Herzlichen Glückwunsch zum Entschluss vegan zu leben!
Zu deinem Anliegen: Veganismus ist zwar keine Ernährungsform, aber die Leute die negativ auf Veganer reagieren, tun das auch bei Migranten, Frauen, Homosexuellen, Behinderten, Fetten usw. eben alles was irgendwie aus der Norm fällt. Und mit solchen Leuten freundschaftlichen Kontakt zu haben ist doch sowieso sinnlos, denn die sind schließlich "tot" polemisch gesagt.
Und selbst die Leute die "eigentlich normal" drauf sind aber unvegan leben, sind schnell verunsichert weil der Veganer sie mit ihrem eigenen, unethischen Leben vor den Kopf stoßen ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben. Anders ausgedrückt: dem Täter ist es plötzlich unmöglich, seine Taten zu verdrängen und die darauf folgende Abwehrreaktion hat mit dem Veganer eigentlich gar nichts zu tun, das ist das Gewissen dass sich meldet. Der Täter erkennt dann, dass eine Reparatur der Situation nur funktionieren könnte, wenn er oder sie selbst vegan würde. Allerdings kommt es dann oft zu einer Reflexreaktion, in der der Täter seinen Standpunkt über die Herabwürdigung des Veganers versucht zu rechtfertigen. So nach dem Motto "Iii ein schwuler Hippie / essgestörte Ökoschnalle", völlig unabhängig davon ob der Veganer gerade einen Nadelstreifenanzug oder Kostüm anhat und in der Bank arbeitet.
Während solche Reaktion bei Konfrontation mit Neuland eigentlich normal sind, fällt auf dass Nichtveganer oft auch nach langer Zeit nicht die geringste Peilung haben was vegan bedeutet. Man bleibt ein seltsames Wesen aus einer anderen Welt. Und über diesen Zustand mußt du dir bewusst werden, denn zu wissen, dass du für andere ein seltsames Wesen aus einer anderen Welt bist von der Sekunde an in der sie erfahren dass du vegan lebst, ist ein wichtiger Aspekt deiner eigenen Emanzipation als Veganerin. Denn wenn du dies weisst, kannst du darauf einsteigen und eventuell sogar damit spielen wenn dies angemessen ist.
Ich wollte noch was zu dem Wort einsam sagen. Das ist ein sehr hartes Wort weil es ja bereits ein gehöriges Maß an Leid transportiert. Für mich schwingt Einsamkeit auf der gleichen Wellenlänge wie Depression oder Langeweile. Also der Zustand der Einsamkeit, das Gefühl einsam zu sein ist bereits in sich so extrem dass man *dagegen direkt* erstmal vorgehen sollte, also ohne zu versuchen diesen Zustand über einen Kontakt mit anderen zu reparieren. Denn diese Einsamkeit nimmt man ja zu den anderen mit und man kann auch in einer Familie oder Gruppe von Freunden einsam sein. Einsam sein und keinen Kontakt mit Menschen haben sind also zweierlei Dinge. Vielleicht ist es sogar so, dass Einsamkeit den Kontakt mit Menschen verhindert. Allerdings ist die Aufnahme von Kontakt zu Menschen die effektivste Methode, um Einsamkeit zu brechen. Denn nur über Kontakt kannst du Menschen treffen, mit denen du eine Freundschaft entwickeln kannst. Es liegt also an dir, du musst Wege finden die dir zusagen, mit Anderen Kontakt aufzunehmen. Ein Forumbeitrag ist ja schonmal so ein Weg, und vielleicht meldet sich jemand bei dir aus deiner Umgebung.
Nun wohnst in einer Stadt mit weniger als 100.000 Menschen, da wird die vegane Luft natürlich schon arg dünn, für einen veganen Stammtisch würde da wahrscheinlich die Telefonzelle reichen. Du könntest demnach versuchen, dir deine eigenen Veganer zu basteln indem du Aufklärungsarbeit betreibst, Tierrechtsarbeit machst oder einfach eine Kochgruppe gründest, bei der du Nichtveganer einlädtst, mit der veganen Küche zu experimentieren. Da kann man dann so Themen machen wie backen, Hauptgerichte. Es muss halt deutlich sein dass vegan Prämisse ist, sonst schleppen sie dir sicher sofort Gewaltprodukte ins Haus. Die Gruppe könnte sich dann z. B. immer in einer jeweils anderen Küche treffen. Wichtig wäre halt dass du einfach mal anfängst was zu organisieren und austestest was dir am meisten zusagt.
Eine andere Möglichkeit wäre gleich nach Hamburg umzuziehen oder sonstwohin, England. Der grosse Vorteil von sozialem Personenmangel ist die persönliche Freiheit die das mit sich bringt, denn das bedeutet ja gleichzeitig dass man nicht durch ein familiäres Netz o. ä. am Ort festgeschnürt ist.
Möglichkeiten gäbe es genug, du müsstest nur definieren was du willst. Allerdings ist selbst ein Abenteuer über spontanen Aktionismus nicht zu verachten, besser als in einer 40qm, 2,20m Deckenhöhe mit Koch- u. Nasszellenbauhauswohnanlage zu verfaulen ist der allemal.