Forenübersicht RSS

antiSpe Fragen und Antworten:
Lücke in meiner Argumentation

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 18

Hinweis: Momentan können keine Beiträge erstellt werden.

Lücke in meiner Argumentation

Autor: Jennifer | Datum:
Hallo,

ich bin erst seit kurzem Veganerin und in der Auseinandersetzung mit Nicht-Veganern noch zum Teil etwas unbeholfen und greife deswegen auch gerne auf die FAQs von veganismus.de, insbesondere jenes zu den Rechtfertigungsversuchen, zurück.
Letzte Woche hatte ich dann mal wieder eine Diskussion mit einem Bekannten zum Thema Veganismus und geriet im Laufe dieser an einen Punkt, an dem ich nicht mehr weiter wusste.
Ich hab mich auch schon in den Foren hier umgesehen und auch versucht die Suchfunktion zu nutzen ("versucht" weil nicht so recht wusste, was ich als Suchwort eingeben sollte), aber konnte dadurch die Lücke in meiner Argumentation nicht schließen. Falls es hier dennoch schon mal zur Sprache kam, dann tut es mir leid, verschiebt meinen Post dann bitte einfach dorthin.

Im Zuge der genannten Diskussion kam es jedenfalls irgendwann zur bekannten Frage, wohin man denn mit all den Tieren solle, wenn die Gesellschaft plötzlich vegan würde.
Nach meiner Entgegnung, dass damit wohl kaum zu rechnen sei, dass viel eher eine schrittweise "Veganisierung" der Gesellschaft zu erwarten sei und es somit gar nicht zu einer solchen Frage kommen würde, wand er ein, dass die Befreiung der nichtmenschlichen Tiere dann ja hauptsächlich (abgesehen von direkten Tierbefreiungen) in deren Nichtexistenz (weil sie nicht mehr nachgezüchtet würden) bestünde und fragte dann danach, ob dagegen das Leben in Gefangenschaft und Ausbeutung nicht letztendlich doch "besser" wäre.
Wieder bezugnehmend auf das FAQ antwortete ich, dass bei dem unvorstellbaren Leid, unter dem nichtmenschliche Tiere zu leben hätten, die Nichtexistenz auf jeden Fall vorzuziehen sei.
Daraufhin meinte er, dass dem vielleicht tatsächlich so sei, dass aber ab einem bestimmten Grad der Ausbeutung, ein Leben unter einer solchen der Nichtexistenz vorzuziehen sei und deshalb eine Position, die darauf hinausliefe, meiner veganen Position, die eben auf die Nichtexistenz hinausliefe, überlegen sei.

An dem Punkt wusste ich einfach nicht genau, wie ich darauf antworten sollte. Hätte er jetzt nur den für den Tierschutz ja typischen Gedanken nach der Leidminderung (anstatt der Abschaffung von Leid) geäußert, hätte ich einfach geantwortet, dass Ausbeutung unabhängig vom konkreten Grad dieser einfach ethisch inakzeptabel ist, aber durch die Verknüpfung dieser Sache mit der Frage, wie eine vegane Gesellschaft erreicht werden kann ("schrittweise) und worauf es hinausläuft ("Nichtexistenz"), bin ich mir unsicher, was ich darauf am besten entgegnen könnte. Also ich habe natürlich ein gehöriges Unbehagen gegen seine Position, aber das ist bisher nur ein diffuses Gefühl und kein Ersatz für ein Argument.
Ich bin mir zwar ziemlich sicher, dass hinter seinen Fragen und Einwänden kein ernsthaftes Interesse am Veganismus stehen, sondern es sich bloß um Rechtfertigungsversuche handelt, aber dennoch will ich die Sache nicht so einfach auf sich beruhen lassen, deshalb meine Frage ans Forum: Was würdet ihr antworten?

Viele Grüße!
Jennifer

Das Arterhaltungsargument

Autor: Urs | Datum:
Hallo Jennifer.

Ich würde darauf antworten:

Alle empfindungsfähigen Tiere gehören als Wesen mit eigenem Wohlbefinden vollständig sich selber. Wir haben kein Recht, solche Wesen für unsere Zwecke zu gebrauchen. Ob das Tier dabei leidet oder nicht, ist irrelevant. Wir haben ebensowenig das Recht, Menschen mit anderer Hautfarbe zu versklaven, auch wenn sie nicht darunter leiden würden.

Das bedeutet nun, dass wir natürlich auch kein Recht haben, andere empfindsame Wesen zu züchten. Mit Zucht meine ich die geplante Entstehung neuer Tiere für menschliche Zwecke. Das Argument der Arterhaltung, also, dass wir Tierarten beibehalten müssen, auch wenn diese ohne menschliche Hilfe nicht mehr überleben würden, ist ein Egoistisches. Es geht nicht um ein Existenzrecht der Tiere, sodnern um ein menschliches Interesse, diese Tierart weiter zu erhalten, zur Belustigung oder "Freude".

Des Weiteren bedeutet die Nichtexistenz weder Lust noch Unlust. Nichtexistenz ist Nichtexistenz. Niemand leidet unter Nichtexistenz. Ich betrachte den Tod unter vielen Umständen als ein Übel. Der gewaltsame Tod ist immer ein Übel, aber nur, weil damit eine SCHON VORHANDENE Existenz ausgelöscht wird. Eine Nichtexistenz ist nicht tot, sondern IST eben nicht.

Oftmals kommt darauf die Antwort, dass ein Tier unter Kastration oder verhindertem Fortpflanzungstrieb leidet und man als Tierrechtler doch für ein Recht auf Fortpflanzung sein sollte. Mal abgesehen davon, ob Tiere darunter leiden, was ich für unwahrscheinlich halte, ist die Antwort hierauf, dass sich die überwältigende Mehrheit aller Tiere in der heutigen Tiersklaverei nicht "natürlich" fortpflanzt, sondern künstlich geschwängert oder abgesamt wird. 99.99...% der Tiere werden daher jetzt schon an der Fortpflanzung gehindert.

Ausserdem würde ein Recht auf Fortpflanzung an alle verleiht werden müssen. Das heisst, die Strassenhunde in Brasilien dürften sich nach Belieben fortpflanzen, was das unglaubliche Leid dieser Tiere noch vergrössern würde.
Auch würden die "freigelassenen" Tiersklaven (welche ohnehin grösstenteils Qualzüchtungen sind und eine leidensfreie Existenz daher unmöglich ist) im Nu die Welt überfluten. Das Elend jener und aller anderen Tiere wäre gigantisch.
Mögliche Lösung: Fortpflanzung regulieren. Das würde bedeuten, dass es kein Recht auf Fortpflanzung gibt, da nur gewisse Tiere sich fortpflanzen dürfen. Zweck: Die Arterhaltung. Das Leid der Tiere ist also nur ein Vorwand, denn das Ziel der Arterhaltung von Tieren, die ohne Menschen nicht mehr überleben könnten, ist wie bereits gesagt, anthropozentrisch.

Ich hoffe, dir damit etwas weitergeholfen zu haben.

Re: Lücke in meiner Argumentation

Autor: bunbury | Datum:
Ahja, die alte "Wir tun den Tieren mit unserem Konsumverhalten etwas Gutes! Wenn es nach mir ging, würd ich mir den ganzen Stress mit der Ausbeutung ja nicht antun, aber was soll man als empathischer Altruist schon machen?"-Schiene.

Ich würde Deinen Gesprächspartner fragen, ob er, wenn Nichtexistenz denn sowas furchtbar Böses ist und dem Nichtexistenten solch unerträgliches Leid verursacht, denn wenigstens das Minimum dessen, was man machen kann, tut, indem er so viel Nachwuchs zeugt wie möglich oder alternativ als Missionar gegen Kondome predigt (natürlich beides nur bis zu dem Punkt, an dem die daraus resultierenden Kinder mehr leiden würden, als wenn sie nie existiert hätten). Immerhin dürfte einem Speziesisten das Wohl hypothetischer Menschen ja wohl wichtiger sein als das anderer Tiere...

Re: Rohkost Kind

Autor: Kubis | Datum:
Hallo

Ich habe deinen Beitrag über Rohkost Kind gelesen. In diesem Beitrag erzählst du, dass du einen Sohn hast ihn rohköstlich ernährst.
Ich erziehe meinen Sohn auch rohköstlich. Der ist 15 Monate alt. Seit ungefähr zwei Wochen will er kein Rohköstliches mehr essen. abends möchte er immer was gekochtes haben. Davor habe ich ihm Avocado, Cashewnüsse, Süßkartoffeln, eine Mix aus Sonnenblumenkerne und Gemüse, Datteln und viele Verschiedenes gegeben. jetzt will er von den aufgezählten Sachen nichts mehr haben. Ich bin Ratlos und weiß nicht wie ich ihn wieder mit Rohkost begeistern kann. Ich selbst ernähre mich nur mit Rohkost.
Könntest du mir vielleicht paar Ratschläge geben was ich ihm in seinem alter an Rohkost noch geben konnte? Was isst dein Sohn gern. Mixt du verschiedene Gemüse Sorten miteinander oder machst du für ihn nur eine Sorte Gemüse?

Ich bedanke mich im Voraus.

Liebe Grüße

Maia

falscher Adressat

Autor: bunbury | Datum:
Hi,

Du scheinst auf den falschen Beitrag (im möglicherweise falschen Unterforum) geantwortet zu haben. Ich bin kinderlos und keine Anhängerin ausschließlich roher Ernährung...

Re: Rohkost Kind

Autor: martin | Datum:
Ich wurde zwar nicht gefragt, frage dich aber trotzdem:

> Ich erziehe meinen Sohn auch rohköstlich.

Warum tust du das?

> habe ich ihm Avocado, Cashewnüsse, Süßkartoffeln, eine Mix

Kann man Süßkartoffeln essen, ohne sie zu kochen?

nichtexistierende Sklaven

Autor: martin | Datum:

> solchen Frage kommen würde, wand er ein, dass die Befreiung
> der nichtmenschlichen Tiere dann ja hauptsächlich (abgesehen
> von direkten Tierbefreiungen) in deren Nichtexistenz (weil
> sie nicht mehr nachgezüchtet würden) bestünde

Ja, selbstverständlich. Hier helfen auch Analogie, um die Unsinnigkeit deutlich zu machen. Auch in der menschlichen Sklavenhaltung wurden über Jahrtausende Menschen nicht nur eingefangen, sondern auch "nachgezüchtet", weil dies eine billigere Methode war, um an neue Sklaven zu kommen. Seiner Logik nach hätte man auch die Sklavenhaltung nicht abschaffen dürfen, da alle die Sklaven, die in aus der Nachzüchtung entstünden wären, zur Nichtexistenz verurteilt wären.

> Daraufhin meinte er, dass dem vielleicht tatsächlich so sei,
> dass aber ab einem bestimmten Grad der Ausbeutung, ein Leben
> unter einer solchen der Nichtexistenz vorzuziehen sei und

Den Punkt verstehe ich kaum. Ab welchem Grad und wieso? Er meint wahrscheinlich, wenn die Ausbeutung relativ gering sei, also das Leiden der Existen die "Freunde" des Am-Leben-Seins überwiege. Diese illusorische "Koexistenz" (oder "Symbiose") aus Ausgebeuteten und Ausbeutern wird immer wieder gerne beschworen, ist aber a) ökonomisch unrealistisch. Damit ließen sich keine signifikanten Mengen an Tierprodukten herstellen, erst recht nicht, da man die Tiere nicht töten dürfte, sodass man bspw. bei der Kuhmilchproduktion nach zwanzig Jahren Fünftausend Rinder hätte. Und b) - wie du ja bereits festgestellt hast - ist aus "sanfte" Ausbeutung immer noch Ausbeutung und damit eine Verletzung der Rechte. Nichtmenschliche Tiere sind genauso wenig dafür da, Tierprodukte zu produzieren (egal, unter welchen Bedingungen), wie Kinder für Kinderarbeit da sind (egal, unter welchen Auflagen).

Wie auch schon darauf hingewiesen wurde, ist die Argumentation mit Nichtexistenz an sich fehlerhaft, da man Nichtexistenzen, deren Existenz nicht vorgesehen ist, keine Interessen zuschreiben kann. (Der Unterschied besteht zu Nichtexistenzen, deren Existenz vorgesehen ist, z.B. zukünftigen menschlichen (und nichtmenschlichen) Generationen, denen gegenüber man durchaus ethische Pflichten haben kann (z.B. die Erde nicht zu weiter zu zerstören), aber die aktuelle Existenz der "Nutztiere" ist an sich unrechtmäßig und damit fallen künftige Generationen dieser aus der Betrachtung heraus.)

> dieser einfach ethisch inakzeptabel ist, aber durch die
> Verknüpfung dieser Sache mit der Frage, wie eine vegane
> Gesellschaft erreicht werden kann ("schrittweise) und worauf
> es hinausläuft ("Nichtexistenz"), bin ich mir unsicher, was
> ich darauf am besten entgegnen könnte. Also ich habe

Wo ist das Problem in Verbindung mit der Erreichung einer veganen Gesellschaft?

Im Übrigen selbst wenn diese Frage, wo die Tiere hinsollten, ein wirkliches Problem wäre (und in Spezialfällen, z.B. einer Zooschließung, auch sein können), ist das nicht im Geringsten eine ethische Rechtfertigung, weiterhin Tierausbeutung zu bereiten. Die Analogie vom Anfang: auch nach der Abschaffung der Menschensklaverei gab es oft das viel konkretere Problem, wo die Sklaven hinsollten. Das war dennoch verständlicherweise kein Grund, die Sklaverei nicht abzuschaffen.

Re: nichtexistierende Sklaven

Autor: Jennifer | Datum:


> Hier helfen auch Analogie, um die
> Unsinnigkeit deutlich zu machen.

Also mich erinnerte sein Einwand auch gleich an weiße Sklavenhalter, die die Ausbeutung der schwarzen Sklaven noch als Menschheitsbeglückung verkauften, weil die "Neger" ja nicht für sich selbst sorgen könnten und an die Kandare genommen werden müssten. Ich hab das ihm gegenüber auch geäußert, aber dazu meinte er, dass man das vergleichen könne, weil der Abolitionismus damals ja wirklich die Befreiung der Sklaven im Auge gehabt und dann auch herbeigeführt hätte, während meine Handlung ja gar keine nichtmenschlichen Tiere befreien, sondern lediglich zu deren Nichtexistenz führen würde.

> > Daraufhin meinte er, dass dem vielleicht tatsächlich so sei,
> > dass aber ab einem bestimmten Grad der Ausbeutung, ein Leben
> > unter einer solchen der Nichtexistenz vorzuziehen sei und

> meint wahrscheinlich, wenn die Ausbeutung relativ gering sei,
> also das Leiden der Existen die "Freunde" des Am-Leben-Seins
> überwiege.

Ja, das war sein Gedanke.

> a) ökonomisch unrealistisch.

Der Punkt ist für mich nachvollziehbar.

> b) - wie du ja
> bereits festgestellt hast - ist aus "sanfte" Ausbeutung immer > noch Ausbeutung und damit eine Verletzung der Rechte.

An der Stelle habe ich noch Probleme, nicht dass ich sanfte Ausbeutung nicht als Verletzung der Rechte der nichtmenschlichen Tiere ansehe, sondern damit, dass er mich ja darauf verweisen will, dass deren Nichtexistenz (auf die meine Position hinausliefe) für diese ja "schlimmer" wäre als die "sanfte" Ausbeutung und damit meine Position von diesem Standpunkt aus diskreditieren will.

> Wie auch schon darauf hingewiesen wurde, ist die
> Argumentation mit Nichtexistenz an sich fehlerhaft, da man
> Nichtexistenzen, deren Existenz nicht vorgesehen ist, keine
> Interessen zuschreiben kann.(Der Unterschied besteht zu
> Nichtexistenzen, deren Existenz vorgesehen ist, z.B.
> zukünftigen menschlichen (und nichtmenschlichen) Generationen,
> denen gegenüber man durchaus ethische Pflichten haben kann
> (z.B. die Erde nicht zu weiter zu zerstören), aber die
> aktuelle Existenz der "Nutztiere" ist an sich unrechtmäßig und
> damit fallen künftige Generationen dieser aus der Betrachtung
> heraus.)

Ich versteh die Fehlerhaftigkeit leider noch nicht richtig.
Die Existenz zukünftiger Generationen der sog. "Nutztiere" ist ja seitens der Tierausbeutungsindustrie tatsächlich vorgesehen (die will man ja auch vor diesem Schicksal bewahren, oder nicht?). Aber würde jetzt dir nach aus der Betrachtung herausfallen müssen, weil das Dasein der jetzigen "Nutztiere" unrechtmäßig ist, korrekt?
Mh, also den Schluss versteh gerade nicht.
Also falls du Zeit und Lust haast, wäre es toll, wenn du mir da noch mal auf die Sprünge helfen könntest. :(

Re: nichtexistierende Sklaven

Autor: martin | Datum:
> Also mich erinnerte sein Einwand auch gleich an weiße
> Sklavenhalter, die die Ausbeutung der schwarzen Sklaven noch
> als Menschheitsbeglückung verkauften, weil die "Neger" ja
> nicht für sich selbst sorgen könnten und an die Kandare
> genommen werden müssten.

Ja, die Parallelen zwischen Rassismus und Speziesismus sind gerade in diesem Bereich äußerst frappierend. Die meisten "Argumente" sind bis auf den Wortlaut identisch.

> Ich hab das ihm gegenüber auch
> geäußert, aber dazu meinte er, dass man das vergleichen
> könne, weil der Abolitionismus damals ja wirklich die
> Befreiung der Sklaven im Auge gehabt und dann auch
> herbeigeführt hätte, während meine Handlung ja gar keine
> nichtmenschlichen Tiere befreien, sondern lediglich zu deren
> Nichtexistenz führen würde.

Aber gerade was die Praktikabilität angeht muss er doch einsehen, dass 'unsere' Situation wesentlich einfacher ist. Denn wenn man die "Nutztiere" am Leben ließe würden sie aufgrund ihrer Qualzüchtung nur wenige Jahre (je nach Spezies) leben, die befreiten Menschensklaven noch Jahrzehnte und das mit wesentlich höheren Ansprüchen. Die Bedürfnisse befreiter nichtmenschlicher Tiere sind dagegen vergleichsweise gering.

> meine Position hinausliefe) für diese ja "schlimmer" wäre als
> die "sanfte" Ausbeutung und damit meine Position von diesem
> Standpunkt aus diskreditieren will.

Der eine Denkfehler seinerseits ist, Lebensbedingungen zukünftiger Individuen mit nichtexistenten Individuen zu vergleichen. Das geht schlicht nicht, da (es gibt verschiedene Ansätze, ich nehme hier den verbreitesten und mir am stimmigsten erscheinenden) ethische Berücksichtigung von Rechten daran gemessen wird, ob die Interessen der Individuen (Interesse an Leidfreiheit usw.) beachtet werden. Nichtexistente Individuen haben keine Interessen, die man mit den wahrscheinlichen Interessen von zukünftigen Individuen vergleichen könnte. Es gbit - schon rein logisch - hier keine Vergleichsbasis, an der man ein Besser-Als messen könnte.

> Ich versteh die Fehlerhaftigkeit leider noch nicht richtig.
> Die Existenz zukünftiger Generationen der sog. "Nutztiere"
> ist ja seitens der Tierausbeutungsindustrie tatsächlich
> vorgesehen (die will man ja auch vor diesem Schicksal
> bewahren, oder nicht?). Aber würde jetzt dir nach aus der
> Betrachtung herausfallen müssen, weil das Dasein der jetzigen
> "Nutztiere" unrechtmäßig ist, korrekt?

Der zweite Denkfehler ist, dass man die Berücksichtigung von künftigen Individuen (oder eben künftigen Generationen) nicht die Notwendigkeit künftiger Individuen festlegt. Ich sagte (das steht auch so in ethiktheoritischer Literatur), dass man künftige (menschliche und nichtmenschliche) Generationen insofern berücksichtigen muss, als man z.B. die Erde nicht zerstört, weil diese diese Generationen davon einen Nachteil haben werden (man verletzt in diesem Fall ihr - ich nenne es mal so - Interesse an bestmöglichen Lebensbedingungen). Dass man sie dahingehend berücksichtigen muss, setzt voraus, dass sie existieren werden. Es behauptet aber nicht, dass sie existieren müssen. Wenn sie nicht existieren werden, gibt es diese Verpflichtung nicht.
Deshalb fallen künftige "Nutztiergenerationen" heraus. Sie müssen nur berücksichtigt werden, wenn sie existieren werden (das ist der Grund, weshalb man vegan werden soll, auch wenn es den aktuell lebenden Tieren tlw. nicht direkt hilft). Wenn sie aber nicht existieren werden, weil die "Nutztierhaltung" abgeschafft ist, verwinden damit auch die künftigen Generationen in diesem Fall und es gibt nichts mehr zu berücksichtigen.

Eine Analogie dazu: Wenn ein Elternpaar ein Kind zeugt, das wahrscheinlich schwerkrank sein wird (z.B. wenn beide Eltern AIDS haben), kann bereits der Akt der Zeugung als ethisch verwerflich angesehen werden in Hinsicht auf das künftige Individuum.
Wenn Menschen dagegen verhüten, gibt es kein künftiges Individuum, das man berücksichtigen könnte. Daher wäre es absurd, würde man AIDS-kranken Paaren verhüteten Geschlechtsverkehr verbieten. Würde man dagegen nicht-existierend-werdende Individuen in dieser Hinsicht berücksichtigen würde, wäre jede Form von Verhütung Mord oder die "Vorenthaltung von Existenz" o.Ä. Und so einen Unsinn behaupten nur theistische Spinner (naja, und dein Gesprächspartner).

Alles nochmal in zwei Sätzen zusammengefasst: Wenn künftige Individuen existieren werden, hat man u.U. ethische Verpflichtungen gegenüber ihnen. Wenn sie nicht existieren werden (künftige "Nutztiere" oder Kinder, die aufgrund von Verhütung nicht existieren werden), hat man keine Verpflichtung; und aus dem ersten Satz lässt sich nicht ableiten, dass man ihnen die Existenz ermöglichen muss.

Re: nichtexistierende Sklaven

Autor: Jennifer | Datum:
Hallo Martin,

ich würde gerne bei deiner Analogie bleiben, einfach um vielleicht unbewusstes speziesistisches Denken außen vor zu halten:

> Eine Analogie dazu: Wenn ein Elternpaar ein Kind zeugt, das
> wahrscheinlich schwerkrank sein wird (z.B. wenn beide Eltern
> AIDS haben), kann bereits der Akt der Zeugung als ethisch
> verwerflich angesehen werden in Hinsicht auf das künftige
> Individuum.
> Wenn Menschen dagegen verhüten, gibt es kein künftiges
> Individuum, das man berücksichtigen könnte. Daher wäre es
> absurd, würde man AIDS-kranken Paaren verhüteten
> Geschlechtsverkehr verbieten. Würde man dagegen
> nicht-existierend-werdende Individuen in dieser Hinsicht
> berücksichtigen würde, wäre jede Form von Verhütung Mord oder
> die "Vorenthaltung von Existenz" o.Ä. Und so einen Unsinn
> behaupten nur theistische Spinner (naja, und dein
> Gesprächspartner).

Zugegeben, ich musste erstmal eine Weile über dieses Beispiel nachdenken, um mir eine Position dazu zu bilden.
Also eine Haltung, die in der Verhinderung von Leben (zum Beispiel durch den Einsatz von Kondomen) auch nur ansatzweise in die Nähe von Mord rücken will, halte ich auch für vollkommen absurd, das ist glasklar.
Aber ich hätte Probleme jetzt dieses Paar aus dem Beispiel auf den Gebrauch von Verhütungsmittel zu verpflichten und zwar weil ich der Meinung bin, dass ein Leben auch trotz HIV-Infizierung (jedenfalls in Westeuropa/Nordamerika) durchaus lebenswert und erfüllt verlaufen kann und ich deshalb Zweifel hätte, ob ich dem möglichen Kind tatsächlich etwas ersparen würde, wenn ich da auf einen Verhütungszwang bestehen würde.
Analog dazu hätte ich natürlich auch bei vergleichbaren Situationen mit nichtmenschlichen Tieren das selbe Problem.

Mh, was würdest du dazu sagen?

Viele Grüße!
Jennifer

Re: nichtexistierende Sklaven

Autor: martin | Datum:

> Aber ich hätte Probleme jetzt dieses Paar aus dem Beispiel
> auf den Gebrauch von Verhütungsmittel zu verpflichten und
> zwar weil ich der Meinung bin, dass ein Leben auch trotz
> HIV-Infizierung (jedenfalls in Westeuropa/Nordamerika)
> durchaus lebenswert und erfüllt verlaufen kann und ich
> deshalb Zweifel hätte, ob ich dem möglichen Kind tatsächlich
> etwas ersparen würde, wenn ich da auf einen Verhütungszwang
> bestehen würde.

Ob ich das verbieten würde, weiß ich nicht. Aber es besteht zumindest soweit gesellschaftlicher Konsens, dass bewusst ein (unheilbar) schwerkrankes oder schwerbehindertes Kind in die Welt zu setzen, ethisch fragwürdig ist. Die Diskussion müssen wir jedoch nicht vertiefen, denn die Übertragung auf die nichtmenschlichen Tiere betrifft nicht diese Analogie, sondern die andere (zweite). Während dieses Kind in Zukunft existieren könnte und man somit ethische Abwägungen treffen kann, ist das bei einem Kind, das wegen Verhütung "verhindert" wird, nicht der Fall. Bei den nichtmenschlichen Tieren sieht das Argument wie folgt aus:

(P1) Da die Tierausbeutung ethisch falsch ist, gehört sie abgeschafft.
(P2) Wenn sie abgeschafft ist, kann es (aus rein praktischen Gründen) keine zukünftigen Generationen geben.
(K) Abwägungen über zukünftige Generationen sind nicht möglich (da sie wegen P2 nicht existieren werden können).

Das Gegenargument stellt diese logische Kette auf den Kopf: weil es zukünftige Generationen geben wird, müssen wir sie berücksichtigen und wir müssen sie berücksichtigen, weil es sie geben wird. Das ist lediglich ein Zirkelschluss. Analog dazu: wenn ihr nicht verhütet, würde ein Kind existieren und weil es existieren würde, wenn ihr nicht verhütet, seid ihr, wenn ihr verhütet, für seine Nicht-Existenz verantwortlich.

Dazu kommt: selbst wenn man sein Argument akzeptieren (oder überhaupt darauf eingehen) würde, müsste er klären, wie eine ausbeutungsfreie Ausbeutung aussehen soll. Wie gesagt ist so etwas an sich fragwürdig (man kann keine Kooperation mit einem Wesen schließen, mit dem man nicht auf sprachlicher Ebene eine eindeutige gegenseitige Vereinbarung schließen kann - wenn das nicht geht, muss man davon ausgehen, ihm in irgendeiner Weise seinen Willen aufzudrängen und damit ist es keine Kooperation mehr); aber selbst wenn, wäre es praktisch dermaßen beschränkt, dass es ökonomisch irrelevant wäre.

Re: Bitte auf diesen Beitrag antworten

Autor: Jennifer | Datum:
Den Beitrag von 22:20 wollte ich eigentlich löschen (geht aber nicht?), um in diesem Beitrag noch mal konkret auf den Punkt zu bringen, wo meine Lücke klafft, in der Hoffnung, dass ich bei der Kritik daran checke, wo mein Denkfehler liegt.
Wenn ihr also so lieb wärt, euch das durchzulesen und mir weiterzuhelfen, wäre ich euch sehr dankbar.


Also ich sehe meinen Veganismus dadurch begründet, dass durch meinen Nicht-Konsum, meinen Boykott unveganer Lebensmittel / Gebrauchsgegenstände die Nachfrage nach diesen Produkten geringer ausfällt und deswegen auch weniger Tiere ein "Leben" unter Ausbeutung fristen müssen. Dagegen sind die Tiere, die in den Fängen der Tierausbeutungsindustrie sind, in jedem Fall verloren (von einzelnen Tierbefreiungsaktionen natürlich abgesehen), ihr trauriges Schicksal steht fest.

Jetzt sehe ich mich also damit konfrontiert, dass meine Position nur dazu führen kann, dass nicht noch mehr Tiere ein ähnliches Schicksal erleiden müssen, jedoch nicht dazu, dass diese Tiere zu ihrem Recht nach psychischer und physischer Unversehrtheit kommen und der Frage danach, ob dann eben nicht eigentlich ein Leben in der Ausbeutung doch vielleicht "besser" für diese sei, wenn ich ihnen schon nicht die Freiheit bringen könne. Was natürlich nur zutreffen würde, wenn man annehmen könnte, dass ein Leben unter Ausbeutung in irgendeinem Fall besser sein könnte als die Nichtexistenz.

Mir geht es jetzt nicht darum, dass ich drohe dahingehend "umzukippen", dass ich Ausbeutung plötzlich gutheißen würde, wenn sie denn nur "softer" daherkäme, das ist für mich ethisch absolut inakzeptabel, natürlich sollten die Rechte der Tiere sofort Beachtung finden. Wenn dies allerdings nicht möglich ist, weil sich der Veganismus nur schrittweise durchsetzen wird, wodurch eben immer weniger sog. "Nutztiere" nachgezüchtet würden, müsste sich die Position nicht daran messen lassen, ob sie für die Tiere, die dann nicht mehr nachgezüchtet werden, eine Verbesserung bringt?

In den FAQs wird diese Frage, so lese ich jedenfalls die Antwort, ja auch durchaus ernst genommen und nicht als haltlos oder so zurückgewiesen, sondern dahingehend beantwortet, dass bei dem unermesslichen Leid, unter dem die sog. "Nutztiere" leben müssen, die Nichtexistenz auf jeden Fall vorzuziehen sei.
Dem stimme ich auch voll zu. Ich komme eben nur ins schwimmen, wenn das jetzt mit der Frage verbunden wird, ob es nicht einen Grad der Ausbeutung geben könnte, bei dem es eben umgekehrt sein könnte, bei dem ein solches Leben vorzuziehen sei.


Viele Grüße!
Jennifer

Re: Bitte auf diesen Beitrag antworten

Autor: martin | Datum:

> der Tiere sofort Beachtung finden. Wenn dies allerdings nicht
> möglich ist, weil sich der Veganismus nur schrittweise
> durchsetzen wird, wodurch eben immer weniger sog. "Nutztiere"
> nachgezüchtet würden, müsste sich die Position nicht daran
> messen lassen, ob sie für die Tiere, die dann nicht mehr
> nachgezüchtet werden, eine Verbesserung bringt?

Nein, weil man nicht-existierend-werdende Individuen nicht ethisch berücksichtigen kann. Siehe anderer Beitrag.

> In den FAQs wird diese Frage, so lese ich jedenfalls die
> Antwort, ja auch durchaus ernst genommen und nicht als
> haltlos oder so zurückgewiesen, sondern dahingehend
> beantwortet, dass bei dem unermesslichen Leid, unter dem die
> sog. "Nutztiere" leben müssen, die Nichtexistenz auf jeden
> Fall vorzuziehen sei.

Das liegt daran, dass das der Aspekt ist, den die meisten nicht beachten. Es soll damit nicht unterstellen, dass künftige Generationen unabhängig ihrer Existenzwahrscheinlich ethisch beachtet werden müssten.

Re: Bitte auf diesen Beitrag antworten

Autor: Marco | Datum:
Jennifer schrieb:
>
> Dem stimme ich auch voll zu. Ich komme eben nur ins
> schwimmen, wenn das jetzt mit der Frage verbunden wird, ob es
> nicht einen Grad der Ausbeutung geben könnte, bei dem es eben
> umgekehrt sein könnte, bei dem ein solches Leben vorzuziehen
> sei.

Sogar wenn es so wäre (nur schon der Gedanke scheint mir reichlich unsinnig): Wie wäre das ermittelbar? Da dies nicht eruiert werden könnte, bleibt ohnehin nur Veganismus als Konsequenz, denn nur aufgrund dieser Möglichkeit Ausbeutung zu rechtfertigen, ist doch unglaublich absurd. Und genau das tut dein Gegenüber ja. Mehr noch, er hievt sich perfiderweise in die Position des Wohltäters und impliziert dabei, dass Du die "Böse" seist, die zukünftigen Wesen die Existenz verwehrst, obwohl er nichts anderes macht, als zur Rechtfertigung seiner Mordlust "Argumente" aus den Fingern zu saugen. Daher würde ich es auch in Frage stellen, ob diese Person überhaupt an einer ernsthaften Diskussion interessiert ist.

Re: inverse Optik

Autor: A | Datum:
Vielleicht hilft es, den Spiess einmal umzudrehen: eine andere Tierart, nennen wir sie X, beherrscht den Globus. Wir Menschen sind ihr unterlegen und werden von ihr ausgebeutet. X ist grosszügig und stellt uns frei uns fortzupflanzen. X braucht uns nämlich eigentlich gar nicht, hat entsprechende Maschinen und kann sogar künstliches Menschenfleisch herstellen oder sich allein von Pflanzenkost ernähren. Allerdings, wenn wir uns fortpflanzten, würden wir weiterhin ausgebeutet.

Wie würdest du dich entscheiden ? Fortpflanzung ?

Re: inverse Optik

Autor: martin | Datum:
Ich finde diese Analogie weniger geeignet. Zum einen würden sich Menschen aus purem Überlebensinstinkt immer für den Fortbestand der eigenen Spezies entscheidend (egal ob das sinnvoll ist oder nicht), während nichtmenschliche Tiere diese Entscheidung aus intellektuellen Gründen gar nicht fällen können. Zum anderen anderen betrifft das Aussterben der "Nutztiere" nur bestimmte Züchtungen, nicht die Spezies an sich. Hühner, Schweine, Rinder etc. würden auch weiterhin existieren, aber eben nur in Form der nichtdomestizierten, freilebenden Gattungen.

Re: Bitte auf diesen Beitrag antworten

Autor: Marton | Datum:
Ja, man sagt ja auch, stell dir vor, wenn wir dich, unser Kind nicht gezeugt hätten, wäre doch traurig (dein eventuelles Nichsein). Manche gehen noch weiter und sagen, man MUSS Kinder kriegen. Aber dann müsste doch eine jede Frau jede Gelegenheit nutzen (also von 12 bis zur Menopause) Kinder zu kriegen, denn denn jedes Kind weniger wäre Mord -- demographisch gesehen etwa. Da sieht man, wie absurd das ist -- und iw egefährlich die latente Anschuldigung.

Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst ...

Autor: Achim Stößer | Datum:
> Ja, man sagt ja auch, stell dir vor, wenn wir dich, unser
> Kind nicht gezeugt hätten, wäre doch traurig (dein
> eventuelles Nichsein). Manche gehen noch weiter und sagen,

Das ist aber eine Aussage a posteriori. Nicht a priori.

Daher ist natürlich auch das Zitat aus dem Kinderlied im Betreff (gewollt?)) absurd. Jemanden, der nie existiert hat ("geboren" ist hier nicht wörtlich zu verstehen), kann man nicht vermissen.

Achim