Martin,
Dein Zitat
>Durchaus, aber reale Fakten machen noch keine reale Geschichtsauffassung aus. Dass Geschichte schlichtweg gefälscht wird (Turiner Grabtuch usw.), kommt vor, ist aber sicher nicht das häufigste. Häufiger wird es subtiler angegangen wie mit selektiver Wahrnehmung: dem Weglassen von Unstimmigen (z.B. dass es im Jahr 0 in Bethlehem keine Römer gab) - oder dem Überbetreiben/Überbewerten vermeintlich Stimmigem.
>Ein studierter und "rechtgläubiger" Theologe wird die Sinflut-Erzählung nicht in Frage stellen (dürfen) - geschichtliche Fakten wird er dir aber nicht zeigen (können), da es sie nicht gibt.
Das sehe ich genau so, Geschichte als Quellliteratur kann nicht verfälscht werden, es ist eben die Kenntnis einer alten Sprache/Schrift notwendig; - und die Bibel ist eben die Bibel (wie viele andere Religionsbücher auch) - das sind zwei vollkommen verschiedene Paar Schuhe, die Bibel hat mit Geschichte (außer mit Bibel- und Religionsgeschichte) überhaupt nichts zu tun.
Ein studierter Theologe belächelt das „Turiner Grabtuch“ (oder die Sintflut) genau so wie jemand der die Historizität der Ereignisse, oder den (Bibel-) Kanon genau kennt; - wenn ich historische Fakten über den Zeitabschnitt um –0- (oder über Ur- Geschichte) in Erfahrung bringen möchte, werde ich wohl sicher nicht in der Bibel nachlesen;
Es zählt sicherlich zum Berufsbild eines Theologen die Bibel als „real“ zu vermitteln, auch wenn er es selbst auf Grund seines Studiums besser weiß, weil die Bibel ausschließlich Moralerziehung als Zweck verfolgt (und gelebte Geschichte ein vollkommen anderes Bild zeichnet).
Dein Zitat
>Ich meinte, wie gesagt, Mythos im kulturellen Sinn: "Der Mythos ist eine Weltauslegung und Lebensdeutung in erzählerischer Berichtsform, versehen mit Symbolen, Visionen und fabulierenden Darstellungen, die jedoch eine allgemeine Wahrheit enthalten." (wissen.de). Das ist/war zwar hauptsächlich etwas Religiöses, ist es aber nicht notwendigerweise. Fast alle gegenwärtigen Großstadtmythen ("urban myths") z.B. sind Mythen, aber fast nie religiös.
>Dergleich muss man nicht betreiben, ich meinte nur, es wird es als kulturelles Phänomen immer geben, auch unabhängig von Religion.
In Deiner Darstellung über den Mythos stimme ich Dir zu, die heute als griechische Mythologie bezeichnete, war zu jener Zeit Staatsreligion; Platon erwog als Verfassungsrechtler die Todesstrafe auf Häresie (siehe Platon „Politeia“), z. B.: wer den Göttervater Zeus als nicht realer Person ansah, oder über die (als real vorhanden geltende) Götter lästerte.
Das gemeine an der Mythologie/Religion ist, das nicht jeder sich jahrelang mit alter Geschichte beschäftigen kann und unweigerlich ins trudeln kommt, wenn mit Darstellungen aus Religionsbüchern (die Bibel ist nichts anderes) argumentiert wird.
Dein Zitat:
> Ja, dass es so ist, stellte ich auch nicht in Frage, sondern dass es notwendig sei (so klang es für mich).
Da gebe ich Dir vollkommen Recht, da muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.