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"Opferversorgung" - Analyse eines inakzeptablen Terminus'

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 10

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"Opferversorgung" - Analyse eines inakzeptablen Terminus'

Autor: Achim Stößer | Datum:
"Opferversorgung" - Notmaßnahmen für Verletzte, Hungernde usw. in Kriegs- und Katastrophengebieten oder bei Massenunfällen. Der Versuch, die schlimmsten Schäden abzuwenden, notdürftigste Versorgung von Wunden, Behandlung von Krankeiten, oft ein hoffnungsloses Unterfangen:

Zitat: Auch eine knappe Woche nach dem verheerenden Zugunglück in Nordkorea ist die Versorgung der Opfer immer noch katastrophal. Das berichten internationale Hilfsorganisationen. Es würden dringend Medikamente, Lebensmittel und Decken für die tausenden Verletzten und Obdachlosen benötigt

("Nordkorea: Opferversorgung katastrophal", http://www.rp-online.de/public/article/nachrichten/journal/katastrophe/ausland/45444, 27.04.04)


Für Szenarien des "nuklearen Schlagabtauschs" u.ä. soll es gar Vorschriften und Richtlinien geben, welche Opfer überhaupt noch "behandelt" werden.

Opferversorgung.

Dagegen Adoption, das Aufnehmen von Tieren (menschlichen Waisenkindern, Hunden aus Tierheimen, befreiten Hühnern usw. - Opfer widriger Umstände, Opfer von Tierausbeutern usw.), die der Hilfe bedürfen.

Individuen, die oft lebenslanger Unterstützung bedürfen. Für die diejenigen, die sie betreuen, eine Verantwortung haben. Aber auch Individuen, zu denen sich eine enge, emotionale Beziehung entwickelt. Ich kennen sehr gut die Gefühle, wenn es Tieren, um die ich mich kümmere (wobei die etymologische Nähe zu "Kummer" wohl kaum Zufall ist) schlecht geht oder sie gar sterben, meine Traumatisierung, als z.B. Jenny ...




... Mitte letzten Jahres sich mit einem Rottweilermischling anlegte und ihr dabei ein Auge aus dem Kopf fiel (qualzuchtbedingt), und ich kann wohl getrost davon ausgehen, daß viele hier das nachempfinden können.

Und dieses Sorge tragen geht über den Tod hinaus: derzeit ist eine Frau, die sich um viele nichtmenschliche Tiere (darunter einige befreite) kümmert, dabei, testamentarisch zu regeln, was mit ihnen nach ihrem Tod geschieht (für einige ist schon, sozusagen prophylaktisch, ein Platz gefunden, bezüglich der anderen werden wir im Fall des Falles verständigt, um für sie etwas zu finden). Sie ist zwar erst, ich glaube, Mitte fünfzig oder sechzig, und hat, da sie vegan lebt, eine überdurchschnittliche Lebenserwartung, aber Gänse z.B. könnten ja theoretisch achtzig Jahre alt werden ... (werden befreite wohl eher nicht, bedingt durch Qualzucht und die schon in den Ausbeuterbetrieben durchlittene Zeit - die beiden vor ca. drei Jahren befreiten Truthühner, die bei ihr lebten, sind dieses Jahr gestorben).

Was ist nun von jemandem zu halten, der dafür das Wort "Opferversorgung" gebraucht? Das ist - bestenfalls - Gedankenlosigkeit.

Jemanden aufnehmen, zu dem eine Gefühlsbindung wächst, ist mit Sicherheit nichts, dem ein Begriff für eine stumpfe Fließbandtätigkeit wie "Opferversorgung" auch nur ansatzweise gerecht wird.

Vor allem: welcher Geisteszustand verbirgt sich wohl dahinter, wenn jemand allen ernstes das Wort "Opferversorgung" dafür zu prägen versucht? Es ist unschwer zu erraten: vermutlich jener psychische Defekt, der bei vielen (auch Menschen-)Mördern anzutreffen ist: die Abwesenheit von Einfühlungsvermögen, ein fundamentaler Mangel an Empathie, Gefühl für andere, eine - im wahrsten Sinn des Wortes tödliche - Gefühlsarmut.

Achim

Re: "Opferversorgung" - Analyse eines inakzeptablen Terminus

Autor: Tanja | Datum:
Ja, was soll man dazu noch sagen...
Bei einigen Leuten, die diesen Begriff wohl einfach nur übernommen haben, habe ich den Eindruck, daß sie froh sind, so über die sprachliche Schiene ein Stück emotionale Distanz zu den bei ihnen lebenden nichtmenschlichen Tieren erreichen zu können. Und so eben Traumata aufgrund von Unfällen, Krankheit und Tod des betr. Tieres möglichst vorbeugen wollen, was natürlich (sofern Einfühlungsvermögen vorhanden ist) nicht funktioniert. Bei denen, die das aber wirklich ernst meinen, mache ich mir schon Sorgen um die Versorgung der aufgenommenen Tiere (sofern existent)...

Tanja

Nachplappern

Autor: Achim Stößer | Datum:
> Bei einigen Leuten, die diesen Begriff wohl einfach nur
> übernommen haben, habe ich den Eindruck, daß sie froh sind,

Ja, leider wird so manches gedankenlos nachgeplappert (was ja auch schon ethisch verwerflich ist).

Wobei es mir im Ausgangsbeitrag primär um die geisteshaltung derer ging, die aktiv versuchen, diesen (und andere) Begriffe zu prägen.

Dazwischen gibt es natürlich noch die, die das zunächst hirnlos nachbeten, dann aber (aus welchen Gründen auch immer, ich schätze, auch hier dürfte das verbreitet szenetypische Inzestcliquendenken eine hauptrolle spielen) das vehement verteidigen mit abstrusen Ausflüchten (etwa, daß es sich doch bei den Tieren um "Opfer" handle (ach was?) und diese "versorgt" werden müßten (nein wirklich?). Selbstverständlich sind z.B. aus "Eierproduktionsanlagen" befreite Hühner Opfer der speziesistischen Gesellschaft. Und selbstverständlich müssen sie, da sie (v.a. qualzuchtbedingt) nach unserem gegenwärtigen Kenntnisstand nicht allein überlebensfähig wären
"versorgt" werden. Das entlarvende dabei ist aber, die (primär emotionale) Beziehung zwischen "Adoptiveltern" und "Pflegekindern" - schon durch Verwendung dieses Terminus' - auf bloße "Opferversorgung" zu reduzieren.

Wobei ich sicher bin, daß jetzt hier "nachgebessert" wird, wie schon zuvor bei vielen selbstentlarvenden Aussagen geschehen, die dann ja "gar nicht so gemeint" waren ;-). Sollte mir recht sein, reduziert es doch die Gefahr, daß noch mehr es gedankenlos nachplappern - und das Kainsmal an der Stirn läßt sich auch durch plumpe Ausreden nicht abwaschen.

Achim

Re: Nachplappern

Autor: Achim Stößer | Datum:
> Ja, leider wird so manches gedankenlos nachgeplappert (was ja
> auch schon ethisch verwerflich ist).

Zur Verfolgung von Strömungen wird oft eine Farbmarkierung verwendet. So ist dann genau zu sehen, welche giftige Abwässer wo landen ...

Einen ähnlich nützlichen Nebeneffekt hat das Nachplappern. Bei hinreichend seltenen Plapperfragmenten (oder auch einer genügend großen Zahl gewöhnlicher), sei es spezifischer Wörter, sei es Pseudoargumente, läßt sich recht deutlich erkennen oder zumindest erahnen, aus welchem geistigen Abwasserrohr der Wortfluß gespeist wird.

Auch hier ist wieder die Motivation, aus der heraus nachgeplappert wird, zu unterscheiden (was manchmal einfach ist, manchmal auch nicht): ist es Dummheit? Oder Bosheit? Oder schlicht Projektion der eigenen Mankos?

Da gibt es z.B. ein Forum (von einer Handvoll Peta2-Vegetariern) mit dem Titel "Kill the Meat Eaters" (hmpf), indem ein(e) Ovolaktovegetarier(in) namens "Elfenseele" blubbert:
Zitat: "Der Autor behauptet, dass durch Vegetarier MEHR Tiere leiden/ums Leben kommen, als durch Omivore."
Manche ahnen es vielleicht, das bezieht sich auf Vegetarier sind Mörder - und ist meiner Einschätzung nach schiere Dummheit. Bei anderen, die diesen Schwachsinn aufgreifen, ist es dagegen offensichtlich reine bösartige Hetze.

Ein anderes Beispiel ist der immer wieder beliebte verlogene Vorwurf, hier im Forum würde zensiert (übrigens oft von Leuten, die selbst genau das praktizieren, was sie uns hier unter dem Vorwurf der Zensur vorwerfen, während wir hier keinerlei Meinungsäußerungen unterdrücken - das eben bedeutet Zensur, wie z.B. hier schon zur Genüge ausgeführt). Und da es offenbar zu viele Leute gibt, denen das klar ist, wird das inzwischen verklausuliert: es wird von "technischer Macht ausnutzes" o.ä. gesprochen. Die Absurdität solchen Unfugs wird an einem beispiel klar: diese Leute sollten mal einen Leserbrief an eine Zeitung schreiben (voll von solchem Müll wie den, den sie hier ins Forum rotzen) und dann, wenn er - überrraschenderweise - nicht veröffentlich wird (nein, wenn eine zeitung nicht jeden Schwachsinn, den ihr jemand schickt, abdruckt, veröffentlicht, ist das keine "Zensur") sich beschweren, daß die Redaktion ihre "teschnische macht ausnutzt".

Und so ist es auch hier: was wir ausnutzen, ist unsere Kompetenz, um ein Forum zu schaffen, das sich von den üblichen Müllhalden, die unter der Bezeichnung "Forum" oder "Blog" oder "Wiki" das Internet kontaminieren, unterscheidet. Hier muß eben nicht nach Informationen wie nach der Nadel im Misthaufen gesucht werden.

Wir haben die Verantwortung für die Inhalte dieser Seite, und nicht zuletzt für das Bild, das in der Öffentlichkeit von Tierrechten und Veganismus entsteht. Ein außerordetlich jämmerliches Bild, das sich denen bietet, die sich bedauerlicherweise in irgendwelche obskuren Foren (etwa Boller; Hummel aka. Boller II; Hummel II) verirren, statt hierherzufinden. Und diese stinkenden Müllhaufen werden dann auch noch als "Diskurs" geadelt ...

Achim

Foren etc.

Autor: Achim Stößer | Datum:
Übrigens bemerkenswert, daß es sich bei den meisten Foren - anders als diese hier, die ein kleiner Teil eines Konglomerats umfangreicher Informationsseiten sind - um Stand-Alone-Projekte handelt, die offenbar von Leuten gemacht wurden, die selbst nichts zustandebringen und daher eben mal ein Forum aus dem Boden stampfen in der Hoffnung, daß andere Leute die Arbeit für sie erledigen (allenfalls noch begleitet von der einen oder anderen Alibiseite mit 08/15 Texten oder Blogs, die nicht anderes sind als eine hierarchische From von Foren, in denen die Betreiber die Hauptbeiträge schreiben, die die anderen dann "kommentieren" dürfen). Fast noch schlimmer die Wikis, die diese Macht-Ihr-mal-Mentalität zum Prinzip erhoben haben - mit fatalen Folgen für das Ergebnis: wenn da der Eiffelturm zu einem der sieben Weltwunder erklärt wird, ist das vielleicht lächerlich - wenn aber geistiger Fallout bezüglich ethisch relevanter Aspekte angehäuft wird (und das ist, ob der verantwortungslosigkeit der Betreiber zwangsläufig der Fall), hört der Spaß auf.

Achim

Altruistische und andere Motive

Autor: Achim Stößer | Datum:
Natürlich gibt es unterschiedlichste Motive, solche Opfer aufzunehmen.

Bei menschlichen Adoptiv-/Pflegekindern:
1. Altruismus: um den Kindern zu helfen
2. Besitzdenken: um Kinder zu "haben"
3. Prestigegewinn
4. Finanzielle Interessen
5. Ausbeutung der Kinder (etwa sexuelle)
usw.

Analog dazu bei nichtmenschlichen Tieren:
1. Altruismus: um den Tiere zu helfen
2. Besitzdenken: um Tiere zu "haben"
3. Prestigegewinn
4. Finanzielle Interessen (Stichwort: Spenden)
5. "Nutzung" von "Nutz"-Tieren (von Enten als "Schneckenvernichter" über Hühner als "Eierliefernaten" bis zu Ziegen zukünftigen "Braten")

Es sollte klar sein (aber wie das halt so ist, es klafft oft eine Lücke zwischen Sein und Sollen), daß im Ursprungsbeitrag jeweils die altrusitische Motivation gemeint ist - und diese zu bloßer "Opferversorgung" zu degradieren, ist eben höchst vielsagend.

Zu den anderen Motiven, bezogen auf NMT, kann Tanja als Tierschützer-Expertin sicher einiges beitragen, ich erinnere mich da vage an diverse Katzensammlerinnen (zu 2), die finanziellen Aspekte ich glaube spanischer Hundeauffangstationen (zu 3) oder auch die "ein halbes jahr haben sie schon noch"-Ziegen (zu 5).

Achim

Re: Altruistische und andere Motive

Autor: Tanja | Datum:
> Zu den anderen Motiven, bezogen auf NMT, kann Tanja als
> Tierschützer-Expertin

Danke, das ist ja ein erstrebenswerter Titel... *fg*

> mich da vage an diverse Katzensammlerinnen (zu 2),

Nicht nur Katzen... Bei mir bekannten Tierschützerinnenn ist es weit verbreitet, daß Tiere "gesammelt" und quasi zum "Kindersatz" werden. Da sitzen dann ihr ganzes Leben lang 30 Katzen und mehr in einzelnen Zimmern oder kleinen Gehegen, Kaninchen in "warmen Ställen" (sprich: Holzkästen) und dürfen nicht an andere Plätze "weil sie es ja nirgendwo sonst so gut haben" und man ja so "an ihnen hängt". Der pure Horror.

Die Tage waren wir übrigens bei einer anderen Art von "Sammler": der Vorsitzende eines nahegelegenen Tierschutzvereines ist "Fan" von Vögeln und Reptilien. In seinem Keller sieht es aus wie in einer Zoohandlung, und wir haben nur den Raum mit den Vögeln gesehen... In einem anderen hat er wohl vom Leguan bis zur Klapperschlange so ziemlich alles, womit man sich brüsten kann...

Eine weitere Tierschützerin fütterte auf ihrem Grundstück Waschbären, weil sie sich einbildete, die seien hungrig (was ein Waschbär in einem Wohngebiet wohl niemals hat, ist Hunger), allen Warnungen zum Trotz. Und bestand darauf, das aus rein altruistischen Motiven zu tun. Als die Waschbären dann nur noch als Gang bei ihr auftauchten, erst ihren Garten und natürlich auch die Gärten der Nachbarn verwüsteten, wenn sie nicht pünktlich ihr Essen bekamen und zuletzt durch die Katzenklappe oder Terrassentür in ihr Haus kamen, in der Küche gar die Hängeschränke von der Wand rissen, war es ganz schnell vorbei mit dem Altruismus: sie rief tatsächlich eine "Schädlingsbekämpfungsfirma", die die Waschbären einfing und umbrachte.

> finanziellen Aspekte ich glaube spanischer
> Hundeauffangstationen (zu 3)

Du meinst wahrscheinlich Tierheime in Süditalien. (?) Da kann wohl jeder, der ein Grundstück mit einem Zaun darum besitzt, relativ einfach ein "Tierheim" eröffnen und kassiert dann pro aufgenommenem Hund und Tag zwischen 1 und 2 Euro vom Staat (oder der Gemeinde oder so) bei Kosten von ein paar Cent für die Ernährung, die meist aus vergammeltem Brot u.ä. Abfällen besteht. Man will damit wohl erreichen, daß die Zahl der "Straßenhunde" zurückgeht. De facto ist es wohl eher so, daß sich die Hunde auch in den Tierheimen weiter vermehren, zwar immer noch sehr viele sterben aufgrund der widrigen Bedingungen, unter denen sie dort leben müssen, aber gleichzeitig auch von der Straße immer wieder genügend "Nachschub" kommt. Ist also mindestens ein ganz ansehnlicher "Nebenverdienst". Bei Hundelagern mit 1000 Insassen und mehr eine absolut lukrative Einnahmequelle.

> oder auch die "ein halbes jahr
> haben sie schon noch"-Ziegen (zu 5).

Jaja, noch so ein Anekdötchen aus meiner Zeit mit Tierschützern... ;-/
Da wurde ich gebeten, mich nach einem Platz umzuhören für zwei Zwergziegen, die lästig geworden waren und getötet werden sollten. Eine langjährige Tierschützerin konnte mir innerhalb weniger Tage eine Adresse geben, wo ich die Ziegen hinbringen konnte; also fuhr ich, vertrauensselig wie ich war, mit einer Freundin in deren Kombi los, lud die Ziegen ein und brachte sie dorthin. Ich dachte erst, mich in der Adresse geirrt zu haben, denn als wir hielten, standen wir vor einem "Geflügelhof". Schnell stellte sich heraus, daß der "tierliebe" Betreiber dieses Hofes die Ziegen zwar aufnehmen, aber eben auch bald umbringen wolle, die Ziegen blieben selbstverständlich nicht dort. Die Tierschützerin, von mir darauf angesprochen, meinte nur, ja sie habe gewußt, daß er die Ziegen irgendwann schlachten werde, aber so hätten sie noch ein halbes Jahr länger gehabt...

Tanja

Re: Altruistische und andere Motive

Autor: loredana | Datum:
ich wollte mal nachfragen was es für anforderungen an eine person gibt die in der schwiz ein tierheim eröffnen möchte?danke im voraus für die antworten

"Opferversorgung" als Alexithymiker-Terminus

Autor: Achim Stößer | Datum:
Ach, sieh an, was manchmal so aus der Versenkung auftaucht - ich wußte gar nicht, daß ich schon 2005 was zu Alexithymikern geschrieben hatte ...

Achim