Zitat: Ungläubiges Staunen über Gesetz gegen Gotteslästerung
Von Carsten Volkery, London
Es wirkt wie ein Rückfall ins Mittelalter: Gotteslästerern drohen in Irland künftig bis zu 25.000 Euro Strafe. Weil es die Verfassung so vorschreibt, argumentiert die Regierung. Doch schon bildet sich Widerstand. Kritiker wollen das Gesetz absichtlich brechen.
London - Das irische Parlament hat sich mit einem Knall in die Sommerpause verabschiedet: In der letzten Sitzung vergangene Woche wurde ein Gesetzespaket beschlossen, das Gotteslästerung oder die Veröffentlichung von blasphemischem Material mit einer Geldstrafe von bis zu 25.000 Euro belegt.
Zitat: Ian O'Doherty, Kolumnist des "Irish Independent", stellte trocken fest: "Jetzt sind wir also offiziell das religiös verblendetste Land der zivilisierten Welt." Um zu demonstrieren, wie realitätsfern das Gesetz ist, forderte er in seiner Kolumne die Autoritäten umgehend heraus.
"Katholizismus ist ein Kannibalenkult, der seine Anführer frisst. Juden, die glauben, dass es Gottes Wille ist, dass sie im Heiligen Land wohnen, sind verblendete Irre. Muslime, die islamisches Recht einführen wollen, sind faschistische Terroristen, und Scientologen sind Freaks, die vom böswilligen Geschwätz eines gescheiterten Science-Fiction-Autors verleitet wurden". O'Doherty schloss die Provokation mit dem Satz: "Also, Jungs, ich sehe euch vor Gericht."
Zitat: Blasphemie in Deutschland und Europa
Gotteslästerung ist in zahlreichen europäischen Staaten strafbar. In Deutschland kann die Beschimpfung des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, wenn dadurch der öffentliche Frieden gestört wird, ähnliche Regelungen gelten in Österreich. Unter anderem in Irland, den Niederlanden, der Schweiz, Griechenland und Spanien gibt es Paragrafen, die das Herabwürdigen von Religionsgemeinschaften unter Strafe stellen. Großbritannien strich hingegen die entsprechende Vorschrift 2008 aus dem Strafgesetzbuch.
Zitat: Die Venedig-Kommission
Eine Kommission des Europarates fordert inzwischen die generelle Abschaffung von Gotteslästerungsparagrafen. Zwar sollten Beleidigungen wegen der Religionszugehörigkeit weiterhin bestraft werden, die Verletzung religiöser Gefühle sollte jedoch keinen Straftatbestand mehr darstellen, erklärte die sogenannte Venedig-Kommission noch Ende Mai. Ihr gehören auch der frühere Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem und die Kölner Juristin Angelika Nussberger an.
Zitat: Paragraf 166 StGB
In Paragraf 166 des deutschen Strafgesetzbuches heißt es:
"(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören."
16.07.2009 http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,636558,00.html