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Tierrechtsforum:
Pflanzenschutz

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 21

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Pflanzenschutz

Autor: Itchy | Datum:
Ein Thema, das doch relativ viele Schmerzempfindende Lebewesen betrifft, aber doch meist nur kurz angesprochen wird, ist der Pflanzenschutz bezüglich tierischer "Schädlinge".

Ist Schädlingsbekämpfung überhaupt zwingend speziesistisch, oder nur eine Handlung, die aufgrund der menschlichen Gesellschaft, deren internen Kommunikation und dem Speziesismus ausschließlich nichtmenschliche Arten betreffen kann? Prinzipiell würde heute jeder Pflanzenbauer die Ermordung eines menschlichen Schädlings ablehnen. Tatsache ist aber, dass Pflanzenschutz nicht zwingend speziesistisch ist. Die Frage, ob Schädlingsbekämpfung legitim ist, ist eine Frage, bei der artübergreifende Nächstenliebe oder besser der Kantsche Imperativ eine wichtige Rolle spielt.

Um einer ethischen Debatte aus dem Weg zu gehen, könnte man versuchen, die Notwendigkeit der Schädlingsbekämpfung komplett in Frage zu stellen. Jean Ziegler behauptet, die Weltlandwirtschaft wäre dazu in der Lage die Ernährung der doppelten Weltbevölkerung zu sichern, wobei man dazu noch nichtmal auf gentechnische Manipulation zurückgreifen müsste. Man muss hoffentlich nicht anfangen zu rechnen, um behaupten zu können, dass man die Weltbevölkerung auch ohne jene Schädlingsbekämpfung ernähren könnte, wenn die Nahrung nur gerecht verteilt werden würde.

Da es aber unmöglich erscheint, die unmoralische Weltwirtschaft dahingehend zu verändern, sollte man sich zumindest die Frage stellen, wie man als Konsument diesbezüglich ethisch korrekt handeln kann.

Dazu ist es sinnvoll die Schädlingsbekämpfung in die Sparten Zierpflanzenbau und ernährenden Pflanzenbau zu unterteilen.

Jeder sollte sich die Frage stellen, ob die Ästhetik einer Zierpflanze wichtiger ist, als die schmerzliche Unversehrtheit diverser "Schädlinge". Im ethischen Rahmen dürften die meisten Antispeziesisten hier gleicher Meinung sein.

Interessanter ist da die Frage, inwiefern man die Schädlingsbekämpfung im ernährenden Pflanzenbau letitimieren kann und ob das überhaupt möglich ist. Das ist auch die Schlüsselfrage, die ich mit diesem Thema stellen möchte.
Wir provozieren das Dilemma und nehmen an, dass ohne Schädlingsbekämpfung die Ernährung der Menschheit nicht gesichert wäre. Die relevante Folge von Schädlingsbekämpfung ist großes Leid und der Tod der betroffenen Lebewesen. Über Letzteres lohnt es sich nicht zu diskutieren. Ich persönlich bin bei diesem Thema zur abstrakten Frage gekommen, wieviel Leid ich Anderen zufügen will, sodass ich selbst kein Leid erfahre. Wer das Dilamma provoziert, der bekommt es also, denn ich finde darauf keine absolute Antwort sondern nur eine relative, die hauptsächlich von meiner Tageslaune, emotionaler Beziehung und meiner Egozentrik abhängig ist, aber nicht von ethischen Prinzipien, die am Ende noch abseits der Egozentrik funktionieren würden. Schließlich ist mir mein Leben mehr Wert, als das von einigen Insekten oder einem anderen Menschen.
Vielleicht hat Jemand für sich eine absolute Antwort bezüglich der Schädlingsbekämpfung gefunden und möchte Sie mir mitteilen.

Re: Pflanzenschutz

Autor: Ava | Datum:
Argh, schlecht gewählter Titel;-), denn es geht in Deinem Beitrag nicht um den Schutz von (z. B. vom Aussterben bedrohten) Pflanzen, sondern um ethische Dilemma bei der Nahrungsmittelproduktion.

Itchy schrieb:
>
> Ein Thema, das doch relativ viele Schmerzempfindende
> Lebewesen betrifft, aber doch meist nur kurz angesprochen
> wird, ist der Pflanzenschutz bezüglich tierischer
> "Schädlinge".

Da "tierisch" meist in einem abwertenden Kontext benutzt wird, verwende ich tierlich, also pflanzlich, menschlich, tierlich. Ich weiß nicht genau wer da als erstes drauf gekommen ist, auf jeden Fall macht es Sinn. Schädlinge zu umschreiben wird da schon schwieriger, aber im Prinzip handelt es sich hier in erster Linie um Nahrungskonkurrenten.

> Ist Schädlingsbekämpfung überhaupt zwingend speziesistisch,
> oder nur eine Handlung, die aufgrund der menschlichen
> Gesellschaft, deren internen Kommunikation und dem
> Speziesismus ausschließlich nichtmenschliche Arten betreffen
> kann? Prinzipiell würde heute jeder Pflanzenbauer die
> Ermordung eines menschlichen Schädlings ablehnen. Tatsache
> ist aber, dass Pflanzenschutz nicht zwingend speziesistisch
> ist. Die Frage, ob Schädlingsbekämpfung legitim ist, ist eine
> Frage, bei der artübergreifende Nächstenliebe oder besser der
> Kantsche Imperativ eine wichtige Rolle spielt.

Die systematische Tötung von Nahrungskonkurrenten ist sehr wohl speziesistisch, da sie wohl in einer veganen Landwirtschaft vermeidbar wäre, allerdings kann sie Veganern nicht angelastet werden da vegane Ethik keinen Einfluss auf die momentane Agrarwirtschaft hat. Der Konsum von Lebensmitteln bei denen es zum Tod von Nahrungskonkurrenten kam, ist also ein unvermeidbares, ethisches Dilemma. Inwieweit sich dieses reduzieren lassen würde, bleibt Spekulation. Allderdings sind vegan bewirtschaftete Böden gesünder, die Pflanzen die darauf wachsen resistenter und somit weniger anfällig für Insekten. D.h. eine vegane Landwirtschaft würde die Zahl der Insekten indirekt reduzieren, und die Tötung durch natürliche Freßfeinde dieser Insekten (Spinnen, "Raub"larven usw.) ein Übertrag der Situation außerhalb menschlicher Verantwortlichkeit.

> Um einer ethischen Debatte aus dem Weg zu gehen, könnte man
> versuchen, die Notwendigkeit der Schädlingsbekämpfung
> komplett in Frage zu stellen.

Es gibt da eigentlich keine ethische Debatte die ich erkennen kann, Insekten haben lange vor dem Menschen existiert und sich von Pflanzen ernährt die nicht durch Nacktaffen angebaut wurden. Davon können sie sich doch weiterhin ernähren. Als Existenz habe ich jedoch natürlich auch ein Recht meine Nahrung gegen Nahrungskonkurrenten zu verteidigen, am besten jedoch mit indirekten Mitteln wie im veganen Landbau. Die Notwendigkeit der Schädlingsbekämpfung kann man auf jeden Fall in Frage stellen, schließlich haben sich Menschen Jahrtausende lang ohne sie ernährt. Nur ist sie eben z. Zt. noch nicht vermeidbar, in der Agrarwirtschaft ist vegane Ethik noch überhaupt nicht angekommen, da hält man noch den Bioanbau für das Nonplusultra.


> Jean Ziegler behauptet, die
> Weltlandwirtschaft wäre dazu in der Lage die Ernährung der
> doppelten Weltbevölkerung zu sichern, wobei man dazu noch
> nichtmal auf gentechnische Manipulation zurückgreifen müsste.
> Man muss hoffentlich nicht anfangen zu rechnen, um behaupten
> zu können, dass man die Weltbevölkerung auch ohne jene
> Schädlingsbekämpfung ernähren könnte, wenn die Nahrung nur
> gerecht verteilt werden würde.

Ja klar, die direkte, chemische Nahrungsmittelsicherung ist auf jeden Fall vermeidbar.

> Da es aber unmöglich erscheint, die unmoralische
> Weltwirtschaft dahingehend zu verändern, sollte man sich
> zumindest die Frage stellen, wie man als Konsument
> diesbezüglich ethisch korrekt handeln kann.

Schwierig, denn eine Veganisierung der Gesellschaft setzt in dieser Gesellschaft anwesende Veganer vorraus. Also in die Waldhöhle oder das Baumhaus ziehen und einen veganen Waldgarten anlegen fällt schon mal flach, leider. Also so viel es geht, Bionahrungsmittel kaufen. Für den, der es sich leisten kann, feine Sache. (Mitlesende Speziesisten: wenn Veganer von Bionahrungsmittel reden, meinen sie natürlich keine Bioleichen oder Biodrüsenmilchbutter oder Biodrüsenmilch usw. sondern Pflanzen und pflanzenbasierte Produkte.)

> Dazu ist es sinnvoll die Schädlingsbekämpfung in die Sparten
> Zierpflanzenbau und ernährenden Pflanzenbau zu unterteilen.
>
> Jeder sollte sich die Frage stellen, ob die Ästhetik einer
> Zierpflanze wichtiger ist, als die schmerzliche
> Unversehrtheit diverser "Schädlinge". Im ethischen Rahmen
> dürften die meisten Antispeziesisten hier gleicher Meinung
> sein.

Klar, nur was ist eine Zierpflanze. In "meinem" Hinterhof steht eine Kastanie

die wohl um die 80 auf dem Stamm haben dürfte. Wegen der Miniermotten beginnt sie bereits Juli ihre Blätter abzuwerfen. Man kann nun so gut es geht bis Frühling alle Blätter einsammeln die so rumliegen damit sich der Befall verzögert da die Larven oder einige Eier in der wärmenden Blätterschicht den Winter überleben. Nachdem meine Nachbarn und ich in der Umgebung mit etwa 60 - 120.000 Autos konfrontiert sind, also pro Tag, die im Umkreis von einem Quadratkilometer an uns vorbeifahren, ist der Wert der Kastanie wohl wesentlich mehr als der einer Zierpflanze wenn man den Sauerstoff und die "Filterfunktion" bedenkt. Natürlich ist es auch vermeidbar gegen die Motten anzugehen, allerdings wird die Kastanie dann früher oder später eingehen da die dann anfälliger für Krankheiten sind. (Die Bäume gehen nicht direkt von dem Mottenbefall ein)

> Interessanter ist da die Frage, inwiefern man die
> Schädlingsbekämpfung im ernährenden Pflanzenbau letitimieren
> kann und ob das überhaupt möglich ist.

Letitimieren? Ist das ein Vertipper?

> Das ist auch die
> Schlüsselfrage, die ich mit diesem Thema stellen möchte.
> Wir provozieren das Dilemma und nehmen an, dass ohne
> Schädlingsbekämpfung die Ernährung der Menschheit nicht
> gesichert wäre.

Wer ist wir? Also ich nicht. Ich plädiere für veganen Landbau, also wie bio bloß mit Pflanzendüngung/Kompost/Fruchtwechsel statt Sklavenscheiße.

> Die relevante Folge von Schädlingsbekämpfung
> ist großes Leid und der Tod der betroffenen Lebewesen. Über
> Letzteres lohnt es sich nicht zu diskutieren. Ich persönlich
> bin bei diesem Thema zur abstrakten Frage gekommen, wieviel
> Leid ich Anderen zufügen will, sodass ich selbst kein Leid
> erfahre.

Die Frage ist nicht abstrakt sondern absurd. Kein Veganer "will Anderen bestimmte Portionen Leid zufügen", sondern die Frage die sich stellt ist was ist vermeidbar und was ist nicht vermeidbar. Vermeidung des Vermeidbaren ist eines der tragenden Prinzipien veganer Ethik.

> der Egozentrik funktionieren würden. Schließlich ist mir mein
> Leben mehr Wert, als das von einigen Insekten oder einem
> anderen Menschen.

Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, das ist vollkommen legitim. Natürlich ist einem die eigene Existenz am wichtigsten, wir sind schließlich Veganer und keine Masochisten.

> Vielleicht hat Jemand für sich eine absolute Antwort
> bezüglich der Schädlingsbekämpfung gefunden und möchte Sie
> mir mitteilen.

Unterstützen der (bio)veganen Landwirtschaft (sofern diese nicht von einer tierrechtsschädigenden Sekte betrieben wird), kaufen von biologisch erzeugten Produkten, wer sich das nicht leisten kann soll versuchen so viel wie möglich selbst anzubauen, und sei es nur Kräuter auf dem Balkon. Die Lösung kommt hier wahrscheinlich auch mit der Technik. Denkbar sind kleine, sich selbst replizierende Flugroboter die Nahrungskonkurrenten des Menschen sanft einsammeln und an andere Stelle wieder absetzen.

Re: Pflanzenschutz

Autor: Itchy | Datum:
Zitat: Da "tierisch" meist in einem abwertenden Kontext benutzt wird, verwende ich tierlich, also pflanzlich, menschlich, tierlich. Ich weiß nicht genau wer da als erstes drauf gekommen ist, auf jeden Fall macht es Sinn. Schädlinge zu umschreiben wird da schon schwieriger, aber im Prinzip handelt es sich hier in erster Linie um Nahrungskonkurrenten.

Die Tatsache, dass "tierisch" oft in negativem Kontext Verwendung findet, sagt nicht unbedingt, dass das Wort bestimmt konnotiert ist. Es ist ein neutrales Adjektiv, das ausschließlich sagt, dass etwas die Eigenschaft eines Lebewesens aus dem Tierreich hat. Dass auch der Mensch Teil dessen ist, muss man ja hier nicht erwähnen. Es ist also nicht die einzige Ausnahme im deutschen Wortschatz, die ich weiterhin verwenden werde.
"Schädling" ist dagegen wirklich ein dummes Wort, aber deine Alternative ist mir zu lang. ;)

Zitat: Die systematische Tötung von Nahrungskonkurrenten ist sehr wohl speziesistisch, da sie wohl in einer veganen Landwirtschaft vermeidbar wäre, allerdings kann sie Veganern nicht angelastet werden da vegane Ethik keinen Einfluss auf die momentane Agrarwirtschaft hat. Der Konsum von Lebensmitteln bei denen es zum Tod von Nahrungskonkurrenten kam, ist also ein unvermeidbares, ethisches Dilemma. Inwieweit sich dieses reduzieren lassen würde, bleibt Spekulation.

Ich bin zwar weiterhin der Meinung, dass Schädlingsbekämpfung theoretisch auch artübergreifend stattfinden könnte, aber das Thema ist pragmatisch gesehen recht überflüssig.
Es gibt antispeziesistische Produkte auf dem freien Markt?
Wenn das der Fall ist, kann man kaum mehr von einem Dilemma sprechen. Man hätte dann die Möglichkeit Nahrung zu kaufen, für die kaum schmerzempfindende Lebewesen leiden mussten.
Das wäre sehr erfreulich.

Zitat: Allderdings sind vegan bewirtschaftete Böden gesünder, die Pflanzen die darauf wachsen resistenter und somit weniger anfällig für Insekten.

Ich verlange jetzt nichmal eine Quelle, aber ich würde mich schon dafür interessieren, weshalb ein Boden höhere Qualität haben sollte, wenn er ohne Schädlingsbekämpfung bestellt wurde.

Zitat: Klar, nur was ist eine Zierpflanze.

Zimmer-, Balkon- und Beetpflanzen. Also kleine Pflanzen, die aus ästhetischen Gründen kultiviert werden. Bäume und Sträucher würde ich nicht dazu zählen, da sie, wie du erwähnt hast, in ihrer Gesamtheit lebensnotwendig sind.
Die Kastanie wird vermutlich eingehen, wenn man das abgefallene Laub nicht verbrennt. Ich will das keinesfalls empfehlen, aber ich möchte darauf hinweisen, dass hier ein ethisches Dilemma zu finden ist.

Zitat: Letitimieren? Ist das ein Vertipper?

ja.

Zitat: Wer ist wir? Also ich nicht. Ich plädiere für veganen Landbau, also wie bio bloß mit Pflanzendüngung/Kompost/Fruchtwechsel statt Sklavenscheiße.

Mit dem wir meinte ich das königliche ich. ;)
Mineralische Dünger dürften wohl die beste Abhilfe schaffen.

Zitat: Die Frage ist nicht abstrakt sondern absurd. Kein Veganer "will Anderen bestimmte Portionen Leid zufügen", sondern die Frage die sich stellt ist was ist vermeidbar und was ist nicht vermeidbar. Vermeidung des Vermeidbaren ist eines der tragenden Prinzipien veganer Ethik.

Dann ersetzen wir das wollen durch ein müssen.

Nahrungsmittelschutz, Vertikalanbau

Autor: Ava | Datum:
Itchy schrieb:

Wenn Du unten auf "Zitat" klickst, brauchst Du keine Klammern einsetzen, die [quote]-Funktion ist eigentlich für Zitate Dritter gedacht. Oder ist das Ausdruck Deiner Individualität?:-)

> Die Tatsache, dass "tierisch" oft in negativem Kontext
> Verwendung findet, sagt nicht unbedingt, dass das Wort
> bestimmt konnotiert ist.

Doch genau das sagt es. Es ist schwer, kulturell kodierte Abwertungen herauszufiltern, obwohl der Sender der Information das eventuell nicht so gemeint hat. Dem Empfänger bleibt also nichts anderes übrig als die bestmögliche Intention des Senders auf Treu und Glauben anzunehmen, nur, warum eigentlich wenn eine Alternative zur Verfügung steht die Klarheit schafft. Die Frage die sich aus Deiner Argumentation ergibt, ist warum Du veganen Wortgebrauch ablehnst und _möglich_ speziesistischen Wortgebrauch verteidigst?

> Es ist ein neutrales Adjektiv, das
> ausschließlich sagt, dass etwas die Eigenschaft eines
> Lebewesens aus dem Tierreich hat. Dass auch der Mensch Teil
> dessen ist, muss man ja hier nicht erwähnen. Es ist also
> nicht die einzige Ausnahme im deutschen Wortschatz, die ich
> weiterhin verwenden werde.

Das heißt, Du nimmst lieber in Kauf, weiterhin von (anderen) Veganern auf die möglich speziesistische Bedeutung von "tierisch" hingewiesen zu werden, anstatt einen Neologismus in Deinen Wortschatz mit aufzunehmen um die Geringschätzung nichtmenschlicher Tiere, die mit dem Wort "tierisch" transportiert wird zu vermeiden? Warum?

> "Schädling" ist dagegen wirklich ein dummes Wort, aber deine
> Alternative ist mir zu lang. ;)

Gut, wobei Schädling womöglich noch nichteinmal speziesistisch ist, da diese Tiere meine Nahrung beschädigen und somit aktiv in meine Existenz eingreifen.

> Ich bin zwar weiterhin der Meinung, dass Schädlingsbekämpfung
> theoretisch auch artübergreifend stattfinden könnte,

Verstehe nicht was Du damit meinst.

> aber das
> Thema ist pragmatisch gesehen recht überflüssig.
> Es gibt antispeziesistische Produkte auf dem freien Markt?

Kommt drauf an. Wenn man die Schädlingsbekämpfung bei Nahrungsmitteln als rechtmäßige Verteidigung der eigenen Existenz auslegt, wäre sie wohl nicht speziesistisch. Somit wären selbst pestizidtriefende Spanische Tomaten nicht speziesistisch.

Bei Kleidung ist das ja was anderes, denn Hanf z.B. kann komplett ohne Einsatz irgendwelcher Substanzen angebaut werden.

> Wenn das der Fall ist, kann man kaum mehr von einem Dilemma
> sprechen.

Hm. Also selbst wenn der Anbau einer pestizidtriefenden Spanischen Tomate nicht speziesistisch wäre, wäre es für mich trotzdem ein ethisches Dilemma, denn mein emotionaler Bezug zu Insekten ist ja auch selbst dann noch vorhanden, wenn die Tötung derselben kein speziesistischer Akt darstellen würde.

> Man hätte dann die Möglichkeit Nahrung zu kaufen,
> für die kaum schmerzempfindende Lebewesen leiden mussten.
> Das wäre sehr erfreulich.

Ja klar. Deswegen ist es gut die vegane Landwirtschaft zu unterstützen.

>> Allderdings sind vegan bewirtschaftete Böden gesünder,
>> die Pflanzen die darauf wachsen resistenter und somit weniger
>> anfällig für Insekten.

> Ich verlange jetzt nichmal eine Quelle, aber ich würde mich
> schon dafür interessieren, weshalb ein Boden höhere Qualität
> haben sollte, wenn er ohne Schädlingsbekämpfung bestellt
> wurde.

Obwohl dieses Thema weitreichend im Netz behandelt wird, braucht man keine Quelle um zu verstehen weswegen Fische im gesunden Rhein besser leben, gesünder und widerstandsfähiger gegen Parasitenbefall usw., als in einem biologisch toten Rhein...
Genauso wie Fische in Industriekloaken schwach sind und anfälliger für Krankheiten, sind Pflanzen wesentlich empfindlicher in biologisch toten Böden. Die "moderne" Agrarwirtschaft tötet Böden durch Pesti-, Herbi- u. Fungizide ab, in denen sich normalerweise bis zu zwei Milliarden Kleinstlebewesen und Bakterien pro Kubikzentimeter befinden.

> Mineralische Dünger dürften wohl die beste Abhilfe schaffen.

Ganz im Gegenteil. Erstens ist mineralischer Dünger nicht notwendig da Pflanzen in gesunden Böden z.B. über einer Vorfrucht wie Klee mit Nährstoffen versorgt werden können. Mineralischer Dünger ist Irrsinn, da unter erheblichem Energieverbrauch Kohlendioxid aus der Luft getrennt wird, obwohl es genügend Pflanzen gibt die dies in Symbiose mit Bakterien im Boden anreichern. Mineralischer Dünger ist ein Placeboprodukt der hauptsächlich dazu dient, die Chemieindustrie zum wachsen zu bringen dem allerdings sowieso das Ende bevorsteht, denn mit dem Ende des Erdöls kommt auch das Ende aller energieintensiven Produkte die darauf basieren.

Einer der perfektesten (mit sehr guten Nährstoffen angereicherten) Dünger ist Urin, welcher z.Zt. noch als Abfall mit Trinkwasser vermischt wird um dann unter großem Energieaufwand wieder zentralisiert wieder entfernt wird. Im Bioanbau wird ja bereits der Urin von Sklaven verwendet, zusammen mit ihrem Kot was natürlich ethisch nicht akzeptabel ist. Kot ist übrigens für die Nährwertversorgung von Pflanzen irrelevant, 90% der für Pflanzen wichtigen Nährstoffe befinden sich im Urin. Die Kotaufbringing auf Feldern ist reine Abfallentsorgung, zudem toxikologisch bedenklich da die Gülle meist nicht vollständig kompostiert und so aktive Viren und andere Pathogene enthält. (Wohin mit all der Scheiße der Sklaven...) Urin ist steril, und nach kurzer Fermentation sind auch Medikamentenreste abgebaut wie Östrogene usw. Da es gegen den Einsatz von meschlichem Urin als Dünger keine ethischen Bedenken gibt, haben wir bereits eine perfekte Alternative zu mineralischem Dünger. Dein Urin reicht aus um alle Nahrungsmittel die Du benötigst mit Nährstoffen zu versorgen. Auch (menschlicher) Kot ist ein Wertstoff, der auf Feldern jedoch nichts verloren hat. Bei der Fermentation entsteht Methan, und es spricht nichts dagegen eine kleine Anlage im Keller zu installieren, bei der der Kot mit Wasser in einen Kessel transportiert wird (für Otto Normal verändert sich also nichts) und dort zur Energiegewinnung beiträgt. Heizen z.B. Gut fermentierter/kompostierter Kot kann bedenkenlos in weitere Kreisläufe eingebracht werden, es ist jedoch Irrsinn diese Dinge mit Trinkwasser zu vermischen, sie kilometerweit unter den Straßen zu transportieren (alleine die horrende Kosten der Infrastruktur für solchen primitiven, zentralistischen Systeme sollte man lieber in die Bildung von Menschen stecken, z.B.) um dann wieder auf die schnelle versuchen, alles voneinander zu trennen.

Wenn man sich einmal vorstellt wieviel Biomasse man in einer Stadt wie Berlin anbauen könnte, mit vertikalem Fassaden- u. Dachanbau, das sind sicher tausende von Hektar Flächen. Selbst auf Nordseitenfassaden ließen sich immense Mengen von Speisepilzen in Fassadenblumenkästen anbauen, die an Stahlseilen o. ä. aufgehängt bequem geerntet werden könnten. Jede Stadt wäre so ihr Selbstversorger mit Lebensmitteln und Energie, riesige Agrarflächen würden frei werden, die man dann entweder zum Anbau von Energiepflanzen wie Hanf oder Raps gebrauchen könnte oder ganz einfach der Rückwaldung überlassen, Transportkosten würden eingespart und man hätte einen enorme, traumhafte Auswahl an Lebensmitteln die man tauschen könnte bzw. die einen Nebenverdienst darstellen könnten. Für all diese Pflanzen wäre kein Düngerzukauf notwendig, denn mit dem Urin haben Menschen einen kostenlosen, hocheffizienten Dünger zur Verfügung.

Hach ja, es wäre alles so einfach.

tierlich vs. tierisch; biologischer Anbau

Autor: Itchy | Datum:
Ava schrieb:
>
> Wenn Du unten auf "Zitat" klickst, brauchst Du keine Klammern
> einsetzen, die [quote]-Funktion ist eigentlich für Zitate
> Dritter gedacht. Oder ist das Ausdruck Deiner
> Individualität?:-)

*g* Nein, ich bin den code nur von anderen Foren gewöhnt.

> Doch genau das sagt es. Es ist schwer, kulturell kodierte
> Abwertungen herauszufiltern, obwohl der Sender der
> Information das eventuell nicht so gemeint hat. Dem Empfänger
> bleibt also nichts anderes übrig als die bestmögliche
> Intention des Senders auf Treu und Glauben anzunehmen, nur,
> warum eigentlich wenn eine Alternative zur Verfügung steht
> die Klarheit schafft. Die Frage die sich aus Deiner
> Argumentation ergibt, ist warum Du veganen Wortgebrauch
> ablehnst und _möglich_ speziesistischen Wortgebrauch
> verteidigst?

Ich lasse mir mein Vokabular grundsätzlich nicht nehmen, nur weil es auch in anderem Kontext verwendet wird.
Siehe es als eine art Protest an.
Dass das Wort "tierisch" negativ konnotiert sei, nur weil es eine andere Endung als ähnliche Adjektive hat, entspringt eher der Phantasie. Demnach müsste man den ganzen Wortschatz neu erfinden, weil sämtliche Wörter in unethischem Kontext verwendet werden können. Selbst wenn es die Wortendung ist, die die Tiere abwertet, dann hat das immer noch nichts mit Speziesismus zu tun. Nennen wir die Dinge beim Namen.

> Das heißt, Du nimmst lieber in Kauf, weiterhin von (anderen)
> Veganern auf die möglich speziesistische Bedeutung von
> "tierisch" hingewiesen zu werden, anstatt einen Neologismus
> in Deinen Wortschatz mit aufzunehmen um die Geringschätzung
> nichtmenschlicher Tiere, die mit dem Wort "tierisch"
> transportiert wird zu vermeiden? Warum?

Ich lebe nicht vegan, weil ich mit anderen Veganern soziale Kontakte pflegen will. Ich nehme es nicht ernst, wenn jemand behaupten will, das Adjektiv "tierisch" sei speziesistisch und das frei erfundene Adjektiv "tierlich" sei es nicht.
Es gibt sinnvolle Neologismen wie "Veganismus" und es gibt an den Haaren herbeigezogene wie diesen hier.

> > Ich bin zwar weiterhin der Meinung, dass Schädlingsbekämpfung
> > theoretisch auch artübergreifend stattfinden könnte,
>
> Verstehe nicht was Du damit meinst.

Es wäre antispeziesistisch, wenn ein Landwirt seine Pflanzen gegen alle Tiere(ink. Menschen) verteidigen würde.

> Kommt drauf an. Wenn man die Schädlingsbekämpfung bei
> Nahrungsmitteln als rechtmäßige Verteidigung der eigenen
> Existenz auslegt, wäre sie wohl nicht speziesistisch. Somit
> wären selbst pestizidtriefende Spanische Tomaten nicht
> speziesistisch.
>
> Bei Kleidung ist das ja was anderes, denn Hanf z.B. kann
> komplett ohne Einsatz irgendwelcher Substanzen angebaut werden.

Ich habe mich nicht richtig ausgedrückt.
Eigentlich wollte ich wissen, ob man Gemüse kaufen kann, das nicht mit Schädlingsbekämpfungsmitteln behandelt wurde.
Bekomme ich soetwas beispielsweise in München auf dem Viktualienmarkt oder kaufst du das in einem Laden?

> Obwohl dieses Thema weitreichend im Netz behandelt wird,
> braucht man keine Quelle um zu verstehen weswegen Fische im
> gesunden Rhein besser leben, gesünder und widerstandsfähiger
> gegen Parasitenbefall usw., als in einem biologisch toten
> Rhein...
> Genauso wie Fische in Industriekloaken schwach sind und
> anfälliger für Krankheiten, sind Pflanzen wesentlich
> empfindlicher in biologisch toten Böden. Die "moderne"
> Agrarwirtschaft tötet Böden durch Pesti-, Herbi- u. Fungizide
> ab, in denen sich normalerweise bis zu zwei Milliarden
> Kleinstlebewesen und Bakterien pro Kubikzentimeter befinden.

Ich bin nicht davon überzeugt, dass Schädlingsbekämpfungsmittel derartigen Einfluss auf Bodenorganismen haben, dass man gleich von einem Einfluss auf das Imunsystem der Pflanze sprechen könnte.

> > Mineralische Dünger dürften wohl die beste Abhilfe schaffen.
>
> Ganz im Gegenteil. Erstens ist mineralischer Dünger nicht
> notwendig da Pflanzen in gesunden Böden z.B. über einer
> Vorfrucht wie Klee mit Nährstoffen versorgt werden können.
> Mineralischer Dünger ist Irrsinn, da unter erheblichem
> Energieverbrauch Kohlendioxid aus der Luft getrennt wird,
> obwohl es genügend Pflanzen gibt die dies in Symbiose mit
> Bakterien im Boden anreichern. Mineralischer Dünger ist ein
> Placeboprodukt der hauptsächlich dazu dient, die
> Chemieindustrie zum wachsen zu bringen dem allerdings sowieso
> das Ende bevorsteht, denn mit dem Ende des Erdöls kommt auch
> das Ende aller energieintensiven Produkte die darauf basieren.

Mineraldünger besteht aus Substanzen, die Kationen freisetzen, mit denen die Pflanze ohne Umsetzung durch Bodenorganismen direkt Stickstoff, Phosphor und Kalium (in erster Linie) aufnehmen kann.
Es ist das Selbe wie organischer Dünger mit dem Unterschied, dass man eine gute Ionenaustauschkapazität im Boden benötigt um Überdünung zu puffern.
Was dabei einen Placeboeffekt haben soll, verstehe ich nicht.

> Hach ja, es wäre alles so einfach.
Das hört sich auch vielversprechend an. Ich frage mich nur, wieso kein einziger studierter Gartenbauingenieur oder Agrarökonom mit Urin düngt, wenn es die perfekte Lösung wäre.
Vermutlich weil diese Düngungsmethode so wirtschaftlich ist, wie die mit anderen organischen Düngern.

Re: tierlich vs. tierisch; biologischer Anbau

Autor: Ava | Datum:
Itchy schrieb:

> > Doch genau das sagt es. Es ist schwer, kulturell kodierte
> > Abwertungen herauszufiltern, obwohl der Sender der
> > Information das eventuell nicht so gemeint hat. Dem
> > Empfänger
> > bleibt also nichts anderes übrig als die bestmögliche
> > Intention des Senders auf Treu und Glauben anzunehmen, nur,
> > warum eigentlich wenn eine Alternative zur Verfügung steht
> > die Klarheit schafft. Die Frage die sich aus Deiner
> > Argumentation ergibt, ist warum Du veganen Wortgebrauch
> > ablehnst und _möglich_ speziesistischen Wortgebrauch
> > verteidigst?

> Ich lasse mir mein Vokabular grundsätzlich nicht nehmen, nur
> weil es auch in anderem Kontext verwendet wird.
> Siehe es als eine art Protest an.

Es wird Dir ja nichts genommen sondern es kommt etwas dazu. Bei mir kommt das nicht wie ein Protest an, sondern wie infantil-narzisstisches Füßchenstampfen. Das ist jetzt nicht als Beleidigung gemeint, sondern so kommt das eben bei mir an.

> Dass das Wort "tierisch" negativ konnotiert sei, nur weil es
> eine andere Endung als ähnliche Adjektive hat, entspringt
> eher der Phantasie.

"Stinkt tierisch", "tierisch einen gesoffen", "tierisch daneben", "tierisch verrückt", "tierisch eklig" "einfach tierisch"... Die Liste der tierverachtenden Belegungen ließe sich beliebig fortsetzen. Die deutsche (Umgangs) Sprache ist sicher kein Produkt meiner Phantasie. Wir hams wohl nicht so mit der Realität, bzw. die wird eben gern mal verdreht wenn es der eigenen "Argumentation" dient, hm?

> Demnach müsste man den ganzen Wortschatz
> neu erfinden, weil sämtliche Wörter in unethischem Kontext
> verwendet werden können.

Nein, da eben nicht viele Wörter in so einem unethischen Kontext verwendet werden wie tierisch. Auch muß man einen Wortschatz nicht neu erfinden nur weil man manche Bezeichnungen nicht verwenden sollte. Z.B. gibt es für "Neger", "Nutte", "tierisch" usw. durchaus vertretbare Alternativen die nicht so verachtend sind.

Also langsam langweilen mich Deine sinnbefreiten Verzerrungen, ich werde mich dann auch aus diesem Thread verabschieden. Auf mich wartet selbstgemachte Erdnussbutter mit vorblanchierten und selbstgerösteten Erdnüssen mit pürrierten Trockenpflaumen.

> Selbst wenn es die Wortendung ist,
> die die Tiere abwertet, dann hat das immer noch nichts mit
> Speziesismus zu tun. Nennen wir die Dinge beim Namen.

Tierverachtung hat nichts mit Speziesismus zu tun? Was rauchst Du denn?

> > Das heißt, Du nimmst lieber in Kauf, weiterhin von (anderen)
> > Veganern auf die möglich speziesistische Bedeutung von
> > "tierisch" hingewiesen zu werden, anstatt einen Neologismus
> > in Deinen Wortschatz mit aufzunehmen um die Geringschätzung
> > nichtmenschlicher Tiere, die mit dem Wort "tierisch"
> > transportiert wird zu vermeiden? Warum?

> Ich lebe nicht vegan
> weil ich mit anderen Veganern soziale
> Kontakte pflegen will.

Das habe ich auch nicht behauptet. Allerdings *pflegst Du* gerade einen sozialen Kontakt mit einer Veganerin. Denn bereits durch den Informationsaustausch trittst Du in eine Beziehung mit mir, und somit ist es überhaupt nicht begreiflich warum Du bei so einer Nebensächlichkeit so eine Verweigerungshaltung annimmst und Deiner Position mehr Wichtigkeit zuordnest als dem Kontakt zu mir. Denn während *Du* vielleicht egofetischistische Positionen höher bewertest als zwischenmenschliche Dynamiken, ist das bei mir anders. Deine Vorgehensweise ist also nicht das Mass aller Dinge, und wenn Du das nicht akzeptierst werde ich mich eben aus dieser Beziehung zurückziehen und dann stehst Du da mit Deiner Position wie Robinson Crusoe mit einem Föhn auf der unbewohnten Insel... Tja.

> Ich nehme es nicht ernst, wenn jemand
> behaupten will, das Adjektiv "tierisch" sei speziesistisch
> und das frei erfundene Adjektiv "tierlich" sei es nicht.

Nun ja, lass Dich durch die genannten Fakten und Argumente auf keinen Fall beirren...

> Es gibt sinnvolle Neologismen wie "Veganismus" und es gibt an
> den Haaren herbeigezogene wie diesen hier.

Und wer bist Du dass Du Dir die Definitionsmacht aneignest, was sinnvoll ist und was nicht? Das ist einfach lächerlich und borniert. Tierlich ist deshalb sinnvoll, *weil* er zu einer Begrifflichkeit eine Alternative bietet, die eine deutlich tierverachtende Wertung transportiert. Dass *Du* es nicht für sinnvoll *erachtest*, bedeutet noch lange nicht, dass es nicht sinnvoll *ist*. Es bedeutet höchstens, dass Du nicht in der Lage bist, aus welchen Gründen auch immer, den Sinn zu verstehen.

> > > Ich bin zwar weiterhin der Meinung, dass
> > > Schädlingsbekämpfung
> > > theoretisch auch artübergreifend stattfinden könnte,

> > Verstehe nicht was Du damit meinst.

> Es wäre antispeziesistisch, wenn ein Landwirt seine Pflanzen
> gegen alle Tiere(ink. Menschen) verteidigen würde.

Ahahahaha. Also wenn Bauer Gernecke Oma Lüdke, die gerade zwei Erdbeeren von seinem Feld genascht hat durch einen Kopfschuss beseitigt, dann war das ein antispeziesistischer Akt oder wie?

> Ich habe mich nicht richtig ausgedrückt.
> Eigentlich wollte ich wissen, ob man Gemüse kaufen kann, das
> nicht mit Schädlingsbekämpfungsmitteln behandelt wurde.
> Bekomme ich soetwas beispielsweise in München auf dem
> Viktualienmarkt oder kaufst du das in einem Laden?

Soweit ich weiß ist Bio-Gemüse in der Regel nicht mit Schädlingsbekämpfungsmittel behandelt, das gibt es dann überall.

> > Obwohl dieses Thema weitreichend im Netz behandelt wird,
> > braucht man keine Quelle um zu verstehen weswegen Fische im
> > gesunden Rhein besser leben, gesünder und widerstandsfähiger
> > gegen Parasitenbefall usw., als in einem biologisch toten
> > Rhein...
> > Genauso wie Fische in Industriekloaken schwach sind und
> > anfälliger für Krankheiten, sind Pflanzen wesentlich
> > empfindlicher in biologisch toten Böden. Die "moderne"
> > Agrarwirtschaft tötet Böden durch Pesti-, Herbi- u.
> > Fungizide
> > ab, in denen sich normalerweise bis zu zwei Milliarden
> > Kleinstlebewesen und Bakterien pro Kubikzentimeter befinden.

> Ich bin nicht davon überzeugt, dass
> Schädlingsbekämpfungsmittel derartigen Einfluss auf
> Bodenorganismen haben, dass man gleich von einem Einfluss auf
> das Imunsystem der Pflanze sprechen könnte.

Es ist nicht meine Aufgabe dich von Tatsachen zu überzeugen, die existieren auch unabhängig von Dir. Du kannst auch nicht von mir erwarten, Dir alle Informationen die frei im Netz verfügbar sind, vorzukauen und mundgerecht zu servieren, vor allem wenn ein Thema komplex und vielschichtig ist und in einem Forum gar nicht bewältigt werden kann. Bediene bitte eine Suchmaschine Deiner Wahl und les Dich in das Thema ein.

> Mineraldünger besteht aus Substanzen, die Kationen
> freisetzen, mit denen die Pflanze ohne Umsetzung durch
> Bodenorganismen direkt Stickstoff, Phosphor und Kalium (in
> erster Linie) aufnehmen kann.
> Es ist das Selbe wie organischer Dünger mit dem Unterschied,
> dass man eine gute Ionenaustauschkapazität im Boden benötigt
> um Überdünung zu puffern.
> Was dabei einen Placeboeffekt haben soll, verstehe ich nicht.

Mineraldünger ist ein Placebo, weil er nicht nötig ist und darüber hinaus Unmengen an Energie für seine Herstellung verschwendet. Ich hätte vielleicht "unnötig wie ein Placebo" schreiben sollen obwohl die sinngemäße Bedeutung meiner Aussage sicher keine Denkhöchstleistung voraussetzt.

> Das hört sich auch vielversprechend an. Ich frage mich nur,
> wieso kein einziger studierter Gartenbauingenieur oder
> Agrarökonom mit Urin düngt, wenn es die perfekte Lösung wäre.

Aus dem gleichen Grund, weswegen sie nicht vegan leben vielleicht? Verdrängung, Ignoranz. Mal ganz davon abgesehen dass die Infrastruktur fehlt, um an menschlichen Urin zu kommen. Das heißt selbst wenn jemand menschlichen Urin hernehmen wollte, wo sollte er oder sie es herbekommen? Sich mit einem Kannister in die Fußgängerzone stellen? Die zweite Realität die Du verdrängst, ist dass ja bereits mit Urin gedüngt wird, aber halt mit Sklavenurin. "Gülle" ist ja nichts anderes als Urin vermischt mit Kot.

Allerdings erinnere ich mich an ein konkretes Projekt in der Schweiz bei dem menschlicher Urin als Dünger eingesetzt wird. "Urin als Dünger" ergibt bei Google darüber hinaus 17900 Sucherergebnisse.

> Vermutlich weil diese Düngungsmethode so wirtschaftlich ist,
> wie die mit anderen organischen Düngern.

Wie meinen? Du glaubst Mineraldünger sei wirtschaftlicher als Kompost/Fruchtwechsel/Humanurin?

Re: tierlich vs. tierisch; biologischer Anbau

Autor: Shuudan Mugen | Datum:
> "Stinkt tierisch", "tierisch einen gesoffen", "tierisch
> daneben", "tierisch verrückt", "tierisch eklig" "einfach
> tierisch"... Die Liste der tierverachtenden Belegungen ließe
> sich beliebig fortsetzen.

Meines Erachtens dient das Wort "tierisch" in vielen Fällen einfach der Steigerung. Du könntest sinngemäß in fast allen von Dir angeführten Beispielen das Wort "tierisch" durch das Wort "ziemlich" ersetzen (bis auf das letzte Beispiel). Und in dieser Funktion als Steigerungswort wird es auch im positiven Sinne verwendet, z.B. "tierisch gut".

Re: tierlich vs. tierisch

Autor: gastInnenIn | Datum:
"es stinkt tierisch"
"ein tierischer Gestank"
"tierische Gelüste"
"tierisch geil"
"tierisch blöd"
"sich tierisch in die Hose machen"

Meine Hypothese ist, dass das Wort "tierisch" meist dazu gebraucht wird, um eine Steigerung bzw. eine metaphorische Abspaltung vom Normalen/Idealen herbeizuführen. Wer Zeit & Lust hat, kann bei Gelegenheit den (deutschen) Sprachgebrauch statistisch auswerten.

Re: tierlich vs. tierisch; biologischer Anbau

Autor: Itchy | Datum:
Ava schrieb:

> Tierverachtung hat nichts mit Speziesismus zu tun? Was
> rauchst Du denn?
Angenommen, "tierisch" wäre ein abwertendes Wort, dann würde es alle tierischen Spezies gleichermaßen abwerten.
Deine Kette von Beispielen lässt sich noch erweitern. "Der Film war tierisch gut", etc.
Es ist nicht negativ konnotiert.

> Dass *Du* es
> nicht für sinnvoll *erachtest*, bedeutet noch lange nicht,
> dass es nicht sinnvoll *ist*. Es bedeutet höchstens, dass Du
> nicht in der Lage bist, aus welchen Gründen auch immer, den
> Sinn zu verstehen.
Natürlich ist das so. Phrasen wie "in meinen Augen" sind überflüssig, da aussagen in jedem Fall subjektiv sind. Davon schließe ich mich nicht aus.

> Ahahahaha. Also wenn Bauer Gernecke Oma Lüdke, die gerade
> zwei Erdbeeren von seinem Feld genascht hat durch einen
> Kopfschuss beseitigt, dann war das ein antispeziesistischer
> Akt oder wie?
Du hast verstanden, was ich meine. Was du nicht beachtet hast ist, dass ich nie von der heutigen Praxis sprach, sondern von einer theoretischen Utopie.

> Soweit ich weiß ist Bio-Gemüse in der Regel nicht mit
> Schädlingsbekämpfungsmittel behandelt, das gibt es dann
> überall.
Es gibt bestimmt auch "natürliche" Schädlingsbekämpfungsmittel.
Gegen Spinnmilben gibt es beispielsweise ein milchiges Pflanzenöl, dessen Name mir nichtmehr einfällt.
Trotzdem hat mir dein Hinweis geholfen, da ich bisher dachte, im biologischen Anbau sei die chemische Maßnahme erlaubt.

> Es ist nicht meine Aufgabe dich von Tatsachen zu überzeugen,
> die existieren auch unabhängig von Dir. Du kannst auch nicht
> von mir erwarten, Dir alle Informationen die frei im Netz
> verfügbar sind, vorzukauen und mundgerecht zu servieren, vor
> allem wenn ein Thema komplex und vielschichtig ist und in einem > Forum gar nicht bewältigt werden kann. Bediene bitte eine
> Suchmaschine Deiner Wahl und les Dich in das Thema ein.
Das Austauschen und Diskutieren von Fakten ist der Sinn eines Forums. Ausgelutscht ist das Thema auch nicht. Die Fakten sind diskussionswürdig.

> > Das hört sich auch vielversprechend an. Ich frage mich nur,
> > wieso kein einziger studierter Gartenbauingenieur oder
> > Agrarökonom mit Urin düngt, wenn es die perfekte Lösung wäre.
> Aus dem gleichen Grund, weswegen sie nicht vegan leben
> vielleicht? Verdrängung, Ignoranz.

> Wie meinen? Du glaubst Mineraldünger sei wirtschaftlicher als
> Kompost/Fruchtwechsel/Humanurin?
Ja. Mineraldünger wird im Gartenbau nicht verwendet um Hippies zu ärgern. Ich möchte nicht wissen, auf wievielen Studien und Diplomarbeiten der jetzige Stand des praktischen Gartenbaus basiert. Es ist ein freier Markt und wenn es wirtschaftlichere Dünger gäbe, dann würden sie auch verwendet werden.

Eine der Bio-Lügen

Autor: Achim Stößer | Datum:
>> Soweit ich weiß ist Bio-Gemüse in der Regel nicht mit
>> Schädlingsbekämpfungsmittel behandelt, das gibt es dann
>> überall.
> Es gibt bestimmt auch "natürliche" Schädlingsbekämpfungsmittel.
> Gegen Spinnmilben gibt es beispielsweise ein milchiges Pflanzenöl, dessen Name mir nichtmehr einfällt.
> Trotzdem hat mir dein Hinweis geholfen, da ich bisher dachte, im biologischen Anbau sei die chemische Maßnahme erlaubt.

Eine der beliebten Bio-Lügen ist die, daß dort keine "Schädlingsbekämpfung" stattfände.

Übrigens sowohl
* physikalische (z.B. Absammeln von Kartoffelkäfern, die anschließend keineswegs anderswo wieder freigelassen werden)
* chemische (z.B. das Besprühen von Salat mit Seifenlauge - "zählt" halt als "nicht-chemisch", weil's gut in den Kram paßt und bei Ökoanbau ja "ohne Chemie" - ein unsinniger Begriff wie "genfrei" - gearbeitet wird; so wie bei 40° gebackenes Brot für Rohköstler als "roh" gilt.
* biochemische (z.B. Pheromonlockfallen, auf denen die angelockten Tiere dann festkleben)
* biologische (z.B. etwa Marienkäfer ausbringen, um Läuse zu "vertilgen")

Und auch hier müßte die "biologisch" eher "thanatologisch" heißen.

Achim

Re: tierlich vs. tierisch; biologischer Anbau

Autor: Ava Odoemena | Datum:
Itchy schrieb:

> Es ist ein freier Markt und wenn es
> wirtschaftlichere Dünger gäbe, dann würden sie auch verwendet
> werden.

Weil die "Wirtschaft" ja auch vollkommen frei von Gruppenphantasien ist und jede bessere Lösung sofort umsetzt...Stichwort Rußfilter. Aber Todesfälle durch das jahrzehntelange Einatmen von Feinstaub kommen in Deiner Tunnelvorstellung von Wirtschaftlichkeit sicher nicht vor.

Was die Wirtschaftlichkeit von Alternativdünger betrifft, so kann eine seit Jahrzehnten bestehende und gefestigte Infrastruktur (Herstellung, Vertrieb, Handelsbeziehungen, Gewohnheit, Lobbyistentum - bei Mineraldünger hängt die petro/chemische Industrie mit drin) wohl kaum mit einer neuen Idee verglichen werden, die über all diese Strukturen eben noch gar nicht verfügt die über Anschubinvestitionen ja erst einmal herausgebildet werden müssen. Und vor allem kann eben dieser Umstand nicht dazu dienen an einem etablierten Produkt eine Qualitätsprämisse festzumachen.

Im übrigen finde ich Sportdebattierer ermüdend, da ihre Motivation lediglich auf D/s-Routinen basiert und so auch gar kein Interesse für das eigentliche Thema besteht. In dem Sinne würde ich mich auch freuen, wenn Du Dir einen anderen Baum suchst...

Re: tierlich vs. tierisch; biologischer Anbau

Autor: Achim Stößer | Datum:
> Motivation lediglich auf D/s-Routinen basiert und so auch gar

D/s-Routinen?

Achim

Re: tierlich vs. tierisch; biologischer Anbau

Autor: Ava | Datum:
Achim Stößer schrieb:

> D/s-Routinen?

Dominance / submission. Also brusttrommelnde Ringkämpfe anstatt Kommunikation, in denen es nicht um mitTEILEN geht, sondern siegen.... Ist ja herrlich zum Aggressionsabbau, aber immer Lust mich zu "kloppen" habe ich auch nicht.

Re: Nahrungsmittelschutz, Vertikalanbau

Autor: Rudy | Datum:
Ava schrieb:
> Genauso wie Fische in Industriekloaken schwach sind und
> anfälliger für Krankheiten, sind Pflanzen wesentlich
> empfindlicher in biologisch toten Böden. Die "moderne"
> Agrarwirtschaft tötet Böden durch Pesti-, Herbi- u. Fungizide
> ab, in denen sich normalerweise bis zu zwei Milliarden
> Kleinstlebewesen und Bakterien pro Kubikzentimeter befinden.
>
> > Mineralische Dünger dürften wohl die beste Abhilfe schaffen.
>
> Ganz im Gegenteil. Erstens ist mineralischer Dünger nicht
> notwendig da Pflanzen in gesunden Böden z.B. über einer
> Vorfrucht wie Klee mit Nährstoffen versorgt werden können.
> Mineralischer Dünger ist Irrsinn, da unter erheblichem
> Energieverbrauch Kohlendioxid aus der Luft getrennt wird,
> obwohl es genügend Pflanzen gibt die dies in Symbiose mit
> Bakterien im Boden anreichern. Mineralischer Dünger ist ein
> Placeboprodukt der hauptsächlich dazu dient, die
> Chemieindustrie zum wachsen zu bringen dem allerdings sowieso
> das Ende bevorsteht, denn mit dem Ende des Erdöls kommt auch
> das Ende aller energieintensiven Produkte die darauf basieren.


Wer dermaßen mit Unwissen argumentiert disqualifiziert sich selbst für jede sachliche Diskussion. Solche Märchen über biochemische Vorgänge in der Natur kursieren ja sonst nur in der Urkostscene.

Re: Nahrungsmittelschutz, Vertikalanbau

Autor: Ava Odoemena | Datum:
So, meine online Pause ist vorbei, mal gucken was sich denn so getan hat;-)

Rudy schrieb:

> Wer dermaßen mit Unwissen argumentiert disqualifiziert sich
> selbst für jede sachliche Diskussion.

Ja! Ich bin ja sowas von disqualifiziert! Man sollte mich nicht nur aus jeder sachlichen Diskussion aussperren, nein, ich bin als Mensch an sich komplett wertlos. Man reiche mir einen Strick.

*g*

Aber mal im Ernst, wenn Du Deine Unterstellungen nicht mit Argumenten untermauerst, machst Du Dich in meinen Augen lediglich lächerlich.

> Solche Märchen über
> biochemische Vorgänge in der Natur kursieren ja sonst nur in
> der Urkostscene.

Jetzt krieg Dich halt mal wieder ein und werd nicht so hysterisch;-) Wo *konkret* liegt denn mein Fehler, vielleicht habe ich ja nur ein falsches Wort benutzt.

Zur Düngergewinnung aus Humanurin, les Dich halt mal ein, fang hier mal an bevor Du das Dorf zusammenschreist. Also echt eh:-)

Bakterien statt Dünger

Autor: Achim Stößer | Datum:
Dünger wird bald abgeschafft.

Schon heute wird bei der Hauptsojaproduktion kein Dünger mehr eingesetzt, sondern Bakterien. An Varianten für Reis etc. wird gearbeitet.

Achim

Re: Bakterien statt Dünger

Autor: Ava Odoemena | Datum:
Achim Stößer schrieb:

> Schon heute wird bei der Hauptsojaproduktion kein Dünger mehr
> eingesetzt, sondern Bakterien. An Varianten für Reis etc.
> wird gearbeitet.

Interessant.
Haste mal nen Link ehj? Meine Suchparameter werfen keine nennenswerten Ergebnisse ab.

Bradyrhizobium japonicum (war: Re: Bakterien statt Dünger)

Autor: Achim Stößer | Datum:
Zitat:
Der Ernährer der Welt

Soja, Zucker, Rindfleisch: Niemand exportiert so viele Agrarprodukte wie Brasilien. Das Land ist reicher und mächtiger als je zuvor. Gleichzeitig werden viele Brasilianer immer noch nicht satt
Von Ralf Südhoff

[...]

Der fünftgrößte Staat der Erde könnte dauerhaft zum Weltexporteur Nummer eins für Fleisch und Felderträge aller Art werden.

China hat sich zur Werkbank der Welt entwickelt. Indien gilt als das neue Service-Zentrum der Welt. Und Brasilien? Brasilien könnte zum Ernährer der Welt werden, zur »globalen Agrarsupermacht«, wie der ehemalige amerikanische Außenminister Colin Powell vorhersagt. [...]

Bradyrhizobium japonicum nennt sich ein Bakterium, das [Döbereiner] durch Hornbrille und Mikroskop hindurch in einem der leuchtend grünen Blätter entdeckte. Ein Bakterium, mit dem sich das Blattgrün gierig den Stickstoff aus der Luft holt. Und wächst und wächst und wächst.

Die Forscherin brachte die Bakterien mit Sojasamen zusammen und konnte so dieselben Erträge wie bisher erzielen – ohne ein Gramm Dünger zu benutzen. Ein phänomenaler Erfolg: Sie wurde für den Nobelpreis für Chemie nominiert. Bundespräsident von Weizsäcker verlieh ihr 1984 das Verdienstkreuz Ersten Ranges. Nur in Brasilien blieb ihr Werk lange unbeachtet. [...]

Ein breiter Streifen aus rotem Sand verläuft schnurgerade bis zum Horizont. Der Boden ist in der brasilianischen Savanne Cerrado trocken wie Mehl. Trotzdem erstreckt sich links und rechts der Sandpiste, so weit das Auge reicht, ein wundersam grünes Meer aus Soja.

Es ist eine der kleinsten Farmen der Familie Maggi. Die Maggis sind die größten Sojahersteller der Welt. Andre Maggi machte sich einst in den Westen Brasiliens auf, um die Landwirtschaft im staubtrockenen Niemandsland von Mato Grosso zu revolutionieren. Damals, vor 15 Jahren, wuchs dort kein Halm Soja, und seine Konkurrenten hielten den inzwischen verstorbenen Firmengründer für verrückt. Heute nennen sie seinen Sohn Blairo Maggi und den Ziehsohn Pedro Jacyr nur ehrfürchtig »die Sojakönige«. [...]

Brasilien, das Land der Maggis, war schon immer der größte Produzent für Kaffee und Orangensaft. Doch inzwischen verschifft Brasilien jährlich auch Soja im Wert von zehn Milliarden Dollar in alle Welt und ist damit Marktführer. Allein im Jahr 2001 hat sich die Sojaanbaufläche um 50 Prozent erhöht. Außerdem ist Brasilien seit kurzem der weltgrößte Exporteur von Rindfleisch und Hühnern, von Zucker und Biodiesel. Und ob Baumwolle, Tabak oder Mais, einfach alles, was Wurzeln hat, wächst in diesem Land – und die Ausfuhren wachsen mit: Seit dem Jahr 2000 stiegen die Agrarexporte jährlich um durchschnittlich 27 Prozent. [...]

Trotz dieser hausgemachten Hürden schickte Brasilien im vergangenen Jahr mehr als 20 Millionen Tonnen Soja übers Meer, schon im Jahr 2015 sollen es 32 Millionen Tonnen sein: Europa verlangt seit dem Ausbruch von BSE nach Tierfutter aus Soja. China produziert aus Soja alles Mögliche, ob Fertiggerichte oder Soßen, Viehtröge oder Kosmetika, und davon immer mehr. Soja ist heute überall, und überall ist die Familie Maggi.

Gründer Andre Maggi machte sich in den achtziger Jahren die Vision und Forschungen Döbereiners zu Eigen. Er ließ in der Steppe eine Sojasaat nach der anderen testen, bis er welche fand, die auf den sandigen Böden wenigstens standen. Den Rest besorgte viel, viel Dünger. Seitdem gibt es kein Halten mehr.

135.000 Hektar mit Soja gehören heute den Maggis, mehr als 100.000 Hektar haben sie zusätzlich gepachtet. Das ist 25-mal die Fläche Berlins. Darauf ernteten sie zuletzt 400.000 Tonnen Soja, und ein Vielfaches davon, mehr als zwei Millionen Tonnen, kaufen sie dazu und verschiffen es ins Ausland. [...]

»Bis zu 20 verschiedene Saaten nutzen wir heute«, mal mit, mal ohne Gentechnik, von Feld zu Feld, von Meter zu Meter angepasst. An die 60 Kilo Soja holt Pedro Jacyr auf diese Weise heute aus einem Hektar Steppe, vor zehn Jahren waren es gut 40 Kilo.

Die Maggis sehen sich trotzdem erst am Anfang. Pedros Bruder Blairo ist inzwischen Gouverneur von Mato Grosso und hat 2003 angekündigt, die Agrarfläche im Staate verdoppeln zu wollen. Und Mato Grosso allein ist zwar fast zweimal so groß wie Frankreich. Es macht jedoch nur ein Zehntel Brasiliens aus. Für Sojakönig Pedro Jacyr steht fest: »Brasilien hat das Potenzial, die Welt zu ernähren.« [...]

Aber warum? »Wir haben unendlich viel Land, billige Arbeit, ein perfektes Klima und vor allem die beste tropische Agrartechnologie der Welt«, zählt Minister Rodriguez auf. Um noch besser zu werden, hat die Forschungsagentur Embrapa inzwischen ein landesweites Netz von über 8.000 Mitarbeitern gespannt. Das Ergebnis: Brasilien nutzt heute nicht nur rund 40 Prozent mehr Anbaufläche als vor 20 Jahren. Es holt aus dieser Fläche auch 150 Prozent mehr Ernte als früher (siehe Grafik).

Automatisierte Großfazendas, die ihre Größenvorteile für »Economies of Scale« nutzen, tun ihr Übriges: Eine Tonne Zucker produzieren sie für 160 Dollar. In Europa kostet es das Dreifache. Und das Forscherheer der Embrapa ist erst dabei, Döbereiners Wachstumsbeschleuniger von Soja, der jährlich Dünger im Wert von 2,5 Milliarden Dollar ersetzt, auf die Reis- und Zuckerrohrplantagen zu übertragen. [...]

Statt sich zu bescheiden, klagen sie hartnäckig gegen die politischen Schranken des Nordens, der für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Brasilien Zölle von 150 Prozent und mehr erhebt. Damico & Co. zerren den Amerikaner und Europäer vor das Schiedsgericht der Welthandelsorganisation WTO. Sie klagen und klagen – und bekommen Recht und immer wieder Recht. Bis zum kommenden Mai muss die Europäische Union ihre Zuckersubventionen drastisch reduzieren. Als Nächstes sind die Baumwollsubventionen der USA fällig. Und die Bananenzölle der Europäer. Brasiliens Boom könnte bald neue Nahrung bekommen. [...]

»Wir waren beim Angeln, da trieb plötzlich ein toter Piranha vorbei, und es kamen immer mehr. Wir fuhren ihnen nach, wir fanden schließlich Hunderte toter Fische und Vögel, es nahm kein Ende.«

Bis heute ist das Wasser ungewohnt dunkel im Rio Claro, dem Klaren Fluss. Die Ursache liegt nicht nur für Ele Verte auf der Hand: Das Pantanal liegt in Mato Grosso, dessen trockene Savanne die Maggis und andere mit Supersoja und viel, viel Dünger zu einer riesigen Farm verwandelt haben. »Dann kam der große Regen und hat die Felder überschwemmt«, klagt Ele Verte, »seitdem sind die ganzen Chemikalien im Fluss.« [...]

Ein einmaliger Vorgang? Greenpeace Brasilien beklagt seit langem, dass der Agrarboom die einmaligen Gewässer bedrohe. Und den Regenwald: Allein im Jahr 2004 wurde im Amazonasgebiet von Brasilien die Fläche Belgiens gerodet. Fast die Hälfte davon ging in Mato Grosso verloren. Niemand weiß, durch wen, doch Greenpeace hat sich entschieden und Gouverneur Blairo Maggi die »Goldene Kettensäge« überreicht.

Andere Kritiker halten Brasiliens Agrarboom noch aus einem anderen Grund für nicht nachhaltig. Die internationale Hilfsorganisation Oxfam beispielsweise bemängelt die geringen Sozialstandards auf vielen Kaffeeplantagen. Und Ökonomen verweisen auf die geringe Wertschöpfung von einfachen Agrarprodukten.

Das Zauberwort, mit dem diese Probleme gelöst werden sollen, lautet in der Hauptstadt »Agroindustrie«. Statt Kühen sollen Steaks verschifft werden, statt Bohnen Sojaöl, statt Zucker soll aus Zuckerrohr in großem Stil der Treibstoff Ethanol gewonnen und gemeinsam mit dafür optimierten Automotoren exportiert werden. Mehr Wertschöpfung, mehr Arbeit – dann kann man es sich leisten, mit dem Raubbau aufzuhören, so die Hoffnung. Doch der Weg dahin erscheint noch vage. Um die Agroindustrie zu entwickeln, müsste die Regierung ihre Investitionen in Bildung und Infrastruktur deutlich erhöhen, und nicht nur die OECD fordert, auch Arbeiter und Landlose am Agrarboom zu beteiligen. Noch immer sind die Einkommen in Brasilien so ungleich verteilt wie in kaum einem anderen Land der Welt (siehe Kasten). Eine Landreform und eine »effektive Sozialpolitik« könnten hier nach Ansicht der OECD Abhilfe schaffen. Doch auf diesen Gebieten sind die Felder der Agrarmacht kaum bestellt.

Brasilien wird künftig zweifellos die Welt ernähren. Ob die Brasilianer davon selbst auf Dauer satt werden, steht noch nicht fest.


DIE ZEIT 04.05.2006 Nr.19

http://www.zeit.de/2006/19/Brasilien-Ernhrer ff. (meine Hervorhebungen)

Re: Bradyrhizobium japonicum (war: Re: Bakterien statt Dünger)

Autor: Ava | Datum:
Sehr interessant. Leider bezieht sich der Aspekt der Bakterien nur auf Stickstoff, und es ist bekannt dass Leguminosen und einige andere Pflanzensorten über die Wurzeln mit Bakterien eine Symbiose eingehen. Ob sich das auf andere Sorten, wie Mais, Reis usw übertragen lässt bleibt abzuwarten.

Nicht eingegangen wurde auf die anderen Sachen die Pflanzen so brauchen, und ob diese Nährwerte durch Bakterien geliefert werdenn können.

Also ich dünge alle meine Pflanzen mit Humanurin, und das klappt super. Nur weigert sich mein Schatz die selbstgezogene Brunnenkresse zu essen, die auf dem Balkon in einem ehemaligen Goldfischknast vom Sperrmüll fröhlich vor sich hinwächst. Ich habe ihm zwar angeboten doch etwas von seinem Urin zu spenden (der wäre auch leichter aufzufangen), aber da ist nichts zu machen. Das Mischverhältnis ist 5%-10% Urin aufs Wasser, nicht mehr sonst überdüngt man.

Was denn? Habt Ihr etwa auch eine negative Einstellung gegenüber Eurer Ausscheidungen. Wollt Ihr darüber reden?
:-)