> Bevor ich versuche dir ein paar praktische Ratschläge zu
> geben, erlaube mir eine Analogie zu deinem Text zu bilden, da
> sich das irgendwie förmlich aufdrängt:
> "Ab Mitte November bin ich Aupair bei einer
> Südstaatenfamilie. Die Mum der Familie ist gegen Sklaverei,
> da gibt es keine Probleme, der Dad und die Kinder haben ein
> paar Sklaven (...)Es kann natürlich sein, dass auch ich mal
> den Sklaven die Ketten anlegen soll (...)würdet ihr das tun ?
> Irgendjemand legt ihnen ja sowieso die Ketten an (...)"
> verstehst du, ein Unrecht wird nicht dadurch entschuldbar,
> dass es alternativ von jemand anderem begangen werden kann.
> Das ist ansonsten die klassische kz-schärgen Argumentation
> "es hätte ja sowieso jemand getan". Nun will ich aber nicht
Ich befürchte, daß eine solche Analogie zwar aus ethischer Sicht angebracht, praktisch jedoch nicht mit der tatsächlichen Situation zu vergleichen ist: Die Tiere, deren Leichen Daniela evtl. zubereiten soll, müssen nicht von ihr persönlich gefoltert und ermordet werden - das hat schon jemand davor getan, im Schlachthaus.
Sicher würde kein Veganer sog. Hausschlachtungen praktizieren, also den Tieren eigenhändig das Messer in die Brust stoßen, auch wenn sie sonst "sowieso irgendjemand" ermorden und aufessen würde!
Jedoch wurden die Tiere bereits zu "Fleisch" gemacht, zu einer "Ware", die als "Lebensmittel" in jedem Supermarkt gekauft werden kann und jetzt auch wurde (hineinversetzt in die konkrete Situation), als "Essen" im Kühlschrank der Familie liegt. Da ist es nicht nur für die meisten Veganer (behaupte ich jetzt "einfach mal") nicht damit vergleichbar, Sklaven anzuketten oder nichtmenschliche Tiere selbst zu ermorden, sondern es erscheint auch in dem Fall für die Familie, bei der Daniela sein wird und die nichtmenschliche Tiere ganz alltäglich als "Fleisch" zerstückelt, brät, auftischt und sich einverleibt, absulut "absurd", "übertrieben" u.ä., wenn Daniela sich nicht daran beteiligen möchte.
Trotzdem - nein, gerade deswegen! - sollte Daniela aber deutlich dazu Stellung beziehen, warum sie keine ermordeten Tiere als "Lebensmittel" "zubereiten" möchte.
Es zu tun, bringt niemanden zum Nachdenken, sondern impliziert im Gegenteil die Akzeptanz der Tierausbeutung (wir hatten eine ganz ähnliche Problematik schon mal im Thread
"Tierqualprodukte für Eltern kaufen??" diskutiert).
Solche eine Situation, in der man sich irgendwie behaupten muß und ganz alleine mit einer außergewöhnlichen "Meinung" dasteht, ist natürlich alles andere als leicht! Nur zu schnell wird man belächelt, fertiggemacht, als "komisch" angesehen ...
Ich habe bis vor kurzem ein Praktikum gemacht, bei dem ich u.a. in einem sog. Kontaktladen arbeiten sollte, in dem "Mittagessen", welches im wesentlichen aus Leichenteilen bestand, angeboten wurde. Als ich zum ersten Mal in den Kontaktladen kam, wußte dort niemand, daß ich vegan lebe, da ich sonst in einer anderen Abteilung zu tun hatte, und so sollte ich wie selbstverständlich Leichen auftischen und über die Theke schieben (also verkaufen) usw. Ich habe mich davor gedrückt und konnte so überhaupt nichts in dem Laden tun, "nicht mal" (genauso wird das halt von Tierausbeutern bezeichnet) einen Kakao zubereiten.
Danach bin ich nie wieder in den Kontaktladen und habe genau begründet, warum, was großes Erstaunen (in Form von Glotzen mit weit aufgerissenen Augen) und Unverständnis hervorgerufen hat und mir einiges an Spott einbrachte (naja, nicht nur deswegen, da solche Situationen, in denen ich bestimmte dinge ablehnte zu tun bzw. einfach nicht tat oder mir immer einen anderen Stuhl anstelle der "Leder"stühle besorgte usw. häufiger auftraten). Das hat mich das ganze Praktikum über sehr genervt und auch belastet, allerdings hätte ich nie Tierqualprodukte auftischen können o.ä., selbst wenn es nichts an dem Konsum derselben verändert hätte.
Gruß,
Iris