spaghetti schrieb:
> ich habe gerade mit großem interesse den artikel über vegane
> katzennahrung auf dieser website gelesen. hat jemand hier im
> forum schon erfahrung mit veganer katzenernährung -
Ja, die Autorin des Artikels:-) Hier, ich!
>
allerdings OHNE dass die betreffenden katzen freigang
> haben und die vegane kost mit selbstgefangenem futter
> aufbessern können?
Nein, das Katerchen ist Freigänger, allerdings z. Zt. mitten
>(ich wohne in der großstadt, kein
> freigang möglich und keine mäuse in der nähe).
in der Großstadt. Es gibt Katzen bei denen der Freigang in der Großstadt zu verantworten ist, abhängig von der Erfahrung, Intelligenz und Persönlichkeitsstruktur. Katzen die nicht als Freigänger geprägt wurden und aus Tierheimen kommen sind allerdings wohl eher nicht als Großstadt-Freigänger geeignet, wenn überhaupt. Es sei denn sie waren vorher Freigänger. Über mir wohnen zwei Katzen die kriegen schon die Panik wenn die Wohnungstür aufgeht, die wagen sich noch nicht einmal ins Treppenhaus. Essentiell für Großstadtfreigänger ist das Wissen, was Straßen und Autos sind und dass man sich merken kann wo man wohnt. Außerdem ein loses, mit Paketklebeband eingeklebtes Papierhalsband auf dem unter anderem steht, dass dies ein Freigänger ist. Je nach Stadt ist eine Stadtfreigängerkatze entweder normal und üblich (Amsterdam) oder extrem ungewöhnlich (Berlin). Unbedingt chippen lassen, denn das Halsband muss lose sein damit es leicht abgestreift werden kann und so die Gefahr des Erhängens minimiert wird. Denn in einer Stadt in der eine Freigängerkatze sehr unüblich ist, und das Halsband mit den deutlich sichtbaren und sofort lesbaren Informationen fehlt, geht der "Finder" sofort davon aus, dass es sich hier um ein Entlaufen handelt.
Ob eine Katze als Stadtfreigänger geeignet ist, lässt sich herausfinden indem man sie mit der Leine ausführt (bei Adoptivkatzen natürlich erst an die Leine gewöhnen). Ich habe das beim Katerchen auch so gemacht, allerdings um ihn sein neues Territorium zu zeigen und ihn an die neue Umgebung zu gewöhnen. Er war bereits mit der Leine vertraut, was von Vorteil ist wenn man das mal braucht.
Interessant war übrigens, wie oft ich am Anfang hier von Leuten aggressiv angefeindet wurde, weil ich das Interesse des Katers unterstütze, sich frei im Kiez zu bewegen. Mittlerweile kennt ihn jedes Kind und er geht bei seinen verschiedenen "Erdgeschoßleuten" ein und aus.
Er _wurde_ einige Jahre vegan ernährt, auf Basis selbstgemachter Rezepte die von der Firma Hoana entwickelt wurden, zu denen dann Ergänzungssupplemente der Marke Vegecat der gleichen Firma beigefügt wurden. Die Idee ist sehr gut, aber an
der Ausführung haperte es. Dadurch erlitt ich einen Vertrauenseinbruch bezüglich dieses Produktes.
Seitdem gebe ich ihm eine Mischung aus konventioneller Katzennahrung sowie der einzigen verbleibenden, als vegan deklarierte Trockennahrung Amicat.
> gibt es vielleicht sogar einen veganen tierarzt hier im
> forum? (falls ja: sollte man die die blutwerte der katze
> regelmäßig kontrollieren lassen? kann pflanzliche nahrung
> eventuell eine überforderung des kurzen fleischfresser-darms
> einer katze darstellen?)
Der "kurze Carnivor-Darm" ist ja kein Problem, denn die veganen Eiweiße werden der Katze schließlich nicht roh angeboten, sondern erhitzt, also in einer Form aufbereitet, die auch ein kürzerer Darm vollständig verwerten kann. Selbst konventionelle Trockennahrung für Katzen besteht zu maximal 30% aus tierlichen Proteinen, der Hauptbestandteil der Eiweiße ist auch hier pflanzlichen Ursprungs, da braucht es keinen Tierarzt (der oder die über Ernährung sowieso wenig weiß weil das nicht Teil der Ausbildung ist), sondern lediglich einen Blick auf eine beliebige Schachtel Trockennahrung im Lebensmittelgeschäft deiner Wahl.
Bei veganer Katzennahrung ist zu beachten, dass der PH-Wert des Urins stimmt damit es nicht zu Harngrieß kommt der vor allem bei Katern ein Problem darstellt, da der Harnweg länger ist, und eben dass alle Vitamine zugesetzt werden die der Körper der Katze selbst nicht bilden kann und die in veganen Produkten nicht vorkommen, wie z. B. Taurin, Vitamin A (anstelle der Vorstufe Beta Carotin) und Arachidonsäure. Genau diese Nährwerte werden auch konventioneller Katzennahrung zugesetzt, da sie bei Aufbereitung der "Fleischnebenerzeugnisse" verloren gehen.
Rein vom ernährungsphysiologischen her würde ich guter, veganer Katzennahrung nicht nur Unbedenklichkeit ausstellen, sondern sogar Vorteile da sie u. a. wesentlich weniger belastet ist als "Fleischnebenerzeugnisse".
Deshalb ist das Versagen von Hoana auch so ärgerlich, denn hier hatte man die Möglichkeit _viele verschiedene_ Gerichte selbst und _frisch_ herzustellen und dann einfach das Ergänzungspulver beizufügen und es gab immer Abwechslung. Amicat ist halt nur ein einziges Gericht sozusagen und deshalb etwas einseitig.
> ich muss nämlich ständig an die armen, heimatlosen katzen in
> diversen tierheimen denken (die ja nur durch uns menschen in
> diese furchtbare situation geraten sind). und irgendwie komm
> ich mir total schuldig und egoistisch vor, dass ich - nur
> weil ich pflanzenfresser bin - einer oder zwei dieser miezen
> meinen schutz verweigere.
Hm, also das ist völlig unlogisch, schließlich kommt es ernährungstechnisch aufs Gleiche raus, ob sie jetzt bei dir oder im Heim konventionell ernährt werden. Der wesentliche Unterschied ist doch der, dass es _den Katzen_ bei dir wesentlich besser geht. Dein ethisches Dilemma welches sich ergibt dass du diese Katzen mangels Auswahl an veganer Fertignahrung konventionell ernährst kommt hier erst an zweiter Stelle.
> andererseits will ich auch nicht an der ermordung von tieren
> beteiligen, die ich an die schnurrer verfüttern müsste.
Wo liegt für die Opfer unveganer Tiernahrung denn der Unterschied, ob ihre Überreste von dir oder dem Freiwilligen des Tierheims ausgereicht werden? Es gibt keinen. Tatsache ist dass vorhandene Katzen mit vorhandenen Mitteln ernährt werden müssen. Allerdings erhöht es die Lebensqualität der Katzen erheblich, wenn du sie aufnimmst. Und wenn du so wie ich etwa 50% vegane Fertignahrung reichst, dann ist das doch bereits 50% Einsparung konventioneller Nahrung die im Tierheim nicht stattfinden würde.
Klar habe ich mich total Scheiße gefühlt, als ich das erste Mal wieder konventionelle Nahrung ins Haus geholt habe, allerdings gehört auch zum Vegansein die Fähigkeit, mit ethischen Dilemmas umgehen zu lernen.