahre später. Thomas kam auf die Idee, dass es gar keine größte Vorstellung geben könnte. Zu jeder Vorstellung gäbe es immer eine noch größere, wie in der Mathematik auf n immer n+1 folgt. Stattdessen begründete er die Existenz Gottes dadurch, dass unsere Welt ja irgendwie entstanden sein musste. Und das konnte aufgrund des Schwierigkeitsgrads der Aufgabe nur ein einziges Wesen sein mit folgenden Qualitäten: weder an Materie noch an Zeit gebunden, allmächtig und allwissend, unendlich und unergründbar, absolut und vollkommen, unendlich in seiner Liebe und das Glück selbst - Gott.

Auch Kant erKante, dass Anselm von Canterbury keinen Gottesbeweis geliefert hatte. Allenfalls hatte er bewiesen, dass man sich Gott denken kann. Gott im Kopf ist eben noch lange kein Gott in der Welt. Aber anders als Thomas lieferte Kant keinen neuen Gottesbeweis und bekannte sich auch nicht zu dem kausalen Gott von Thomas, so dass lange Zeit nicht viel passierte, weil Kant grossen Einfluss hatte.

Neue Impulse kamen erst kürzlich aus der Hirnforschung. So steckte im Jahr 1980 der Neurologe Persinger die Köpfe seiner Testpersonen unter einen Magnethelm und schaltete ihn ein. Und tatsächlich, einige glaubten Gott gespürt zu haben. Gott, also lediglich die Folge von Magnetfeldern im Gehirn? Für Persinger war klar, Gott und das Magnetfeld der Erde gehören irgendwie zusammen. Einziger Wehrmutstropfen: bisher gelang es keinem anderen Hirnforscher, seine Experimente zu wiederholen.

Ende der 90er war der Arzt Newberg erfolgreicher. Er schob besonders spirituell veranlagte Menschen (Franziskanerinnen und Zen-Buddhisten) in den Kernspintomographen, liess sie beten und meditieren und maß die Blutzufuhr im Gehirn. Aha, im Stirnlappen der Testpersonen stieg die Blutzufuhr an. Nach Newberg infolge-dessen der Ort, an dem Gott mit uns spricht. Sein Gottesbeweis: Wer sonst, wenn nicht Gott selbst, hat dieses Zentrum und seine Fähigkeiten angelegt?

Nun, entgegnet Precht ganz richtig: "wer sagt, dass hinter den religiösen Nachrichten tatsächlich ein Absender namens Gott mir auf diese Weise seine Einsichten mitteilt und mich erleuchtet? Könnten das nicht auch unbewusste, selbstgefertigte SPAMs sein, mit denen ich mich selbst überflute? Etwa als Folge einer evolutionären Fehlsteuerung?" - und kommt damit in die Nähe von Richard Dawkins in "Der Gotteswahn", der Gott schon vor Precht als eine evolutionäre Fehlsteuerung im menschlichen Gehirn entlarvt hatte (siehe dieses Forum).

Aber eigentlich braucht man gar nicht so weit auszuholen, meint Precht. Wie gegen Anselm, greift auch hier bereits das Abwinken von Kant: Wenn irgendetwas im Gehirn vonstatten geht, dann eben nur im Gehirn. Die Existenz Gottes ist damit nicht bewiesen.

Aber auch der Gottesbeweis von Thomas von Aquin, der ja immer noch offen ist, ist mehr als fragwürdig. Wenn die Existenz des Universums eine Ursache haben soll, warum muss ausgerechnet Gott dafür verantwortlich gewesen sein? - Auch ist durchaus denkbar - eine Idee, auf die Bertrand Russell gekommen ist, dass das Universum gar keine Ursache hatte. Denn wenn alles eine Ursache hat, dann gibt es keinen Anfang, und damit keine erste Ursache, nämlich Gott.

Precht muss also zwangsläufig an dieser Stelle eingestehen, und dagegen ist ja auch absolut nichts einzuwenden, dass alle direkten Beweise für die Existenz Gottes bisher fehlschlugen. Aber er gibt sich immer noch nicht zufrieden und bohrt weiter: wenn es also keinen idirekten/i Beweis gibt, gibt es dann nicht vielleicht wenigstens einen iindirekten/i?

Fortsetzung folgt...