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Rückkehr der Cromagnons

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Rückkehr der Cromagnons

Autor: Achim Stößer | Datum:
Die Rückkehr in die ethische Steinzeit preist die Welt, deren Artikel wieder einmal so dümmlich ist, wie wir es sonst eigentlich nur aus den Forenbeiträgen einschlägiger Leichenfraßpropagandawebsites, in denen Leute, die im richtigen Leben niemand zur Kenntnis nimmt, versuchen, ihre 15 Minuten des Ruhms durch Prahlen mit möglichst blutigem Freßverhalten erlangen zu können, gewohnt sind.

"Vielleicht gab es sogar ein saftiges Steak. Warum auch nicht?" fragt Silke Wichert. Genau, warum nicht? Und warum nicht eine Rückkehr zur Leibeigenschaft? Denn wen interessiert schon ethisches Verhalten. Vielleicht möchte sie ja auch an den Haaren zur Paarung in die nächste Höhle geschleppt werden, wenn sie die Zähne in Leicheteile schlagen so "auf natürliche Weise sexy" findet?

Daß die einzigen Alternativen zum Leichenfraß, die sie kennt, "Gemüsebratling" oder "Tofuwürstchen" sind, zeigt noch dazu ihre kulinarische Ignoranz. Aber was ist von Leichenfressern anderes zu erwarten?

Die Rückkehr der Fleischfresser

Autor: Achim Stößer | Datum:
Heute schon Schwein gehabt? Es darf wieder normal gegessen werden. Die Zeiten der Vegetarier sind vorbei, meint Silke Wichert

von Silke Wichert


Ob Schwein, Geflügel oder wie hier Rind – Fleisch ist wieder gefragt
Foto: dpa


Hat es jemand gemerkt? Am 1. Oktober war Weltvegetariertag. Der Tag, an dem die "Veggies" ihre fleischfressenden Mitbürger alljährlich zum Gemüsebratling bekehren möchten. Vermutlich wird es deshalb in dem einen oder anderen Haushalt am vorvergangenen Freitag tatsächlich politisch korrekte Pflanzenkost gegeben haben. Die meisten von uns werden jedoch kaum einen Gedanken daran verschwendet und gegessen haben wie immer. Einen Teller Pasta. Königsberger Klopse. Vielleicht gab es sogar ein saftiges Steak. Warum auch nicht?


"Die Leute haben wieder Lust auf Fleisch", sagt Karl Otto Honikel von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel. Man esse nach wie vor bewußt. Aber eben auch bewußt Fleisch. Gutes Fleisch.


Lothar Eiermann, Sterne-Koch und Mitautor des Buches "Starke Stücke" (Swiridoff Verlag), serviert seinen Gästen im Hotel "Friedrichsruhe" das Fleisch am liebsten im großen Stück, tranchiert wird am Tisch. "Diese Gerichte laufen wie verrückt. So wie eine Zeitlang jeder Fisch essen wollte, ist jetzt Fleisch die neue Mode. Selbst Innereien wie Nieren und Kalbsbries sind wieder gefragt."


Auch Dieter Eckel, Inhaber der Kochbuch-Handlung "Buchgourmet" in Köln, registriert, "daß in letzter Zeit häufig nach fleischlastigen Titeln" gefragt wird. Bislang sei die Auswahl auf dem deutschen Markt jedoch gering gewesen. Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse erscheint nun eine Reihe neuer Bücher: "Das Buch vom guten Fleisch" (Zabert Sandmann Verlag) von Karl Ludwig Schweisfurth (s. Interview), "Mein Kochbuch" (Zabert Sandmann) von Frankreichs Schauspiel-Ikone Gérard Depardieu, der als bekennender Fleischliebhaber viel Deftiges auftischt und "Fleisch" (Feierabend Verlag), von Patrik Jaros, der das "Via Bene" in Köln führt.


Tatsächlich ist der Fleischverbrauch in Deutschland im letzten Jahr wieder leicht gestiegen. Der Pro-Kopf-Verzehr von Schweinefleisch, der eigentlich stetig sinkt, nahm um rund ein Kilo auf 55,9 Kilo zu. Der Konsum von Geflügel wächst ohnehin kontinuierlich, selbst beim Rindfleisch hat sich der Markt erholt. Insgesamt verdrückt jeder von uns durchschnittlich 61,5 Kilo Fleisch im Jahr.


Das heißt nicht, daß plötzlich nur noch Berge von Eisbein und halben Hähnchen gegessen würden. Fleisch in rauhen Mengen, so viel dürfte bekannt sein, ist ungesund. Dafür ist die Vielfalt des Lebensmittelangebots mittlerweile auch zu groß. Daß die Fleischmenge wieder steigt, liegt natürlich auch daran, daß BSE, Schweinepest und Vogelgrippe allmählich aus dem Bewußtsein verschwinden. Die Zahlen zeigten aber grundsätzlich eine "Rückkehr zur Normalität", sagt Volker Pudel, Ernährungspsychologe von der Universität Göttingen. Und das habe nicht nur mit überwundenen Lebensmittelkrisen zu tun. "Wir essen einfach wieder, worauf wir Lust haben. Das schlechte Gewissen ist allmählich verdaut."


Die Zeiten, in denen man in der Kantine geradezu als Schlächter geächtet wurde, wenn man mit einem Stück Fleisch an der Salattheke vorbeilief, scheinen tatsächlich passé. In Restaurants ist die Rubrik "Für unsere vegetarischen Gäste" entweder ganz von der Speisenkarte verschwunden oder weit nach hinten gerutscht. Jetzt steht sie noch hinter "Für unsere kleinen Gäste". Die Vegetarier sind vielleicht nicht vom Aussterben bedroht. Aber sie entwickeln sich doch immer mehr zur Randgruppe. Da kann der Vegetarierbund (Sitz in Hannover: Blumenstraße, wo sonst) noch so lange darauf hoffen, daß bald jeder dritte Vegetarier sein wird. Das penetrante Bekenntnis zur Pflanze wirkt überholt, unzeitgemäß, oft sogar reichlich deplaziert.


Als anfangs nur die Schinkenstückchen aus dem Partysalat gepult wurden, hatte diese Form der akribischen Tierliebe fast etwas Rührendes. Sogar pflanzlicher Brotaufstrich war eine Zeitlang gesellschaftlich akzeptiert. Sich durch sein Anders-Essen abzuheben galt als noch unverbrauchtes Statement. Eine Art modisches Accessoire, das gern und häufig vor, während und nach dem Essen präsentiert wurde.


Schlimm wurde es allerdings, als Mamis ihren Kindern verboten, die gerollte Fleischwurstscheibe an der Metzgertheke anzunehmen. Ein Ritual, das zu den prägendsten Geschmackserlebnissen der Kindheit zählt. Das ging zu weit. Ebenso der peinliche Auftritt der amerikanischen Tierschutzorganisation Peta, die mit Plakaten, auf denen die moderne Massentierhaltung mit Auschwitz verglichen wurde, für eine Welt ohne Fleischverzehr warb. Spätestens da sagten sich viele Gelegenheits-Vegetarier: jetzt erst recht! Und bestellten ihrerseits provokativ "einmal totes Tier, bitte!"


"Zu Zeiten des New-Economy-Booms Mitte der neunziger Jahre war es schick, sich nur mit sich und seiner inneren "Om-Stimmung" zu befassen", sagt der Soziologe Peter Wippermann vom Hamburger Trendbüro. Allein der Absatz von grünem Tee habe sich damals verdreißigfacht, man habe auf betont gesundes und leichtes Essen wert gelegt. Gern auch esoterisch. Heute, in wirtschaftlich schlechteren Zeiten, sei eine totale Abkehr von der "Om-Gesellschaft", wie er sie nennt, zu erkennen. "Wir haben wieder reale Probleme. Deshalb besinnen wir uns auch wieder auf Leistung." Und was man esse, wenn es um Leistung geht, sei ja wohl klar. Ein gutes Stück Fleisch liefert eine Vielzahl wertvoller Vitamine und Proteine. Das Eiweiß wird fast restlos in körpereigenes Eiweiß umgewandelt, das Immunsystem wird gestärkt und - der Testosteronspiegel steigt. Das erklärt nicht zuletzt, warum das Fleisch seit jeher männlich konnotiert ist und ein Tofuwürstchen-nagender Mann aus der Art geschlagen scheint. Unter Frauen gilt daher: "Kein Fleisch, kein Sex."


Auch ernährungspsychologisch betrachtet ist das Fleisch "wertvoll". "Niemand sagt: Ich hatte einen tollen Rotkohl!" erklärt Volker Pudel. "Wenn es etwas besonders Gutes sein soll, man sich etwas gönnen möchte, muß schon ordentliches Fleisch auf den Teller." Sein Status in der Menüfolge ist unbestritten, es gilt immer noch als die Hauptspeise. Deshalb ist man auch nirgends sonst bereit, so viel Geld zu investieren - vorausgesetzt, Qualität und Herkunft stimmen. Die anschließende Zubereitung gilt bei Köchen als Königsdisziplin. Und wer wichtige Gäste zu sich nach Hause einlädt, käme nie auf die Idee, ihnen nur Grünzeug vorzusetzen.


Wer vor allem dem Fleisch der Linie wegen entsagte, hörte spätestens in diesem Frühjahr damit auf, als erst in den USA und dann auch hier die alte Atkins-Diät ihr Revival erlebte und dann auch noch die Southbeach-Diät folgte. Umstrittene, aber zumindest kurzfristig erfolgreiche Varianten mit wenig Kohlenhydraten, bei der die Wurst am liebsten gleich ohne Brot gegessen wird - und man trotzdem abnimmt. Prominente wie Jennifer Aniston, Drew Barrymore und Adrian Brody gestanden, daß sie nach temporärem Vegetariertum wieder zu Fleischfressern geworden seien. Und plötzlich gilt Fleisch zu essen nicht mehr als Makel. Sich dazu zu bekennen, ist, im Gegenteil, sogar irgendwie originell. Gerade Frauen, die von der Statur her eigentlich an der Salatbar anzusiedeln sind, wirken an einem Stück Kasseler nagend herrlich unprätentiös, auf natürliche Weise sexy. Um sich trotzdem noch öffentlich als Vegetarier zu bekennen, muß man entweder McCartney heißen oder bei Peta unter Vertrag stehen.

Gerade in Deutschland werde der Trend zum Fleisch noch durch die "Renaissance des Lokalen" verstärkt, erklärt Peter Wippermann. "Was mit Städte-T-Shirts und einem Faible für alte Strickmode anfing, geht bei der traditionellen deutschen Küche weiter." Das Heimische ist das neue Exotische. Auf den Speisenkarten angesagter Restaurants findet sich plötzlich Hausmannskost wie Sauerbraten. Werden Freunde eingeladen, bleiben die Kochbücher im Schrank. Statt dessen müssen Mütter ihre Rouladen- und Tafelspitzrezepte rausrücken.


Auch ästhetisch ist das Fleisch zurück. Auf einem seiner Selbstporträts demonstriert Jürgen Teller, wie er seine Familie ernährt. Es gibt: "Zwei Schäuferle mit Kloß und eine Kinderportion Schnitzel mit Pommes frites." Zeitlose Klassiker. Klagen kommen zu Hause keine.


Artikel erschienen am 10. Oktober 2004
http://www.wams.de/data/2004/10/10/343043.html?s=3

"Jeder Schimpanse kann einen Fond kochen"

Autor: Achim Stößer | Datum:
Chefkoch und Skandalautor - Anthony Bourdains neues Rezept-Buch
Welt am Sonntag: Guten Morgen Mister Bourdain, was haben Sie gerade gefrühstückt?


Anthony Bourdain: Schwarzen Kaffee, ein Croissant und eine Zigarette zum Nachtisch.


Sie als New Yorker rauchen noch?


Bourdain: Absolut, den Spaß lasse ich mir nicht nehmen. Die Zigarettenpause verbringe ich mit den Küchenjungs vor der Tür.


Vermutlich tragen Sie immer noch keine "weiße Papiermütze".


Bourdain: Gott bewahre. Gute Manieren sind völlig überbewertet. Die Gourmet-Küche mit ihren weißen Tischdecken, edlen Gläsern und schnöseligen Kellnern interessiert mich nicht, das lenkt nur vom Essen ab. Die "Nouvelle Cuisine" ist was für Snobs, ich koche rustikale französische Küche.


Und Sie haben ein ausgesprochenes Faible für Fleisch.


Bourdain: Aber ja, Vegetarier sind Hohlköpfe. Ihnen entgehen Schweineherz in Armagnac, zarte Kalbsbäckchen oder ein dampfender Haufen Schweinefleisch. Besonders sexy sind Frauen, die mit Lust Fleisch essen. Wer sich nicht scheut, mit den Händen zu essen, der ist auch gut im Bett.


Welches Gericht würden Sie kochen, um eine Frau zu verführen?


Bourdain: Ich brate ihr lieber am nächsten Morgen ein himmlisches Omelett. Das ist ein echter Liebesbeweis.


Das geht sicher schnell, viele Ihrer Gerichte sind aber sehr zeitaufwendig: Die Lammkeule muß sieben Stunden braten, die Bouillabaisse dauert einen halben Vormittag, und selbstgemachten Fond ...


Bourdain: ...kann jeder Schimpanse lernen. Es gibt Dinge, die muß man einfach richtig machen, damit die Qualität stimmt. Wenn Sie schummeln und Hühnerfond aus der Dose nehmen, werden Sie schon sehen, was Sie davon haben.


Wer Qualität will, muß sich die Zeit nehmen.


Was sind die Essentials?


Bourdain: Bereiten Sie den Küchenplatz penibel vor. Fangen Sie erst an zu kochen, wenn ALLES aufgebaut ist. Investieren Sie 100 Euro in ein Qualitätsmesser von Henkel, Wüsthoff oder Global. Halten Sie es in Schuß, es ist die Verlängerung ihres Ichs. Und: Sie brauchen einen guten Fleischer, der Ihren Namen kennt und ein Fischhändler der sie nicht bescheißt.


Die Fragen stellte Antje Wewer


-Anthony Bourdain "So koche ich im Les Halles" (Blessing, 30 Euro)


Artikel erschienen am 10. Oktober 2004
http://www.wams.de/data/2004/10/10/342971.html