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Analogkäse: unvegan

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Analogkäse: unvegan

Autor: Achim Stößer | Datum:
"Lebensmittelexperten zufolge sind bereits 25 bis 40 Prozent des Käses in Fertigmahlzeiten und Snacks, auf Pizzen und Pasta und zahlreichen anderen Produkten in den Niederlanden sogenannte Nepp- oder Analogkäse." Das - unvegane - "Gemisch aus Öl, Stärke, Milcheiweiß und Geschmacksverstärkern findet sich auch in Lasagne oder auf Hamburgern." Da sollte es doch kein Problem sein, stattdessen eine vegane Variante mit beispielsweise Soja- oder Erbseneiweiß statt dem aus Drüsensekret zu verwenden.

Käse-Alarm: Pseudokäse auf der Pizza

Autor: Achim Stößer | Datum:
Von Helmut Hetzel und Ulrike Grafberger, 28.08.08

In Holland werden Gouda und Edamer zunehmend durch ein billiges Mischprodukt ersetzt. Das Gemisch aus Öl, Stärke, Milcheiweiß und Geschmacksverstärkern findet sich auch in Lasagne oder auf Hamburgern.

Nepp-Käse oder echter Käse? Holländischen Verbrauchern werden zunehmend Pizzen mit künstlichem Belag angeboten, klagen Verbraucherverbände. (BILD: AP)
DEN HAAG - Der Kuss ist ein Ritual. Jedes Jahr auf der Grünen Woche in Berlin verteilt die niederländische Käsebotschafterin Frau Antje leckere Käsehäppchen an die Besucher. Und jedes Mal auch an den jeweils amtierenden deutschen Bundespräsidenten, wenn dieser Frau Antje trifft. Noch während das deutsche Staatsoberhaupt auf seinem Gouda aus Holland kaut, küsst ihn Frau Antje zärtlich auf die Wange. Das ist Holland-PR von der lieblichen Art. Für den eigenen Käse.

Doch nun haben Verbraucherschützer im Land von Frau Antje einen Käse-Alarm ausgelöst. Ausgerechnet die Niederlande, die so stolz auf ihren Gouda und ihren Edamer sind, steigen nun um auf Pseudokäse. Der peinliche Prozess vollzieht sich schleichend und ohne dass der Konsument es weiß. Denn anstatt Gouda und Edamer schwimmt nun immer öfter nur noch eine Pampe aus Palmöl, Stärke, Milcheiweiß und Salzen sowie Geschmacksverstärkern auf der Pizza oder auf Cheeseburgern. Der neue holländische Kunst-Käse nennt sich dann ganz nüchtern: Analogkäse. Das stellte die niederländische Lebensmittelkontrolle „,Keuringsdienst van Waren“ jetzt fest.

Der TV-Sender RVU publizierte die Ergebnisse. Sie sind schlichtweg erschreckend und wenig appetitanregend. Den Lebensmittelexperten zufolge sind bereits 25 bis 40 Prozent des Käses in Fertigmahlzeiten und Snacks, auf Pizzen und Pasta und zahlreichen anderen Produkten in den Niederlanden sogenannte Nepp- oder Analogkäse. Der Markt für dieses Pseudoprodukt wächst in den Niederlanden rasant. Denn der Ersatzkäse ist viel billiger als der, der von der Milch einer Kuh hergestellt wird. „Es ist eine Frage des Geldes“, bestätigt Herman Brand, Manager beim Käsehandel „Noordhoek“. Doch der neue Kunst-Käse soll laut Brand noch mehr Vorteile haben. Er lässt sich modellieren. Er lässt sich mixen. „Der eine Fabrikant will einen Käse haben, der schmilzt, der andere einen, der genau das nicht tut. Manche wollen den Käse noch bis 400 Grad im Ofen backen können. Indem wir herkömmlichen Käse mit Analogkäse mischen, können wir die gewünschten Eigenschaften liefern, die unsere Kunden vom Käse verlangen.“

Die niederländische Verbraucherschutzorganisation „Consumentenbond“ kam zu noch erschreckenderen Ergebnissen als die Lebensmittelkontrolle. Die Konsumentenschützer fanden während umfangreicher Stichproben heraus, dass etwa die von eine Supermarktkette vertriebenen Pizzen mit 70 Prozent Pseudo-Käse hergestellt worden waren. Der Verbraucherschutzverband fordert daher eine großangelegte Untersuchung über die Verwendung des „Nepp-Käses“ (wie er in den Niederlanden inzwischen genannt wird) in der Gastronomie und bei den Supermärkten.

„Der Konsument wird in die Irre geführt“, so Marcel van Beusekom vom niederländischen Verbraucherschutzbund. Der Nepp-Käse ist nämlich auf den Produktverpackungen als solcher nicht erkennbar. Für die stolzen niederländischen Käsehersteller und für die Verbraucherschützer ist die ganze Angelegenheit aber auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.

Kein Gesundheitsrisiko

Selbst Gourmets müssen passen, weil sie den Geschmacksunterschied zwischen dem Kunstprodukt und dem echten Kuh-Käse auf der Pizza kaum erkennen können. Hinzu kommt: Der Kunstkäse ist nicht gesundheitsschädlich. Sein einzigerVorteil: Mit dem Kunstprodukt, das sich unberechtigter Weise Käse nennt, lässt sich richtig Kasse machen. Der Dumme ist - wie so oft - Otto Normalverbraucher. Denn der hat momentan keine Chance, echt von falsch zu unterscheiden. So wird er eben weiterhin die künstliche Käse-Pampe auf seiner Pizza vorfinden oder einen Cheeseburger essen, der seinen Namen nun wirklich nicht verdient.
http://www.ksta.de/html/artikel/1218660451727.shtml

Pseudo-Käse läuft auch in Freiburg gut

Autor: Achim Stößer | Datum:
Ahnungslose Verbraucher

Pseudo-Käse läuft auch in Freiburg gut

Es sieht aus wie Käse, schmilzt wie Käse, ist aber keiner. Der Verbraucher bleibt oft ahnungslos, wenn er Käseimitat vorgesetzt bekommt. Die BZ hat nun falschen Käse getestet – und auch einen Käseexperten eingeladen.

Dampfend kommt die Pizza aus dem Ofen. Es riecht verführerisch nach Oregano, nach Tomaten und – nach Käse. Glaubt man jedenfalls. Doch auf dieser Pizza, die da aus dem BZ-Ofen kommt, ist kein Gramm Käse drauf. Was da goldgelb zerlaufen ist, heißt "Gastromix" und ist eine Mischung aus Magermilch, Pflanzenöl und Aromastoffen. Weil der Pseudo-Käse billiger und leichter zu verarbeiten ist, wird er immer öfter von Gastronomie und Bäckereien eingesetzt. Auch Kontrollen in Freiburg haben das Ergebnis gebracht: Es ist nicht überall Käse drin, wo Käse draufsteht.


Dreimal Käse: echter Käse, Mix-Käse und Analogkäse (v.l.) | Foto: Ingo Schneider

Die Lebensmittelkontrolleure in Baden-Württemberg haben in den vergangenen zwei Jahren 540 Käseproben genommen. Bei 22 Prozent der Proben aus Gastronomie und Imbissbetrieben wurde falscher Käse entdeckt, der nicht als solcher gekennzeichnet war. "Diese Verbrauchertäuschung kann so nicht hingenommen werden", meinte am Donnerstag Landwirtschaftsminister Peter Hauk.

So sieht es auch die Verbraucherorganisation Foodwatch. Die spricht sogar von einem Betrug am Kunden, wenn auf das Imitat nicht eindeutig und vorschriftsmäßig hingewiesen wird.

"Es handelt sich um ein billiges Ersatzprodukt, das eingesetzt wird, um Kosten zu sparen", sagt Christiane Groß von Foodwatch. Das Amt für öffentliche Ordnung in Freiburg ertappte gerade erst wieder zwei Gastrobetriebe bei der falschen Kennzeichnung, berichtet Markus Geißler, der stellvertretende Amtsleiter. In den Küchen der Betriebe fanden die Kontrolleure Packungen mit Imitat. Auf der Speisekarte stand jedoch Käse.

Zitat: Pseudo-Käse: "Riecht nach nichts, schmeckt nach nichts, furchtbar!", Carlo Stähle


Der Kunde hat praktisch keine Chance, am Geschmack selbst die Täuschung zu bemerken. Der Grund: "Wenn die Mischung geschmolzen ist und Gewürze dazu kommen, wird es sehr schwierig", sagt Silke Heble vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) in Freiburg. Dort beschäftigt man sich seit Jahren schon mit dem Käse-Problem. Klarheit bringt meist erst die Analyse im Labor. "Wir haben hier immer wieder Fälle auf dem Tisch", berichtet sie.

Angefangen hat alles mit einem Feta-Ersatz, mittlerweile werden auch Emmentaler, Mozzarella oder Gouda imitiert. Der Analogkäse ist im Einkauf etwa 40 Prozent günstiger als echter Käse. Er verträgt höhere Temperaturen, verbrennt nicht so schnell und zudem sieht das Kunstprodukt nach dem Überbacken optisch auch noch ansprechender aus, meint Silke Heble. Zwar bestehen beim Verzehr des Imitats keine gesundheitlichen Risiken. "Aber es ist eben ein ganz anderes Produkt als Käse", so die Expertin vom CVUA.

Die Badische Zeitung startete am Donnerstag einen Pizza-Selbsttest und dokumentierte


Käseexperte Carlo Stähle testet die Rohmasse. Beim Kunstkäse hat es ihn geschüttelt. Sein Urteil: „Furchtbar!“ Foto: Ingo Schneider

Den Analogkäse erstanden wir im auch von vielen Gastronomen frequentierten Großhandel Metro in Gundelfingen. Dort im Käseregal findet sich – mit einem Schild deutlich als solches gekennzeichnet – ein Käseimitat mit dem Namen"Gastromix" von einem Hersteller aus dem Allgäu. Es gibt noch eine andere Variante: Die Metro-Eigenmarke "Pizza-Mix". Diese enthält zur Hälfte echten Käse, zur Hälfte Imitat. Diese Mischung ist am günstigsten – und offenbar auch am beliebtesten. Ein Karton war nur noch halb voll, ein komplett leerer lag daneben.

Mit Analogkäse, Pizza-Mix und echtem Käse haben wir Pizza gebacken und von der Redaktion testen lassen. Im Direktvergleich ließen sich die unterschiedlichen Arten Schmelzbelag von den Testessern aber dann doch herausschmecken. Auch Käsehändler Carlo Stähle haben wir zum Probieren der Rohmasse eingeladen. "Riecht nach nichts, schmeckt nach nichts, furchtbar", kommentierte er den Analogkäse. Die Imitat-Echtkäse-Mischung kam ihm ölig vor: "Echter Käse krümelt auch nicht so". Die Mopro-Consulting aus Kempten, Hersteller des beim Test verwendeten Käseersatzes, verweist gegenüber der BZ darauf, dass sie ihre Produkte in reinster Form und ohne Verbraucher irreführende Mischungen und Angaben vermarktet. Die Käseimitate seien auch besonders geeignet für Veganer und Vegetarier, da keine Milchbestandteile oder andere tierische Inhaltstoffe verwendet werden. Zudem seien die Produkte lactosefrei – deswegen würden sie auch von Menschen nachgefragt, die an Milchzuckerunverträglichkeit leiden. Es gebe einen steigenden Bedarf für diese Alternativen, so das Unternehmen aus Kempten.Und natürlich dürfe Analogkäse nur ausreichender Kennzeichnung in den Handel gebracht werden.

Bleibt am Ende vor allem die Frage, wie auf Speisekarten oder auf Aushängen das Ersatzprodukt korrekt gekennzeichnet werden muss. "Es gibt da Grauzonen", räumt Detlef Huhle vom Landwirtschaftsministerium in Stuttgart ein. Die Bezeichnung"Überbackene Laugenstangen" wäre beispielsweise nicht zu beanstanden, auch wenn das Gebäck mit Analogkäse bestreut ist. Ein Gesetzesverstoß liegt nur vor, wenn das Wort "Käse" verwendet wird. In welcher Form auch immer. Daher dürfen auch die Begriffe Analogkäse oder Käseimitat nicht verwendet werden. Was stattdessen auf der Speisekarte stehen sollte, bei dieser Frage muss das Verbraucherschutzministerium in Berlin auf BZ-Nachfrage passen.

Silke Helble vom CVUA Freiburg jedenfalls plädiert für eine Bezeichnung, die unzweideutig ist und bei der der Verbraucher auch wirklich weiß, was da für ihn dahingeschmolzen ist: "Lebensmittelzubereitung aus Magermilch, Pflanzenfett und Geschmacksverstärkern."

Zitat: Info: Analogkäse
So heißen Imitate, die nicht oder nur zu einem Teil aus Milch oder Milchprodukten hergestellt werden. Dabei wird das Milchfett durch andere tierische oder pflanzliche Fette ersetzt. Als Grundstoffe dienen Wasser, Milch- oder Bakterieneiweiß und Pflanzenöle wie Palmöl, teils auch Stärke. Weitere Zutaten sind Emulgatoren, Aroma- und Farbstoffe wie Beta-Carotin, Salz und Geschmacksverstärker. In Deutschland werden jährlich rund 100 000 Tonnen Kunstkäse produziert.

Die Kosten für Käseeinkauf für den Test bei Metro in Gundelfingen jeweils 1000 Gramm,gerieben: Kunstkäse "Gastromix" 3,37 Euro, Metro-Pizza-Mix (50% Imitat/ 50 % Käse), 3,20 Euro; Markenkäse Emmentaler "President" 8,34 Euro.


http://www.badische-zeitung.de/freiburg/pseudo-kaese-laeuft-auch-in-freiburg-gut--14761596.html

Verbraucherschutz / Kunst-Käse macht Kühen Konkurrenz

Autor: Achim Stößer | Datum:
Von Stephan Börnecke

Heute zum Frühstück ein knackiges, mit Käse überbackenes Brötchen genossen? Und gestern Abend die Pizza mit blütenweißem Mozzarella? Dazu Salat mit Schafskäsebrocken? Hat's etwa nicht geschmeckt? War es krustig? Oder aber fad? Gummiartig? Vielleicht waren nicht Bäcker oder Koch daran Schuld, sondern eventuell könnte ein Fall von "Betrug am Verbraucher" vorliegen, wie ihn die Hamburger Verbraucherzentrale seit einiger Zeit häufiger beobachtet.

Nicht Käse, sondern Analog-Käse, ein Imitat, ein Kunstprodukt, könnte auf dem Backwerk oder im Salat gewesen sein. Und damit ein Lebensmittel, in dem der Käse von der Kuh durch Raps-, Palm- oder Sonnenblumenöl ersetzt wurde. Ganz wie im Speiseeis auch. Nur kaum einer hat's gemerkt.

Oder ist alles halb so schlimm, zumal Pflanzenfetten dank jahrzehntelanger Marketing-Bemühungen der Margarine-Industrie etwas Dynamisches, der Butter aber eher etwas Altbackenes anhängt? Nicht nur Verbraucherschützer, sondern auch Milchbauern beobachten den Trend zum Milch-Substitut in Käse und Eis mit Argwohn, schmälert er doch ihren Absatz.

Zitat: Marktanteile

Welche Bedeutung Kunst-Käse inzwischen für den Markt erreicht hat, ist nicht ganz klar. Eine Statistik darüber existiert nicht. Max Wiedemann, Chef des Zutaten-Marktführers Jeneil, schätzt, dass von den EU-weit 350.000 Tonnen Käse, die die Industrie verarbeitet, nur etwa 10.000 Tonnen dem Kunst-Käse zuzuordnen sind. Wiedemann geht allerdings davon aus, dass es bald 50 000 Tonnen sein werden.

Analog-Käse liege, etwa weil die Pizza schneller fertig wird und dennoch nicht verbrennt, voll im Trend. Ob Milchindustrieverband oder die Lebensmittelwirtschaft - von der Frankfurter Rundschau befragte Fachleute tappen völlig im Dunkeln über die verbrauchten Mengen. Die ZDF-Sendung Frontal 21 sprach von 100.000 Tonnen, die allein pro Jahr in Deutschland produziert würden. Frontal-Autor Friedrich Kurz beruft sich dabei auf verlässliche Angaben aus Kreisen der Industrie.

Nach einer Studie, auf die der Milchindustrieverband verweist, ist der Markt allerdings nur 20.000 Tonnen groß. Die Steigerungsraten für Analogkäse seien jedoch hoch und lägen bei etwa acht Prozent. Die Marktverdrängung sei also messbar, wenn auch noch gering. Unklar bleibt, wie groß der Einfluss auf den Milchpreis ist.

Aktuelle Untersuchungen belegen den Trend: In jeder dritten bis vierten Probe, das zeigt der bundesweite Überwachungsplan des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, fanden die Tester bei Verdachts-Untersuchungen nicht den vom Hersteller oder Verkäufer behaupteten Edamer, Cheddar oder Mozzarella, sondern das aus einer Mischung aus Pflanzenfett, Milcheiweiß, Wasser, Stärke und Geschmacksverstärkern zusammengerührte Kunstprodukt. Das freilich ist nicht giftig, auch "nicht reif für die Deponie", sondern immer noch ein Lebensmittel, worauf der Geschäftsführer des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BVL), Michael Welsch, Wert legt. Aber das Imitat ist eben kein Natur-Käse, und es wird dem Verbraucher regelrecht untergeschoben.

In 115 Proben wurden die Analytiker laut Überwachungsplan des BVL gleich 31 Male fündig, vorwiegend in Pizzabuden und an Imbissständen, aber auch in Bäckereien. Als Käse offeriert, verbirgt sich manchmal eine "Lebensmittelzubereitung aus Magermilch und Pflanzenöl in Salzlake" und damit ein Imitat im Produkt. Das enthält zwar noch Milcheiweiß und ist daher auch keine Alternative für Veganer, aber eben keinen oder nur noch wenig Kuh- oder Schafskäse. Auf der Speisekarte oder am Kühlregal im Supermarkt ist das oft nicht deklariert oder nur schwer zu erkennen.

"Die Wahlfreiheit des Verbrauchers", gesteht auch Welsch ein, ist dahin. Denn laut Käseverordnung darf nur Käse draufstehen, wo auch Käse drin ist. Doch selbst wenn sich die Hersteller daran halten: In der Zutatenliste ist es schon deshalb oft nicht zu erkennen, weil das Imitat durchaus auch mit Käse gemischt sein kann. Dann taucht dort neben den Pflanzenfetten des Imitats eben auch der Käse auf. Doch wer kann aus dem Mengenverhältnis noch erkennen, ob auch Kunstkäse mit im Spiel ist?

Die Verbraucherschützer sprechen von Betrug, wie etwa Matthias Wolfschmidt von Foodwatch. Oder von "Nepp-Käse", wie Armin Valet von der Verbraucherschutzzentrale Hamburg. Die Verbraucherzentrale veröffentlicht denn auch eine Reihe von Produkten auf ihrer Homepage, in denen das Imitat das bestimmende Element ist.

Welsch appelliert derweil an die Marketingexperten, sich etwas einfallen zu lassen, um für das Kunstprodukt einen "positiven" Namen zu finden. Denn Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner lässt derzeit prüfen, wie der Verbraucher künftig Käse von Imitaten unterscheiden kann: "Wenn da nur Pizza-Belag statt Ersatzkäse draufsteht und die genaue Zusammensetzung erst aus dem Kleingedruckten hervorgeht, dann genügt mir das nicht", sagt Aigner zur Frankfurter Rundschau. Noch also ist der Kunde der Geleimte: Selbst im Supermarkt muss der Schnittkäse nicht immer echt sein, auch hier könnte ein Kunstprodukt vorliegen. Einer der führenden Hersteller der Ausgangsprodukte des Analog-Käses, das Unternehmen Jeneil-Bioproducts im bayerischen Schechen, nennt die Palette: "Pizza-Topping" nach Mozzarella-Art, "Käse" zum Braten und Grillen als Abwechslung zum Steak, Kashkaval, die Balkan-Spezialität, hier aber als Kunstprodukt, Weißkäse "Typ griechischer Feta" oder auch Streichkäse. All das gibt es in Kunstform.

Die Vorteile des Schummel-Käses für die Industrie liegen auf der Hand: Die Rohstoffkosten sind geringer: Nicht 2,20 Euro für das Kilo Edamer, sondern je nach Qualität 20 bis 30 Prozent weniger zahlen die Verarbeiter, manchmal nur 1,48 Euro, wie Foodwatch ermittelte. Auch der Maschinenpark ist preiswerter. Vor allem wird die Produktpalette größer - ob stark schmelzend oder nur gering, das lässt sich alles durch die Mischung der Zutaten beeinflussen. Und weil der Kunst-Käse höhere Temperaturen verträgt, ist die Pizza im Schnellimbiss in "Sekunden" fertig. Doch kann die gegen eine mit echtem Käse aus dem Holzofen bestehen? Wohl kaum.

http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/1774491_Verbraucherschutz-Kunst-Kaese-macht-Kuehen-Konkurrenz.html

Der Palmöl-Käse stinkt nicht nur Milchbauern

Autor: Achim Stößer | Datum:

Bild: Auf Pizzen liegt häufig gar kein Käse.

In Österreich ist künstlicher Käse aus Pflanzenfett schon seit drei Jahren ein Aufreger-Thema.

MÜNCHEN (sz) Jetzt entdecken auch Politiker im deutschen Süden die Brisanz der Mischung, die den Milchbauern Absatzprobleme beschert. Aber bis es klare Kennzeichnungen auf Supermarkt-Verpackungen und Fastfood-Speisekarten geben wird, sind die nächsten Wahlen wohl längst vorüber.

Eine bundesweit vertretene Lebensmittel-Kette verkaufte "Cordon bleu"-Schnitzel, deren traditionelle Käse-Füllung gerade mal noch zu zwei Prozent aus Milchprodukten stammt. Der Rest ist Palmöl und pflanzliches Eiweiß – also Importware aus der Dritten Welt, für deren Anbau gern tropischer Regenwald gerodet wird. Zusammen mit dem Energieverbrauch für den Übersee-Transport ist der falsche Käse auch für den Klimawandel nicht von Pappe.

Jährlich konsumieren die Deutschen rund 100000 Tonnen Schummel-Käse, schätzen Fachleute. Das entspricht etwa der zehnfachen Menge an Milch, die sonst zur traditionellen Käserei nötig wäre, und die Tendenz zum sogenannten "Analog-Käse" ist stark steigend. Schon im Jahr 2007 fand die amtliche Lebensmittelüberwachung in jeder dritten Kontroll-Probe keinen echten Käse. Zu den Verdächtigen gehören bei weitem nicht nur Pizza-Bäcker, sondern auch Dorf-Bäckereien und ganz normale Wirtshäuser. Oft wissen selbst Profi-Anwender nicht, was sie da auf Käsestangen oder aufs Kartoffel-Gratin streuen: Die fertig geriebenen Mischungen aus der Großpackung sehen echtem Käse täuschend ähnlich. Was tatsächlich drin ist, findet sich allenfalls auf der Rückseite im Kleingedruckten.

Ironie des Schicksals: Als vergangenes Jahr nach dem Bauern-Streik die deutschen Milchpreise vorübergehend stiegen, schnellte der Absatz von Kunst-Käse, der nur die Hälfte kostet, förmlich nach oben. Zugleich wechselten unter dem Milchpreis-Druck viele Speiseeis-Fabriken von der traditionellen Zutat Kuhmilch auf Pflanzenfette. Gegen solche Einbußen hilft den Landwirten allenfalls die Hoffnung, dass die Verbraucher bei diesem Trend nicht mitspielen – wenn sie denn überhaupt merken, dass ihnen Milchersatz verkauft wird.



Klare Warnhinweise, wie sie Verbraucherschützer, Grüne und Bayerns Landtags-SPD fordern, scheinen Regierungsbeamten problematisch: Gesundheitsschädlich ist der Retorten-Käse, dessen Herstellung ganze 20 Minuten dauert, allenfalls für bestimmte Allergiker-Gruppen. Gastronomen schätzen an den Tiefpreis-Mischungen, dass sie sich auch bei 400 Grad Ofentemperatur problemlos überbacken lassen; natürlicher Käse verbrennt ab 200 Grad und erfordert bei der Zubereitung entsprechend mehr Zeit und Sorgfalt.

Und dann sind da noch die Veganer, also Vegetarier, die nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf Milch und Michprodukte verzichten, um den Kühen "Gefangenschaft" zu ersparen: Sie wünschen sich schon lange klare Pflanzenfett-Hinweise auf den Packungen und beklagen, dass auch im Kunst-Käse oft Lab aus Kälbermägen verwendet wird. Es gehört dazu, wenn das Retorten-Produkt wie richtiger Käse schmecken soll.

Die verschiedenen Sorten lassen sich dann fast nach Belieben rekonstruieren: Das fand schon vor 30 Jahren eine fränkische Molkerei heraus, die zum Ärger der griechischen und türkischen Konkurrenz "Schafskäse aus Kuhmilch" in Konservendosen auf den europäischen Markt warf.

Heute gibt’s logisch auch Schafkäse aus indonesischem Palmöl. Und der weltweit führende Hersteller der sonst noch nötigen Zutaten sitzt mit seiner Europa-Niederlassung pikanterweise im schönsten Oberbayern. Eigentlich, heißt es dort, war die Methode dazu gedacht, auch den Menschen in ärmeren Ländern mit geringen Milchkuh-Beständen die Käse-Produktion zu ermöglichen. Dass mittlerweile auch klassische Milchkuh-Regionen in Süddeutschland und Österreich mit Retorten-Käse überschwemmt werden, ist womöglich nicht im Sinne der Erfinder, aber die Bauern dort haben den Schaden. Der Verband der Milchviehhalter hat den bayerischen Landwirtschaftsminister Helmut Brunner jetzt ermuntert, mit seiner Forderung nach einer klaren Kennzeichnungspflicht standhaft zu bleiben. Brunners Verbraucherschutz-Kollege Markus Söder will derweil die einschlägigen Lebensmittel-Kontrollen von bisher jährlich 399 Proben auf künftig 90 Proben reduzieren, behauptet die SPD-Landtagsabgeordnete Anette Karl; dies sei schon "fast ein Aufruf zum Missbrauch".

(Erschienen: 04.06.2009)

http://www.szon.de/news/wirimsueden/land/200906041285.html

Lebensmittel: Analogkäse als Hoffnungsträger

Autor: Achim Stößer | Datum:
© Colourbox
Analogkäse sieht zwar aus wie echter Käse, besteht aber im Wesentlichen aus Pflanzenfett, Wasser und Milcheiweiß

Von Britta Hesener


Viele Verbraucher fühlen sich genarrt. Statt Käse aus Kuhmilch wird ihnen oft ein Imitat, sogenannter Analogkäse, untergejubelt. Allerdings ist längst nicht jeder empört. Veganer, Laktoseintolerante und Milcheiweißallergiker setzen Hoffnung in die Fälschung - zum Teil zu Recht.


Was in Bäckereien und Imbissen zum Überbacken genutzt wird, ist nicht immer echter Käse. Auf Pizzen oder Brötchen findet sich auch so genannter Analogkäse. Der ist nichts anderes als eine Mischung aus Pflanzenfett, Wasser und Milcheiweiß, der zum Teil Schmelzsalze, Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe und Farbstoffe zugesetzt werden.

Das Käse-Imitat liegt im Supermarktregal unter Namen wie "Gastromix", "Streufertiger Backbelag" oder "Pizza-Mix" neben echten Streukäse-Produkten - und tut so, als gehöre es dazu. Illegal ist es nicht, wenn erst der Blick auf die Zutatenliste verrät, dass das Lebensmittel wenig mit Kuhmilch zu tun hat. Trotzdem empören sich viele Verbraucher. Allerdings hoffen einige auch auf ein breites Analogkäse-Angebot im Handel. Milcheiweißallergiker und Veganer äußern sich in Internetforen positiv zum Imitat. Auch Menschen, die unter Laktose-Intoleranz leiden, also keinen Milchzucker vertragen, könnten von Analogkäse profitieren. Sie hoffen, einen milchfreien Käse-Ersatz gefunden zu haben, der geschmacklich mit dem Original mithält.

Veganer sollten vorsichtig sein

Zwar fehlen im Imitat oft Calcium, Kalium und die fettlöslichen Vitamine A, D und K. Doch wer Käse wegen seines Geschmacks und nicht wegen seiner Zutaten essen möchte, wird darauf verzichten können.

Das größere Problem: Für Veganer, die tierische Produkte und Zusatzstoffe in jeder Form ablehnen, sind die Imitate meist keine Alternative. Die von der Verbraucherzentrale Hamburg aufgelisteten Analogkäse-Sorten enthalten neben Pflanzenfett auch Milcheiweiß, ein tierisches Produkt. Daher sind sie nicht vegan. Laut der Verbraucherzentrale haben die Kunstkäse jedoch verschiedene Rezepturen. Dass es darunter auch rein pflanzliche gebe, sei nicht auszuschließen. Dies sei noch nicht genauer untersucht worden.


Die große Käse-Lüge

Auch das Streukäse-Imitat "Gastromix", das in Metro-Filialen erhältlich ist, kann die Hoffnungen nicht erfüllen. Es hatte unter Veganern zum Teil für Verwirrung gesorgt. In der Zutatenliste taucht der Begriff "Milcheiweiß" nicht auf. Die Hersteller hat zudem eine Pressemitteilung herausgegeben, in der er seine Produkte als vegan anpreist. Auf stern.de-Anfrage bestätigte das Unternehmen jedoch, dass dies auf den "Gastromix" nicht zutreffe. Er enthält laut Zutatenliste Labkasein, ein Milcheiweiß. Mopro-Consulting plant jedoch, ein veganes Produkt auf den Markt zu bringen. Die Firma würde momentan laut Geschäftsführer Marcel Waltner Gespräche mit "namhaften Lebensmitteleinzelhändlern" führen.

Laktoseintolerante dürfen zugreifen

Anders als Veganer können laktoseintolerante Käseliebhaber das Imitat essen - solange kein Milchzucker auf der Zutatenliste auftaucht. "Wenn Laktose zugefügt wurde, muss dies deklariert werden", sagt Ernährungstherapeutin Imke Reese. Das enthaltene Milcheiweiß könne zwar mit Laktose verunreinigt sein, doch dies sei für Laktoseintolerante in der Regel unproblematisch, versichern sowohl Imke Reese als auch Julia Weißkirchen, Ernährungsexpertin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund. Allerdings können Laktoseintolerante laut Imke Reese durchaus auch echten Käse essen. Sie empfiehlt gut durchgereifte, denn im Zuge der Reifung werde die Laktose abgebaut. Mozzarella, Schmelzkäse, Frischkäse und extrem junger Käse könnten hingegen relativ hohe Mengen Milchzucker enthalten.

Milcheiweiß-Allergiker sollten das Käse-Imitat hingegen meiden. Selbst kleinste Spuren von Milcheiweiß können Beschwerden auslösen. Imke Reese empfiehlt den Allergikern darum, nicht nur auf echten, sondern auch auf Analogkäse komplett zu verzichten.

Der Analogkäse kann für manche also durchaus von Vorteil sein. Um sein Image zu verbessern, würde nur eines helfen: eine transparente Deklaration. Die Anbieter müssten ihn als Imitat outen. Dann könnte das Imitat im Supermarkt beispielsweise direkt bei den laktosefreien Milchprodukten einsortiert werden - statt bei den echten Käsesorten.


Artikel vom 05. Juni 2009

http://www.stern.de/gesundheit/ernaehrung/aktuelles/:Lebensmittel-Analogk%E4se-Hoffnungstr%E4ger/702715.html?nl=T%E4glich05.06.2009

Kunstkäse schmeckt vor allem der Industrie

Autor: Achim Stößer | Datum:
Koblenz Pizza oder Käsestange sind ohne Käse unvorstellbar? Keinesfalls: Wahrscheinlich haben Sie beides schon ohne Käse gegessen - und das, obwohl er doch zu sehen war.


Echt oder nur analog? Viele Ver­braucher können dies beim Käse nicht mehr unterscheiden. Allein in Deutschland werden jährlich 100.000 Tonnen Kunstkäse her­gestellt. In dem Fall auf unserem Foto können wir Entwarnung geben: Die Heinrichsthaler Milch­werke GmbH im sächsischen Radeberg gehört zu den traditi­onsreichsten Käseherstellern Deutschlands.


Sieht aus wie Käse, riecht wie Käse und schmeckt auch ganz ähnlich: Kunstkäse, auch Analogkäse genannt, geistert durch Medien und Supermarktregale. Schon der Begriff führt in die Irre: Es geht nämlich nicht um das Naturprodukt, das wir alle kennen, sondern um eine "Lebensmittelzubereitung" - also ein industrielles Fertigprodukt. Bäckereien, Gastronomie und Nahrungsmittelindustrie setzen das Gemisch aus Eiweißpulver, Wasser, Pflanzenöl, Farb- und Geschmacksstoffen ein. Wir essen es auf Pizzen, Cheeseburgern, Käsebrötchen, im Salat.

Die Produktion von Kunstkäse ist legal, nur darf der eben nicht so heißen: Gemäß Milchbezeichnungs-Schutzverordnung der Europäischen Union muss Käse zu 100 Prozent aus Milch bestehen. Stoffe dürfen zugesetzt werden, aber keine Milchbestandteile ersetzen. Das genau passiert jedoch beim Kunstkäse: Teures Milchfett wird durch billigeres Pflanzenöl ersetzt. "Es wird oft Milcheiweiß zugesetzt, aber auch Eiweiß aus anderen pflanzlichen Produkten wie Soja. Dann kommen noch Wasser, Geschmacksverstärker und Emulgatoren dazu", erklärt Rita Rausch von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Lebensmittelrechtlich ist das nicht zu beanstanden. Allerdings sehen Milchbauern auch dadurch ihre Existenz bedroht. Problematisch ist zudem, dass die Hersteller zwar ihre Zutaten für den Pseudokäse deklarieren, am verarbeiteten Produkt lässt sich aber meist nicht mehr erkennen, was enthalten ist. Zudem findet der Handel gefällige Namen, "Pizzabelag" etwa.

Geschätzte 100 000 Tonnen Kunstkäse werden jährlich allein in Deutschland hergestellt. Der Markt wächst rasant. Kein Wunder, denn beim Export hat Deutschland die Käsenation Frankreich überholt. Ist für die Herstellung von Käse keine Milch mehr nötig, reduzieren sich die Kosten um 40 Prozent. Kunstkäse ist also keine Folge von Notzeiten oder Mangelwirtschaft, sondern ein profitables Industrieprodukt: einfach, schnell, billig in der Herstellung - konfektionierte Standardware.

Die Produktion dauert nur 20 Minuten: In warmes Pflanzenfett kommen eine Trockenmischung, Wasser und Käsekonzentrat. Nach dem Abkühlen lässt sich die Masse beliebig schneiden, stückeln oder raspeln. Auch Materialeigenschaften des Pseudokäses lassen sich beeinflussen. Die Produktpalette bietet Varianten mit guten Schmelz-eigenschaften für Pizza und mit schlechten fürs Grillen - damit die zähe, klebrige Masse nicht durch den Rost tropft.

Für Verbraucher hat der Laborkäse durchaus Vorteile. So sei das laktosefreie Lebensmittel für Allergiker gut geeignet, wirbt der Hersteller; nicht jedoch für Veganer, weil Kunstkäse meist getrocknetes Milcheiweiß (Kasein) enthält, also kein rein pflanzliches Produkt ist, wie oft behauptet. Er ist natrium-, kalorien- und cholesterinarm und lässt sich auf hohe Temperaturen erhitzen, ohne zu verbrennen.

Eine Kontrolle des Landesuntersuchungsamts Koblenz im vergangenen Jahr ergab, dass es sich bei 14 von 40 Käseproben um Imitate handelte. Fünf wurden beanstandet, weil sie in der Gastronomie als "Käse" verkauft wurden. Zahlen aus Baden-Württemberg belegen Täuschungen in 22 Prozent der untersuchten Fälle. "Eine recht hohe Quote, allerdings wurden auch gezielt Verdachtsfälle getestet", erläutert Verbraucherschützerin Rausch. Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert, Kontrollergebnisse der Lebensmittelbehörden zu veröffentlichen. Derzeit geschieht das entgegen dem Verbraucherinformationsgesetz nicht. (Nicole Mieding)

RZO http://rhein-zeitung.de/on/09/06/16/news/t/rzo581326.html?a

"Pflanzenfett statt Milch im Eis"

Autor: Achim Stößer | Datum:
Bauernverband und Landwirtschaftsministerin kritisieren Hersteller

Anfang Juni startete Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) eine groß angelegte Kampagne: „Achtung Käseschwindel – wo Käse draufsteht, muss auch Käse drin sein“, hieß die Aktion. Doch die wenigsten Verbraucher wissen, dass es kaum noch Milch im Eis gibt.

Inzwischen ist vielen Verbrauchern bekannt, dass die Lebensmittelindustrie für immer mehr Pizzas oder überbackene Brötchen ein Käse-Imitat, den sogenannten „Analog-Käse“, verwendet. Er enthält keine Milch und ist dadurch rund 40 Prozent billiger.

Doch auch zum Eis gibt es Neuigkeiten. Gut 550 Millionen Liter Speiseeis verdrücken die Deutschen jedes Jahr, das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von rund acht Litern. So lecker Erdbeere, Vanille, Haselnuss oder Schoko auch schmecken mögen, die Hersteller hätten weitestgehend Milchprodukte aus ihren Rezepturen genommen und dafür kostengünstigere Imitate eingesetzt, beklagt der Bauernverband. Das sei ein Grund dafür, weshalb der Milchverbrauch zu Lasten vieler Landwirte deutlich zurückgegangen sei. Auch Ministerin Aigner ist verärgert: Es sei nicht hinnehmbar, wenn „Milch durch Pflanzenfett-Mischungen in vielen Milchprodukten ersetzt wird“, so die Ministerin. Sie will auf EU-Ebene zur Gegenwehr ansetzen.
Verbraucherschützer warnen

Wer als Hersteller statt Milch oder Sahne einfach billiges Palmfett verwendet, muss das allerdings auch kennzeichnen. Steht also nur „Eis“ auf der Packung, ist laut Verbraucherzentralen billiges pflanzliches oder Kokosfett in einem hohen Anteil zu erwarten. Wer sein Produkt indes als „Eiscreme“ bezeichnet, muss laut den Leitsätzen für Speiseeis mindestens zehn Prozent Milchfett verwenden. Rahm- und Sahneeis sowie „Fürst Pückler Eis“ müssen sogar mindestens 18 Prozent beinhalten.

Gerade bei industriell hergestellten Produkten, warnen Verbraucherschützer, sollte man sich die Aufschriften und die Zutatenlisten genau anschauen – zum Beispiel werde mitunter einfach mit dem Begriff „Sahne“ geworben, doch tatsächlich betrage der Schlagsahneanteil dann nur ein Prozent.

Zuständig für die Leitsätze zur Beschaffenheit von Nahrungsmitteln ist die Lebensmittelbuch-Kommission, ein 31-köpfiges Gremium mit Experten aus der Industrie, der Wissenschaft, dem Verbraucherschutz und der Herstellung. Es erarbeitet neue Vorgaben, und nach Informationen dieser Zeitung sollen die Milchanteile bei den verschiedenen Eissorten weiter gesenkt werden. Verbraucherschützer und Bauernverband wehren sich dagegen, den Konzernen entgegenzukommen.
Oft fehlen Hinweise auf Zutaten

Der Hamburger Experte Armin Valet weiß, dass auch in mancher Eisdiele getrickst wird – und zwar nicht nur bei der Milch. Weil dort das Eis als „lose Ware“ gelte, fehlten oft Hinweise auf die Zutaten. So komme es vor, dass in Stracciatella keine Schokolade sei, „sondern fetthaltige Kakaoglasur.“ Das Erdbeereis schmecke zwar nach Erdbeere, „aber der Geschmack kommt nur von Aromastoffen“. Dabei muss bei Fruchteis der Fruchtgehalt mindestens 20 Prozent betragen. Und beim Vanilleeis, so Valet, werde häufig statt echter Vanille das Aroma Vanillin benutzt. Er rät, sich im Supermarkt die Zutatenliste genau anzugucken und in der Eisdiele nachzufragen. „Man muss aber auch klar sagen, dass dieses Eis nicht schädlich ist“, betont er.

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So mancher Käse hat nie eine Kuh gesehen

Autor: martin | Datum:
Statt echtem Käse verwenden Hersteller immer öfter billigen Analog-Käse aus Pflanzenfetten.
Und die Bauern bleiben auf ihrer
Milch sitzen.

Von Eva Schwarz
Der Pizzabäcker sieht es sofort. An der Farbe. „Die ist zu weich“, sagt er. „Echter Käse ist golden.“ So einfach ist es für den Pizzaesser nicht. „Der Laie wird den Kunst-Käse nicht erkennen“, ist sich Andrea Danitschek von der Verbraucherzentrale Bayern sicher. „Da muss man schon tagtäglich mit Pizzen zu tun haben.“ Die PNP hat einen Test gemacht und Passanten in Passau zwei Pizzen probieren lassen. Einmal mit Kunst-Käse, einmal mit echtem Käse (siehe unten).
Analog-Käse, also künstlicher Käse, begegnet uns mittlerweile in jedem Supermarkt. Die Lebensmittelüberwachungsbehörden haben gemeldet, dass bei etwa 20 bis 30 Prozent ihrer Stichproben Imitate anstelle von echtem Käse verwendet wurden. Der Käserersatz besteht zum großen Teil aus Pflanzenfetten, die teure tierische Fette ersetzen. Das macht ihn konkurrenzlos billig - führt aber zu massiven Absatzeinbrüchen bei den Milchbauern.
Am häufigsten verwendet wird der Kunst-Käse in offen angebotenen Waren wie Pizzen, überbackenen Semmeln, Käsestangen. „Die Käse-Imitate sind preiswert herzustellen und lassen sich gut industriell verarbeiten“, sagt Verbraucherschützerin Danitschek. „Käse“ dürfen sie sich jedoch nicht nennen, da Käse zu 100 Prozent aus Milch erzeugt wird.
Das größte Problem: Verbraucher wissen meistens nicht, wenn sie Kunst-Käse essen. „Diese Entwicklung bereitet mir Sorge. Die

Bauernverband startet Unterschriftenaktion

Verbraucher können sich nicht bewusst gegen Kunst-Käse entscheiden“, sagt Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner. Deshalb habe er seinen Kollegen, Umweltminister Markus Söder, gebeten, die Kennzeichnung und Überwachung zu intensivieren.
Diesbezüglich gibt es viele Bemühungen. Der Bauernverband hat eine Unterschriftenaktion gestartet. Unter www.danke-jetzt-reichts.de können sich Verbraucher gegen Käseimitate zur Wehr setzten: „Wo Milch drauf steht, muss auch Milch drin sein.“
Auch Goldsteig-Geschäftsführer Andreas Kraus ist für eine klare Kennzeichnung. Die Chamer Molkerei verwendet keinen Kunst-Käse. Im Moment merkt der Betrieb von der Billig-Konkurrenz erst wenig, aber: „Wenn die Produktion von Kunst-Käse Überhand nehmen sollte, dann wäre das schon schlecht für uns.“ Für die Milchbauern ist der Analog-Käse schon jetzt eine zusätzliche Belastung - sie bleiben auf Tausenden Tonnen Milch sitzen. „Wir verlieren durch die Imitate Marktanteile“, sagt der niederbayerische Bauernverbands-Präsident Walter Heidl. Er fordert ein Reinheitsgebot für Käse. „Kunstbier hat sich nicht durchgesetzt, weil die Leute das nicht wollten.“
Die Firma Jeneil aus Schechen (Landkreis Rosenheim) macht die Zutaten für Analog-Käse. „95 Prozent der Produktion geht ins Ausland“, sagt Vertriebsleiter Ulrich

Produkteigenschaften beliebig veränderbar

Wiedemann. Ursprünglich wurde der Analog-Käse für Länder entwickelt, in denen keine ausreichenden Kühlkapazitäten verfügbar sind oder die vorhandene Frischmilch nicht ausreicht. Ein weiterer Vorteil von Analog-Käse sei, dass Produkteigenschaften beliebig veränderbar seien: gut schmelzend auf der Pizza oder weniger schmelzend auf dem Grill.
Auch die Firma Meggle aus Wasserburg liefert „Analog Käse“ als Vorprodukt an die Lebensmittelindustrie. „Der Einsatz von Lebensmittelzubereitungen bei der industriellen Produktion ermöglicht die Herstellung einwandfreier Qualitäten zu vom Verbraucher akzeptierten Preisen.“ Meggle produziert in Wasserburg nach eigenen Angaben jährlich ca. 180 000 Tonnen Frisch- und Trockenprodukte. Der Anteil des Bereichs Lebensmittelzubereitung liege bei lediglich 2500 Tonnen.
Übrigens geht es nicht nur um Käse. Auch bei anderen Lebensmitteln wird immer öfter im Labor nachgeholfen. So gibt es Schinkenimitate, die nur noch einen Fleischgehalt zwischen 50 und 65 Prozent aufweisen, der Rest wird mit Wasser und Stärke ausgeglichen. Und auch Speiseeis ist nicht mehr das, was es mal war.
Andrea Danitschek: „Viele Hersteller haben ihre Rezepturen verändert und Milch durch Pflanzenfette ersetzt.“ Grund: Der Milchpreis war der Industrie zu hoch.

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