Tanja schrieb:
> "Ursprünglichkeit" ist sicher keine Legitimation für
> Gewalttaten. das nur erst mal vorweg, damit niemand auf die
> Idee kommt, erklären zu wollen, er lebe ja nur nicht vegan,
> weil er ganz "back to the roots" wolle...
Das ist auch nicht so gemeint, denn wer dieser Gesellschaft unter Einbindung von Tiermord entflieht, wendet sich von den Alternativen ab, die ihm eigentlich zur Verfügung stehen. Ein Vergleich kann hier nicht gezogen werden.
> Zu dem Thema hat Achim ja schon mal eine nette Geschichte
> geschrieben:
Was sollen
> die Eskimos tun?.
Ja. Und das ist seine Meinung ;o)
> Es ist nun mal nicht so, daß es noch
> besonders viele "Naturvölker" gibt, die noch so leben wie vor
> tausend Jahren.
Natürlich sind die Meisten vom Zivilisationsmüll durchwachsen.
Doch wo setzt man an, ihnen den Status eines Naturvolkes abzusprechen?.
Schon da, wo auch nur einige T-Shirts tragen?
> Ich habe bekannte, die aus einem
> "Indianer-Reservat" in Ecuador kommen, dort leben sie, so die
> Meinung vieler Außenstehender, absolut ursprünglich... - weit
> gefehlt, die haben zwar keine eigene Industrie und auch sonst
> groß nichts, womit sie Geld verdienen/ihren Lebensunterhalt
> bestreiten können,
Das ist doch nebensächlich... ;o)
> aber sie tragen Adidas-Klamotten, keine
> Lendenschürze, trinken Coca-Cola oder Bier und kein frisches
> Quellwasser etc.
Und sie haben nen Bioladen, ein Reformhaus, Internet, Vitamin B12-Supplementierung...
> Nicht nur bei diesen Menschen ist Aufklärung Voraussetzung,
> bei allen anderen auch.
Wenn ich Yanonamis über Tierethik aufkläre, muss ich ihnen gleichzeitig eine ausgewogene, alternative Ernährung bieten.
Wie will ich das bewerkstelligen? Durch Handel? Durch "füttern"?
Wer übernimmt die Logistik? Wer baut ihnen Steckdosen für die Kühlschränke in die Palmen?
> Doch genauso wenig, wie man sie von
> ihrer Verantwortung entbinden kann, kann man das mit anderen
> tun.
Dass alle "anderen" nicht von einer Verantwortung entbunden werden können, ist doch mein Reden...
> Ich nehme an, Du willst nicht behaupten, daß sie
> "dümmer" sind als die Bewohner der Industrienationen, weniger
> die Fähigkeit zu Einfühlsamkeit oder Mitgefühl oder auch
> einfach nur weniger Sinn für Gerechtigkeit haben
Nein. Sicher nicht. Doch bis jetzt sind ihre Möglichkeiten, sich über die Tierethik, welche wir hier vertreten, zu informieren, doch ziemlich dürftig...
> (das wäre wohl ziemlich faschistoid).
Toll, dass Du das noch so in den Raum stellen mußt *kopfschüttel*
> Und weil sie sich darin kein
> Stück von uns unterscheiden, haben sie ebenso die
> Möglichkeit, etwas zu ändern.
Durch Input und Prägung trennen uns von ihnen Welten.
Sie haben ihre Geister und Dämonen, wir haben Sigmund Freud und Stephen W. Hawking...
Ihren Glauben durch unsere Aufgeklärtheit zu ersetzen, heißt Assimilation.
> "Massentierhaltung" hat ja wohl auch absolut nichts mit
> Tierrechten zu tun.
Nein. Aber sie unterliegt einem ganz anderen, dekadenten Grundkontext, als das gelegentliche Erschießen eines Vogels, mit einem Blasrohr.
> Jedenfalls nicht mehr oder weniger als
> jede andere Form der Gefangenhaltung auch.
Es geht hier nicht um Gefangenhaltung.
Yanonamis, Aboriginees und Buschmänner halten keine "Nutztiere" und sie betreiben keine Landwirtschaft.
Sie sind allesamt Jäger.
> Kuh Lisa auf der
> Alm von Bauer Manfred freut sich auch nicht darüber, ihre
> Kinder weggenommen zu bekommen und nach ein paar Jahren
> umgebracht zu werden. Diese andauernde Nennenung der
> "Massentierhaltung" geht mir ganz schön auf den Geist. Als ob
> das das eigentliche Problem wäre.
Unter obigem Vergleich ist es wohl angebracht.
Wir haben hier eine ganz andere Brisanz. Einen industrialisierten Holocaust.
> > Sie wissen nichts von dem dekadenten Wahnsinn der
> > Industriestaaten.
> > Hülsenfrüchte, Tofu, Sojageschnetzeltes, Kohlenhydrate,
> > Vitamin B12, Omega3-Fettsäuren, etc... sind ihnen fremd. Sie
> > ernähren sich so, wie sie es gelernt haben und essen das, was
> > ihnen in die Finger kommt.
>
> Das liest sich auch schon wieder ein bißchen so wie die Mär
> der "dummen Wilden" - mit Sicherheit essen auch "Naturvölker"
> nicht alles (und jeden), was (wer) ihnen in die Finger kommt.
Aber ihre Ernährung läuft instinktiv. Der Körper sagt uns immer, was er braucht, sofern wir auf ihn hören.
Wir haben hier viele Infos, was unseren "Treibstoff" betrifft und können daraus differenzieren. Das ist der Unterschied.
Die Klischees, die Du mir hier unterstellst, sind ohne Gleichen...
> > Tierethik gab es schon zu vorchristlicher Zeit, doch sie kam
> > immer nur dort auf, wo auch die Alternativen gegeben waren.
>
> Nur sind wir heute in der Lage, uns auch Alternativen zu
>
schaffen (jaja, wenn wir nicht gerade mit einem
> Flugzeug in den Anden abgestürzt sind und das einzig Eßbare
> die Leichen der beim Absturz ums Leben gekommen Mitpassagiere
> sind...).
Sag ich doch! Aber wir sind eben nicht die...
> > Und das ist der entscheidende Punkt. Es kann uns völlig egal
> > sein, was diese Menschen machen, denn wir haben die
> > Alternativen und die haben wir gefälligst zu nutzen.
>
> Na an der Stelle wird's wenigstens mal interessant. ;-)
> Bleibt leider nicht lange so...:
°.°
> > Für riesige Rinderherden der "zivilisierten" Welt werden ihre
> > Wälder abgeholzt und wenn wir jetzt noch darüber nachdenken,
> > sie in veganer Tierethik zu unterrichten und ihnen nen
> > Bioladen in den Dschungel zu stellen, machen wir uns genauso
> > schuldig, wie einst christliche Missionare.
>
> Hä? Du vergleichst die Verbreitung von Theismus (und der
> damit einhergehenden Ausbeutung/Ermordung von Menschen sowie
> anderen Tieren) mit der Verbreitung des Tierrechtsgedankens?
Nein. Ich stelle hier JEGLICHE Einmischung der westlich "zivilisierten" Welt in die Belange von Naturvölkern gleich, egal, wie positiv oder negativ die Motivation sein mag.
> Wo macht sich denn jemand, der einem anderen Menschen,
>
scheißegal, wo dieser lebt, erklärt, daß (und wie) man
> leben kann ohne Tiere auszubeuten und umzubringen,
>
schuldig?
Ganz einfach: Ich erkläre einem Papua, dass er seine ganzen Tiergeister und Opferrituale vergessen muss, dass er seinen geerbten Federschmuck wegschmeißen sollte, dass seine Wangen nicht mit Wildschweinhauern verziert sein sollten, dass seine Tiersehnen doch auch durch Nylon zu ersetzen wären, dass er nen Kühlschrank für Tofu braucht und sich nen Job suchen sollte, um sich das im Bioladen von Port Moresby (*g*) zu kaufen.
Für den Job braucht er natürlich ne Hose und ein Hemd, aber er hörte ja eh schon auf, ein Papua zu sein, als er sich die Wildschweinhauer aus der Wange zog...
Vielleicht erkennst Du langsam, was ich meine...
> > Bei vielen Eskimos sieht die Sache anders aus. Sie leben
> > inzwischen überwiegend in Kleinstädten mit Läden, in Häusern
> > mit Internet, sie haben Motorschlitten , Motorboote und
> > Gewehre...
>
> Eben...
Nicht ganz ;o)
> > Doch da so weit nördlich, ohne einen hohen Energieaufwand,
> > keine autark betriebene vegane Ernährung gewährleistet werden
> > kann und diese Menschen nach wie vor überwiegend von der Jagd
> > leben, müsste man ihnen Raten, nach Süden zu ziehen.
>
> Klar, wo sie sich ihr "Wiener Schnitzel", Bier und Pizza
> schon mit dem Flugzeug kommen lassen, wäre die Lieferung von
> Tofu und Co. statt Leichen natürlich ein sehr viel höherer
> Energieaufwand. ;-)
Ich weiß nicht, woher Deine Infos mit dem "Wiener Schnitzel" kommen...
Du vergisst, dass sie keine Industrie haben, die ihnen das Überleben ermöglicht.
Sie leben nach wie vor von der Jagd.
> > Man müsste ihnen raten, aufzuhören, Eskimos zu sein.
>
> Klar, "Eskimo" heißt ja auch "Rohfleischesser" - abgesehen
> davon, daß sie das größtenteils eh nicht mehr sind, sollte
> man wohl jedem raten, das nicht zu sein.
Rate es ihnen. Die Alternative heißt Abwanderung in südliche Gefilde.
Ob sie das mitmachen, ist die Frage...
> > Eskimos bilden in ihrer Ethik und in ihrem Weltverständnis
> > einen eigenen Kosmos.
> > Was sie machen, hat nichts mit dem zu tun, was wir machen.
> >
> > Dasselbe gilt für Löwen, Bären, Spinnen, Haie, Pottwale,
> > Ameisen, Raubmöven und Pinguine.
>
> Schon wieder ein Denkfehler. ;-) Letztere haben absolut keine
> Wahl, sie können ihr tun nicht mal hinterfragen. Und auch an
> dieser Stelle hoffe ich doch stark, daß Du selbiges nicht
> auch den Inuit unterstellst.
Nein. Ich habe die Inuit ja auch (falls es Dir entgangen ist) von den anderen Gruppen gesondert erwähnt.
Sie haben einen Einblick in die alternativen Optionen. Doch da man Eis ohne Geschmack nur schwer verkaufen kann, werden sie wohl weiterhin jagen...
> > Sie sind kein Teil der Natur und sie fressen
>
> essen...
Okay, Hunde fressen nicht, sie essen...
> > Veganes Hunde- und Katzenfutter
>
> nahrung...
;o)
> > übernommen haben und wir haben die Pflicht, sie in eine
> > vegane Grundethik miteinzubinden, statt andere Tiere für sie
> > auszubeuten und zu ermorden.
> > So einfach ist das.
>
> Ja, Du meinst es gut, ich weiß ;-), aber ich finde diesen
> Text auch nicht mal zur Hälfte zu Ende gedacht, siehe meine
> Anmerkungen. Wahrscheinlich mußt Du solch bescheuerte Themen
> ("Aber die Eskimos ud die Wilden im Dschungel...!") sehr viel
> öfter durchdiskutieren als ich, aber so sehr muß man das
> dochauch nicht diskutieren, daß man am Ende salbst total
> verwirrt ist... ;-)
Ich bin nicht die Bohne verwirrt und ich habe sogar weiter gedacht, als Du, denn ich habe mir die wesentlichen Unterschiede zwischen mir und Naturvölkern, sowie die Konsequenzen und die Durchführbarkeit einer "tierethischen Umerziehung" vor Augen gehalten.
Etwas in allen Konsequenzen zuende zu denken, sollte Basis für alles sein, was wir als Gedankenmuster in den Raum stellen.
Die oben erwähnte Aufklärung eines Papuas hieße, ihm so ziemlich alles zu nehmen, was ihn als Papua ausmacht (ob das, was ihn als Papua ausmacht, mit unseren Maßstäben übereinstimmt, steht hier nicht zur Debatte). Dasselbe gilt für Yanonamis, Aboriginees und Buschmänner. Man würde in letzter Konsequenz ihr gesamtes System umkrempeln und das gleicht einer ethnischen Säuberung (wo Du mir schon faschistoide Gedankengänge unterstellst...).
Abgesehen davon habe ich ausreichend betont, dass diese Menschen nicht als Vergleich für unser Verhalten herhalten dürfen, weshalb der von Dir kritisierte Beitrag als unproblematisch zu betrachten wäre.
Da Du oben die Option einer Diskussion in den Raum gestellt hast, wäre es schön, wenn dieser Beitrag nicht wegen unkonformer Meinung gelöscht wird.
Geschockte Grüße,
Schlunz
.