> Ja richtig, und diese Differenzierung zwischen aktiver und
> passiver Sterbehilfe finde ich grundsätzlich falsch.
Ich überhaupt nicht. Sicher hat auch die Palliativmedizin ihre Grenzen, aber die sind sehr weit gesteckt. Aktive Sterbehilfe zieht mit Sicherheit immer Mißbrauch nach sich - selbst wenn sie in einigen Fällen gerechtfertigt sein sollte, würden mit ihrer Legitimation über kurz oder lang auch viele unerwünschte Patienten (womit wir wieder beim Thema "lebensunwertes Leben" wären) getötet werden. Ich denke nicht, daß es möglich ist, hier eine Grenze zu ziehen die solch einen Mißbrauch (und es ist ja klar, daß dieser nicht nur in Einzelfällen vorkäme) unterbinden knnte.
> sollte m.E. nach vielmehr danach differenziert werden, ob,
> wer, warum sterben will, und nicht wie ! Wenn ein Mensch
> fürchterlich leidet weil er unheilbar an Krebs erkrankt ist,
> und ernsthaft und nach reiflicher Überlgung darum bittet,
> dass man ihn schmerzfrei tötet, dann denke ich ist das das
> gute Recht eines jeden Menschen (bzw. anderen Tieres) zu
> entscheiden, dass und wie er sterben will. Insofern kann es
> auch nicht falsch sein, ihm hier zu helfen, ich finde ehr das
> Gegenteil ist unmoralisch !
Den Ansatz haben viele Leute. Allerdings übersehen sie dabei einiges:
- Die Überlegung kann noch so "reiflich" sein, Sterben ist ein Extremzustand, und ein Todkranker, der tagelang sterben wollte, weil er einfach keine Hoffnung mehr hatte, dazu vielelicht noch schlimme Schmerzen, findet urplötzlich wieder Gefallen am Leben weil er lieben Besuch bekommt, sein Lieblingslied im Radio gespielt wird oder einfach nur die Sonne scheint. Und dieser Patient ist dann dankbar, daß er noch lebt.
- Die meisten Erkrankten, die einen Todeswunsch äußern, wollen aus ihrer schlimmen Situation befreit werden. Und genau da sollte im Normalfall die Palliativmedizin zuständig sein. Das Problem ist nur, daß immer noch viele Ärzte sich vor solchen "drastischen Maßnahmen" scheuen. Aber:
- In Hospizen gibt es teilweise sogar die Möglichkeit für Patienten, sich in eine Art künstliches Koma legen zu lassen; wenn man sie dann zurückholt, können sie entscheiden, ob sie ihr Sterben lieber weiter "verschlafen" oder auch an diesem letzten Teil ihres Lebens noch bewußt teilhaben wollen. Warum sollte jemand, der durchaus noch Lebensqulität empfindet, sterben wollen? Ist es also nicht eher Aufgabe der Angehörigen/der Ärzte/des Pflegepersonals und auch der Politik, Lebensqualität zu schaffen?
- (zumindest zusätzliches) Leiden entsteht ganz oft durch lebensverlängernde Maßnahmen. Ich habe vor einiger Zeit mal mit einer Schwesternschülerin diskutiert, die erzählte, sie betreue einen krebskranken Mann in ihrem Stationspraktikum, der quasi "aus dem letzten Loch pfeife" aber immer noch herzstärkende Medikamente bekomme und unendlich leide. Sie war so verzweifelt, daß sie meinte, es wäre doch besser, diesem Mann eine todbringende Spritze zu geben. Doch wäre dem Patienten nicht viel eher geholfen, wenn man ihn einfach in Ruhe und unter Einbeziehen der palliativmedizinischen Möglichkeiten, sterben ließe? Warum wird hier sofort nach dem anderen Extrem gerufen? M.E. zeigt das nur allzu gut unsere eigene Hilflosigkeit in der Konfrontation mit Sterben und Tod auf.
> Auf der anderen Seite finde ich es unmoralisch jemanden
> "passiv" sterben zu lassen, obwohl gar nicht klar ist, ob
> diese Person wirklich sterben will.
Das ist auch bei Leuten, die sowas vorher geäußert haben, leider oft nicht klar, s.o. Aber Du hast in diesem Fall natürlich Recht und ich denke nicht, daß so etwas hier in D möglich wäre.
> da gebe ich dir vollkommen Recht ! Natürlich kommt
> Sterbehilfe bei Tieren grundsätzlich nur in Frage, wenn diese
> ganz offensichtlich unerträglich leiden (aus ihrer
> Perspektive) und ihre Krankheit unweigerlich zum Tod führt.
> Bei mir hat mal ein Hund gelebt, der plötzlich an massivem
> Kehlkopfkrebs erkrankt ist, diverse Operationen halfen nicht,
> der Krebs bildete sich immer nach. Er konnte dann auch
> irgendwann nicht mehr essen und hat pro Tag vor schmerzen
> viele stunden fürchterliche Laute von sich gegeben. Er hätte
> höchstens noch 4 wochen unter Qualen gelebt und wäre dann
> verdurstet oder erstickt und deshalb haben wir uns schweren
> Herzens für Sterbehilfe entschieden. Aber wie du schon sagst,
> dass muss man von Fall zu Fall entscheiden
Und das ist ja die schlimme Misere: bei einem Menschen hätte man mit dieser Erkrankung Möglichkeiten gehabt, sein Leiden zu lindern. Ich habe vor einigen Jahren im privaten Umfeld das Sterben einer Frau an Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs miterlebt. Sie befand sich m.W. zu keiner Zeit in einem Zustand, in dem man über aktive Sterbehilfe hätte auch nur nachdenken müssen.
Für den Hund allerdings war der Tod (wenn ich das so aus der Entfernung sagen kann) mit Sicherheit das Beste, was man ihm geben konnte.
Tanja