veganetti schrieb:
>
> Hallo Thomas,
>
> Lies mal noch meine mail von heute 14.30.
> Vielleicht verstehst Du dann, das ich mich eben nicht von
> ihnen trennen kann, obwohl es für Außenstehende als die
> wahrscheinlichste Lösung klingen mag.
ja, Du hast recht. Als Außenstehender kann es es nicht verstehen.
>
> Es fällt mir zu schwer.
>
> Da ertrage ich lieber die Oberflächlichkeiten.
Sicher würdest Du diese Oberflächlichkeiten und alles andere nicht eine Sekunde länger ertragen, wenn es nicht Deine Eltern wären. Richtig?
Ich habe mich bei meinen Eltern auch gefragt, was es ausmacht, daß es meine Eltern sind und ob ich ihnen dafür etwas schulde. Sicher schulde ich ihnen für ihre Unterstützung und ihre Erziehung. Aber - und das ist doch die eigentliche Frage - haben sie deshalb das Recht mich - einen erwachsenen Menschen - so zu behandeln, wie es mir ganz und gar nicht gefällt? Würde ich noch einmal jemanden besuchen, wenn er dermaßen gegen Veganismus mit mir debatiert? Sicher nicht.
Was also hätte ich davon, wenn ich dennoch diesen Frust mitmache. Eigentlich gar nichts. Im Gegenteil. Meine Energieressourcen sind begrenzt und nicht unendlich wieder aufladbar. Daher vermeide ich es möglichst, mich zu intensiv mit Leuten zu beschäftigen, bei denen meine Energie verpufft, die sie wegsaugen. Das gilt auch für meine Eltern.
Es ist doch streng genommen nur ein biologischer Zufall, daß sie meine Eltern sind. Was konkret könnte mich dann zwingen, mir sowas anzutun?
> Das was Du beschrieben hast, deckt sich sehr mit unserer
> Erfahrung. Auch die Geschehnisse ähneln sich....
>
> Schön, das ihr veganes Essen zu Eurer Hochzeit durchsetzen
> konntet.
> Uns ist das nicht gelungen. Vor 10 Jahren, ich war 26 ,haben
> wir es nicht schaffen können. Es war letztendlich ein
> Kompromiss aus vegan und vegetarisch.
> Es scheiterte definitiv an der Kaffetafel...damals verfügte
> ich allerdings noch nicht über die geeigneten Koch- und
> Backkünste und wir standen ziemlich allein, vegan zwischen
> all unseren Freunden und Verwandten.
das war bei unserer Hochzeit ganz genauso. Es waren viele Verwandte, Kollegen, Bekannte, deren Kinder ... eben wen man so zu seiner Hochzeit einläd. Die vegane "Fraktion" war das sicher in der absoluten Minderheit. Sie waren aber sichtlich froh, daß sie endlich einmal außer Haus sich so richtig durchfuttern konnten, ohne vorher die üblichen Fragen zu stellen ;-)
Den Hochzeitskuchen mehrstöckig hat meine Schwägerinn (auch vegan) nach viel üben (die mißglückten Übungsversuche habe ich mit mind. 5 Kilo mehr auf den Rippen bezahlt) gebacken.
Es dürfte aber auch kein Problem sein, einen prof. Kuchenbäcker damit zu beauftragen. Man braucht ihm doch bloß die Zutaten vorzuschreiben, im Eiersatz zu geben, etc. und schon kann er loslegen.
Die weiteren Kuchen haben Hochzeitsgäste gebacken, die von uns instruiert wurden, welche Zutagen sie verwenden dürfen.
Ansonsten haben wir noch eine große Pallette Sojamilch besorgt und sie beim Veranstaltungsort abgegeben. Dort konnte die Küche ihre Kaffeemaschine damit füttern und alles war bestens.
> Heute ist das anders. Wir sind größtenteils von veganen
> Freunden umgeben....Die Hochzeit hätte ich mir auch anders
> gewünscht...
Ich weiß noch wie viel Sorgen wir uns vor der Hochzeit gemacht haben und wie schwer es werden würde, alles vegan zu machen. Nachträglich betrachtet war das überhaupt kein Problem. Bei einer so großen Anzahl von Gästen macht jeder Küchenchef, was Du willst. Aber sicher ist heute einiges etwas einfacher als früher und es braucht auch etwas Erfahrungswerte.
> Meine Eltern haben jahrelang bei Besuchen für uns gekocht.
Meine nie. Sie essen nur extrem ungern vermeintlich "typisch" vegane Dinge wie Tofu oder Seitan , geschweige denn sie machen sich die "Mühe" vegan zu kochen.
Daher gibt es eben keine gemeinsamen Essen mehr und von unserer Seite auch keine Einladung mehr. Warum auch. Einen Freund, der sich so verhalten würde wäre nicht länger mein Freund.
> Immer vegan, weil sie auch mal einen "gesunden Tag" einlegen
> wollen, einmal die Woche.....aber wenn nicht darüber
> gesprochen werden darf( und das war schon immer
> unerwünscht...) , spürt man mit der Zeit deutlich, welch ein
> fauler Kompromiss das ist.
> Das ich bei ihren Besuchen bei uns ,für sie koche, wollten
> sie nie, denn dann bin ich ja in meinem Haus , und könnte
> darüber reden wollen....eine Farce...
die Du bei Freunden von Dir sicher nicht akzeptieren würdest. Stimmts?
> Ja es ist schon ziemlich oberflächlich geworden...
> Wenn ich mit meiner offenen und auf sie zugehenden Art nicht
> wäre, sehe es wohl ganz anders aus...dann würde nur Mutti hin
> und wieder bei mir anrufen, damit der Kontakt nicht abbricht.
Würde das denn nicht ausreichen? Manche Menschen können einfach da sie zu unterschiedliche Ansichten haben nicht miteinander. Warum sich und die anderen damit belasten diese Gegenpole aneinanderzudrücken?
Sicher fühlen sich Deine Eltern auch nicht gerade wohl mit Dir?
>
> Meine Eltern und mein Bruder(38) sind aus dem gleichen
> Holz.Sie ähneln sich enorm.
> Sind ruhig, besonnen, leben in ihrer engen Welt , haben keine
> Freunde ,nur die Oma und eine Tante...kaum andere Meinungen
> von außen, brauchen das auch nicht, werden eh nur enttäuscht
> und haben nur schlechte Erfahrungen mit Freunden und Bekannten.
> Sie sehen das so, obwohl ich meine, das sie sich eher
> absichtlich ausgrenzen wollen.
also der Typ Mensch, mit dem man gerne seine kostbare Zeit verbringt.
Sorry, falls ich etwas arg provokannt klinge.
>
> Und dann ich, mit meinen Besonderheiten, Engagement und
> Temperament.
> Ich muß ja geradezu abnorm wirken, wenn ich sie so sehe in
> ihrer kleinen abgesteckten Welt.
> Eigentlich sind sie gebildete Leute, auf Wissen bedacht , die
> Allgemeinbildung meiner Mutter ist hoch, und war immer Vorbild.
> Aber dieses Thema ist von ihrer Bildung ausgeschlossen. Da
> gibt es Erfahrungswerte von früher, eigener Hof mit Tieren,
> und das muß herhalten und war schon in Ordnug so....
Beim Thema Ethik hört bei vielen die Bildung auf. Ist bei meinem Vater (Dipl. Mathematiker) auch so. Ein kluger Mann, der sich weigert, Sojamilch auch nur zu probieren.
> Was haben wir diskutiert....
oja - das kenne ich.
> Letztes Weihnachten wurde ich (und mein Mann)von der
> Weihnachtsfeier ausgeschlossen, weil ich 1 Woche vor
> Weihnachten es wagte, die Weihnachtsgans zur Sprache zu
> bringen.
> Nicht mal als Vorwurf, sondern die Tatsache, das eine Zeitung
> auf dem Tisch lag, die in großen Lettern titelte:
>
> " Das freuen sich die propperen Gänse auf das
> Weihnachtsfest....."
>
> Ich fands so grausam.Welche Gans freut sich auf ihren Tod?
> Das hat uns ergriffen und Mutti zuckte die Schultern, und
> meinte das ist halt Weihnachten so, und Vati sofort: Der Herr
> hats nicht untersagt....
> Das Dilemma nahm seinen Lauf und Fragen zu ihrem Gewissen
> blieben unbeantwortet.
>
> Letztendlich wurden wir der Tür verwiesen.
Entschuldige bitte aber spätestens an dieser Stelle hätte ich sie zum Teufel gejagt und jeglichen Kontakt sofort abgebrochen. Was Du da betreibst, ist ja fast schon Sellenmasochismus.
> Ich habe versucht an sie heranzutreten und den Kontakt
> gesucht, wurde aber abgewiesen, mit der Mitteilung, das sie
> es erst mal verarbeiten müßten, was wir alles so gesagt haben
> und wir hätten sie persönlich angegriffen, nur weil sie
> Gänse essen würden.
weia.
>
> Sie brauchten ein halbes Jahr in dem sie nicht bereit waren,
> das Gepräch neu aufzunehmen und sachlich zu diskutieren.
> Statt dessen gilt nun das Redeverbot.
Sie?????? Warum gibst Du Dir das? Probier es doch einfach mal ein halbes Jahr Funkstille zu halten. Unternimm nichts von Deiner Seite aus.
>
> Ich füge mich und beuge mich, obwohl das in meiner
> Persönlichkeit das Außergewöhnlichste ist, was ich je getan
> habe.
dann laß es sein. Beende das. Oder akzeptiere, wie der Zustand ist und beklage Dich nicht.
> Sie zwingen mich Werte wie Offenheit, Realismus, Direktheit
> und Wahrheit ihnen gegenüber zu untergraben, obwohl es
> ansonsten Tugenden sind, die sie vertreten und mir auch
> mitgegeben haben.
Du bist erwachsen. Das solltest Du auch gegenüber Deinen Eltern nicht vergessen. Du hast genauso viel Recht, Deine Ansicht zu leben wie sie.
> Du hast es genau erfasst. Eltern sind ein spezieller Fall.
> Sie sind nicht ausgesucht.
eben. Da werden Individuen zusammengewürfelt, die sich u.U. im Extremfall das Leben zur Hölle machen und sie bleiben zusammen, weil sie ein paar Gene teilen? Wahnsinn.
Ich plädiere davor, diesbezüglich keinen Unterschied zu machen und nötigenfalls einen Schlußstrich zu ziehen.
>
> Möchte ich nicht doch ,ganz im Innersten meiner Seele, von
> meinen Eltern anerkannt sein?
> Wünsche ich mir nicht doch, sie würden verstehen lernen?
>
> Ich möchte noch nicht aufgeben, auch wenn mich dieser
> ständige innere und manchmal äußerliche Kampf zermürbt.....
Es ist wie gesagt Deine Entscheidung. Du bist erwachsen.
Ich kann Dir nur den Tip geben, daß Du sicher nicht verpflichtet bist, Dir soetwas anzutun. Vielleicht solltest Du einfach mal loslassen, wenn es an der Zeit ist loszulassen. Diese Auseinandersetzungen sind vielleicht einzig dazu da, euch das klarzumachen. Deine Eltern haben Dich ja schon der Tür verwiesen.
Laß es Dir nicht zu schwer werden - glaub mir, daß ist es nicht wert.
Viele Grüße
Thomas