Forenübersicht RSS

antiSpe Fragen und Antworten:
Adorno, Auschwitz, Schlachthof

Anzahl Beiträge in diesem Thread: 10

Hinweis: Momentan können keine Beiträge erstellt werden.

Adorno, Auschwitz, Schlachthof

Autor: Achim Stößer | Datum:
"Woher stammt das Adorno zugeschrieben Zitat über Auschwitz, es ist auffällig, daß nie eine genaue Quelle angegeben wird?"

(Diese Frage erhielt ich sinngemäß per Mail, aber sie paßt gut hier ins Forum.)

Achim

Re: Adorno, Auschwitz, Schlachthof

Autor: Achim Stößer | Datum:
"Auschwitz beginnt da, wo jemand im Schlachtof steht und denkt, es sind ja nur Tiere."

> "Woher stammt das Adorno zugeschrieben Zitat über Auschwitz,
> es ist auffällig, daß nie eine genaue Quelle angegeben wird?"

Das ist zunächst einmal nicht "auffällig", sondern bei derartigen Zitaten üblich. Beispiel: "Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum bin ich mir aber noch nicht ganz sicher." Albert Einstein. "Gott ist tot." Nietzsche.

Wann und wo haben sie das gesagt? Das jeweilige Zitat steht aber allein, d.h. lediglich mit Namensnennung ohne weitere Quellenangabe, auf z.T. zig tausend Internetseiten, in Zitatesammlungen usw. Ebenso findet sich das Auschwitz/Schlachthof-Zitat z.B. weit verbreitet.

"Genauere" Quellenangaben sind (gerade in solchen Fällen "bekannter" Zitate) aber nur bei wissenschaftlichen Abhandlungen etc. üblich.

Vgl. dazu etwa http://antispe.de/zitate.html (insbesondere die jeweilige Quellenangaben respektive deren fehlen), oder auch eine beliebige Zitatesammlung im Internet.

Inwiefern ist es relevant, von wem das Zitat stammt? In der Regel ist es gleichgültig, wer etwas gesagt hat (es gibt natürlich Ausnahmen, etwa, wenn besondere Fachkompetenz, Augenzeugenschaft - vgl. die Aussage von Kupfer-Koberwitz -, etc. belegt werden soll, oder wenn die Aussage zitiert wird, um den, der sie gemacht hat, zu charakterisieren, etwa ein Zitat aus "Mein Kampf", das Hitlers Antisemitismus und Religiosität - seine Überzeugung, "Gottes Werk" zu tun - belegt).

Von solchen Fällen abgesehen, wird der Name ausschließlich genannt, um dem Urheber den nötigen Resepekt für die "geistige Schöpfung" zu zollen. Alles andere wäre reichlich dumme Autoritätshörigkeit.

Es ist bislang offenbar unklar, woher das monierte Zitat exakt stammt, aber in diesem Zusammenhang auch belanglos, denn Tatsachen sind Tatsachen, gleich, wer sie sagt. "2+2=4" (Adam Riese), "7*8=56" (Adolf Hitler) - und nun?

Kritisch wird es natürlich, wenn etwa Nietzsches Sexismus mit "Wenn du zum Weibe gehst vergiß die Peitsche nicht" zu belegen versucht wird. Auch dies wird wie üblich ohne genaue Quellenangabe zitiert - und es lautet wörtlich übrigens "Du gehst zu Frauen? Vergiß die Peitsche nicht!", aus dem Zarathustra. Es stammt also zwar von Nietzsche, aber aus dem Mund einer Kunstfigur (wenn Agatha Christie einen Krimi schreibt, teilt sie nicht notwendigerweise die darin geäußerten Ansichten eines Mörders, weshalb jemand umzubringen sei). Und sicherlich gibt es falsch zugeschrieben Zitate, am bekanntesten wohl "Wenn das Volk kein Brot hat, soll es doch Kuchen essen."

Wenn jemand sämtliche Adorno-Texte (das sollen aber, zumal, wenn Briefe, Zeitungsberichte, Vortragsniederschriften, Interviews usw. mit berücksichtig werden, nicht wenige sein) durchsuchen möchte nach diesem Zitat, mag er es tun - die meisten werden allerdings anderweitig beschäftigt sein.

Wäre beim Schreiben von "Legen macht frei" klar gewesen, daß die Tierschutzorganisation PeTA einige Jahre später das Zitat in ihrer abstrusen Kampagne verwenden und damit den Speziesisten wieder einmal ein Messer in die Hand drücken würde, wäre es mit Sicherheit weggelassen worden (und wird es in einer zukünftigen, erweiterten Fassung des Texts auch).

Achim

Re: Adorno, Auschwitz, Schlachthof

Autor: Achim Stößer | Datum:
Da das (tatsächliche oder vermeintliche) Adorno-Zitat in "Legen macht frei" immer wieder Speziesisten als Vorwand dient, den Text zu diskreditieren, wurde es jetzt aus der Fassung auf antispe.de entfernt.

Selbstverständlich ändert das Vorhandensein oder die Abwesenheit des Zitats nicht das Geringste an der Validität der angeführten Fakten und Argumente.

Achim

Re: Adorno, Auschwitz, Schlachthof

Autor: anonym | Datum:
Hallo, ich bin anderer Meinung. Im Falle vom Soziologen Adorno und dem eigentlich krassen Vergleich von Auschwitzgreul und Schlachthofalltag (oder etwas sanfter formuliert: der Aberkennung des Eigenwerts sowohl bei Juden etc. als auch bei nicht-menschlichen Tieren) ist es schon relevant, ob, wie und in welchem Zusammenhang Adorno so einen Satz gesagt hätte.

Tatsächlich findet sich der Satz nicht in seinem Werk. In der Minima Moralia, der Dialektik der Aufklärung und in der Negativen Dialektik findet sich halbwegs verwandtes Denken. Angeblich hätte Adorno den Satz mal im Kreise seiner Schüler geäußert. Da dies scheinbar nirgendwo veröffentlicht - also öffentlich bezeugt - wurde, ist es so, als hätte Adorno den Satz so nie gesagt:
[Links entfernt - Mod]

Vielleicht ist es ohnehin auch angemessener, das eigene Denken nicht in Zitaten anderer zu äußern. Man würde direkter miteinander kommunizieren - ohne Autoritäten vorzuschieben.

Re: Adorno, Auschwitz, Schlachthof

Autor: Achim Stößer | Datum:
> Hallo, ich bin anderer Meinung. Im Falle vom Soziologen
> Adorno und dem eigentlich krassen Vergleich von
> Auschwitzgreul und Schlachthofalltag (oder etwas sanfter

Ist der "Vergleich" wirklich ein Vergleich?

Ist der "Vergleich" "krass"?
Oder sind es "Auschwitzgreul[sic!]" und "Schlachthofalltag"?
Oder sind es Auschwitzalltag und Schlachthofallgreuel?

Und sind nicht der Auschwitz- und der Schlachthofalltag Greuel?

Zitat: Gräu|el [m. 5] 1 [meist Pl.] a Schrecknis, grausiges Ereignis; die G. des Krieges b grausige Tat; die Truppen haben unbeschreibliche G. verübt 2 Sache oder Person, die Abscheu, starken Widerwillen erweckt; es ist mir ein G., immer wieder zu ihm hinzugehen und zu bitten; der Kerl ist mir ein G. (wissen.de)


> formuliert: der Aberkennung des Eigenwerts sowohl bei Juden
> etc. als auch bei nicht-menschlichen Tieren) ist es schon
> relevant, ob, wie und in welchem Zusammenhang Adorno so einen
> Satz gesagt hätte.

Begründung?

> Tatsächlich findet sich der Satz nicht in seinem Werk. In der

Schön, daß Du das Gesamtwerk (enschließlich Briefen etc.) danach durchsucht hast. Beneidenswert, wenn jemand so viel Muse hat.

Und das ist inwiefern relevant? Daß und warum es eben nicht relevant ist, wurde ja oben ausgeführt: "Inwiefern ist es relevant, von wem das Zitat stammt? In der Regel ist es gleichgültig, wer etwas gesagt hat [...]".

> öffentlich bezeugt - wurde, ist es so, als hätte Adorno den
> Satz so nie gesagt:

Und das ist inwiefern relevant? Daß und warum es eben nicht relevant ist, wurde ja oben ausgeführt. Denn daß ihn jemand (zuerst) gesagt [oder sonstwie geäußert] hat, steht wohl außer Frage, ob nun Adorno oder Hans-Jürgen Krahl oder Delfried Kaufmann oder Erika Mustermann spielt keine Rolle. Hitler wird es wohl kaum gewesen sein.

> Vielleicht ist es ohnehin auch angemessener, das eigene
> Denken nicht in Zitaten anderer zu äußern. Man würde direkter
> miteinander kommunizieren - ohne Autoritäten vorzuschieben.

Vielleicht solltest Du einfach die Beiträge auf die Du antwortest, lesen; z.B.: "Von solchen Fällen abgesehen, wird der Name ausschließlich genannt, um dem Urheber den nötigen Resepekt für die 'geistige Schöpfung' zu zollen. Alles andere wäre reichlich dumme Autoritätshörigkeit." (a.a.O.)

Achim

Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch

Autor: Achim Stößer | Datum:
Apropos:
Zitat: "Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch, und das frisst auch die Erkenntnis an, warum es unmöglich ward, heute Gedichte zu schreiben."

Ist das denn nun ein "Vergleich" von Auschwitz mit Gedichteschreiben?

Obiges Zitat stammt übrigens (viel Spaß beim Suchen) von ... ta-taa: Adorno (ja, ich weiß, daß er später schrieb, seine Aussage sei möglicherweise falsch gewesen).

Und was meint Peter Szondi dazu? "Nach Auschwitz ist kein Gedicht mehr möglich, es sei denn auf Grund von Auschwitz."

Achim

Re: Adorno, Auschwitz, Schlachthof

Autor: Bärchen | Datum:
anonym schrieb:
>
> [Links entfernt - Mod]

Schade dass einem der Zugang zu Informationen, die bereit gestellt wurden, versperrt werden (aka Zensur). Hier wäre es vielleicht interessant gewesen, etwas nachzulesen, was man vielleicht noch nicht kannte. Richtig ist, dass es für den viel zitierten Ausspruch keinen Quellennachweis gibt (Mütherich: Die Problematik der Mensch-Tier-Beziehung in der Soziologie: Weber, Marx und die Frankfurter Schule. Münster: LIT, 2000, S. 174), so auch die Auskunft des Adorno-Archivs (http://www.ifs.uni-frankfurt.de/archiv/index.htm) - vielleicht gibt es neue Erkenntnisse. Davon abgesehen gibt es kontextähnliche schriftliche Zeugnisse wie der anonyme Schreiber bereits richtig geschrieben hat.

Re: Adorno, Auschwitz, Schlachthof

Autor: martin | Datum:
Bärchen schrieb:
>
> > [Links entfernt - Mod]
>
> Schade dass einem der Zugang zu Informationen, die bereit
> gestellt wurden, versperrt werden (aka Zensur).

Woher willst du wissen, daß die Links (relevante) Informationen enthalten haben, wenn du sie nicht einsehen kannst?
Zum Zensurgejammer siehe Forensuche.

> Hier wäre es
> vielleicht interessant gewesen, etwas nachzulesen, was man
> vielleicht noch nicht kannte. Richtig ist, dass es für den
> viel zitierten Ausspruch keinen Quellennachweis gibt
> (Mütherich: Die Problematik der Mensch-Tier-Beziehung in der
> Soziologie: Weber, Marx und die Frankfurter Schule. Münster:
> LIT, 2000, S. 174), so auch die Auskunft des Adorno-Archivs
> (http://www.ifs.uni-frankfurt.de/archiv/index.htm) -
> vielleicht gibt es neue Erkenntnisse. Davon abgesehen gibt es
> kontextähnliche schriftliche Zeugnisse wie der anonyme
> Schreiber bereits richtig geschrieben hat.

Neue Erkenntnisse oder nicht, du hast scheinbar die Antwort auf diesen Beitrag nicht gelesen:
Zitat: Und das ist inwiefern relevant? Daß und warum es eben nicht relevant ist, wurde ja oben ausgeführt. Denn daß ihn jemand (zuerst) gesagt [oder sonstwie geäußert] hat, steht wohl außer Frage, ob nun Adorno oder Hans-Jürgen Krahl oder Delfried Kaufmann oder Erika Mustermann spielt keine Rolle.

Re: Adorno, Auschwitz, Schlachthof

Autor: Bärchen | Datum:
martin schrieb:
>
> Bärchen schrieb:
> >
> > > [Links entfernt - Mod]
> >
> > Schade dass einem der Zugang zu Informationen, die bereit
> > gestellt wurden, versperrt werden (aka Zensur).
>
> Woher willst du wissen, daß die Links (relevante)
> Informationen enthalten haben, wenn du sie nicht einsehen
> kannst?
> Zum Zensurgejammer siehe Forensuche.[/quote]

Daher ja auch:
>
> >
Zitat: Hier wäre es
> > vielleicht interessant gewesen, etwas nachzulesen, was man
> > vielleicht noch nicht kannte.



> Neue Erkenntnisse oder nicht, du hast scheinbar die Antwort
> auf diesen Beitrag nicht gelesen:
Zitat: Und das ist
> inwiefern relevant? Daß und warum es eben nicht relevant ist,
> wurde ja oben ausgeführt. Denn daß ihn jemand (zuerst) gesagt
> [oder sonstwie geäußert] hat, steht wohl außer Frage, ob nun
> Adorno oder Hans-Jürgen Krahl oder Delfried Kaufmann oder
> Erika Mustermann spielt keine Rolle.


Doch, ich habe sogar die Antwort des anonymen Schreibers gelesen, der ich mich nur anschließen kann und so wird es auch im wissenschaftlichen Betrieb oder im Journalismus gehandhabt:

Zitat: Im Falle vom Soziologen Adorno und dem eigentlich krassen Vergleich von Auschwitzgreul und Schlachthofalltag (oder etwas sanfter formuliert: der Aberkennung des Eigenwerts sowohl bei Juden etc. als auch bei nicht-menschlichen Tieren) ist es schon relevant, ob, wie und in welchem Zusammenhang Adorno so einen Satz gesagt hätte.


Was unabhängig davon ist, ob man sich dem Inhalt eines solchen angeblichen oder tatsächlichen Zitat (ohne Beleg) anschließt oder nicht.

Verba docent, exempla trahunt

Autor: martin | Datum:
Bärchen schrieb:

> Doch, ich habe sogar die Antwort des anonymen Schreibers
> gelesen, der ich mich nur anschließen kann und so wird es
> auch im wissenschaftlichen Betrieb oder im Journalismus
> gehandhabt:

Ahja, d.h. das Forum oder andere TR-relevante Diskussionen gehören zum "wissenschaftlichen Betrieb oder Journalismus"? Falls nicht, sehe ich die Relevanz nicht, weshalb dieser Satz (ohne Adorno als Urheber) nicht zitiert werden kann.

>
Zitat: Im Falle vom Soziologen Adorno und dem eigentlich
> krassen Vergleich von Auschwitzgreul und Schlachthofalltag
> (oder etwas sanfter formuliert: der Aberkennung des
> Eigenwerts sowohl bei Juden etc. als auch bei
> nicht-menschlichen Tieren) ist es schon relevant, ob, wie und
> in welchem Zusammenhang Adorno so einen Satz gesagt
> hätte.


http://veganismus.ch/foren/read.php?f=5&i=42226&t=2825

> Was unabhängig davon ist, ob man sich dem Inhalt eines
> solchen angeblichen oder tatsächlichen Zitat (ohne Beleg)
> anschließt oder nicht.

Mir ist unklar, weshalb dieses Zitat für viele eine so große Rolle spielt. Egal, wer es wann wie zum ersten Mal formuliert hat oder nicht - die Analogie zwischen dem damaligen und dem heutigen Vernichtungssystem ist mehr als treffend und kann auch ohne Verweis auf Philosophen oder sonstige angeführt werden.