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Veganismusforum:
Milgram-Experiment und Fleischessen

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Milgram-Experiment und Fleischessen

Autor: Marton | Datum:
Keinem Veganer ist es ganz leicht, Nichtveganern zu begegnen und über diese Thema zu sprechen.
Dazu fiel mir ein, mich weniger Veganismus, sondern eher dem Fleischessen zu nähern.
Man kennt das Milgram-Experiment und sein recht unfaßbares Ergebnis, und ich glaube, die beiden Dinge haben miteinander zu tun. Menschen haben wahrscheinlich ein tiefer ausgeprägtes und konkreteres Empathievermögen als andere Tiere. Schon Kinder lesen den Gesichtsausdruck anderer und reagieren darauf. Sie fühlen Freude und Schmerz gleichsam mit und lernen, daß das sie verpflichtet. Jeder ist auch mitgenommen von Filmen, in denen Menschen sterben oder leiden. Allerdings lernt man nach dem Authoritätsmodell, daß das aufgehoben werden kann. Tötende Soldaten (also alle) sind keine unmoralische Wesen sondern amoralische. Ich hoffe, das ist klar, sie genießen das nicht unbedingt, sondern sind einprogrammiert durch jede Menge reflexartiger Rituale und Abläufe. Und - ganz entscheidend - versichert, daß jemand anderes dafür die Verantwortung trägt.
So sind Kinder, wie das Peter Singer (auch wenn er nicht vegan ist), glaube ich, recht verständlich vor Augen führt, zuerst entsetzt, wenn sie erfahren, daß Tiere durch Menschenhand sterben, und wollen kein Fleisch essen. Doch nachher, über die Autorität der Erwachsenen, kriegen sie eine Hirnwäsche verpaßt: man soll keine Menschen töten, doch wenn sie böse sind, dann dürfen das auch in einer guten Welt die dafür vorgesehenen schon. Das sind Polizisten und Soldaten. Eine runde schöne Welt. (Übrigens, alle Militär-Minister heißen Verteidigungsminister. Wieso kann's da überhaupt Kriege geben, wenn sich alle nur verteidigen?)
So wird die Empathie abgetötet und eingeprägt, daß die Tiere dafür da sind usw-usw und die Kinder beruhigt, daß ihre Welt nicht aus den Fugen geraten ist. Das wird ihnen erleichtert,sie sehen ja gar nicht, wie das passiert, kriegen "leckere" brutzelnde Brathähnchen, und vor allem nehmen Erwachsene ihnen die Verantwortung ab.
Das macht die Sache schwer, denn oft kann man mit dem Hinweis: "stimmt leider alles nicht" keine Strukturen durchbrechen, die über Jahrzehnte im Hirn befestigt sind. Man kann über Moral reden, aber dann lachen und sagen die dann, dann bin ich eben unmoralisch, es schmeckt aber (wie man auch sagt, ich komm halt in die Hölle, da ist aber die Gesellschaft besser).
Ich glaube, sowas passiert, wenn der bloße Hinweis dafür, man sollte damit aufhören, auf taube Ohren stößt.

Re: Milgram-Experiment und Fleischessen

Autor: martin | Datum:

> Man kennt das Milgram-Experiment und sein recht unfaßbares
> Ergebnis, und ich glaube, die beiden Dinge haben miteinander

Das kennen vielleicht nicht alle, wäre gut, wenn du die Punkte, auf die du dich beziehst, nochmal zusammenfassen könntest.

> Menschen haben wahrscheinlich ein tiefer ausgeprägtes
> und konkreteres Empathievermögen als andere Tiere.

Warum? (Das Gegenteil habe ich noch nicht gehört, aber diese Version scheint mir trotzdem erklärungsbedürftig.)

> Schon
> Kinder lesen den Gesichtsausdruck anderer und reagieren
> darauf.

Das können Menschenaffen auch.

> Jeder ist auch mitgenommen
> von Filmen, in denen Menschen sterben oder leiden.

Naja, eher "die meisten". (Es kommt auch darauf an, ob es eine Doku oder ein Spielfilm ist.)

> Tötende Soldaten (also alle) sind keine
> unmoralische Wesen sondern amoralische.

Das ist sicher auch von Fall zu Fall unterschiedlich. Bei jeder Berufsgruppe, die tötet (Jäger, Schlachthofarbeiter etc.), gibt es sowohl Sadisten, denen es Spaß macht, als auch solche, die sich sehr unwohl fühlen (sicher eher bei Schlachthofarbeitern als bei Jägern) und eine große mehr oder weniger indifferente Masse.

> So wird die Empathie abgetötet und eingeprägt, daß die Tiere
> dafür da sind usw-usw und die Kinder beruhigt, daß ihre Welt
> nicht aus den Fugen geraten ist.

In der Tat.

Allerdings sehe ich nicht ganz, wie das mit den Ergebnissen der Milgram-Experimente in Verbindung steht. Denn Indoktrination von Kindern erfolgt zwar auch über Autorität, aber die Lenkungen und Beeinflussung von Erwachsenen über Autorität ist schon etwas anders zu bewerten.

Re: Milgram-Experiment und Fleischessen

Autor: Marton | Datum:
martin schrieb:

>
> > Menschen haben wahrscheinlich ein tiefer ausgeprägtes
> > und konkreteres Empathievermögen als andere Tiere.
>
> Warum? (Das Gegenteil habe ich noch nicht gehört, aber diese
> Version scheint mir trotzdem erklärungsbedürftig.)
>
Ich weiss es nicht; aber ein Löwe (oder Schimpanse, wenn er Tiere tötet, das dürfte vorkommen) scheint instinktgesteuert zu sein und sich nicht hineinzuversetzen in das Opfer. Deswegen meinen Veganer, tötende Tiere sollte man halt in Ruhe lassen, Menschen hätten aber gerade durch dieses Bewusstsein eine Verantwortung. Anders gesagt, bei anderen Tieren spricht man nicht explizit von Moral.


h nicht ganz, wie das mit den Ergebnissen
> der Milgram-Experimente in Verbindung steht. Denn
> Indoktrination von Kindern erfolgt zwar auch über Autorität,
> aber die Lenkungen und Beeinflussung von Erwachsenen über
> Autorität ist schon etwas anders zu bewerten.

Es scheint nur so, dass, Erwachsene, der Verantwortung entbunden, erstaunliche machen -- ob im Krieg, beim Experiment, auf der Jagd usw. Vielleicht könnte dieser Mechanismus etwas Allgemeines an uns sein, und deshalb nützlich beim Verstehen des Fleischessens.

Re: Milgram-Experiment und Fleischessen

Autor: martin | Datum:
> Ich weiss es nicht; aber ein Löwe (oder Schimpanse, wenn er
> Tiere tötet, das dürfte vorkommen) scheint instinktgesteuert
> zu sein und sich nicht hineinzuversetzen in das Opfer.
> Deswegen meinen Veganer, tötende Tiere sollte man halt in
> Ruhe lassen, Menschen hätten aber gerade durch dieses
> Bewusstsein eine Verantwortung. Anders gesagt, bei anderen
> Tieren spricht man nicht explizit von Moral.

Hm ja, aber die Begründung ist nicht, dass nichtmenschliche Tiere (qualitativ/quantitativ) weniger Empathievermögen besäßen, sondern, dass ihnen das ethische Reflexionsvermögen fehlt und sie deshalb (analog zu Kindern) nicht für ihre Handlungen bestraft werden sollen.

Wobei man hier zwischen normalen Karnivoren und manchen Menschenaffen unterscheiden muss. Erstere haben (zusätzlich) keine andere Wahl (um an Nahrung zu kommen). Letztere hingegen besitzen evt. Protomoralität, wie manche Ethologen meinen, und töten durchaus auch ohne unbedingte Notwendigkeit (die Nähe zum Menschen ist ersichtlich). Sie ggf. vom Töten abzuhalten (nur bei Gelegenheit, nicht präventiv), könnte daher im Gegensatz zu Karnivoren berechtigt sein.

> Es scheint nur so, dass, Erwachsene, der Verantwortung
> entbunden, erstaunliche machen -- ob im Krieg, beim
> Experiment, auf der Jagd usw. Vielleicht könnte dieser
> Mechanismus etwas Allgemeines an uns sein, und deshalb
> nützlich beim Verstehen des Fleischessens.

Die Parallelen sind in der Tat nicht übersehbar.
Zitat: Auffällig am Verhalten der Probanden war, daß sie häufig versuchten, ihr Opfer so wenig wie möglich wahrzunehmen und ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf den Versuchsleiter zu richten versuchten. Das geschah vermutlich, um die inneren Spannungen, die durch die wahrgenommenen Schmerzen des Opfers hervorgerufen wurden zu mildern, durch ein geschicktes Anpassungsverhalten die Situation zu ertragen. Dieses Phänomen bezeichnete Milgram als "Einstimmung auf die Autorität". Einige TeinehmerInnen bestritten, daß das Opfer tatsächlich schmerzhafte Schocks erhielt und die viele leugneten einfach ihre Verantwortlichkeit, manche verlangten zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt des Experiments zusätzlich eine Versicherung, daß sie für ihre Handlungen nicht haftbar gemacht werden können. Oder die Verantwortung wurde mit der Begründung auf das Opfer übertragen, daß es sich ja freiwillig gemeldet habe.
http://www.stangl-taller.at/TESTEXPERIMENT/experimentbspmilgram.html

Dass Tiere leiden, wird bestritten, dass Unveganer selbst durch ihren Unveganismus verantwortlich sind und nicht die Schlachthofarbeiter, wird bestritten, und es wird behauptet, Tiere seien "dazu da" getötet zu werden. Aber die Verbindung zur Autorität sehe ich noch nicht ganz. Unveganismus wird selten mit Verweis auf die Autorität gerechtfertigt und Manipulation gibt es nach der kindlichen Indoktrination kaum noch; jeder kann sich umfassend selbst über die Folgen des Unveganismus informieren.

Wie du selbst sagst, ist die Manipulation, die es gibt, nicht schwer zu durchschauen, daher bin ich eher geneigt zu sagen, dass Unveganer, die damit argumentieren (die anderen seien schuld etc.), das nur machen, weil sie manipuliert werden wollen und diese Vorwände (Tiere leiden nicht etc.) haben wollen, um sich gut zu fühlen. Da nützt es nicht viel, die Manipulation aufzulösen (wobei auch das notwendig ist), da sie sich eine neue suchen, sondern man muss ihr Denken ändern. (Oder es eben lassen, da sich nicht alle überzeugen lassen, und sich auf die konzentrieren, die die Manipulation nicht wollen, sondern nur durch ihre Sozialisation und Unwissenheit bisher nicht darüber nachgedacht haben.)

Re: Milgram-Experiment und Fleischessen

Autor: Marton | Datum:
Hier auf Internet das Milgram-Experiment:

http://www.stangl-taller.at/TESTEXPERIMENT/experimentbspmilgram.html

http://userpage.fu-berlin.de/%7Etkleber/sop1.htm

Englisch:

http://www.cnr.berkeley.edu/ucce50/ag-labor/7article/article35.htm

http://psychology.about.com/od/historyofpsychology/a/milgram.htm

http://www.experiment-resources.com/stanley-milgram-experiment.html

Meine Idee war, dass beim Fleischessen (und Milc & Co.) eine Barriere durchbrochen wird über Autorität und umgelenkt wird (Gesundheit). Nun verpufft jede Manipulation zum Grosssteil, wenn man sie entlarvt. Zum Beispiel ein Supermarkt ist ein bekannter Manipulationsinstrument: Da wird man so (zum Konsum) geleitet und aufgehalten usw, dass man nicht merkt (teure Artikel in Augenhöhe, für billige muss man sich bücken) und noch raffiniertere Routen, die die Reize brücksichtigen. Wenn man das aber burchschaut, hat man wenigstens einen strategischen Vorteil.

Deswegen könnte man beim Erklären des Veganismus für das Verdrängte appellieren und den Ablauf erläutern. Eigentlich machen wir da was Wahnsinniges, nur es wird euch weisgemacht: keine Sorge, das sei schon in Ordnung. Die Menschheit scheint oft ein einziges speziesistisches Syndikat zu sein.

Übrigens, objektiv sollte man den Jäger nicht mehr verachten und ethisch verurteilen wie einen sadistischen Berufshenker -- ich tue es aber subjektiv schon. Also befangen bin ich nicht, verabscheue sie wie kaum jemanden anderen. Doch viele geniessen nicht das Töten sondern irgendeinen (perversen) Adrenalin-Rausch (die reden von Pirsch) und natürlich das Fleischessen und Zusammensein, aber das Töten ist das Nebenprodukt -- sonst würden sie Metzger