Marton schrieb:
>
> Wie erklärt man, daß Kinder oft kein Mitleid zu kennen
> scheinen, bei ihren Streichen, zum Beispiel, wenn sie sich
> freuen, daß sich alte Menschen im Bus erschrecken, nachdem
> sie Schneebälle gegen das Fenster warfen -- das war für mich
Zum einen glaube ich nicht, dass dieses Verhalten bzw. die Anlage dazu bei Kindern prozentual wirklich höher ist als bei Erwachsenen. Viele Erwachsene würden sich auch so verhalten, wenn sie nicht - wie Kinder - mit keiner oder einer geringen Bestrafung rechnen müssten. D.h. Erwachsene sind in dieser Hinsicht (charakterlich) nicht besser, die soziale Kontrolle ist nur höher.
> Ich dachte immer,
> eigentlich das Mitgefühl hält die Evolution auf. Es ist
> erklärungsbedürftig, warum wir jeden, der sich uns in den Weg
> stellt, mit Gewalt erledigen, sondern warum wir es nicht tun.
Evolutionär sinnvolle Konfliktlösung ist nur in seltenen Fällen der Kampf (den du wohl meist), weil das energieintensiv ist und zu Verletzungen führen kann. Wenn die Möglichkeit besteht, den Kampf zu vermeiden, ist das die evolutionär sinnvollere Lösung.
Wie es schon bei Darwin heißt, bedeutet Evolution nicht die Durchsetzung gegen andere (was sie Sozialdarwinisten daraus gemacht haben), sondern die Anpassung an die Lebensbedingungen.
> Natürlich gibt die Sozialisation Vorteile, zusammen überlebt
> es besser.
Ja, Leipziger Anthropologen haben vor Kurzem bestätigt (war vor ein paar Monaten in der Presse), dass die Anlage zu sozialem Verhalten angeboren ist. Auch die Erklärung ist denkbar einfach: Erhaltung und Verbreitung des (eigenen) Genpools ist in der stabilen Gruppe an effektivsten. Kranken Artgenossen zu helfen ist daher von Vorteil, weil die Zeit der Krankheit vergleichweise gering ist gegenüber der Zeit des Gesundseins.
Der Punkt, worum es mir ging, ist nur: man kann Kindern nicht mehr argumentativ glaubwürdig vermitteln, dass Tierausbeutung notwendig ist (nicht ohne Lügen, Beispiele nannte ich), auch hier die Analogie zum Rassismus, der auch nicht sinnvoll gerechtfertigt werden kann. Deshalb überwiegt die natürliche Empathie, die daher unterdrückt werden muss, indem man Lügen erzählt (den Tieren geht es gut) oder das Problem aus dem Sichtfeld schiebt.
Empathie zu unterdrücken kann auch sinnvoll sein, z.B. wenn man an einem Erstickenden einen Kehlkopfschnitt (ohne Betäubung) ausführt, was entsprechend schmerzhaft ist, aber letztlich rechtfertigbar. Speziesmus und Rassismus sind es nicht.