Es kommt ja nicht gerade haeufig vor, dass Veganismus in gaengiger Unterhaltungsliteratur thematisiert wird. Umso ueberraschter war ich angesichts der folgenden Passage in dem Roman "Roeslein rot" von Ingrid Noll:
//Zitat:// Als mich Silvia besuchte, war ich beinahe versucht, mich bei ihr auszuweinen; schließlich war Treulosigkeit auch für sie ein rotes Tuch. Aber sie kam in der eindeutigen Absicht, sich ihrerseits zu erleichtern. Ihre Töchter Korinna und Nora hatten beschlossen, Veganerinnen zu werden.
“Wie bitte?” fragte ich, “was ist das überhaupt? Eine Sekte?”
Gegen Vegetarier habe sie als Pferdefreundin gar nichts einzuwenden, erklärte Silvia, aber die Veganer gingen in ihren Forderungen weit darüber hinaus: keine Lederschuhe, keine Wolle, keine Eier, weder Milch noch Honig – denn diese Produkte würden von den Tieren ja keineswegs freiwillig geliefert. “Mein edler neuer Sattel ist unauffindbar, sicher haben sie ihn bereits verscherbelt!”
Ich hielt die Sache für pubertären Terror und riet ihr, ihnen eine Woche lang nichts als Gerstengrütze, Pellkartoffeln ohne Soße und rohes Gemüse zu servieren. “Die werden schon mürbe”, sagte ich, “das hält nicht lange vor!”
Sicherlich habe sie sich zu wenig um ihre Kinder gekümmert, klagte sich Silvia an, im Unterbewußtsein wollten ihre Töchter wohl ihrem Pferd nacheifern und Hafer fressen, um von ihrer Mutter angenommen zu werden. Dann kramte sie aus einer Plastiktüte zwei Pullover für Lara heraus, die Korinna nicht mehr paßten. Reine Lambswool würde sie in Zukunft von sich weisen. Auch ich war bekümmert, weil ich für Lara nur noch Acryl-statt Wolljacken erhoffen konnte. //Zitat Ende//
Jetzt stellt sich mir die Frage, ob eine solche von Klischees ("Sekte", "pubertaerer Terror", vernachlaessigte Kinder) strotzende Darstellung dazu in der Lage ist, der veganen Bewegung etwas Gutes zu tun, oder ihr eher schadet. - Andererseits: wenn man die Autorin "kennt", die sich (lt. Spiegel) duch "schwarzen Humor, charmante Ironie, heitere Abgruendigkeit" auszeichnet, koennte man es vielleicht als Versuch interpretieren, genau dieses engstirnige, klischeeverhaftete Denken anzuprangern ...
In dubio pro reo? ;-)
Was meint Ihr?
Petra
//Zitat:// Als mich Silvia besuchte, war ich beinahe versucht, mich bei ihr auszuweinen; schließlich war Treulosigkeit auch für sie ein rotes Tuch. Aber sie kam in der eindeutigen Absicht, sich ihrerseits zu erleichtern. Ihre Töchter Korinna und Nora hatten beschlossen, Veganerinnen zu werden.
“Wie bitte?” fragte ich, “was ist das überhaupt? Eine Sekte?”
Gegen Vegetarier habe sie als Pferdefreundin gar nichts einzuwenden, erklärte Silvia, aber die Veganer gingen in ihren Forderungen weit darüber hinaus: keine Lederschuhe, keine Wolle, keine Eier, weder Milch noch Honig – denn diese Produkte würden von den Tieren ja keineswegs freiwillig geliefert. “Mein edler neuer Sattel ist unauffindbar, sicher haben sie ihn bereits verscherbelt!”
Ich hielt die Sache für pubertären Terror und riet ihr, ihnen eine Woche lang nichts als Gerstengrütze, Pellkartoffeln ohne Soße und rohes Gemüse zu servieren. “Die werden schon mürbe”, sagte ich, “das hält nicht lange vor!”
Sicherlich habe sie sich zu wenig um ihre Kinder gekümmert, klagte sich Silvia an, im Unterbewußtsein wollten ihre Töchter wohl ihrem Pferd nacheifern und Hafer fressen, um von ihrer Mutter angenommen zu werden. Dann kramte sie aus einer Plastiktüte zwei Pullover für Lara heraus, die Korinna nicht mehr paßten. Reine Lambswool würde sie in Zukunft von sich weisen. Auch ich war bekümmert, weil ich für Lara nur noch Acryl-statt Wolljacken erhoffen konnte. //Zitat Ende//
Jetzt stellt sich mir die Frage, ob eine solche von Klischees ("Sekte", "pubertaerer Terror", vernachlaessigte Kinder) strotzende Darstellung dazu in der Lage ist, der veganen Bewegung etwas Gutes zu tun, oder ihr eher schadet. - Andererseits: wenn man die Autorin "kennt", die sich (lt. Spiegel) duch "schwarzen Humor, charmante Ironie, heitere Abgruendigkeit" auszeichnet, koennte man es vielleicht als Versuch interpretieren, genau dieses engstirnige, klischeeverhaftete Denken anzuprangern ...
In dubio pro reo? ;-)
Was meint Ihr?
Petra